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I. Die gemeinsame Grundursache im Wesen aller Krankheiten.

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„Sie sind ein wirklicher Wohltäter der Menschheit! Ich wäre glücklich für alle Menschen, wenn sie nach Ihren einzig richtigen Grundsätzen leben würden ...!“

Heinr. Knote, kgl. Kammersänger.

Alle Phasen des Entwicklungsprozesses der Heilkunde, die der ersten Kulturperioden eingeschlossen, haben in ihrer Vorstellung vom ätiologischen (ursächlichen) Wesen der Krankheiten das eine gemeinsam, dass die Krankheiten auf Grund äußerer Ursachen in den Menschen eindringen und ihn somit, kraft eines notwendigen, wenigstens unabwendbaren Gesetzes, in seinem Dasein stören, schmerzen und schließlich umbringen. Dieses Grundtones dämonischer Vorstellung hat sich selbst die moderne Medizin noch nicht entschlagen, so wissenschaftlich aufgeklärt sie auch zu sein vorgibt. Gerade die modernste Errungenschaft, die Bakteriologie, freut sich über jeden neuentdeckten Bazillus, als einen weiteren Gesellen im Heere der Wesen, die da bestimmt sein sollen, das Leben des Menschen zu gefährden.

Im philosophischen Lichte betrachtet, unterscheidet sich diese Auffassung vom mittelalterlichen Aberglauben und vom Zeitalter der Fetische nur durch das vertauschte Wort. Ehemals war es ein bis zur „teuflischen Persönlichkeit“ in der Vorstellung verdichteter „böser Geist“, jetzt aber ist dieses Unheil anrichtende Wesen ein mikroskopisch sichtbares Wesen und seine Existenz ist exakt nachgewiesen.

Zwar hat die Sache noch einen großen Haken mit der „Disposition“. Ein schönes Wort! Aber was darunter zu verstehen ist, hat uns noch niemand gesagt. Alle Tierversuche mit ihren Symptomenreaktionen beweisen deshalb nichts Sicheres, weil diese nur bei Injektion in die Blutbahn, niemals aber bei Aufnahme in den Verdauungskanal durch den Mund auftreten.

In der Vorstellung vom Eindringen, vom „Vonaußenherkommen“ der Krankheit ist etwas Wahres, auch bei Vererbung, aber nicht in dem Sinne, dass der Eindringling ein dem Leben feindlicher Geist (Dämon) oder ein mikroskopisches Wesen (Bazillus) ist, sondern alle Krankheiten ohne Ausnahme, auch die vererbten, kommen – von wenigen andern unhygienischen Ursachen abgesehen – einzig und allein von biologisch unrichtiger, „unnatürlicher“ Nahrung und von jedem Gramm Überernährung her.

Zunächst behaupte ich, dass bei allen Krankheiten ohne Ausnahme ein Bestreben des Organismus vorliegt, Schleim1 und in vorgeschrittenem Stadium Eiter (zersetztes Blut), auszuscheiden. Dies wird mir jeder Sachverständige bei allen katarrhalischen Erscheinungen vom harmlosen Schnupfen bis zur Lungenentzündung und Schwindsucht zugeben. Wo diese Schleimabsonderung nicht offen zu Tage tritt, wie bei Ohren-, Augen-, Haut- und Magenleiden, Herzkrankheiten, Rheumatismus, Gicht usw., selbst bei allen Geisteskrankheiten, ist doch Schleim der Hauptfaktor des Übels, der von den natürlichen Ausscheidungsorgangen nicht mehr bewältigt wird, ins Blut übergeht und an der betreffenden Stelle, wo das Gefäßsystem vielleicht durch eine zu starke Abkühlung (Erkältung) usw. verengt ist, Hitze, Entzündung, Schmerz, Fieber erzeugt.

Man gebe einem Kranken irgendwelcher Art nur „schleimlose“ Nahrung, z. B. Obst oder gar nur Wasser oder nur Zitronenwasser, so stürzt sich die ganze zum ersten Mal frei gewordene Verdauungsenergie auf die seit der Kindheit angehäuften, vielfach verhärteten Schleimmassen, sowie auf alle daraus entstandenen „pathologischen Herde“. Und das Resultat? – Mit unbedingter Sicherheit wird in dem Urin und in dem Kot dieser Schleim erscheinen, den ich als die gemeinsame Grund- und Hauptursache aller Krankheiten bezeichne. Ist die Krankheit schon in einem fortgeschrittenen Stadium, so dass an irgendeiner Stelle, selbst im tiefsten Innern, pathologische Herde, d. h. zersetztes Zellgewebe sich befindet, so wird auch Eiter ausgeschieden. Sobald die Zufuhr von Schleim durch „künstliche Nahrung“, fettes Fleisch, Brot, Kartoffeln, Mehlspeisen, Reis, Milch usw. aufhört, greift der Blutstrom den Schleim und Eiter des Körpers selbst an und führ ihn durch den Urin ab, bei Starkverseuchten selbst durch alle zu Gebote stehenden Öffnungen und die Schleimhäute.

