Читать книгу Diamanten in Lüderitzbucht - Axel Rudolph - Страница 5
Zweites Kapitel
Оглавление„Da wären wir also wieder mal in Lüderitzbucht!“
Der junge, kräftig gebaute, von der Sonnenglut braungebeizte Mann, den eben das von Negerfäusten geruderte Boot an den flachen, gelben Strand getragen hat, sieht sich gemächlich um und rückt den Tropenhut in den Nacken. „Hat sich nicht verändert im letzten Jahr.“
Max Freytag pfeift ein paar der herumlungernden Negerjungen heran und beaufsichtigt die Burschen, während sie sein Gepäck aufladen. Dann stapft er geruhsam hinter ihnen her auf die „Stadt“ zu. Natürlich muß er ein halbes Dutzend Leute unterwegs begrüßen, die durch die Ankunft der „Boma“ trotz der Mittagsglut aus ihren Häusern gelockt sind. Der Zollinspektor verzichtet darauf, von dem Ankömmling Ausweise über seine Person zu verlangen. Max Freytag kennt zwischen Lüderitzbucht und Windhuk jeder Nigger. Als achtzehnjähriger, von daheim durchgebrannter Lümmel ist er hierhergekommen, hat seine zwei Jahre in der Schutztruppe gedient, dann das Land durchstöbert. Nur, daß Max Freytag nicht wie die meisten hier, sich irgendeinen Platz gesucht und sich seßhaft gemacht hat. Sein unruhiges Abenteurerblut hat ihn Jäger werden lassen. Er hat im Laufe der Jahre sogar ein gewisses Ansehen als Großwildjäger bekommen. Allerdings seit anderthalb Jahren hat dieses Ansehen erheblich gelitten. Denn daß Max Freytag sich von Lord Hilgate, dem verrückten Engländer, nach dem Norden verschleppen ließ und, statt zu jagen, Handlangerdienste bei dem edlen Lord tat, der die fixe Idee hatte, oben am Kunene Gold oder Diamanten suchen zu wollen, das hat niemand hier recht verstehen können. Gold? Diamanten? Du lieber Gott, die gab’s unten im Kapland und in Transvaal, aber doch nicht hier oben! Wenn’s wirklich welche gäbe — das Land hier ist beim Bau der Bahn tüchtig durchgebuddelt worden. Man hätte sie längst gefunden. Es hat nicht an Spott und Hohn gefehlt, als Max Freytag damals mit seinem Engländer nach Norden zog, und es wird auch jetzt, wo er brav und natürlich erfolglos zurückgekehrt ist, derb genug bei der Begrüßung gewitzelt.
Max Freytag lächelt ein wenig verlegen zu den Anzapfereien, die auf ihn einstürmen. Na ja, viel herausgekommen ist bei der Sache nicht. Lord Hilgate hat seine Manie, oben am Kunene nachzuforschen, schließlich als aussichtslos aufgeben müssen. Ein verlorenes Jahr. Aber was macht das schon, wenn man erst sechsundzwanzig ist! Und gelernt hat man doch allerhand in diesem Jahr. Man könnte, wenn man Lust hätte, nach Kimberley auswandern und Digger werden.
„Hallo! Freytag!“
Vor der Tür des langgestreckten, niedrigen Hauses, in dem die Lüderitzbucht-Gesellschaft ihre Kontore hat, winkt ein weißgekleidetes, junges Mädchen dem Ankommenden lustig entgegen. Max Freytag macht plötzlich sehr lange Schritte.
„Sind Sie noch immer hier, Fräulein Hilde?!“
Hilde Stein zieht verwundert die Brauen hoch. „Wo sollte ich denn sonst sein?“
„Na, ich dachte ... vielleicht hätten Sie inzwischen eine Farm irgendwo in Afrika, mit Mann und Kindern.“
„Sonst noch was?“ Hilde löste lachend ihre Hand aus den derben Pratzen Freytags. „Ich denke vorläufig ebensowenig ans Heiraten wie Sie! Möchte auch wissen, was mein Herr Papa ohne mich hier anfangen sollte!“
Herr Stein ist also auch noch da? Immer noch wohlbestallter Prokurist der Gesellschaft?“
„Natürlich! Hören Sie nicht, wie er drinnen wieder kommandiert?“
Max Freytag löst seine Augen von dem Mädchengesicht und blickt zu den offenen Fenstern der Büros hin, aus denen mehrere Stimmen dringen. Das laute, etwas krächzende Organ des Prokuristen Stein ist unverkennbar.
