Читать книгу Lustvolle Unterwerfung - Arne Hoffmann - Страница 8
ОглавлениеDie ersten Schritte im Kerker der Lust – was jeder Anfänger wissen sollte
Für dieses Kapitel habe ich meine Gesprächspartner erst einmal ganz allgemein gefragt, was sie denn jemandem sagen würden, der an sich erstmals devote Neigungen entdeckt und den das verunsichert.
Julia: Gehen wir mal davon aus, dass derjenige wirklich interessiert ist, obwohl es ihn/sie verunsichert, und er mit mir reden möchte. Wahrscheinlich würde ich zuerst eine Tasse Kaffee kochen und erklären, dass diese Neigung absolut nicht selten ist, nichts mit Missbrauch in der Kindheit zu tun hat und auch keine Krankheit ist. Wer devot ist, muss nicht zwangsläufig zu wenig Liebe in der Kindheit gekriegt haben oder zu viel oder zu wenig Schläge. Das kann zwar vorkommen, das wäre aber meiner Ansicht nach nur Zufall. Danach würde ich wohl versuchen, dieser Person klarzumachen, dass man auch eine gleichberechtigte Partnerschaft innerhalb einer SM-Beziehung haben kann … und auch haben muss. Ich könnte mich nie einem Partner hingeben, dem ich nicht gleichgestellt bin. Dann würde ich noch auf allgemeine Sicherheitssachen hinweisen: nur mit jemandem spielen, wenn man ihm/ihr absolut vertraut, nichts tun, was man nicht will, niemals zu etwas überreden lassen oder etwas nur tun, weil der Partner das gerne möchte, vor einer Session abklären, was man will, Tabus feststecken und gaaanz langsam anfangen. Und als letzten Rat: ausprobieren – weil es in der Phantasie immer anders ist als in der Realität.
Deidra: Mit dem heutigen Wissen würde ich ihn erst mal ins Netz schicken. Auf Seiten wie »Datenschlag« (www.datenschlag.org), die heute leider verstummte Seite von »Zarthart« (www.zarthart.de, meine erste gefundene Seite dazu im Netz) oder die Lustschmerz-Seite (www.lustschmerz.de), in deren Community ich mich mittlerweile tummle. Es sind unverfängliche Möglichkeiten, sich erst mal kundig zu machen, ohne dass man sich offenbart – etwas, was viele ja (aus vielfachen und verständlichen Gründen) scheuen. Gerade bei Lustschmerz finde ich es gut, dass man sich in der Community einen Nick geben kann, der keinerlei Rückschlüsse auf einen als Person zulässt, dass dieser Nick aber an die Person gekoppelt ist. Eine, wenn auch kostenpflichtige, (Netz-)Welt ohne Fakes. Dort kann man sich dann auch bedenkenlos als Newbie outen und um Rat fragen. Der Ton ist freundlich, Hilfe kommt schnell, man wird nicht ausgelacht. Ich würd dringend davon abraten, irgendwelche Pseudoratgeber und Frauenstellen (falls es eine Frau ist) zu besuchen. Im günstigsten Falle wird man belächelt, im schlechtesten als krank und pervers beschimpft. Sofern ein Partner da ist und es möglich ist, mit ihm darüber zu reden (mal einfach mit einfachen Seidentuchfesseln anfangen/anfragen und schaun, wie er reagiert), sollte man dies so früh wie möglich tun.