Wenn man Kartoffeln, Getreidemehl, Reis oder entsprechendes Fleischmaterial lange genug kocht, so erhält man einen gallertartigen Schleim oder Kleister, den Buchbinder und Tischler zum Pappen und Leimen gebrauchen. Diese Schleimsubstanz wird bald sauer, geht in Fäulnis über, gibt den Boden ab für Pilze, Schimmel, Bazillen. Bei der Verdauung, die chemisch nichts anderes ist als ein Kochen, ein Verbrennen, wird dieser Schleim, dieser Kleister ebenso abgeschieden, denn das Blut kann nur den heraus verdauten, aus Stärkemehl umgewandelten Traubenzucker gebrauchen. Das Abgeschiedene, das überflüssige Stoffwechselprodukt, eben dieser Kleister, dieser Schleim, ist für den Körper ein Fremdstoff und wird im Anfang restlos ausgeschieden. Nun muss doch einleuchten, dass im Laufe des Lebens Darm und Magen allmählich so verkleistert und verschleimt werden, dass dieser Kleister pflanzlichen, und dieser Leim tierischen Ursprungs in Fäulnis übergehen, die Blutgefäße verstopfen und schließlich das stockende Blut zersetzen muss. Kocht man Feigen, Datteln oder Trauben dick genug ein, so ergibt sich auch ein Brei, der aber nicht in Fäulnis übergeht und niemals Schleim abscheidet und den auch niemand Schleim nennt, sondern der Sirup heißt. Fruchtzucker, das wichtigste für das Blut, ist zwar auch klebrig, wird aber vom Körper als höchste Form von Brennmaterial restlos verarbeitet und hinterlässt zur Ausscheidung nur Spuren von Zellulose, die, weil nicht klebrig, sofort ausgeschieden wird und nicht fault. Der eingedickte Zucker wird ja sogar wegen seines Widerstandes gegen die Fäulnis zur Erhaltung von Speisen benutzt.

Jeder gesunde und kranke Mensch setzt an der Zunge stinkenden Schleim ab, sobald er die Nahrung einschränkt oder fastet. Dasselbe geschieht an der Magenschleimhaut, von der die Zunge das genaue Spiegelbild ist. Bei der ersten Stuhlentleerung nach dem Fasten erscheint dieser Schleim. – Natürlich musste diese Schleimtheorie bei den auf dem Boden der Wissenschaft Stehenden Staub aufwirbeln, wie alle Entdeckungen, die von Laien kommen. Ich muss nun noch deutlicher werden und sagen, was ich nicht behauptet habe.

Ich sage nicht, dass Schleim immer und allein die Ursache aller Krankheiten ist, sondern ich sage, dass er der gemeinsame Grundfaktor aller Krankheiten ist, d. h. also: es kann noch viele andere Ursachen von Krankheiten geben. Ich bestreite auch gar nicht, dass es solche gibt, aber Schleim ist immer und in jedem Falle vorhanden. Er ist von Kindheit an nachweisbar auch im vermeintlich gesunden Organismus da. Schleim ist in allen Krankheitsfällen die gemeinsame und hauptsächliche Grundlage, der Hauptstoff in der Summe aller Krankheitsstoffe, neben Harnsäure, Stoffwechselgiften, Kohlensäure usw. Also restierende Stoffwechselprodukte tierischen und pflanzlichen Ursprungs sind es, die gerade wegen ihrer klebenden und kleisternden Eigenschaften im Magen und Darm sich anlegen, setzhaft werden und beide allmählich verstopfen. Durch den Blutstrom (weiße Blutkörperchen) in das ganze „Röhrensystem“, besonders in die großen Blutgefäße: Lunge, Herz, Nieren usw. getragen, führen sie die Verstopfung auch dieser Organe herbei. Wer nicht einsehen will, dass eine etwa zehn Meter lange Röhre, der Verdauungskanal, mit der Zeit unmittelbar an den Innenwänden bei der besten Verdauung verunreinigt werden muss, dem ist eben nicht zu helfen. Was ich behaupte ist ein durch das Experiment an jedem Menschen objektiv nachweisbarer Zustand und keine „laienhafte Phantasie“. Ich empfehle den Ärzten und Forschern, meine Behauptungen durch das Experiment nachzuprüfen, das doch den alleinigen und allein zuverlässigen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit hat. Das Experiment, die Frage an die Natur, ist die Grundlage aller Naturwissenschaft und gibt die unfehlbare Wahrheit, gleichgültig, ob ich oder ein anderer sie behauptet. Außerdem empfehle ich denjenigen, die mutig genug sind, die im folgenden geschilderten Experimente, die ich am eigenen Leibe gemacht habe, nachzuprüfen. Sie werden von der Natur, d. h. von ihrem Organismus dieselbe Antwort erhalten, vorausgesetzt, dass dieser in meinem Sinne gesund ist. Bis zu einem gewissen Grad „exakt“ reagiert erst der reine, gesunde, schleimlose Organismus. Nach fast zweijähriger strenger Obstdiät mit eingeschalteten Fastenkuren, hatte ich einen Grad von Gesundheit erreicht, von der man heutzutage keine Ahnung mehr hat, und die mir folgende Experimente gestattete, die ich in meiner Arbeit: „Ein 49tägiger Fastenversuch“, Veg. Warte 1909/10, näher beleuchtet habe:

Ich machte einen Messerschnitt in den Unterarm; es floss kein Blut, weil es sofort eindickte; Verschluss der Wunde, keine Entzündung, kein Schmerz, kein Schleim und kein Eiter: in drei Tagen verheilt, Blutkruste abgestoßen. Später bei vegetarischer Nahrung einschließlich Schleimbildner (Stärkemehlnahrung), aber ohne Eier und Milch: die Wunde blutete etwas, schmerzte und eiterte leicht, geringe Entzündung, völlige Verheilung erst nach längerer Frist. – Später dieselbe Verwundung bei Fleischkost und etwas Alkohol: längeres Bluten, das Blut hell, rot und dünn, Entzündung, Schmerz, mehrtätige Eiterung und Heilung erst nach einem zweitägigen Fasten.