„Muß mich doch gleich mal bei ihm melden,“ schmunzelt Freytag. „Kommen Sie mit hinein, Hilde?“
„Um mich von meinem Herrn Papa verulken zu lassen, wie? Daß er mich am Ende noch vor dem ganzen Kontor mit seiner hinterhältigen Freundlichkeit fragt, ob ich ihm den Schwiegersohn bringe!“ Hilde will sich plötzlich ausschütten vor Lachen. „Ihr Gesicht ist köstlich, Freytag! Schade, daß ich keinen Spiegel hab!“
„Na, wenn Sie derartig mit dem Zaunpfahl winken, Hilde!“
„Unsinn! Aber Sie kennen doch meinen Vater! Der läßt keine Gelegenheit vorübergehen, wo er einen Witz machen kann. Also — ich gehe jetzt lieber in meine Küche. Aber nachher ...
„Nachher komm ich natürlich rüber, und wir palavern ein bißchen.“
„Einverstanden!“
Der Angekommene bleibt stehen und sieht wohlgefällig dem Mädchen nach, das mit festen und doch anmutigen Schritten durch den Sand davoneilt. Schließlich wendet er sich aber doch um, aufhorchend und etwas verwundert — denn aus den Fenstern des Kontors dröhnt ihm eine knallende Lachsalve in die Ohren.
*
„Freytag! Mensch, Sie haben uns gefehlt!“ Die lange, hagere Gestalt des Prokuristen Stein winkt dem in der Tür Stehenden mit beiden Armen entgegen. „Der Diamantenkönig! Rockefeller in der Westentasche!“
Max Freytag wappnet sich mit Geduld und Nachsicht. „Wenn Sie damit mich meinen, Herr Stein, muß ich leider bedauern. Wüßte nicht, wie ich zu diesen schmeichelhaften Titeln käme. Oben am Kunene ...“
„Ach, Sie meine ich doch nicht damit!“ Herr Stein krümmt sich vor Lachen und weist auf einen Mann, der verlegen und ganz verdattert in einer Ecke des Kontors steht und einen Tropenhut in den Händen dreht. „Das hier ist der Diamantenkönig! Franz Mokat! Sonst ein bierehrlicher, braver Arbeiter, aber gestern scheint ihn die Sonne gebissen zu haben! Diamanten will der Gute gefunden haben! Ausgerechnet hier in Lüderitzbucht! Was sagen Sie dazu, Freytag?“
„Schwer zu glauben.“ Freytag wirft einen fragenden Blick auf den Mann, der augenscheinlich schon seit einer ganzen Weile die Zielscheibe des Spottes hier im Kontor ist. Herr Stein bekommt einen neuen Lachanfall und tanzt förmlich im Kontor herum.
„Der beste Witz, der hier geboren ist! Und dabei macht der Mokat ein todernstes Gesicht!“
„Ich hab gedacht, Herr Stein ...“
„Nicht denken, lieber Mokat! Dazu langt“s nicht! Halten Sie sich an Ihre Arbeit bei der Bahn!“
Auch Freytag hat ein ungläubiges Lächeln auf den Lippen. „Wo wollen Sie denn Diamanten gefunden haben?“
„Bei Colmannskuppe,“ sagt Franz Mokat rasch, froh, daß jemand eine sachliche Frage an ihn richtet. „Ganz dicht bei meiner Station. Das heißt: Samuel, einer von meinen schwarzen Arbeitern, hat mich zuerst auf die Steine aufmerksam gemacht. Sie lagen neben den Schienen, einige sogar zwischen den Schienen. Da hab’ ich sie aufgeklaubt und bin hergeritten ...“
Eine neue Lachsalve schneidet ihm das Wort ab.
„Wissen Sie, was Sie sind, Mokat?“ kräht Herr Stein vergnügt. „Ein Kieselkönig sind Sie! Haben Sie wirklich eine Sekunde geglaubt, die Kiesel, die Sie gefunden haben, könnten Diamanten sein? Hier Freytag!“ Herr Stein hält dem jungen Mann in der flachen Hand ein Dutzend Steinchen hin. „Sie sind ja die rechte Instanz. Haben ja mit seiner Lordschaft ein ganzes Jahr lang nach Schätzen gebuddelt. Sagen Sie diesem armen Irren da mal, was das für Steine sind!“
Max Freytag nimmt die Steine und dreht sie bedächtig hin und her. Zuerst gleichgültig, ungläubig, dann aufmerksamer.
