Читать книгу Und sie hatten keine Plätzchen in der Herberge - Arno Backhaus - Страница 9

Frohbotschaft oder Drohbotschaft?

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Seitdem Gott die Menschen erschaffen hat, scheint er eigentlich nichts mehr zu lachen zu haben: Krieg, Streit und Hass, wohin man auch schaut. Trotzdem, Gott hat seinen Humor nicht verloren. Er möchte sich freuen über seine Schöpfung, über seine Menschen. Es ist Zeit, mit einem verbissenen und freudlosen Gottesbild aufzuräumen. Wenn ich in einer Predigt einen Witz erzähle – „im Erzgebirge hat sich vor zwei Monaten ein Bergmann bekehrt, der arbeitet jetzt im Christstollen“ – und die Zuhörer lachen, sage ich anschließend manchmal: „Bitte jetzt nicht lachen, das ist eine christliche Veranstaltung!“ Manche zucken dann peinlich berührt zusammen, gucken mich komisch an und sind verunsichert, ob ich das ernst meine. Haben denn Christen nichts zu lachen? Muss man sich erst eine rote Pappnase aufsetzen, 10 Promille Blut im Alkohol haben (oder umgekehrt), um lachen zu können oder zu dürfen?

Manchmal hätte ich Lust, im Kölner Dom oder in anderen ehrwürdigen Kathedralen unter der Bank einen Lachsack zu starten. Wie würden die Leute wohl darauf reagieren? Was würden die bischöflichen Aufsichtspersonen machen? Würden sie peinlich berührt auf den Lachsack treten (den man ja nicht ausmachen kann)? Würden sie sich den ganz schnell unter die Kutte packen und aus dem Dom rennen? Würden sie sich bei den Kirchenbesuchern entschuldigen? Der Philosoph Friedrich Nietzsche, ein überzeugter Atheist, hat einmal gesagt: „Die Christen müssten erlöster aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“ Nietzsche hatte lange Zeit die christlichen Zeitgenossen beobachtet und wenig Faszinierendes in ihren Gesichtern gesehen. Ist doch komisch, dass wir so viel von Freude singen und gepredigt bekommen, aber so wenig davon ausstrahlen. Menschen, die gemeinsam lachen, die humorvoll sind, wirken entspannt und strahlen das aus, das von vielen Skeptikern in Frage gestellt wird. Freude ist anziehend und einladend, das Gegenteil davon ist Gesetzlichkeit, Verkrampftheit oder Nüchternheit, die tödlich wirkt. Das Lachen, das gute, befreiende, Luft schaffende Lachen, wäscht den Staub von der Seele.

Da liegt wohl das Geheimnis des Humors. Satire und Ironie bleiben oft Nahkampfwaffen, eingesetzt aus Verachtung und Notwehr. Sie wollen vom Leibe halten, Distanz schaffen, stechen und schlagen, beißen und zersetzen. Humor aber verbindet, schafft Nähe, überbrückt Distanz. Der Beziehungsgott macht alles, um die unterbrochene Beziehung zu uns wieder herzustellen. Er hat die Distanz von seiner unendlichen Dimension zu unserer kleinkarierten, dreidimensionalen Welt überbrückt. Er hat Nähe geschaffen, indem er selbst Mensch wurde.

Und sie hatten keine Plätzchen in der Herberge

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