Günter: Eigentlich kann ich nur raten, dass er sich gut informieren sollte, was er tut bzw. was er mit sich tun lässt. Ich rate ihm, gute Internetseiten (zum Beispiel www.domantik.de) und Bücher (zum Beispiel »Die Wahl der Qual«) zu lesen und am besten auch viele Kontakte durch Chat oder Stammtisch zu Gleichgesinnten zu knüpfen. Ebenfalls rate ich jedem, sich bei seinem ersten Spiel (oder auch nur Date) mit Unbekannten oder kaum Bekannten covern zu lassen, was ich hin und wieder auch schon selbst übernommen habe. Und manchmal gebe ich noch den Tipp, dass man seine Erwartungen nicht allzu hoch schrauben sollte, da die Wirklichkeit doch meistens nicht mit den Phantasien mithalten kann, die man sich vielleicht in vielen Jahren aufgebaut hat. Und dass ein Absturz nicht das Ende der SM-Welt ist, sondern etwas ganz »Normales«, was praktisch jedem von uns – insbesondere am Anfang und/oder mit einem neuen Partner – schon einmal widerfahren ist. Männern, die gerade erst ihr Coming-Out hatten und nun verzweifelt nach einer Partnerin suchen, rate ich obendrein zu Geduld und dazu, nicht auf Teufel komm raus zu baggern, da sie sich damit allenfalls überall unbeliebt machen.
Andrea: Menschen, die im Begriff sind, ihre sadomasochistischen Neigungen zu entdecken, rate ich, darüber zu sprechen, oder zumindest in irgendeiner Form ihre Stimmungen zu artikulieren. Das hilft ihnen dabei, sich selbst klar darüber zu werden, was in ihnen vorgeht.
In dieser Gesellschaft passt es nicht, dass Frauen – und mittlerweile gilt dies auch für Männer – dominant sind. Der Vollständigkeit halber: Sadismus und Masochismus sind auch nicht gesellschaftsfähig. Seinen eigenen Sadomasochismus zu bemerken ist nicht selten mit einem Erschrecken verbunden. Manchmal kommen Sorgen über mögliche gesundheitliche Schäden hinzu. Kurz: Man konfrontiert sich selbst mich allen Vorurteilen, die die Gesellschaft gegen Sadomasochisten hat. Hier hilft es, andere Sadomasochisten kennenzulernen, beispielsweise an einem SM-Stammtisch, und zu hören, dass es anderen genauso geht.
Vera: Derjenige sollte sich über das Gebiet informieren, um diese Infos dann zu strukturieren: Was will diese Person erleben? Was kickt sie zwar im Kopf, ist aber fürs erste Mal zu viel und kann man auf spätere Erlebnisse vertagen? Diese Gedanken kann sie dem Top mitteilen (eventuell auch in Form eines Fragebogens), sich mit ihm vor dem ersten Spiel einmal auf neutralem Boden treffen, wenn man sich noch nicht kennt. Ganz wichtig: Zeit nehmen! Das soll heißen: Nicht zu viel Neues in einer Session sowie nicht zu viele Sessions in kurzer Zeit. Das ist auch wichtig, um die ganzen neuen Eindrücke zu verarbeiten. Bei den Nicht-mehr-Einsteigern ist das dann was anderes.
Nina und Eric: Als erstes würden wir dieser Person den Rat geben, nicht alles so ernst zu nehmen. Vor allen Dingen das nicht, was man auf verschieden Homepages lesen kann. Es handelt sich schließlich um eine Sache, die beiden Spaß machen soll, und nicht um einen Wettbewerb nach dem Motto: Wer hat die beste Sklavin oder den tollsten Dom? Man sollte also nicht mit dem ganzen »Was-macht-eine-gute-Sklavin-oder-einen-harten-Dom-aus«-Regelkatalog mit dem Spiel beginnen.
Sich vorher mit dem Thema zu beschäftigen ist durchaus sinnvoll, aber bitte mit gesundem Menschenverstand. Wenn man auf Dinge stösst, die Magendrücken verursachen – Finger weg!
Man sollte sich von keinem (auch nicht vom Partner) unter Druck setzen oder gar überreden lassen. Sondern selber schauen, was einem gefällt und was nicht. Und dann gilt wieder der altbewährte Rat: Reden, reden, reden.
Aus unserer Sicht ist Zeit ein ganz wichtiger Faktor: Besser nichts überstürzen, sondern mit viel Geduld und eben Zeit an die ganze Sache herangehen. Man muss nicht in einem halben Jahr sämtliche Techniken ausprobiert haben. Wozu? Wer drängt einen? Vor allem ergibt sich so immer wieder die Möglichkeit, etwas Neues in das Spiel einzubringen. Auch dürfen je nach Richtung niemals Sicherheit und Hygiene außer acht gelassen werden. Man kann eine Session ruhig schon einmal im Kopf durchspielen und hierbei auf mögliche Risiken achten. Dies gilt insbesondere bei Fessel-, Knebel- und Nadelspielen. Oder bei Dingen mit Wachs oder Strom. Der Phantasie sind nun mal keine Grenzen gesetzt.