„Diamanten an der Lenzbahn!“ heult Herr Stein inzwischen vergnügt. „Mokat, wie konnten Sie Ihrem Nigger bloß so auf den Leim gehen! Ausgerechnet hier, wo seit vier Jahren an der Bahn gebaut und gebuddelt wird, wollen Sie auf einmal Diamanten entdecken! Sogar direkt zwischen den Schienen liegen die Dinger! Nur so zum Aufheben! Mein lieber Mokat, ich habe nie viel Intelligenz bei Ihnen vorausgesetzt. Verlangt auch kein Mensch von Ihnen. Aber für ein bißchen schlauer hätte ich Sie doch gehalten!“
Franz Mokat läßt den Kopf hängen und sieht ganz unglücklich drein. Wirklich geglaubt hat er ja selber nicht daran, daß die glitzernden Steinchen echte Diamanten sein sollten. Aber gewissenhaft, wie er nun mal ist, hat er es doch nicht unterlassen wollen, den Fund nach Lüderitzbucht zu bringen und vorzulegen. Und nun ist’s wieder verkehrt. Nun erntet er wieder nichts als Spott und Neckerei.
Max Freytag hat unterdessen die Steine prüfend gedreht und gewendet. Scharfe Kanten, scharfe Flächen. In seiner Brust pukkert und rumort es plötzlich so heftig, das er Mühe hat, ein gleichgültiges Gesicht zu bewahren. Lord Hilgate mag ein Narr gewesen sein, aber auf die Prospektorarbeit verstand er sich. Max Freytag hat tüchtig bei ihm gelernt. Kiesel? Kiesel sind das keinesfalls. Alle Kennzeichen sind vorhanden.
Max Freytag spürt plötzlich in sich dasselbe Beben und Zittern, das er so oft an seinem Lehrmeister wahrgenommen hat, wenn der eine Spur gefunden zu haben glaubte. Sollte es wirklich möglich sein? Diamanten in Lüderitzbucht? Es ist kaum zu glauben! Und an der Bahnlinie noch dazu? Nein, Herr Stein hat schon recht, das klingt wirklich zu phantastisch! Aber die Steine da sind Diamanten!
Freytag wendet sich etwas ab, als wolle er am Fenster die Steine näher untersuchen, löst das Glas von seiner Uhr und ritzt mit einem Steine das Wort „Diamant“ hinein. Seine Aufregung wächst. Jawohl, es sind Diamanten. Daran ist kein Zweifel. Fragt sich nur, wie sie dahin gekommen sind, wo der Mann diese Steine gefunden haben will. Aber nur Ruhe! Nichts merken lassen! Erst muß man wissen, was hinter dieser Geschichte steckt, sonst macht man sich nachher selber lächerlich.
„Tut mir leid, es sind wirklich nur Kiesel,“ sagt er achselzuckend, Franz Mokat die Steine zurückgebend. Er läßt dabei unauffällig sein Uhrglas mit in die Hand des Mannes gleiten und atmet im nächsten Moment auf: Dieser Franz Mokat ist gar nicht so dumm, wie Herr Stein dauernd verkündet. Er hat sofort die Faust um das Uhrglas geballt und steckt es mit den Steinen in seine Tasche, ohne eine Frage zu tun.
„Natürlich sind es Kiesel!“ frohlockt Herr Stein. „Möchte wissen, was es sonst sein sollte! Also, mein lieber Kieselkönig von Colmannskuppe, reiten Sie beruhigt wieder heim an Ihre Arbeit und verdreschen Sie Ihren schwarzen Samuel, der Ihnen den Witz aufgebunden hat.“
„Jawohl, Herr Stein,“ sagte Franz Mokat demütig und schiebt sich zur Tür hinaus.