Ich habe mich dem preußischen Kriegsministerium, natürlich vergebens, zur Wiederholung dieses Experimentes angeboten. Warum heilten denn die Wunden der Japaner viel schneller und besser in dem russisch-japanischen Kriege, als die der „Fleisch- und Schnaps-Russen?“ Hat seit zwei Jahrtausenden denn noch niemand darüber nachgedacht, warum das Öffnen der Pulsader und selbst der Giftbecher Seneca nicht töten konnte, nachdem er vorher Fleisch verachtet und im Kerker gefastet hatte. Seneca soll auch vorher nur Obst und Wasser genossen haben. -

Alle Krankheit ist im letzten Grunde Verstopfung der kleinsten Blutgefäße, der Kapillaren, durch Schleim. Niemand wird die Wasserleitung einer Stadt, ein Röhrensystem, das mit verunreinigtem Wasser durch eine Pumpe gespeist wird, deren Filter verstopft sind, reinigen wollen, ohne dass mit der Wasserzufuhr während der Reinigung aufgehört wird. Liefert die Leitung in der ganzen Stadt oder in einem Teil der Stadt unreines Wasser, oder sind schon gar kleinste Zweigröhren verstopft, so wird kein Mensch der Welt dort reparieren, verbessern wollen. Jeder denkt sofort an die Zentrale, an das Reservoir und die Filter und diese samt der Pumpmaschine kann man doch nur reinigen, solange die Zufuhr unterbrochen ist.

„Ich bin der Herr, Dein Arzt“ zu Deutsch und modern: nur die Natur heilt, reinigt, endschleimt am besten und unfehlbar sicher, aber nur, wenn man mit Zufuhr oder wenigstens mit verschleimender Zufuhr aufhört. Jede „physiologische Maschine“, Mensch und Tier, reinigt sich sofort von selbst, löst den Schleim in den verstopften Röhrchen auf, ohne still zu stehen, sobald die Zufuhr, wenigstens von fester Nahrung aufhört. Auch beim vermeintlich gesündesten Menschen Europas erscheint dann dieser Schleim, wie schon oben erwähnt, im Urin, wo man ihn in entsprechenden Gläsern nach dem Erkalten sehen kann. Wer diese einheitliche Tatsache leugnet, ignoriert, oder gar bekämpft, weil sie ihm vielleicht zuwider, oder nicht wissenschaftlich genug ist, trägt mit Schuld an der Unauffindbarkeit der Hauptursache jeder Krankheit, dies aber in erster Linie zu seinem eigenen größten Schaden.

Damit decke ich auch das letzte Geheimnis der Lungenschwindsucht auf. Oder glaubt jemand, dass diese Unmasse von Schleim, die ein Tuberkulöser jahrelang ausstößt, nur aus der Lunge selbst herkomme? Weil man diese Kranken erst recht mit „Schleim“ (Brei, Milch und Fettfleisch) füttert, nimmt der Schleim kein Ende, bis die Lunge selbst zerfällt und dann die „Bazillen“ erscheinen und die Auflösung unausbleiblich ist. Das Rätsel der Bazillen ist einfach dahin zu lösen: Die mit der Zeit sich anhäufende Schleimverstopfung in den Blutgefäßen führt zur Zersetzung, zur Fäulnis dieser Schleimprodukte und totgekochten Nahrungsrückständen. Diese verfaulen partiell am lebendigen Leibe (eitrige Geschwüre, Krebs, Tuberkulose, Syphilis, Lupus usw.). Nun weiß man doch, dass Fleisch, Käse und alle organischen Stoffe im Zersetzungsprozess wieder „keimen, Bazillen treiben“. Deshalb erscheinen und sind diese Keime erst im höheren Stadium der Krankheit nachweisbar, sind aber dann nicht die Ursache, sondern das Produkt der Krankheit und allerdings insofern krankheitsförderlich, als die Zersetzung, z. B. der Lunge durch die beschleunigt wird, weil die Ausscheidungen der Bazillen, ihre Toxine, vergiftend wirken. Wenn es richtig ist, dass Bazillen von außen eindringen, „anstecken“, dann ist es nur der Schleim, der ihnen die Tätigkeit ermöglicht, den geeigneten Boden, die „Disposition“ abgibt. Wie schon gesagt, habe ich wiederholt (einmal zwei Jahre) schleimlos, d. h. nur von Obst gelebt. Ich brauchte kein Taschentuch mehr und habe dieses Kulturprodukt heute selten nötig. Hat man denn je ein gesundes, in Freiheit lebendes Tier, spucken oder sich schnäuzen sehen? Ein junger Mediziner und Naturarzt hält meine Ansicht, dass die Nase eines gesunden Tieres oder eines ganz gesunden Menschen keinen Schleim absondern soll, noch abzusondern braucht, für irrig. Also eine schleimfreie Nase für krankhaft. Der Herr scheint die Nase eines Tieres in Freiheit (nicht eines Haustieres) noch nicht genauer angesehen zu haben. Dort ist absolut kein Schleim vorhanden, sondern eine gewisse Feuchtigkeit, der Niederschlag des Wasserdampfes der kühlen Luft mit dem sinnreichen Zweck etwaigen Staub der eingeatmeten Luft abzufangen. Wenn der Herr Mediziner glaubt, meine schleimfreie Nase sei ein krankhafter Zustand, so muss ich sagen, dass dieser Zustand nur bei ganz vorzüglichem Wohlbefinden eintritt, wenn ich ganz schleimfrei lebe und dann kann doch das unmöglich als ein Krankheitssymptom gedeutet werden. Dieselbe Erscheinung habe ich inzwischen an meinen Kuranten mit schleimloser Diät beobachtet und dann war gerade ihr Befinden immer am besten.