Eva: Es ist sehr hilfreich, sich grob darüber auszutauschen, was für Phantasien man hat. Aber auch darüber, was man sich (erst mal) nicht vorstellen kann und wovor man gegebenenfalls Angst hat. Wenn ersteres schon schwer genug ist, so ist letzteres nicht leichter. Da die wenigsten Menschen, die noch keine persönliche Erfahrung damit gemacht haben, sagen können, was sie warum wie mögen, kann man nicht alles abdecken. Es gibt tolle Spielpraktiken-Abfragebögen im Internet und in Büchern, bei denen man angeben kann, was einem wieviel Spaß macht. So was finde ich für das erste Mal zum einen eher abschreckend, zum anderen ist es meistens verwirrend, da man über das meiste davon noch nie nachgedacht hat und gar nicht einschätzen kann, ob das überhaupt etwas für einen wäre. Außerdem rauben sie einem den Zauber, den das eigene Herantasten an das Thema SM für einen hat, denn sie sind sehr formelhaft und unpersönlich.
Daher bin ich der Meinung, dass diese Fragebögen erst mit etwas Erfahrung hilfreich sind. Die ersten Gespräche darüber, was man gerne ausprobieren würde, sind darum am besten solche, die wirklich aus dem Bauch heraus beschreiben, was man sich vorstellt. Für das erste Mal würde ich dann etwas wählen, was für beide relativ spannend aber auch nicht wirklich schwer ist.
Zum Beispiel mag es zwar für eine Seite sehr reizvoll sein, wenn sich der devote Partner vor dem dominanten Partner hinkniet, aber so einfach das körperlich ist, so schwer mag das in der Realität für manchen sein. Diese scheinbar einfache Geste der Unterwerfung fällt vielen schwer auszuführen und anderen schwer ernsthaft zu akzeptieren. Andererseits kann sie einen wirklich schnell ins Reich der erotischen Lust, der erotischen Leichtigkeit und Freiheit abschießen.
Für viele mag es da leichter sein, wenn sie mit Augen-zu-Spielen anfangen: Der dominante Partner befiehlt dem Devoten, die Augen zu schließen und sich auf das einzulassen, was kommt. Anschließend kann der Devote aufgefordert werden, ein paar Schritte auf den Dominanten zuzugehen, ohne genau zu wissen, ob etwas im Weg ist, sich in die Arme von Dom fallen zu lassen, oder stillzuhalten, wenn ein Glas mit einer unbekannten Flüssigkeit an den Mund gesetzt wird. Für die mehr körperlich spielenden Paare könnte hier auch etwas Kerzenwachs (immer zuerst auf der Innenseite des eigenen Unterarms ausprobieren, bevor man es auf dem Partner benutzt) oder ein Eiswürfel reizvoll sein.
Das Entscheidende bei diesem Spiel ist, dass der Devote jederzeit die Möglichkeit hat, einen Rückzieher zu machen und die Augen zu öffnen. Er ist dem Dominanten also nicht wirklich ausgeliefert. Andererseits hat er das Gefühl, die Magie des Ganzen zu zerstören, sobald er seine Augen auch nur einen Spalt öffnet, und wird sich davor hüten. Der Dominante hingegen braucht keine Angst zu haben, dabei erwischt zu werden, wenn er sich dumm anstellt.
Überlegungspausen werden vom Devoten als spannungssteigernde Pausen wahrgenommen. Der Dominante steht also viel weniger unter Druck.
Insgesamt ist das etwas eher Leichtes, kann für beide Seiten aber sehr spannend sein. Denn es baut genau das auf, was für eine Unterwerfungsbeziehung entscheidend ist: Vertrauen zueinander. Man kann relativ wenig falsch machen, muss sich keine Gedanken um das ganze Drumherum machen und kommt relativ leicht hinein.