*
„So. Und nun endlich zu Ihnen, Freytag,“ sagt Herr Stein, immer noch lachend. „Was treibt Sie denn in unsere Haupt- und Residenzstadt zurück? Wollen Sie etwa auch hier nach Diamanten buddeln?“
„Dieses nun weniger, Herr Stein. Vorläufig wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen Whisky verpassen könnten.“
„Sollen Sie haben!“ Herr Stein holt bereitwillig Flaschen und Gläser herbei. „Unter der Bedingung, daß Sie mir einen guten neuen Witz erzählen.“
„Wozu? Sie machen ja selber dauernd die famosesten Witze, Herr Stein.“
„Mit dem Kieselkönig, meinen Sie?“ Herr Stein prustet noch einmal los. „Na, sagen Sie mal, war das nicht zum Schreien? Kommt der Mann von der Colmannskuppe bis hierher, um uns Kiesel zu zeigen!“
Max Freytag beeilt sich, von dem Thema fortzukommen. Er nimmt einen gehörigen Schluck und sieht sich im Kontor um. „Alles noch beim Alten. Scheint sich ja überhaupt nichts verändert zu haben hier in Lüderitzbucht.“
„Oho!“ Herr Stein zwinkert mit den Augen. „Sagen Sie das nicht! Wir haben eine Attraktion bekommen! Drüben in Gutzkes Bar. Ein Mädel, sag’ ich Ihnen, ein Mädel ... Na, Sie werden sie ja gleich selbst sehen!“
„Hat wohl Zeit, Herr Stein. Augenblicklich bin ich auf Barmädels nicht besonders eingestellt.“
„Grundsätze, junger Mann!“ Herr Stein klopft ihm wohlwollend auf die Schulter. „Aber Gutzkes Attraktion ist wirklich sehenswert. Gehen Sie ruhig mal rüber! Ich verrate Hilde nichts davon.“
„Nanu, Herr Stein? Wieso meinen Sie ...?“
„Väterlicher Scharfblick, mein Bester. Wenn eine sonst leidlich normale Tochter seit zwei Tagen nur von der ‚Boma’, dem alten Affenkasten, spricht, und wenn ein eben aus der Wildnis zurückgekehrter junger Mensch so wenig Interesse zeigt, eine wirklich reizende junge Barmaid kennenzulernen, dann sagt meine angeborene Kombinationsgabe mir das übrige.
Max Freytag ergreift die Gelegenheit, loszukommen. „Schön, Herr Stein, um Sie zu widerlegen, werde ich also jetzt sogleich mal zu Gutzkes rüberspringen und Ihre Attraktion in Augenschein nehmen.“
„Doch, neugierig, was? Also Wiedersehen, Freytag. Ich komme nach Kontorschluß auch rüber in die Giftbude.“
„So lange werde ich mich nun wohl kaum da aufhalten, Herr Stein.“
„Noch viel länger!“ prophezeit Herr Stein überlegen. „Bis jetzt ist noch jeder von uns dageblieben, bis Gutzke ihn rauswarf, seitdem die schöne Zoe den Whisky kredenzt. Bis nachher, Freytag!“
*
Mit etwas zu betont langsamen und gleichgültigen Schritten schlendert Max Freytag draußen die Straße entlang. Richtig! Dort drüben an der Ecke wartet der Mann! Freytag bummelt zu ihm heran und bedeutet ihm, weiter abseits zu kommen, wo man sie vom Kontor aus nicht mehr sehen kann.
„Herr,“ sagt Franz Mokat mit einem verhaltenen Zittern in der Stimme. „Ich habe hier auf Sie gewartet. Sie haben mir das Glas gegeben. Und Sie haben ein Wort da hineingeritzt ... Ist das wahr? Sind ... sind es wirklich Diamanten?“
„Es sind schon Diamanten, Herr Mokat. Aber immer mit der Ruhe! Wenn wir uns verstehen sollen, müssen Sie mir die volle Wahrheit sagen. Woher haben Sie die Steine?“
„Aus dem Sand bei Colmannskuppe. Ich sagte ja schon ...“
Freytag sieht den Mann scharf an. „Wollen Sie wirklich behaupten, an der Bahn, wo so viele Menschen gegraben und gearbeitet haben, Diamanten gefunden zu haben?“
„Es ist doch so, Herr!“
„Sonderbar.“ Freytag läßt die Steine, die Mokat ihm wieder vorzeigt, nachdenklich durch die Finger gleiten. Ein Gauner ist dieser Mokat nicht, eher ein allzu ehrlicher Mensch. Er scheint die Steine wirklich dort gefunden zu haben. Aber es kann jemand die Dinger dort verloren haben. Oder absichtlich hingelegt. Im Kapland werden oft genug armselige Sandlöcher auf ähnliche Weise „gesalzen“. Hm — auch das ist nicht sehr wahrscheinlich. Hier in Lüderitzbucht würde kein Mensch auf diesen Trick hereinfallen. Mokats klägliche Rolle vorhin im Kontor ist ja ein sprechender Beweis dafür. Trotzdem stellt er mißtrauisch die Frage:
„Kann jemand die Steine verloren haben?“
Franz Mokat schüttelt schwer den Kopf. „Das ist doch unmöglich, Herr Freytag. Wer trägt denn hier in Lüderitzbucht Diamanten bei sich? Und auf meiner Station sind seit Wochen keine Fremden gewesen. Nur vorgestern der Ingenieur Staupe und ... und ...“
„Na, wer noch?“
„Eine Frau,“ sagt Mokat, innerlich erbebend. „Ich weiß ihren Namen nicht, aber sie wohnt bei Gutzkes drüben.“
„Aha! Die Attraktion!“ Freytag denkt scharf nach. „Kann dieses Barmädel etwa dahinter stekken? Nicht einzusehen, was sie damit bezwecken sollte. Aber jedenfalls ist es besser, wenn man sich die Schöne näher ansieht.“
Franz Mokat beobachtet ängstlich das Gesicht seines neuen Bekannten, und seine Hoffnung sinkt wieder. Herr Freytag sieht so mißtrauisch aus. Wahrscheinlich wird er gleich anfangen zu spotten, wie der Herr Stein und die anderen. Aber er hat doch gesagt, daß es ... Diamanten seien ...?
