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Kapitel 2
Auf dem derolianischen Kreuzer

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Die Lahme Ente stand im Hangar. Mir war nicht wohl dabei. Das letzte Mal, als das der Fall war, zugegebenermaßen war es damals der Hangar eines Trägerschiffes und nicht der eines Kreuzers, aber der Unterschied erschien mir banal … Das letzte Mal befand ich mich in einer als Gefängnis empfundenen Kabine und hatte zwei vermutlich hochbegabte Wachen vor meiner Tür stehen.

Dieses Mal war es anders.

Dieses Mal hatten wir eine Suite. Zumindest im Vergleich zu damals. Drei Zimmer, ein Bad mit riesiger Wanne, eine kleine Küche und ein luxuriöses Schlafzimmer mit einem riesigen Bett.

»Hier lässt es sich aushalten«, war Nadarjas Kommentar. Mehr sagte sie nicht und warf sich auf das Bett. Dann sah sie mich lüstern an. »Geh duschen und komm wieder.«

Über fünf Jahre lebte ich nun mit dieser Frau zusammen. Wir waren in der Zeit durch dick und dünn gegangen. – Sie konnte mich noch immer überraschen!

»Du meinst also, ich hätte eine Dusche nötiger als du?«, fragte ich. Dann grinste ich sie an. »Was hältst du von einer gemeinsamen …?«

Der Türgong unterbrach mein ablaufendes Kopfkino. Ich ging zur Eingangstür unserer Suite und öffnete. Leutnant Rogorna, diesmal formal korrekt in derolianischer Uniform gekleidet, stand im Gang. Zwei vermutlich hochbegabte Soldaten, zumindest wenn man deren IQ addierte, begleiteten sie.

»Der Kapitän würde gerne mit Ihnen reden«, sagte sie, ohne Zeit mit einer förmlichen Anrede zu vergeuden. »Würden Sie mir bitte folgen?«

»Ich gehe nur zusammen mit meiner Partnerin«, entgegnete ich, mich eingehend an die Unterdrückung der Garata auf Sylvej erinnernd.

»Selbstverständlich«, sagte Rogorna. »Die Mater Majestrix hat eingehend darauf hingewiesen, dass Ihre Partnerin Ihren Status teilt.« Die Frau drehte sich um, einfach voraussetzend, dass wir ihr folgen würden.

Wir folgten!

Nadarja war aus dem Bett gesprungen und marschierte nun neben mir den Gang hinunter, hinter der Dreiergruppe. Das war mal eine ganz andere Erfahrung als bisher. Bislang waren wir in aller Regel immer vor Soldaten hermarschiert, die mit ihren Waffen auf uns gezielt hatten. Es war geradezu erholsam, mal eine andere Position einzunehmen.

Ich schielte nach rechts zu meiner Partnerin hinüber. Ihr schulterlanges, weißes Haar fiel auf eine rote Bluse. Eine gelbe Hose und braune Stiefel rundeten den optischen Eindruck ab. Ihre pechschwarze Gesichtshaut sorgte zusätzlich für den nötigen Kontrast. Ich bedauerte, dass wir so früh abgeholt worden waren …

In der Kleidung, die Nadarja nunmehr seit Jahren trug, fielen die Unterschiede zwischen ihrer Gattung und der des Homo sapiens nicht wirklich auf. Ich war nach wie vor der Ansicht, dass sie ohnehin nur äußerlich waren. Als Beweis diente mir die Tatsache, dass es möglich war, zwischen Garata und Menschen Nachwuchs zu zeugen. Das konnte nur innerhalb der Spezies geschehen. Die Garata mussten Nachkommen menschlicher Siedler sein, die sich genetisch ein klein wenig von der Hauptlinie der Menschheit entfernt hatten. Sechs Finger und Zehen an jeder Hand beziehungsweise Fuß und ein weißer Pelz am ganzen Körper, die Gesichtshaut ausgenommen, nun, das waren nicht wirklich ins Gewicht fallende Unterschiede. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach waren die Garata unter der Gattung Homo sapiens zu subsummieren, egal was meine Partnerin und die Derolianer darüber dachten.