Eine für tödlich gehaltene chronische Nierenentzündung, die ich durchzumachen hatte, wurde nicht nur geheilt, sondern ich habe eine Gesundheit und Leistungsfähigkeit aufzuweisen, die die meiner gesundesten Jugendzeit bei weitem übertrifft. Man bringe mir den Europäer, der mit 31 Jahren todkrank und acht Jahre später einen neun Viertelstunden dauernden Laufschritt und einen 56-stündigen Dauermarsch zurücklegt.

Mit dieser durch meine wiederholten Experimente bestätigten „Schleimtheorie“ ist nun zum ersten Mal ein gründlicher, ätiologischer, d. h. die Ursache bezeichnender Einheitsbegriff aller Krankheiten aufgestellt. Wenn auch die Naturheilkunde im Allgemeinen da und dort von Erkrankungen des Blutes und Dr. Lahmann im Besonderen von der „diätischen Blutentmischung“ als Grundursache aller Krankheiten spricht, so hat diese Erkenntnis namentlich in der von dieser Seite gepflogenen Therapie sich als unzureichend erwiesen, da man zwar das Ernährungsregime fleischlos oder fleischarm gestaltete, aber mit Brot, Brei, Milch, Butter, Eiern, Käse und Mehlspeisen, besonders mit Stärkemehlnahrung, umso mehr Schleim zuführte. Das ist der Grund, warum die meisten Vegetarier trotz ihres gepriesenen Speisezettels nicht gesund sind. Ich war selbst einige Jahre ein solcher Viel- und Schleimesser. Wenn nicht bald eine größere Anzahl Vegetarier bis zur allein natürlichen Nahrung, der Obstdiät oder wenigstens bis zur schleimfreien oder schleimarmen Diät fortschreitet, oder mindestens zum Wenigessen zurückkehrt, so besteht die große Gefahr, dass der Vegetarismus in der jetzigen Form verflacht; nicht weil das Prinzip des „Nichtfleischessens“ ein schlechtes, sondern weil der gesundheitliche Erfolg bei der allgemein bestehenden vegetarischen Ernährung so minderwertig ist. Eine kleine Anzahl strenger Obstesser nimmt bereits bei Wettmärschen usw. den ersten Platz ein, wofür die Schulmedizin ihre Erklärungen aber anderswo sucht. Die Vertreter der vegetarischen Bewegung wollen immer noch beweisen, was der Mensch alles an gekochten Speisen usw. brauche, weil sie selbst und alle Versucher auf diesem Gebiet die Obstdiät als Heilmittel grundfalsch an- und auffassen. Das Steckenpferd der vegetarischen Propaganda ist die Beweisführung, dass der Mensch kein Karnivore, und Fleisch unnatürlich sei. Mit Recht sagt der Gegner, dass Fleischessen ebenso „natürlich“ sei wie Kohl, Brot, Milch und Käse usw. Professor v. Bunge hat den Vegetariern schon vor mehr als einem Jahrzehnt Inkonsequenz vorgeworfen, und er hat recht. Im vegetarischen wissenschaftlichen Lager hat man unter dem Drucke der Eiweißirrlehre den Eiweiß- und damit den Nährgehalt der vegetabilischen Speisen an dem des Fleisches gemessen und dabei den bedeutendsten Lehrsatz allen Heilens vergessen, der da heißt: „Je mehr ihr einen Kranken ernährt, desto mehr schadet ihr ihm“ (Hippokrates, ausschließlicher Diätetiker, der größte Arzt und Vater der Heilweise genannt). Ich rede hier und bis jetzt überhaupt nicht von Ernährung im Sinne einer Lebensweise, im Sinne der vegetarischen Propaganda, sondern lediglich vom diätetischen Heilen. Die schleimfreie Diät als Heilsystem geht konform mit dem Hippokrates im Sinne des Nichtnährens, des nicht mehr Belastens, des Ausscheidens.

Theoretisch ist es sicher richtig, dass der Mensch ehemals reiner Obstesser war und biologisch richtig, dass er es heute noch sein kann. Oder vermag vielleicht der gesunde Menschenverstand nicht unmittelbar, ohne jeden Beweis, einzusehen, dass der Mensch, bevor er Jäger wurde, nur von Früchten gelebt hat? Ich behaupte sogar: in absoluter Gesundheit, Schönheit und ungeahnter Kraft, ohne Schmerz und Leid, genau so, wie es in der Bibel steht. Nur das Obst, die alleinige „schleimlose“ Nahrung, ist natürlich. Alles, was von Menschenhand zubereitet oder angeblich verbessert wird, ist von Übel. Die Beweisführungen betr. Obst sind wissenschaftlich exakt; im Apfel oder der Banane z. B. ist alles enthalten, was der Mensch braucht. Es soll noch alte Menschen mit großer Leistungsfähigkeit geben, die in ihrem Leben nichts anderes gegessen haben als Bananen. Der Mensch ist so vollkommen, dass er von einer Frucht allein, wenigstens längere Zeit leben kann. Das braucht aber nicht dauernd Kokosnuss zu sein (Kabakon). Man darf aber auch nicht eine selbstverständliche Wahrheit, gepredigt durch die Natur, deshalb verwerfen, weil sie noch niemand aus Kulturrücksichten in die Praxis umsetzen konnte. Der bekannte Kokosnussapostel Engelhard hat nur deshalb Fiasko gemacht, weil er sich von seiner Tropenkrankheit nicht heilen konnte. Von Obst allein wird man zunächst krank, d. h. gereinigt; den Reinigungsprozess macht man aber besser zu Hause und nicht in den Tropen durch. Kein Mensch hätte mir die Behauptung geglaubt, dass man innerhalb 14 Monaten 126 Tage, dabei 49 auf einmal, ohne Nahrung leben kann. Jetzt habe ich’s gemacht und man versteht die Wahrheit doch nicht. Bis jetzt sage und lehre ich nur, dass Obst das natürlichste „Heilmittel“ ist. Mit Ernährungsreform habe ich hier zunächst nichts zu tun und ob der Eskimo auch so leben soll und kann, ob alle Menschen so leben könnten, warum ich nicht ganz so lebe, nachdem ich gesund bin, das berührt doch nicht die Wahrheit dieses natürlichen Heilsystems. Ob meine Rechnung richtig ist, dafür wird die nächste Europaseuche die Probe aufs Exempel machen. Ich will aber auch gleich die Gründe aufdecken, warum man das Selbstverständliche nicht glaubt. Als im vorigen Jahrhundert jemand davon sprach, von Berlin nach Paris zu telefonieren, hat man gelacht, weil so etwas noch nicht da war. Man glaubt nicht mehr an die natürliche Nahrung, weil fast niemand eine solche praktizieren kann. Es fällt auch ins Gewicht, dass Gegen-Interessenten fürchten, die Preise der andern, künstlichen Nahrungsmittel könnten sinken und wieder andere fürchten, die Ernährungsphysiologie könnte ins Wanken kommen und die Ärzte würden überflüssig. Gerade die Fasten- und Obstkur braucht eine genaue Überwachung und Belehrung, also mehr Ärzte und weniger Patienten, die aber gern mehr bezahlen, wenn sie gesund werden. Damit wäre die soziale Ärztefrage gelöst, eine Behauptung, die ich schon vor einigen Jahren in Zürich öffentlich aufstellte.