Und schließlich sollte man eines nicht vergessen: viel trinken. Denn wenn etwas besonders aufregend ist, verbraucht der Körper auch viel Flüssigkeit.
Claudia: Nun, es ist ja so, wer sich mit SM beschäftigen möchte, der hat auch Ideen, Fantasien und Gedanken dazu im Kopf. Es kann wirklich sehr hilfreich sein, sich hinzusetzen und diese schriftlich darzulegen. Sich in all dem Wirrwarr der Vorstellungen darüber klar zu werden, was mag ich denn überhaupt? Was kann ich mir tatsächlich in der Realität vorstellen?
Wer dies geschafft hat, wird unter Umständen feststellen, dass so manches kaum machbar ist oder er in seiner Gedankenwelt schon recht weit nach vorne geschritten ist.
Generell würde ich jedem empfehlen, sich eine Art Tagebuch anzulegen und dort seine Gedanken, Empfindungen, Wünsche, Fantasien, Ängste und Nöte niederzuschreiben. Zum einen, weil es schriftlich wesentlich schwieriger, aber expliziter ist, sich mit der Thematik zu befassen, zum anderen, weil es sehr interessant ist, später nachzulesen, wie man sich inzwischen weiter entwickelt hat.
Des weiteren würde ich sehr empfehlen, sich so genannte Spielnamen zuzulegen, vor allem für den Devoten. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Wurde und werde ich auch heute noch mit diesem Namen angesprochen, dann weiß ich, dass alles, was in diesem Rahmen geschieht, nicht meine gesamte Person betrifft, sondern nur meine Neigung. Und trotzdem fällt es anfangs hin und wieder schwer zu differenzieren, je nachdem, wie gut Dom sich darstellt.
Dass man miteinander redet, ist ja wohl klar. Was mir dabei am Herzen liegt: Dass man sich wirklich klar ist, dass es nichts, aber auch gar nichts geben sollte, was man nicht miteinander besprechen könnte. Wer da feststellt, dass dem nicht so ist, der sollte sich noch einmal Gedanken darüber machen, wie weit sein Vertrauen dem Gegenüber gefestigt ist, oder sich fragen, wie sehr er es wirklich verinnerlicht hat.
Angela: Generell sollte man meines Erachtens nach eines haben und nehmen: Zeit! Zeit zu reden, Phantasien auszutauschen, Tabus festzulegen, Stimmungen auszuloten. Und ich meine nicht nur die großen Tabus, als da wären Kinder, Tiere, Kotspiele etc., ich meine eher die kleinen Tabus. Worte, die man nicht ertragen kann; Gesten, die einen möglicherweise schrecken. Auch sollte man vorab einen festen Rahmen stecken, in dem sich beide bewegen sollten. Lieber sehr vorsichtig beginnen. Steigerungen sind jederzeit möglich, doch ein zu heftiges Spiel kann das erworbene Vertrauen stören, gar zunichte machen. Man sollte versuchen, Scham abzulegen und offen zu reden, davor und vor allem danach. Was war gut, was weniger. Und man sollte bei allem in sich selbst hinein fühlen, ob das Erlebte den Vorstellungen entsprach. Es nutzt wenig, wenn ein Sadist auf eine Devote trifft, oder eine Dominante auf einen Masochisten.
Michael: Sei du selbst, vergiss die Klischees, leg die Bücher weg, lass dir von niemandem sagen, was gut für dich ist. Sei offen zu deinem Partner über deine Gefühle, sie sind das Wesentliche. Nicht irgendeine Rolle, die du spielst.
