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II. Führe uns nach Bimini

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Ich war in New-York, erzählte Olaf Jaspersen, und hatte meinen Beruf aufgegeben, diesen sonderbaren Beruf, Dinge zu erleben, um sie dann niederzuschreiben. Ich fühlte mich damals allein und unglücklich, ich sage nicht, weswegen. Ich dachte: muß ich außerdem noch ein Reporter sein? Ich kann einige andere Dinge viel besser, zum Beispiel tanzen.

Ich gab meinen Beruf auf, weil ich in der Laune war, mein ganzes bisheriges Leben aufgeben zu wollen. Ich hörte plötzlich auf, der »Ny Eidende« Berichte zu schicken, da hörte sie auf, mir Geld zu schicken. Ich zog aus dem Hotel Astoria aus, nahm ein Zimmer in einem billigen Boardinghouse, schrieb keinem Menschen meine Adresse. Dann hörte ich auf, Zeitungen zu lesen. Gerade als mein letztes Geld ausging, fand ich ein Engagement im Ballett der Metropolitan-Oper. Elf Dollars wöchentlich. Ich tanzte, als Hurone kostümiert. In dem indianischen Ballett »Minne-Haha«, nach Longfellows Hiawatha, braun angestrichen, mit Federn auf dem Kopf und einer Friedenspfeife in der Hand. Ich tat es nicht ungern, weil ich nicht gezwungen wurde, nachher die Impressionen eines Indianerhäuptlings lebendig zu beschreiben. Nur elf Dollars wöchentlich waren wenig. Ich bin immer so ein Schwein, so oft ich ein neues Leben anfange, stört mich die Erinnerung, daß ich im alten Leben meine gehaßte Redaktion anständige Diäten zu zahlen pflegte. Es ist im Grunde lächerlich, weil ich doch eigentlich sehr gut tanzen kann. Hätte ich nur mit Geduld ausgehalten, gewiß hätte man mir schließlich fürs Tanzen so viel bezahlt wie fürs Schreiben. Plötzlich wieder aus der Vergessenheit auftauchen, ein weltberühmter Tänzer sein, mich von allen Kollegen interviewen zu lassen, welch ein Traum! Ich, Olaf Jaspersen, hätte ich den Reportern gesagt, bin ich selbst, in tausend Masken ich selbst, in Millionen Gesten ich selbst, das heißt: ich tanze. Ich lehne es ab, fortwährend von Dingen zu erzählen, die mich nichts angehen, von Attentaten, Kongressen, Kriegen und Ausstellungen. Ich erzähle fortwährend von mir selbst, das heißt: ich tanze. Das mit dem Schreiben, hätte ich dem Interviewer gesagt, wäre noch nicht so arg, wenn man fortwährend von sich selbst schreiben dürfte. Nur der Tänzer hat das Recht, stets den Gegenstand auszudrücken, der doch jeden Menschen einzig und allein interessiert, sein durch die eigene Haut begrenztes absolutes Königreich –

Aber für elf Dollars wöchentlich bekommt man zu wenig Bohnen mit Speck und zu viele Wanzen. Vielleicht hätte ich es ausgehalten, und nächstens versuche ich es bestimmt wieder, nur ein Zufall machte mich von neuem zum Journalisten.

Es geschah an einem Winterabend, an dem »Minne-Haha« nicht gegeben wurde. Ich saß in meinem kläglichen kleinen Zimmer im Osten und weinte, nicht aus Heimweh oder sonst einer Sentimentalität, sondern einfach, weil mir kalt war; wenn ich friere, muß ich immer weinen. Ich hatte noch fünfundsiebzig Cents und überlegte, ob ich mir davon etwas Kohle kaufen konnte. Ich ging auf die Straße, aber der Kohlenhändler hatte schon geschlossen. Ich kam an einem Kino vorbei; da löste ich mir die billigste Eintrittskarte und trat ein, nicht weil mir nach einer Kinovorstellung verlangte, sondern weil das Kino sicher gut geheizt sein würde.