Fast alle Fastenversuche scheitern an der Unkenntnis der Tatsache, dass mit Aufnahme der schleimlosen Diät erst recht alter Schleim so lange ausgeschieden wird, bis der Mensch vollkommen rein und gesund ist. Dadurch wird der vermeintlich gesündeste Mensch in den Zustand der Krankheit (Reinigung), in ein Durchgangsstadium zu einer höheren Gesundheit versetzt. Hier ist die große Klippe, um die bis jetzt so wenige Vegetarier herumgekommen sind, weshalb sie die höchste Wahrheit ebenso sehr verwerfen, wie es die Masse tut. Ich habe mich hierin in der „Vegetarischen Warte“ als kompetent aufgrund von Experimenten und Tatsachen nachgewiesen und mit dem 49-tägigen Fastenexperiment bei vorheriger Obstdiät den größten Einwand, den der Unterernährung, durch die Tat widerlegt. Mein Befinden wurde durch diese radikalste Schleimausscheidung, abgesehen von einigen unhygienischen Umständen während des Versuches, nur gebessert. Zahlreiche Anerkennungen gingen mir zu, namentlich aus gebildeten Ständen. Der Massenanhang des Vegetarismus „schleimt“ weiter. Der Vegetarismus hat Vertreter beiderlei Geschlechts aufzuweisen, die sich von Münchener Bierbäuchen durch nichts unterscheiden; eine Folge des täglichen Vollstopfens mit „Schleimnahrung“ verschiedenster Art. Dagegen sind die von dieser Seite angeklagten Gifte: Fleisch, Alkohol, Kaffee und Tabak auf die Dauer verhältnismäßig harmlos, so lange dieselben mäßig gebraucht werden. Leben nicht Tausende von Menschen im hohen Alter, gewohnheitsmäßige Raucher und sogar oft Liebhaber des Alkohols? Alles Wenigesser – das ist die Lösung! Selbst diese Gewohnheitsgifte sind unschuldiger als das sogenannte gute und viele Essen. Ein Säufer kann alt werden, ein Fresser nie, sagt Professor Sylvester Graham. Um Missverständnissen von seiten der Abstinenzbewegung und des Vegetarismus vorzubeugen, muss ich hier noch einige Klarstellungen einfügen. Fleisch ist gar kein Nahrungs- sondern nur Reizmittel, das im Magen verfault, verwest; der Verwesungsprozess beginnt aber nicht erst im Magen, sondern sofort nach dem Schlachten. Das hat Graham schon am lebenden Menschen nachgewiesen und ich ergänze die Tatsache dahin, dass das Fleisch eben dann durch die Gifte der Fäulnis als Reiz- und Anregungsmittel wirkt und dadurch als kräftigendes Nahrungsmittel empfunden wird. Oder kann mir jemand chemisch-physiologisch nachweisen, dass das in Zersetzung begriffene Eiweißmolekül im Magen neu umgeformt und etwa in einem Muskel des Menschen seine Auferstehung feiert? Genau so, wie der Alkohol, täuscht das Fleisch im Anfang Kraft und Energie vor, bis der ganze Organismus damit verseucht und der Zusammenbruch da ist. Ähnlich ist es mit den anderen Reizmitteln.

Das Grundübel aller nicht vegetarischen Diätformen ist und bleibt das viele Fleischessen, weil es alle andern Übel, namentlich das Verlangen nach Alkohol nach sich zieht. Isst man fast ausschließlich Obst, so fällt die Gier nach Becher und Bierglas von selbst weg, während der Fleischesser immer Lust danach hat, sich also dagegen kasteien muss, schon weil das Fleisch den Dämon Durst erzeugt. Alkohol ist erwiesenermaßen ein gewisses Gegengift für Fleisch und der Großstadtgourmand, der fast nur Fleisch ist, braucht erfahrungsgemäß Weine, Mokka und Habana, um die schwere Fleischvergiftung wenigstens etwas auszugleichen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass man nach einem opulenten Diner am andern Tag geistig und körperlich entschieden frischer ist, wenn man von den an und für sich giftigen Reizmitteln mäßigen Gebrauch macht, als wenn man sich bis zur Ermüdung mit dem guten Essen allein vollstopft.