Betty: Man sollte sich zu nichts überreden lassen, was man nicht wirklich will. Klar, kann es vorkommen, dass der Partner etwas vorschlägt, wo man erst denkt: »Hilfe! Auf keinen Fall!«, dass man dann den Gedanken sacken und in der Phantasie etwas brodeln lässt, um dann in ’nem halben Jahr zu sagen »Öhm, weißt du noch, was du damals wolltest und ich nicht; ich glaube, inzwischen hätte ich wohl Lust dazu …«
Aber wenn jemand ankommt und mit irgendwelchen Mitteln Druck ausübt, zum Beispiel à la »Wenn du mich wirklich liebst …« oder »Wenn du wirklich devot wärest, würdest du …«, dann würde ich dringend dazu raten, ihm einfach nur den Stinkefinger zu zeigen. Jeder sollte nur so weit über den eigenen Schatten springen, wie er springen mag.
Deidra: Man sollte dem Partner auch unbedingt klar machen, dass man ein Newbie ist. Ich erlebe es immer wieder bei Wunschdoms, dass sie sich wahnsinnig tolle Dinge vorstellen, aber man merkt, dass sie keinen Plan von der Durchführung haben, keinen Schimmer vom Vorgehen (die Ablehnung erfolgt hier nicht, weil sie »neu« sind, sondern weil sie posen, weil ich mich als Subbi, wenn ich gefesselt und wehrlos bin, mich dort unter Umständen in echter Gefahr befinde wegen ihrer Unwissenheit, gepaart mit zuviel falschem Selbstbild). Genauso sehe ich es auch bei vielen Subbis. Der Film im Kopf ist da. Oft auch schon in der Hardcore-Variante, sich selbst in Fesseln und geknebelt am Boden, von blutigen Peitschenstriemen geschmückt, gedemütigt und gepeinigt. Ein Film. Die Wirklichkeit, wenn sie so über Subbi hereinbräche, wäre ein Desaster. Es wäre nicht im mindesten erotisch.
Man soll klein anfangen. Wenn man sich noch etwas unsicher ist, einfach die Hände nur festhalten lassen, sich etwas befehlen lassen. Wir (mein Partner und ich) nehmen anfangs weiche Tücher (Schere in Reichweite, falls Subbi Angst bekommt!) zum Fesseln und als Augenbinde. Später kam Kerzenwachs dazu (keine gefärbten, keine aus Bienenwachs, das gibt nur Brandwunden). Subbi sollte nur spielen, wenn sie/er sich sicher ist, diesen Tag spielen zu wollen. Selbst eine Session, wo es nur um Anbinden, Wachs und Streicheln mit Federn geht, kann, gerade wenn es neu ist, man ungeübt ist, körperlich (insbesondere in Sachen Kreislauf) sehr anstrengend sein. Man sollte nie die eigene Erwartungshaltung, die Anspannung unterschätzen. Auf jeden Fall gehört das »Stop« als Endewort dazu. Subbi sollte sich sicher sein, dass Dom eher zu früh als zu spät aufhört. Als Subbi sollte man, wenn man nicht sicher weiß, dass der Dom erfahren ist, bitten, regelmäßig nachzuprüfen, wie es einem geht, auch wenn man selbst kein »Stop« sagt. Klamme, verkrampfte Hände, blasse Lippen etc. sind ein Zeichen aufzuhören. Man bekommt nicht immer mit, wie schlecht es einem geht, wenn man erregt ist und im Spiel gefangen.
Beide sollten hinterher über ihre Empfindungen sprechen. Wenn etwas gefiel oder nicht gefiel, auch sagen, WARUM es so war. Wenn etwas nicht gefiel, kann das auch an der mangelnden Gewöhnung liegen. Selbst die süßeste Eiskrem kann bäh sein, wenn man zuviel von ihr isst. Vielleicht war auch nur eine Reihenfolge falsch, zuwenig Ruhepausen zwischen den Aktionen. Reden ist das A und O, wie bei jeder Beziehung. Einfach auch, um zum Beispiel Dom (wenn jener vielleicht selbst noch in den Anfängen steckt) klarzumachen, dass »Jammern zum Geschäft gehört«, dass Schmerz und unerträglicher Schmerz, der zum Stopp führt, verschiedene Dinge sind. Und: Kein Dom ist ein Hellseher. Jeder Sub ist (wie jeder Mensch) anders. Nur wenn man redet, wird man verstanden.
