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Diät

Sie wissen sicher aus allen guten Ratgebern, dass man – wie immer wieder zu lesen ist – auf seine Ernährung achten soll. Oh ja, ich achte immer darauf, dass ich mich ernähre. Und zwar gut. Und gerne. Gut, das habe ich bis jetzt noch nicht gelesen, aber warum soll man sich die viele vorhandene Zeit mit schlechtem Essen versauen? Niemand sollte sich die Zeit mit schlechtem Wein verderben, hat schon der olle Goethe gesagt. Zumindest so ähnlich. Und da Goethe zu allem was gesagt hat, ist es immer gut so ein Zitat parat zu haben. Schiller täte es zur Not auch. Oder Helmut Schmidt.

„Hast du schon abgenommen?“ – so begrüßt mich immer wieder eine gute Freundin oft am Telefon. Und trotz dieser Frage ist sie noch eine gute Freundin. Dabei müsste sie die Antwort längst kennen. NATÜRLICH NICHT! – Warum auch. Ich fühle mich ja wohl, so wie ich bin. Ich bin ja nicht dick. Höchstens als Kind mal in den Zaubertrank gefallen.

Mein Hausarzt runzelt zwar immer die Stirn wenn ich mein Gewicht nenne, aber das ist bestimmt bloß Neid. Und wenn die Bekleidungsindustrie ständig die Größenbezeichnungen ändert, da kann ich doch nichts dafür. Erwähnte ich schon, dass meine Waage immer falsche Zahlen… ach so. Nun ja, manchmal erzählt man Dinge doppelt. Auch so eine merkwürdige Veränderung.

Dennoch, ich gebe es zu, habe ich mich von Zeit zu Zeit an Diäten versucht. Also nicht im Bundestag, sondern was das Essen angeht. Meist aus Solidarität, gemeinsam mit einer Freundin. Nicht, dass ich es brauchte, aber ich wollte moralischen Beistand leisten.

Ich lebe bewusst nach dem alten Sprichwort: „Wenn man sein Gewicht halten will, dann muss man auch mal essen, wenn man keinen Hunger hat“. Da habe ich mir nun über viele Jahre mit Mühe und Einsatz finanzieller Mittel mein Kampfgewicht erarbeitet und nun soll ich erneut viel Geld ausgeben, um NICHTS zu essen zu bekommen? Wie unsinnig kann eine solche Überlegung sein…

Aber gut. Bereits erwähnte Freundin und ich machten die Thalasso Diät. Das bedeutet baden und Gymnastik im Meerwasser, gut – das lasse ich mir gefallen. Allerdings auch nur Mineralwasser trinken – das versaute mir den Aufenthalt schon eher. Zu essen gab es nur Eiweiß und Gemüse, keine Kohlehydrate. Vor allem kein rotes Fleisch. Na, herzlichen Glückwunsch!

Zur Begrüßung gab es einen großen Berg Austern und Krebse. Einen Fisch hätte ich freudig umarmt, aber Austern mag ich nur gepaart mit der Zusage, dass sich innerhalb der Schale eine Perle befindet. Sonst kann diese Muschel meinetwegen die Schale geschlossen halten. Und Krebs ist mir schon als Sternzeichen eher fremd. Ein Königreich für eine Scheibe Brot!

So ging es über Tage. Manchmal kam man wegen des vielen Wassers um einen rum und in einem drin kaum vom Klo runter, aber was sollte es – man versäumte ja nix. Schon gar nicht beim Essen. Bereits nach wenigen Tagen schien uns das ganze Hotel nach frischem Weißbrot zu duften und im Dämmerlicht schwebte irisierend ein Glas Rotwein vor meinen Augen. Aber wir hielten durch und wurden durch purzelnde Pfunde belohnt. Kurzfristig. Unnötig zu erwähnen, dass es nur Wochen dauerte, bis die Waage sich wieder auf Vorkriegsniveau einpegelte.

Aber werden Menschen nun aus solchen Desastern klug? Nein – jedenfalls nicht alle. Schon etliche Kilo später kam meine andere gute Freundin (ja, ich habe mehrere – trotz der Diäterfahrungen) mit einem ganz neuen Mittel an. Das würde in einer Praxis intramuskulär gespritzt und befeuere geradezu den Fettabbau. Ich wusste zwar nicht genau welches Fett sie da angeblich bei mir gesehen haben wollte, aber da sie so enthusiastisch wirkte, schlug ich abermals ein.

Auch hier gab es mehr Vorschriften dazu, was man alles NICHT zu sich nehmen durfte, als auf der Positiv-Liste zu finden waren. Darunter diesmal positiv ganz viel rotes Fleisch, was diese Idee schon mal um Längen vor Thalasso brachte. Jeden Tag wurde man gepiekt und mit fettabbauender Lösung erfreut. Und wenn man mehr als 5 Kilo abnahm, dann ertönte eine Glocke im ganzen Sp(r)itzeninstitut.

Selbst ich brachte es zum Glockenklang, erstaunlicherweise. Hätte nie gedacht, dass ich so ohne gesundheitliche Risiken einfach 5 Kilo entbehren könnte. „Ich hab mich so an dich gewöhnt…“ – Gut, auch hier setzte diese Gewöhnung schneller wieder ein, als gedacht. Man nennt das den Jojo-Effekt, wahrscheinlich weil sich jeder denkt: „jo, jo!“

Zu einer dritten Diät war meine Freundin dann zwar fest entschlossen, aber dazu kam es dann nicht mehr, weil besagte Freundin und ich zwar nochmal eine Thalasso -Kur machten, das Hotel allerdings dann (in ihren Augen) den Fehler hatte, auch ein „normales“ Buffet beim Essen anzubieten. Und nun raten Sie, wer das kalorienreduzierte Angebot mied und stattdessen bei den Köstlichkeiten des Landes zulangte? – Alle!

Also ich habe wirklich nichts gegen Diäten – solange ich sie nicht machen muss. Und im Alter dürfen ein paar Rundungen schon sein, da zeigt man doch, dass man gelebt hat. Und noch lebt. Wer will schon verhärmt aussehen – also ich bin KILO-meterweit weit davon entfernt. Abnehmen kann man dann in der Gruft, da kommt das von allein. Nein, für Diäten habe ich keine Zeit mehr.

Essen kann etwas so Schönes sein, wozu also soll man sich das versagen? Und wenn man uns Vorschriften machen will, was wir zu essen haben und was wir künftig sein lassen sollen, dann antworten wir ab jetzt: Wir sind alt genug! Und wir wissen, was uns schmeckt. Und niemand soll uns mehr Vorschriften machen.

Und damit haben wir verdammt recht!

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