Ich erkläre dem Fleisch und dem Alkohol absolut den Krieg; durch Obstnahrung und überhaupt schon durch Wenigessen wird dem Fleisch- und Alkoholgenuss energisch entgegengearbeitet. Wer aber Fleisch und Alkohol durchaus nicht lassen kann, ist, falls er sehr wenig davon genießt, entschieden besser dran, als der vegetarische Vielesser.

Der Amerikaner Fletcher beweist dies augenfällig durch seine ungeheuren Erfolge und sein Geheimnis ist durch meine Experimente erklärt, die eben dartun, dass der Mensch am leistungsfähigsten wird und sich gesundheitlich am vollkommensten entwickelt, wenn er möglichst wenig isst. Sind nicht die ältesten Menschen in der Regel die ärmsten, also an Wenigessen schon aus naheliegenden Gründen gewöhnt? Sind nicht die größten Entdecker und Erfinder aus ärmlichen Verhältnissen hervorgegangen, also Wenigesser? Waren nicht die Größten der Menschheit, die Propheten, Religionsstifter usw. Asketen? Ist das denn Kultur, dass man in Berlin wohnt und 3mal täglich diniert, und ist das sozialer Fortschritt, dass jeder Arbeiter täglich 5mal isst und sich abends mit Bier vollpumpt? Das bis jetzt für harmlos, anständig, sittlich und ästhetisch gehaltene „Fest- und Gutessen“ ist nicht nur unsittlich, sondern krankheitserzeugender als alles andere, selbst bei Abstinenten und Vegetariern. Wenn sich der kranke Organismus durch Garnichtsessen regenerieren kann, so folgt doch logisch, dass es für den Gesunden wenig Nahrung bedarf, um gesund, kräftig und ausdauernd zu bleiben.

Alle sogenannten Wunder der Heiligen an den Gnadenorten sind nur auf Askese zurückzuführen und heute deshalb nicht mehr möglich, weil zwar viel gebetet, aber nicht mehr gefastet wird. Das ist die einzige Lösung dieses Streites. Wir haben keine Wunder mehr, weil wir keine Heiligen d. h. durch Fasten und Askese (enthaltsame Lebensweise) Geheiligten und Geheilten mehr haben. Die Heiligen waren selbstleuchtend, modern ausgedrückt medial oder radioaktiv, aber nur, weil sie durch die Askese physiologisch „göttlich“ gesund waren und nicht aus „besonderer Gnade“. Ich will hier nur verraten, dass ich es selbst schon zu sichtbaren, elektrischen Ausströmungen gebracht habe, aber nur durch äußerliche und innerliche Zufuhr von Sonnenenergien (Sonnenbäder und Nahrung aus der „Sonnenküche“, Obst). Die ganze Welt streitet sich jetzt um diese Fragen und Wunder herum. Hier liegt die Lösung aufgrund des Experiments das jeder nachmachen kann, wenn er den Mut dazu hat. Aber Bücher schreiben, reden und beten ist leichter und ebenso die Ausrede, ich sei eine Ausnahme. Das ist richtig, aber nur was Mut und Erkenntnis anbelangt. Physiologisch sind alle Menschen gleich und wer sich nicht mäßigen kann, der möge es von mir lernen, wenn er ein wirklicher Forscher sein will. Wenn der Mensch wenig isst und gesund ist, kann er eine geraume Zeit das absurdeste Zeug, Fleisch- und Stärkemehl (Schleim) verdauen, d. h. wieder hinausschaffen; noch vollkommener und reiner wird und bleibt er natürlich, wenn er nur wenig Obst isst und er braucht von diesem am wenigsten, weil es die vollkommenste Nahrung ist. Diese ewige naturgesetzliche Wahrheit will und kann der heutige Mensch nicht einsehen und hat eine berechtigte Angst davor, weil er aus totgekochter Nahrung aufgebaut ist und seine Zellen dem Tode verfallen und ausgeschieden werden, sobald er sonnenbadet, fastet oder lebendige Zellen des Obstes isst. Diese Kur muss aber mit großer Vorsicht gemacht werden. Die Medizin hat den Menschen, solange dies möglich, vor dem Zellenzusammenbruch zu schützen, ihn über Wasser zu halten, um ihn aber dann an der Krankheit prompt und umso schneller sterben zu lassen, was man sich ja heute sehnlichst wünscht. Der Vegetarismus kann nicht leugnen, dass die Fleisch- und Alkoholkonsumenten auch viel Gesundheit und große Leistungen aufzuweisen haben und hohe Altersziffern, aber sich individuell und völkisch nur so lange, als wenig gegessen und nicht „überernährt“ wird. Das Zuviel rächt sich weniger bei Fleischkost, weil sie verhältnismäßig weniger „Schleim“ enthält, als bei der fast ausschließlichen stärkemehlhaltigen, d. i. „schleimigen“ Vegetarierkost und den vielgerühmten vegetarischen Diners mit täglich so und so vielen Gängen. Ich selbst kümmere mich seit vielen Jahren um keine Mahlzeit; ich esse auch nur, wenn ich Appetit habe und so wenig, dass es keinen schädlichen Einfluss auf mich ausübt, wenn ich eventuell auch gezwungen bin, etwas zu mir zu nehmen, was an und für sich nicht einwandfrei ist. Die Kunst des Gesundbleibens in der heutigen Gesellschaft besteht weniger im Was als im Wie viel des Essens und Trinkens, in der Beherrschung, in der selbstdiktierten Einschränkung. Aber sich auf Vegetarismus und Abstinenz einschwören, als Pionier einer aussichtlosen Weltbekehrung, und am Ende doch heimlich in unheimlichen Maße zu sündigen, halte ich persönlich für wenig vorbildlich. Damit möchte ich von fanatischen Bestrebungen gründlich abrücken.