Sabine: Was man sich vor Augen halten sollte: Im Kopfkino tut der Mitspieler genau das, was man möchte. In der Realität nicht. Das sollte sowohl dem aktiven wie auch dem passiven Part klar sein – und vielleicht noch für die absoluten Anfänger auf dem Metier: Man darf lachen.
Felix: Dem dominanten Partner könnte man sagen: »Sei dir bewusst, dass die Unterwerfung des/der Devoten ein riesiges Geschenk ist, ein Kapital, dass sorgfältig gepflegt werden will. Denkt immer daran, es geht um lustvolle Erfüllung – für beide. Wenn du in dich schaust und entdeckst, dass es Frauen/Männer in deinem Leben gab, auf die du immer noch wütend bist, dann sei ehrlich zu dir und vermische diese Themen nicht: Dein(e) Sub hat damit nichts zu tun. Wenn du das nicht trennen kannst, geh lieber zu einem Therapeuten.«
Dem passiven Partner: »Überfordere deine Herrschaft nicht. Auch wenn es so verlockend ist, die Verantwortung abzugeben, ›Objekt‹ oder ›Kind‹ zu sein, der andere ist auch nur ein Mensch und kann nicht dauernd stark sein oder dir permanent die Verantwortung abnehmen.
Selbst wenn er es behauptet. Sprich klar über deine Erlebnisse und Bedürfnisse, lass neue Erfahrungen zu und mach den aktiven Partner nicht nur zur Projektionsfläche uralter Sehnsüchte. Das macht blind und du nimmst nicht mehr wahr, mit wem du es wirklich zu tun hast. Und sei ehrlich – brauchst du wirklich eine Art »Papa« oder »Mama«, oder gibt es in deiner Geschichte etwas aufzuarbeiten? Wenn ja, kannst du das trennen? Und achte darauf, dass du, bei aller Unterwerfung, als Mensch in deinem Kern respektiert bleibst.«
Beiden würde ich raten: »Lernt, die Sprache eurer Bedürfnisse zu sprechen, lernt, klar auszudrücken, wie ihr euch fühlt, was ihr erlebt habt und wovor ihr Angst habt. Schafft eine SM-freie Zone des partnerschaftlichen Gesprächs auf gleicher Augenhöhe. Heiligt diese Zeit, macht sie zu einem immer wiederkehrenden Ritual und hört euch zu, ohne zu bewerten oder euch zu unterbrechen, und unterdrückt den Wunsch, das letzte Wort zu haben. Das dient der Beziehungshygiene und nichts, was dort gesagt wurde, darf unbeachtet unter den Teppich fallen oder später ›geahndet‹ werden.«
Werner: Ehrlich sein, reden. Ich habe zum Beispiel mal eine Session erlebt, wo ein Chat-Dom ohne reale Erfahrungen einen Chat-Sklaven (mit kaum realen Erfahrungen) richtiggehend verprügelt hat. Das Ganze endete mit Abstürzen beider Beteiligter. Der Fehler war ganz einfach folgender: Der Sub wollte nicht zugeben, dass ihm die Art des Tops nicht so zusagt, und der Top dachte, der wimmert ja gar nicht, da schlag ich fester zu. Das hat sich dann hochgesteigert bis zum für beide nicht sehr schönen Ende.
Also: Reden. Sagen, was man will – auch wenn man noch so geil ist; die paar Minuten Reden bringen mehr als alles andere.
Ansonsten: Sich fallen lassen, genießen, als Top auch auf versteckte Signale des Sub achten und sich nicht durch Zuschauer (so man öffentlich spielt) durcheinander bringen lassen.
Wenn man härtere Geräte benutzt, sollte man sich nicht zu schade sein, damit zu üben. Ich habe mit einer befreundeten Domina anfangs die Benutzung von Singletails geübt. So richtig kann ich’s immer noch nicht. Die 3,50 Meter langen Teile tun noch nicht immer das, was ich will. Aber ich übe auch weiter mit ihr, sie ist einfach sehr fit in diesen Dingen.
