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Vorwort zur 5. Auflage

Bei der Erstauflage des Buches im Jahr 2000 waren paradigmatische Veränderungen in der Erziehung, Bildung und Rehabilitation von Menschen mit geistigerBehinderung, die sich durch die Einführung der Sozialgesetzbücher verwirklichenließen, nicht absehbar. Sozialrechtliche, behinderungspolitische und ökonomischeVeränderungen in Deutschland zeigen heute ihre Auswirkungen auf das Lebenund die Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung. Sie ermöglichenauf der einen Seite mehr soziale und kulturelle Teilhabe, bedingen andererseitsaber auch neue Formen der Diskriminierung. Angesichts dieser Entwicklungdanke ich dem Verlag für die Möglichkeit der grundlegenden Überarbeitung desBuches im Zuge der vierten Auflage. Für die fünfte Auflage wurde das Buch vorallem im Hinblick auf Literatur und Adressen aktualisiert.

Die Geistigbehindertenpädagogik ist eine relativ junge Disziplin mit einer abwechslungsreichen Geschichte, deren systematische wissenschaftliche Aufarbeitung erst jetzt beginnt. Neu zu erforschen und zu bewerten sind vor allem die nach 1945 entstandenen Entwicklungen in den beiden deutschen Staaten. Es handelt sich hierbei um spezifische Entwicklungen, die die Geistigbehindertenpädagogik von anderen heil- oder sonderpädagogischen Fachrichtungen unterscheidet. Sie sind in das Buch aufgenommen worden.

Das wissenschaftliche Verständnis von Behinderung und damit auch von geistiger Behinderung hat sich verändert. Stärker als zuvor werden die individuellen Lebensbedingungen in das Verständnis von Behinderung einbezogen. Neben den Schädigungen und Beeinträchtigungen spielen die individuellen und sozialen Kontextfaktoren bei der Erfassung des Förder-, Unterstützungs- und Hilfebedarfes eine wichtige Rolle. Die Konsequenzen dieses veränderten Verständnisses von geistiger Behinderung für die Institutionen und Professionen werden seit der vierten Auflage des Buches thematisiert. Dabei steht die Realisation von Bildung in den verschiedenen Lebensphasen und Lebensräumen von Menschen mit geistiger Behinderung im Vordergrund.

Eine weitere Veränderung zwingt zur Auseinandersetzung:

Trotz Aufnahme des Diskriminierungsverbotes in das Grundgesetz und obwohl Integration, Inklusion, Selbstbestimmung und Teilhabe heute zu den Leitprinzipien moderner Behindertenpolitik gehören, sind Tendenzen des Ausschlusses einer spezifischen Gruppe von Menschen mit geistiger Behinderung zu beobachten. Ursachen für diese Exklusion liegen in der Umgestaltung des Sozialstaates infolge ökonomischer Veränderungen in Deutschland. Die Folge ist die Bildung einer neuen ‚Restgruppe‘, der sogenannten Menschen mit Komplexer Behinderung. Die Anerkennung ihrer Bildungsbedarfe wird zur pädagogischen und gesellschaftlichen Aufgabe.

Um zu zeigen, dass die Geistigbehindertenpädagogik nicht nur erzieherische Praxis, sondern auch erziehungswissenschaftliche und bildungstheoretische Disziplin ist, werden im fünften Kapitel ihre aktuellen Denkrichtungen dargestellt.

Vieles hat sich für Menschen mit geistiger Behinderung seit der Erstauflage verändert. Ihre Selbstvertretung und Mitbestimmung wird heute ernst genommen. Durch eine Reihe von Originalaussagen wird die Sichtweise der betroffenen Menschen in die wissenschaftliche Darstellung einbezogen.

Anmerkung: Aus stilistischen Gründen wird auf die konsequente Verwendung beider Geschlechter verzichtet. Es sind aber stets beide gemeint.

Köln, im Januar 2013

Barbara Fornefeld

Grundwissen Geistigbehindertenpädagogik

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