Wenn man mit Fasten die schwersten Krankheiten heilen kann – dieser Beweis ist tausendfach erbracht – und bei dieser Lebensweise sogar kräftiger wird, „wenn man’s richtig macht“, so muss man mit der höchst energetischen Nahrung, mit dem Obst, erst recht gesund und kräftig werden. Das hat der verdiente Arzt Dr. Bircher auch wissenschaftlich nachgewiesen. Die Naturheilkunde hat zwar (vgl. die Bezeichnung „Fremdstoffe“) erkannt, dass etwas aus dem kranken Organismus hinaus muss, aber sie hat bis jetzt im wesentlichen auf physikalische Reize das Hauptgewicht gelegt und, wie schon angedeutet, das wirklich natürliche Moment des Heilprozesses, die Nahrungsverminderung, die Nahrungsenthaltung und speziell die Obstdiät, zum größten Teil ganz ignoriert oder nur durch eine alkohol- oder fleischfreie Diät zu ersetzen versucht. Das will vor meiner „Schleimtheorie“ nicht viel heißen. Und wie schuldigt man heute diesen schleimlosen Alkohol an. Er muss jetzt bald der Sündenbock für alle Krankheiten sein, weil da und dort ein Verkommener durch ungeheure Quantitäten, die er konsumiert, im Delirium endigt. Man zwinge einen Säufer einige Tage zu fasten oder nur Obst zu essen, - ich wette, dass ihm der beste Schoppen nicht mehr schmeckt. Damit erkennt man auch, dass eben die ganze Kulturesserei vom Beefsteak bis zum angeblich harmlosen Haferbrei das Verlangen nach diesen verpönten Gegengiften Alkohol, Kaffee, Tee, Tabak erzeugt. Warum? Weil die Vielesserei lähmt und man mit Reizmitteln erst wieder flott wird. Hier liegt der wahre und tiefste Grund für die Zunahme des Alkoholkonsums; in der Überernährung, namentlich mit Fleisch. Das ist richtig, weil der mehr akut und als Reiz wirkende Alkohol, namentlich des modernen Bieres auf die Dauer harmloser ist, als die chronische Verseuchung des ganzen Verdauungskanals mit schleimiger Nahrung.

Nun frage ich: was ist vernünftiger, diese seit der Kindheit angehäuften, in Verwesung begriffenen Schleimmassen, die das Zellengewebe des Körpers da und dort selbst angesteckt haben (Krankheitssymptom), durch Schwitzen, Bäder, künstliche Erkältungen (Kneippkuren), Massage, Sport usw. auf Kosten der Lebenskraft (namentlich des Herzens) und Lebensdauer aus dem Körper hinauszupeitschen oder mit Zufuhr von Schleim aufzuhören? Oder will mir jemand beweisen, dass der beste Koch oder Konditor etwas Besseres, Schleimloseres zustande bringe als einen Apfel, eine Traube oder Banane? Wenn Schleim- und Überernährung die wahre Grundursache aller Krankheiten ohne Ausnahme ist, was ich jedem an seinem Leibe beweisen kann, dann kann es auch nur ein wirklich natürliches Heilmittel geben, d. i. Fasten und Obstdiät. Auch schon die schleimlose Diät darf als ein bedeutender Schritt auf dem Wege zur natürlichen Heilung bezeichnet werde. Dass jedes Tier beim geringsten Unwohlsein fastet, ist bekannt und beweist mit die Richtigkeit meiner Behauptung. Wenn auch unsere Haustiere, dank der Kultur und dank den sie fütternden Menschen, schon lange an ihrem scharfen Instinkt für das richtige Futter und die natürlichen Fütterungszeiten – und damit auch an ihrer Gesundheit und an der Schärfe ihrer Sinne – eingebüßt haben, im erkrankten Zustand nehmen sie doch nur das Notwendigste an Nahrung auf; sie fasten sich gesund. Der arme, kranke Mensch dagegen darf ja nicht länger als 1 – 2 Tage auf schmaler Kost stehenbleiben, er könnte sonst „von Kräften“ kommen.

Schon Ärzte haben Fasten als Wunderkuren, als Kur der Ungeheilten, als die Kur aller Kuren usw. bezeichnet. Gewisse Charlatarne und Selbstkluge ohne jede Erfahrung haben diese unfehlbare, aber auch gefährliche Kur in Misskredit gebracht. Ich habe im Fasten das Bedeutendste geleistet, was seit Jahrhunderten vollbracht wurde: 49 Tage, Weltrekord (siehe „Vegetarische Warte“ 1909 Heft 19, 20, 22, 1910 Heft 1 und 2). Außerdem bin ich der Erste, der diese Kur mit systematisch und individuell angepasster Obstdiät (schleimloser Diät) verbindet, wobei sie erstaunlich leichter und absolut gefahrlos wird. Wir sind damit nachweisbar instand gesetzt, Krankheiten zu bewältigen, welche die Schulmedizin als unheilbar bezeichnet. Auf Grund meiner Erkenntnis, dass dieser von der Kulturnahrung stammende Schleim die Grundursache und der Hauptfaktor im Wesen aller Krankheiten, auch der Alterssymptome, Fettsucht, Haarausfall, Runzeln, Nerven- und Gedächtnisschwäche usw.2 ist, darf die berechtigte Hoffnung ausgesprochen werden hinsichtlich des Zustandekommens einer neuen Entwicklungsphase der fortschrittlichen Heilmethoden und der biologischen Medizin.