Drinnen wurde es mir auch wirklich wunderbar warm, und nicht nur wegen der Zentralheizung. Das Filmbild an der weißen Wand strahlte Sonnenlicht aus, die herrlichste tropische Sonne. So verdrossen ich eingetreten war, der Film fesselte mich vom ersten Augenblick an; einen so schönen, einen so natürlichen glaubte ich noch niemals gesehen zu haben. Das Abenteuerstück, das man vorführte, hieß »Der Schleier der Soledad Ramon«. Es spielte irgendwo im spanischen Amerika und war sicherlich an Ort und Stelle aufgenommen worden, weder vor den Leinwänden eines Ateliers, noch in einer der Filmstädte Kaliforniens, wo es zwar echte Sonne und echte Palmen gibt, wo sie aber zivilisiert und in ein ordentliches Grundbuch eingetragen sind. – Nein, die Szenerie dieses Films war echt bis in die kleinste Einzelheit; das war der wirkliche Urwald, der wirkliche Alligatorensumpf, ein wirklicher Vulkan. Die Illusion war vollkommen; man meinte, die Handlung müßte sich wirklich zugetragen haben. Diese Handlung war romantisch genug, romanhaft sogar, eine Geschichte von wilden Räubern, wilden Bestien, Dolchen, Mord und Eifersucht, aber wirklichen Lebens voll, von einer frappierenden, einer hinreißenden Wahrheit im kleinen und einzelnen. Diese Frau, die Heldin, Soledad Ramon, schien keinen einzigen Augenblick Komödie zu spielen, oder vielmehr immer, wie es eine schöne Frau eben tut; – wenn sie aber auf dem Theater Komödie spielen oder vor dem Kinoobjektiv, dann pflegen sie befangen zu sein und ganz gewöhnlich natürlich zu werden, darum ist alle Schauspielerei so unecht. Diese Frau auf der weißen Wand ließ mich die Existenz aller weißen Wände vergessen; ich sah ihre Schicksale und erlebte sie mit, bangte, wenn sie in Gefahr war, triumphierte, wenn sie gerettet wurde – von einem schönen, dunklen, heldenhaften Mann, der mit ihr durch dieses Stück Leben schritt; wie ein naiver Bauernjunge hätte ich in die Vorstellung hineinschreien wollen, warnen, jammern oder frohlocken, so eng verband ich mich mit den Erlebnissen der Soledad Ramon. Kannte ich nicht ihre ganze Seele? Wenn Sie in tausend Gefahren, in ihrer bunten, heißen Heimatwelt diese sprechenden Augen aufschlug, bedurfte ich keiner erklärenden Inschrift. Was sie mit ihrem männlich schönen Schicksalsgefährten sprach, war deutlich gesprochen ohne Laut. Welch ein Zusammenspiel, welch ein Ausdruck, welch eine große, große Künstlerin! Diese Frau hätte es verdient, der berühmteste Filmstar der Vereinigten Staaten zu sein; aber ich erinnerte mich nicht, ihren Namen jemals gelesen zu haben, noch auch den der »Mirador Company«, der Filmgesellschaft, deren Produkt nach dem Zettel dieses erstaunliche Kinodrama war. Entweder eine ganz neue Gesellschaft, oder eine, die jede Kunst meisterhaft verstand, nur nicht die der Reklame.

Ich saß da und starrte die göttliche Tropenlandschaft des Films an, Lianengestrüpp, Kolibris, besonnte Estancias, grell belichtete Adobehäuser unter Palmen. Eine tolle Sehnsucht nach all der bunten Welt überkam mich. Olaf Jaspersen, sagte ich mir, mußt du denn wirklich in dieser gräßlichen großen Stadt sitzen, in einem verwanzten Boardinghouse bei zehn Grad Kälte? Olaf Jaspersen, weißt du nicht mehr, wo deine Seele zu Hause ist? Warum ruhst du nicht auf einer von Palmen beschatteten Veranda, warum blickst du nicht auf eine blaue und diamantene Meeresbrandung? Mußt du unbedingt Bohnen und Speck essen, statt Bananen und Mangopflaumen? Rede dir nichts vor, Bananen und Mangopflaumen sind dir lieber! Und dabei weißt du doch sehr gut, wie du dazu gelangen könntest, noch am Ende dieses kalten Monats irgendwo in einer paradiesischen Tropenlandschaft auf einem sehr bequemen Lehnsessel zu liegen; du müßtest nur morgen früh im Depeschenteil des »New York Herold« nachsehen, in welchem Teil Südamerikas jetzt gerade eine Revolution stattfindet, und morgen nachmittag an »Ny Eidende« in Kopenhagen telegraphieren, daß du im Begriffe bist, eine ungemein interessante Expedition nach Bolivien anzutreten oder nach Ecuador; kein Zweifel, daß dir Pedersen sofort das nötige Geld kabelt.