Lady Wanda: An erster Stelle steht für mich Authentizität. Bleibe dir selbst treu! Betrachte dich selbst als einen Schauspieler, der eine für ihn interessante Rolle annimmt. Für ein paar Stunden wirst du versuchen, diese Rolle nicht nur zu spielen, sondern exakt diese Figur zu sein! Bedenke aber, dass du als Schauspieler nur Rollen annehmen solltest, die dich reizen und gegen deren Umsetzung du keine Bedenken hast. Mit dieser Prämisse sind deine Tabubereiche zunächst festgelegt. Es kommen nur Szenen in Betracht, die nicht mit deinen ethischen Maßstäben kollidieren. Alles andere solltest du, auch und erst recht als »professionelle(r)« Dom(me), ablehnen, denn es schadet dir nur. Der erste Schritt besteht also darin, dich selbst, deine Grenzen und deine Möglichkeiten zu erkennen. So hast du die Möglichkeit, du selbst zu bleiben, obwohl du zeitweise eine Rolle zu spielen einwilligst. Ein Schauspieler bleibt er selbst, auch wenn er in eine andere Identität schlüpft. Für den Moment aber belebt er diese Identität, füllt sie aus mit seiner Energie. Dasselbe sollst du tun. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Rolle, da sie dich interessiert, hat etwas mit dir zu tun. Bereitet sie dir Bauchschmerzen oder andere Kümmernisse, dann lehne sie ab. Auf diese Weise kommt die oft zitierte »Authentizität« zustande. Eine Rolle gefällt dir und du bist in der Lage, sie mit Leben zu füllen. Du lässt eine fiktive Identität Realität werden. Für diejenigen, die sich am Begriff Rollenspiel stören, möchte ich folgendes anmerken. Das Leben besteht aus einer Aneinanderreihung von Rollenspielen, die im Idealfall zusammen deine Identität ausmachen. Der Begriff degradiert dich also in deiner Dominanz nicht zum bloßen Hochstapler. Ein Rollenspiel entbehrt nicht der notwendigen Ernsthaftigkeit, ermöglicht dir aber, eine Vielzahl von Lebensmöglichkeiten zu nutzen und zu erproben. Dies gilt in besonderem Maße auch für deine Sexualität.
Die Erfahrung lehrt, dass dieser Schritt nicht so einfach ist, wie er sich anhört. Sich selbst zu erkennen, bereitet immense Schwierigkeiten, da sich Grenzen und Ansichten beständig ändern und man sich neu definieren muss. Wichtig ist die Harmonie zwischen Rolle und dem inneren Befinden. Ist diese Harmonie nicht da, sollte kein Rollenspiel stattfinden.
Nach äußeren Gesichtspunkten kann solch ein Rollenspiel trotzdem gelingen, aber du wirst zurückbleiben mit einem schlechten Nachgeschmack.
Das darf nicht sein. Du bist der/die Dominante, und es geht darum, dass du nur tust, was dir gut tut. Versuche das zu verinnerlichen, wenn es auch profan klingt. Lasse dich nicht benutzen, weder vom drängenden Passiven, noch von einem falsch verstandenen Ehrgeiz deine dauerhafte dominante Präsenz betreffend.
Das Zauberwort »Authentizität« ist also keine in die Wiege gelegte Eigenschaft, die man hat oder eben nicht. Wenn du Lust auf dominante Rollenspiele hast, dann darfst du deine Dominanz auch ausleben – unabhängig davon, ob du das stundenweise tust oder dies die Hauptrolle in deinem Leben einnehmen soll. Lasse dich also nicht beirren von sogenannten Überdom(me)s, die vorgeben, den einzig wahren Weg gefunden zu haben. Finde deinen eigenen Weg, denn es gibt eine große Auswahl an Möglichkeiten! Für den gewählten Augenblick wirst du »echt« sein, weil du die Rolle gerne spielst, das ist es, was zählt.
Sven: Die Protagonisten eines solchen Spiels sollten sich beide über die Intentionen des jeweiligen Gegenübers klar sein. Hier ist, wie so oft, Reden angesagt. Mit »Ich tu alles für dich!« als alleiniger Erläuterung der eigenen Wünsche ist ein Scheitern in der Regel vorprogrammiert.