„Die Hauptsache ist, daß zunächst niemand von der Sache erfährt,“ sagt Freytag sachlich. „Bleiben Sie heute abend hier in Lüderitzbucht, Herr Mokat? Morgen früh reiten wir zusammen nach Colmannskuppe.“
„Ich habe eine Draisine hier. Damit kommen wir noch schneller hin, Herr Freytag.“
„Um so besser. Sie werden mir die Stelle zeigen, wo Sie die Steine fanden. Kommt etwas bei der Sache heraus, so teilen wir den Gewinnst zu gleichen Teilen. Sind Sie damit einverstanden?“
Franz Mokat bleibt jählings stehen und reißt die Augen auf. Seine Stimme, seine Hände beginnen zu zittern. Ein paarmal muß er zum Sprechen ansetzen, bevor er die Worte hervorstoßen kann. „Herr Freytag, Sie wollen ..., Sie wollen wirklich ... mit mir zusammen ...? Und Herr Stein sagte doch, daß es ... daß ich ein ... Esel sei! Sie ... Sie glauben daran?“
„Ruhig, Mann!“ Freytag faßt den Aufgeregten bei der Schulter und schüttelt ihn zurecht. „Soll ganz Lüderitzbucht auf uns aufmerksam werden? Fassen Sie die Sache vernünftig auf. Die Steine sind echt, aber ich zweifle noch sehr daran, daß sie wirklich da oben bei Ihnen im Sand gewachsen sind. Wahrscheinlich stammen sie ganz wo anders her.“ Max Freytag gibt sich einen Ruck. Während er noch die letzten Worte aussprach, hat er ganz deutlich gefühlt, daß er selber an irgendeine Mystifikation gar nicht mehr glaubt. „Wir wollen das jedenfalls an Ort und Stelle untersuchen,“ schließt er selber, innerlich ein wenig aufgeregt. „Halten Sie bis dahin reinen Mund!“
„Jawohl, Herr Freytag. Aber meine Steine ... sind es denn wirklich richtige Diamanten?“
„Daran steht für mich kein Zweifel. Ich schätze, daß Sie ein kleines Kapital von — sagen wir — viertausend Mark da in Ihrem Schnupftuch tragen.“
„Viertau ...?“ Franz Mokat taumelt beinahe. „Ist das wahr? Da bin ich ja ... reich! Dann habe ich ja ... die Hälfte ... also zwei ... tausend ...“
„Unsinn! Die Steine, die Sie da gefunden haben, gehören natürlich ganz Ihnen.“
„Nein, nein. Auf keinen Fall! Sie haben die Steine erkannt. Ohne Sie hätte ich sie jetzt schon fortgeworfen! Sie müssen wenigstens die Hälfte nehmen!“
Freytag zuckt die Achseln. Man soll nicht abschlagen, was einem angeboten wird. „Also meinetwegen. Also dann wollen wir gleich mal zu Gutzke gehen und unser Bündnis begießen.“
Franz Mokat wird plötzlich wieder klein und demütig. „Ich trinke nicht, Herr Freytag. Ich möchte lieber ...“
„Nee, nee, Herr Mokat.“ Freytag packt den Zögernden unter den Arm und zieht ihn einfach mit sich. „Heute nacht laß ich Sie nicht allein. Sie sind mir viel zu aufgeregt. Wenn Sie mit Leuten zusammenkommen, posaunen Sie womöglich noch gleich aus, daß ich die Steine als Diamanten erkannt habe! Kommen Sie man ruhig mit zu Gutzke!“