Vielleicht hätte ich der Verlockung widerstanden, wenn Soledad Ramon auf dem Film nicht in diesem Augenblick so gelächelt hätte, daß ich in diesem Frauenlächeln alles sah, was auf der Welt schön ist: die Sonne, das südliche Meer, ein Tropenwald und der Geschmack exotischer Früchte, mit einem Wort: das Paradies, nach dem wir alle verlangen, ohne es immer zu wissen. Ich ging nach Hause wie in einem Opiumrausch. Zu Hause war es sehr kalt und trotz der Kälte bissen die Wanzen sehr. Ich hatte eine Nacht voll schwerer Versuchungen und bestand sie nicht. Es ist so leicht, gegen sich selbst unanständig zu sein, und es rentiert sich so gut. Ich weiß in jedem Augenblick meines Daseins, daß ich gegen meine Natur lebe, aber – –

Ich will es kurz sagen: am nächsten Morgen kaufte ich mir für meine letzten Cents Zeitungen. Irgend etwas in mir hoffte noch, es würde nichts darin stehen, kein überzeugender Anlaß, von »Ny Eidende« Geld für eine journalistische Reise zu verlangen. Aber mein Unterbewußtsein zweifelte nicht daran. Es war die erste Zeitung, die ich seit langen Monaten in die Hand bekam; es hätte nichts von Belang darin sein müssen. Aber nein; mein zufälliger Griff schlug sofort die richtige Stelle auf. Sogleich sah ich eine von den ungeheueren amerikanischen Überschriften:

»Das Geheimnis von Bimini«

Worin dieses Geheimnis bestand, konnte ich aus dem Artikel nicht ohne weiteres ersehen; offenbar war der Aufsatz der letzte einer langen Reihe und eine große Sensation bereits im Verklingen; jetzt erinnerte ich mich auch, daß im Theater von der Sache gesprochen worden war, ich hatte nur weggehört. In dem Artikel war von dem Morgan-Konzern die Rede und von dem Kupfertrust; nach der Ansicht des Verfassers sollten sie zu General Juan Iriarte, dem Diktator der Republik Bimini, in bedeutsamen geschäftlichen Beziehungen stehen. Warum aber Don Juan Iriarte fortwährend

»Die Sphinx von Zentralamerika«

genannt wurde und die Republik, die dieser Mann regierte,

»Das Verschlossene Land«,

das brachte ich nicht heraus. Die Angelegenheit war offenbar schon so viel besprochen worden, daß jemand, der die Zeitungen eifriger gelesen hatte als ich, das Problem jedenfalls schon kennen mußte. Die Lösung aber schien dem Kollegen den der New-Yorker-Presse, aus ihrem vagen Herumreden zu schließen, in keiner Weise gelöst zu sein; was immer es war, es war

»Das grosse Rätsel«.

Soviel war klar, in den lateinischen Tropenländern, nach denen meine Sehnsucht war, mußte es in diesem Augenblick eine sehr lohnende Aufgabe für reisende Journalisten geben, ein großes politisches oder weltwirtschaftliches Problem, dem die Presse vergeblich auf den Grund zu kommen suchte. Ich sah sofort, daß der große alte Mann Pedersen von der »Ny Eidende« entzückt sein müßte, wenn ich in diesem Augenblick plötzlich wieder auftauchte, und zwar gerade in diesem Bimini; der Kerl liebt solche exotischen Angelegenheiten mehr als den pikantesten Kopenhagener Scheidungsfall und ist ungeheuer stolz darauf, wenn einer seiner Mitarbeiter seine Nase in derartige Sachen steckt, die den Kopenhagener Spießer möglichst wenig angehen. Kein Zweifel, das Geld für diese Expedition war zu bekommen. Wenn ich meinen Herrn Herausgeber richtig kannte, hatte er verzweifelt ins Blaue herumgekabelt, um mich zu erreichen und mir die Reise nach Bimini vorzuschlagen. So grundwenig ich von der Sache bisher wußte, sie hatte den richtigen Geruch; der Zeitungsteufel, der sich da meine unsterbliche Seele wieder einmal kaufte, hatte sich nicht lumpen lassen und mir einen prächtigen Köder hingelegt.