Der Kapitän des Schiffes erwartete uns in der Messe. Dort war ein Tisch fürstlich für uns gedeckt worden. Der Mann empfing uns in einer weißen Galauniform. Zuerst hatte ich befürchtet, dass es sich um dieselbe Art von Uniform wie die der Elitesoldaten auf Sylvej handelte. Nach einem kurzen Blick konnte ich mich jedoch davon überzeugen, dass es kein Garatapelz, sondern lediglich Baumwolle war, aus der die Uniform geschneidert worden war.

Der Mann war um die sechzig Standardjahre alt. Sein schütteres Haar trug er schulterlang zu Zöpfen geflochten. Die derolianische Mode musste ich nicht notwendigerweise kommentieren.

»Kapitän«, empfing er mich und verbeugte sich tief vor mir.

Danach ergriff er Nadarjas Hand und vollbrachte formvollendet einen Handkuss.

»Darf ich Sie an meine unscheinbare Tafel bitten?«

Ich stand kurz davor, laut loszuprusten, Nadarja trat mir gegen das Schienbein.

»Wir freuen uns, Ihre Gäste sein zu dürfen«, entgegnete sie an meiner statt.

Wir nahmen Platz, jeder an einem Ende des ausladenden Tisches. Ich war froh, dass ich weit genug von Nadarja weg saß, sodass sie mein Schienbein nicht mit ihrem Stiefel erreichen konnte. Neben uns und dem Kapitän des Kreuzers hatte auch Leutnant Rogorna einen Stuhl eingenommen.

»Ich fühle mich geehrt, Sie an Bord begrüßen zu dürfen. Den Lebensretter des Prinzen Majister«, fuhr der Kapitän fort.

»Er ist verstorben«, warf ich ein. »Ich war anwesend und konnte ihm nicht helfen.«

»Ich weiß«, winkte er ab. »Aber wären Sie nicht gewesen, die Prinzess Majister würde heute nicht leben.«

Leutnant Rogorna reagierte unpassend. Sie versuchte ihr Glas zu ergreifen, griff daneben und vergoss den Inhalt. Rotwein verteilte sich auf der weißen Tischdecke.

»Verzeihung«, sagte sie. »Ungeschickt von mir.«

Lakaien eilten herbei, hoben unsere Gläser an und tauschten die Tischdecke aus.

Ich fokussierte den Leutnant. Ich hatte sie genau beobachtet, das war tatsächlich ein Missgriff gewesen und keine Absicht. Aber … sie war fahrig gewesen. Irgendetwas hatte diese Frau aufgewühlt, hatte sie aus der Fassung gebracht. Was konnte das gewesen sein? Der Kapitän hatte doch nichts wirklich Weltbewegendes von sich gegeben?

Der Kapitän nahm sich zusammen, das war klar erkennbar. Für ihn stellte Rogorna nur eine weit, sehr weit, unter ihm im Rang stehende Offizierin dar. Aber eine Offizierin mit Sonderstatus. Sie gehörte zur Leibwache der Mater der Prinzess Majestrix. Das war offenbar Sonderstatus genug, um es ihr zu ermöglichen, hier mit uns am Tisch zu sitzen und nicht für den begangenen Fauxpas gemaßregelt zu werden. Jeder andere Offizier wäre des Tisches verwiesen worden, so gut traute ich mir zu die derolianischen Gepflogenheiten zu kennen.

Der Rest des Abends verlief unspektakulär. Das Tischgespräch dümpelte vor sich hin. Drei Gänge und zwei Stunden später verabschiedeten wir uns und Leutnant Rogorna eskortierte uns, zusammen mit den beiden hochbegabten Soldaten, zu unserer Suite.

»Morgen werden wir Derolia erreichen«, sagte sie bei der Verabschiedung. »Die Mater Majestrix wird sie am Nachmittag empfangen.«

Wir fielen fast übergangslos ins Bett. Meinen Annäherungsversuchen begegnete Nadarja mit Kopfschmerzen und einem langen, noch zu verarbeitenden Tag. – Versteh einer die Frauen!

Ich lag noch lange wach.

Wieso hatte Leutnant Rogorna Lysange als Mater Majestrix bezeichnet und nicht als Mater der Prinzess Majestrix? Ich hatte gelernt, bei den Derolianern auf jedes Wort zu achten.

Derolia

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