Schon Hippokrates hatte das „Krankheitsmaterial“ für alle Krankheiten einheitlich erkannt. Prof. Dr. Jäger hat das „Gemeinsame“ als „Gestank“ definiert, aber nicht die Quelle dieses „üblen Geruches“ aufgedeckt. Dr. Lahmann und andere Vertreter der physikalisch-diätetischen Richtung, besonders Kuhne, waren diesen „gemeinsamen Fremdstoffen“ auf der Spur. Sie alle aber erkannten, zeigten und bewiesen nicht durch das Experiment, dass es eben in der Hauptsache dieser Schleim der Kulturnahrung ist, der von Kindheit an unseren ganzen Organismus belastet, bei einem gewissen Grad der Gärung den letzteren selbst angreift, pathologische Herde bildet, d. h. das Zellgewebe des Körpers selbst in Eiter, in Fäulnis überführt. Er wird bei einer gelegentlichen Erkältung oder bei hohen Temperaturen usw. mobilisiert und ruft in dem Bestreben, den Körper zu verlassen, Symptome anormaler Funktionen hervor, die man bis jetzt als Krankheit selbst bezeichnet hat. Es kann somit zum ersten Mal verständlich gesagt werden, was Disposition ist. Je mehr von Kindheit an „Schleim“ (schlechte Muttermilch und alle Ersatzpräparate) zugeführt oder je weniger infolge vererbter Schwäche dieser Schleim durch die dazu bestimmten Organe ausgeschieden wird, desto größer ist die Neigung (Disposition), sich zu erkälten, zu fiebern, zu frieren, Parasiten zu bewirten, zu erkranken und zu altern. Wahrscheinlich ist damit sogar der Schleier des Geheimnisses gelüftet, der bis jetzt immer noch das Wesen der weißen Blutkörperchen verdunkelt. Ich glaube, es liegt auch hier wie in vielen andern Fällen ein Irrtum der medizinischen Forschung vor. Die Bakterien stürzen sich auf die weißen Blutkörperchen, nicht umgekehrt, weil diese ganz oder zum großen Teil aus diesem hier fortwährend angeklagten Schleim bestehen. Züchtet man dann nicht auf diesem Schleim außerhalb des Organismus die Bakterien millionenweise? Auf Kartoffel, Bouillon, Gelatine, also auf Schleim, d. i. stickstoffhaltige, pflanzliche oder tierische Substanz, bestehend aus einer alkalisch reagierenden Flüssigkeit, in der granulierte Zellen vom Aussehen der weißen Blutkörperchen enthalten sind! Vielleicht soll im ganz gesunden Zustand eine sog. Schleimhaut überhaupt nicht weiß, schleimig, sondern rein und rot sein, wie bei einem Tier. Vielleicht ist dieser „Leichenschleim“ sogar die Ursache der Blässe der weißen Rasse!? Bleichgesicht! Leichenfarbe!

Mit dieser durch das Experiment zu bestätigenden „Schleimtheorie“ ist dem Gespenst Krankheit endgültig seine dämonische Larve entrissen. Wer mir glaubt, kann lernen nicht nur sich selbst zu heilen, auch wenn alles andere versagt hat, sondern es ist uns damit zum ersten Mal das Mittel in die Hand gegeben, der Krankheit vorzubeugen und sie definitiv unmöglich zu machen. Selbst der Traum von dauernder Jugend und Schönheit ist jetzt im Begriff zur Wirklichkeit zu werden.

Der tierische, speziell der menschliche Organismus, ist, mechanisch aufgefasst, ein kompliziertes Röhrensystem von Blutgefäßen mit Luftgasantrieb durch die Lunge, in denen die Blutflüssigkeit ständig in Bewegung ist und vom Herzen als Ventil reguliert wird. Die Zerlegung des Luftgases geschieht mit jedem Atemzug in der Lunge (Scheidung der Luft in Sauerstoff und Stickstoff; dadurch wird das Blut ständig in Bewegung versetzt und der menschliche Körper funktioniert unglaublich lange ohne zu ermüden. Vollständig unbesprochen bleibe hier der übersinnliche, metaphysische Begriff einer Lebenskraft, deren Vorhandensein die rein materialistische Denkweise bestreitet. Die Sache liegt hier für uns so einfach: Wenn wir die Maschine nicht mit Vielessen bremsen, läuft sie besser! Man komme mir auch nicht mit der törichten Ausrede der „täglichen Erfahrung vom absoluten Naturzwang des Vielessenmüssens“, der für den arbeitenden Menschen bestehe usw., bevor man nicht erlebt hat, wie leicht und wie lange man nach Fasten und bei Obstnahrung arbeiten oder marschieren kann, ohne zu ermüden. Ermüden ist erstens eine Reduzierung der Kraft durch zu viel Verdauungsarbeit, zweitens Verstopfung der erhitzten und dadurch verengten Blutgefäße und drittens „Selbst- und Rückvergiftung“ durch die bei der Bewegung erfolgte Schleimausscheidung. Alle organischen Substanzen tierischen Ursprungs scheiden bei ihrer Zersetzung Cyangruppen ab, die der Chemiker Hensel als Bazillen selbst bezeichnet. Die Luft ist nicht nur das höchste und vollkommenste Betriebsmaterial des menschlichen Körpers, sondern auch zugleich das erste Element für Aufbau, Reparatur, Ersatz, und wahrscheinlich nimmt der tierische Organismus Stickstoff auch aus der Luft auf. Wenigstens ist das Gegenteil nicht bewiesen. Bei gewissen Raupen hat man schon eine Gewichtszunahme durch Luft allein festgestellt.

Arnold Ehret

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