Wie ich nach Bimini gelangen sollte, den Präsidenten Don Juan Iriarte interviewen, das Geheimnis des verschollenen Landes enthüllen, die Sphinx von Zentralamerika enträtseln, das machte mir keine großen Sorgen. Unendlich viel schwerer war es, das kürzeste Telegramm an Pedersen zu schicken. Ich hatte keinen Heller mehr, und meine wöchentlichen elf Dollars sollte ich erst in zwei Tagen bekommen; dann aber mußte ich mindestens neun davon der Mrs. O’Rafferty geben, meiner Pensionswirtin. Ich war ihr viel mehr schuldig; keine Rede davon, daß sie mich etwa mit meinem Gepäck ausziehen lassen würde. Ich besaß noch einen anständigen Koffer; wenn ich mit ihm vor dem Astoria-Hotel vorfuhr, war alles in Ordnung, man kannte mich dort sehr gut und würde ohne den geringsten Verdacht den Wagen für mich bezahlen, das Geld für die Kabeldepesche auslegen und mir so lange Kredit gewähren, bis Pedersen Geld angewiesen haben würde. Aber das alles doch nur unter der Voraussetzung, daß ich mich in einem anständigen Winterrock, guten Schuhen und sauberer Wäsche präsentierte, und eben daran fehlte es. Wie mit einem imposanten, wenn auch leeren Schrankkoffer die Boardingspelunke der guten Deborah O’Rafferty verlassen? Auf welche Weise kreditwürdig aussehen? Ich trug einen meiner blauen Anzüge, aber schon sehr lange, und einen Sommerüberzieher, in dem ich zu schlafen pflegte, wegen der Kälte. Die Schwierigkeit schien unüberwindlich; ich gestehe, daß ich zuerst ganz verzweifelt war und ein wenig geweint habe.

Dann setzte ich mich in meinem ungeheizten Zimmer nieder und schrieb eine Plauderei über das Ballett »Minne Haha«, schauerlichen Kulissenklatsch, aber voll jener »Inside Information«, die amerikanische Redaktionen lieben. Ich hoffte, das Gesudel irgendeiner Zeitung verkaufen zu können. In der Abenddämmerung trug ich das Manuskript zur »World«. Ich wählte gerade dieses Blatt, weil ich mich nicht erinnerte, irgendeinen seiner Redakteure zu kennen; in meiner fragwürdigen Kleidung mochte ich keinem meiner Bekannten begegnen. Aber der erste Mensch, dem ich auf der Stiege begegnete, war Lincoln C. Barter, der amerikanische Kollege, mit dem ich während der Spartakistenkämpfe in Berlin beisammengewesen war. Die Journalisten einer gewissen höheren Klasse, die Sonderberichterstatter der großen internationalen Presse, begegnen einander immer wieder auf allen Schauplätzen der Weltsensationen. Es besteht zwischen den meisten von uns gute Kameradschaft, obwohl wir lächerlicherweise gezwungen sind, untereinander einen wilden Konkurrenzkampf zu führen. Wir trachten, einander journalistisch zu schlagen, unseren Herren Herausgebern zuliebe; das hindert aber nicht, daß sich private Freundschaften anbahnen. Es ist wie in alten Söldnerkriegen, in denen die Condottieri der einzelnen gegeneinander fechtenden Despoten einander getreulich bekämpft, aber einander sonst nicht gehaßt haben. Es gibt eine besondere Freimaurerei der großen internationalen Spezialkorrespondenten; vom beruflichen abgesehen, vertragen wir uns sehr gut.