Ein weiterer Tip ist, sich nicht auf die reinen Praktiken zu beschränken. Dass die Wunschdomme liebend gern den Hintern versohlt und Sub sich mit Wonne bestrafen läßt, heißt noch lange nicht, dass beide spielkompatibel sind, geschweige denn für eine geeignet. Viele meiner Geschlechtsgenossen bleiben in der Szene solo, weil die die sockenwaschkompatible Erfüllungsgehilfin ihrer schmalspurigen Fantasien suchen statt einer menschlich geeigneten Partnerin, mit der man im Zweifel das Feld SM in aller Ruhe abgrasen kann.
Was ich auch schon in anderem Zusammenhang erwähnt habe: Zu hohe Erwartungen an die menschlichen und spielerischen Qualitäten des jeweils anderen können eine Beziehung sehr schnell in erheblichen Frust abgleiten lassen. Den Superdom, der das arme unglückliche Mausi nimmt und ihr für den Rest des Lebens alle Probleme aus der Welt schafft, gibt es ebenso wenig wie die dauergeile Dreilochstute mit Gewichts- und Permablondgarantie komplett mit Hausarbeitsfetisch.
Aber: Vor lauter Theoretisiererei sollte man (frau) sich den Spaß nicht verderben lassen! Der gesunde Menschenverstand, ab und zu eingeschaltet, weist ganz oft den richtigen Weg. Und dass mal etwas schief geht, lässt sich sowieso nie ausschließen. Die Entdeckungsreise ins Ich, die mit einem ersten Unterwerfungsspiel verbunden ist, ist fast immer spannend und lohnend!
Mir fällt auch noch ein Rat an potentielle Subs in Unterwerfungsbeziehungen ein: Es gibt Augenblicke, da ist man versucht, Kränkungen oder einfach die üblichen nervigen Kleinigkeiten in der Beziehung herunterzuschlucken, weil man ja Sub ist. Das geht auf Dauer garantiert schief. Sub hat hier in meinen Augen auf jeden Fall sowohl das Recht als auch die Pflicht, Laut zu geben, wie in jeder anderen Beziehung auch. Davon unberührt ist das Recht des Tops zu entscheiden, wie er damit umgeht. Ich persönlich finde es in der Sub-Rolle wahnsinnig schwierig, angemessen zu reagieren. Da sitzt der »Sie ist Top, sie darf das«-Reflex viel zu tief.
Umgekehrt muss Top hier natürlich auch ein waches Auge haben, damit Sub nicht irgendwas in sich hineinfrisst.
Natalia: Klärt vorher ab, ob die Regeln des »normalen« Umgangs gelten sollen, oder ihr euch im Unterwerfungskontext trefft. Trifft letzteres zu, so sollte die Domme von Anfang an klar und sicher auftreten
Baut keine zu hohen Erwartungen auf. Beim ersten Mal ist es vollkommen okay, »nur« Kaffee zu trinken oder einfach die kleinen Selbstverständlichkeiten des Unterwerfungsumgangs zu genießen.
Wie man im Unterwerfungskontext miteinander umgeht, kann sehr unterschiedlich sein. Üblicherweise wird die Domme eine Vorstellung haben, in welcher Art und Weise die Unterhaltung geführt werden soll. Die Art, wie sie sich gibt, ist also entscheidend.
Das erste Spiel ist jedenfalls etwas, wofür man sich Zeit lassen sollte. Man braucht eigentlich nicht viel Material. Mit einer Augenbinde, Massagebürste, Kerzen und einem Kochlöffel lässt sich schon viel anfangen. Wichtiger ist es, Zeit zu haben, einen ruhigen Ort, den Wunsch, sich einzulassen auf diese neue »Wirklichkeit«, die neue »Facette« der eigenen Persönlichkeit, die man erproben möchte. Nun sollte man eine angemessene Atmosphäre schaffen. Kerzen, gregorianische Gesänge oder andere gute Musik sowie eine erotische Bekleidung leisten da gute Dienste.