Ich hätte dennoch keinen dieser Kollegen aufsuchen und um Hilfe bitten wollen. Barter war erst seit meiner Abkehr vom Metier von der »Evening Gazette« zur »World« übergetreten, sonst wäre ich dieser Redaktion nicht in die Nähe gekommen. Ich wollte als ein Unbekannter dem Subeditor einen Artikel über das neue Ballett verkaufen, ein paar Dollars verdienen und an Pedersen kabeln, nicht aber in meinem Aufzug einem alten und zähen Konkurrenten unter die Augen kommen. Da das Unglück einmal geschehen war und ich dem Kollegen begegnet, erzählte ich dem guten Barter eine lahme Geschichte: Ich hatte es einmal, mangels eines gescheiteren Einfalls mit dem »Slumming« versucht, hatte in den Elendsquartieren Studien getrieben, merkwürdige Berufe ausgeübt, zuletzt sogar Ballett getanzt, und hatte mir, der Echtheit wegen, die Brücken zur Rückkehr ein wenig zu gründlich abgebrochen. Da ich kein Geld hatte, um mich mit meiner heimischen Redaktion in Verbindung zu setzen, kam ich zur »World«, um ihr den Vorabdruck meiner New-Yorker Sittenbilder anzubieten.

Man wird mir glauben, daß ich kein Wort von der Republik Bimini redete, obwohl ich gar zu gerne etwas über die Sache erfahren hätte. Wenn ich hinreiste, durfte dies niemand in New-York wissen. Ich stehe einigermaßen in dem Ruf, bei meinen Unternehmungen etwas auszurichten, und es hängen sich mir immer sehr gerne allerlei Kollegen an; ich bringe es dann einfach nicht fertig, sie abzuwimmeln. Sie wissen, wie furchtbar unbeholfen ich in solchen Dingen bin und wie wehrlos gegen falsche Freundlichkeit. Dann habe ich die Mühe, und fremde Blätter bekommen meine besten Nachrichten.

Ich muß dem Kollegen Lincoln C. Barter das Zeugnis ausstellen, daß er keine Sekunde lang meine Geschichte glaubte. Das Herumschnüffeln in den Slums großer Städte ist gar nicht mehr modern und unter dem Niveau eines großen internationalen Reisereporters. Vermutlich nahm Barter ganz einfach an, ich wäre irgendwie auf Abwege geraten und verkommen und wollte ihn jetzt anpumpen. Gut, daß ich nicht von vorneherein versucht hatte, sein Mitleid zu erregen, ihm etwas von unverschuldeter Not oder dergleichen zu erzählen, er wäre sogleich mißtrauisch geworden und hätte eine journalistische Falle gewittert. So aber bewies er sich, wenn auch mit einigem Zweifel im Blick, als ein guter Kerl und Kamerad; er trug meinen Ballettartikel selbst zum Subeditor des »World« und kam mit einer Bestellung auf eine Artikelserie und einem Vorschuß zurück, der nicht nur für die irische Wirtin meines Wanzenpalais, sondern auch für anständige Kleider genügte. Ich zweifelte nicht daran, daß der Vorschuß aus Barters eigener Tasche kam. Die Artikel habe ich nicht geliefert und das Geld an Barter zurückgeschickt, aber erst eine Stunde, bevor ich New-York verließ. Ich muß leider annehmen, daß er sich dann betrogen und verraten fühlte; er wird wütend sein, wenn meine Artikel über Bimini aus Kopenhagen nach New-York gekabelt werden. Die »World« hatte sich sehr angestrengt, das Rätsel selbst zu lösen und Barter hätte sicherlich mit mir reisen wollen, wenn er geahnt hätte, was ich plante. Das hat er jetzt davon, daß er einem guten Freund aus der Not half. Ich schäme mich aufrichtig, weiß aber wirklich nicht, wie ich mich anders hätte aus der Sache ziehen können.

Ich befriedigte meine Wirtin, kaufte mir einen Anzug und einen Wintermantel und fuhr fürstlich in einem Auto zum Astoria-Hotel. Dort ließ ich sogleich durch den Portier eine chiffrierte Kabeldepesche aufgeben. Ich besaß zwar nur noch ganz wenige Dollars, dafür aber das unbeschränkte Vertrauen der Hoteldirektion. Ich genoß das animalische Glück, wieder sauber zu wohnen und anständig zu essen. Ich ging nicht aus, schon um niemanden vom Theater zu begegnen, denn dem Ballett »Minne-Haha« war ich einfach durchgebrannt, auf die Gefahr hin, daß der dritte Huronenhäuptling mit der Friedenspfeife dem Publikum fehlte. Ich wartete ohne jede Unruhe die Antwort des Herausgebers der »Ny Eidende« ab.

Bimini

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