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Kapitel 4 VERWIRRENDE BOTSCHAFTEN DESTABILISIEREN
ОглавлениеWas veranlasst Gläubige, extreme Entscheidungen zu treffen?
Es sind sublime Botschaften. Der Duden umschreibt sublim: erhaben; fein; nur einem feineren Verständnis oder Empfinden zugängig.
Durch sublime Botschaften wird zu extremem Handeln manipuliert. Es wird keine direkte Anweisung gegeben. Die Gruppenerwartung veranlasst zur gewünschten Schlussfolgerung. Manipulation durch gruppendynamische Prozesse. Durch Gewissensfragen wie: möchtest Du nicht auch Jehova gefallen? Sicher willst Du Satan keinen Raum geben, usw., wird signalisiert, welche Entscheidung erwartet wird. Siehe Anhang „Parameter“, Frage 16
Jehovas Zeugen sind mit ihrem gut geschulten Gewissen diesem feineren Verständnis oder Empfinden zugänglich, denn sie werden geschult, Zusammenhänge aus dem Inhalt der Belehrungen herzustellen.
Versuchen wir am Beispiel eines Artikels aus dem Wachtturm vom 15. Februar 2011, diese feinen, sublimen Botschaften zu analysieren.
Der Artikel hat die Überschrift:
„Gottes Anerkennung zu gewinnen bringt ewiges Leben ein“
Welche Botschaft signalisiert dieser Titel? Gewinnen ist sicher nicht im Sinne eines Lottogewinnes gemeint. Es soll wohl bedeuten, dass der Lohn ewiges Leben und Anerkennung auch einen Einsatz erfordert.
Was unter dem Einsatz zu verstehen ist, kann dann von dem Beispiel abgeleitet werden, das zur Einleitung der Abhandlung gebraucht wird:
„Die Frau und ihr Sohn hatten Hunger. Gottes Prophet aber auch. Sie suchte gerade ein wenig Feuerholz zum Kochen zusammen, da bat Elia sie um Wasser und Brot. Sie war zwar bereit, ihm etwas zu trinken zu geben, doch alles, was sie noch zu essen hatte, war, eine Handvoll Mehl in dem großen Krug und ein wenig Oel in dem kleinen Krug. Diese Witwe in Zarephath konnte es sich eigentlich nicht leisten, dem Propheten etwas abzugeben, und ließ ihn das auch wissen (1. Kö. 1Zg-12). 2 Doch Elia beharrte auf seiner Bitte:, Mache mir von dem, was da ist, zuerst einen kleinen runden Kuchen, und du sollst ihn zu mir herausbringen, und für dich und deinen Sohn kannst du danach etwas machen. Denn dies ist was Jehova, der Gott Israels, gesprochen hat: ‚Der große Mehlkrug selbst wird nicht erschöpft, und der kleine Ölkrug er wird nicht leer werden.’. (1. Kö.1213,14)“.
Die Geschichte spricht das Gefühl an. Eine arme Witwe und ihr Kind. Sie bereitet mit ihren letzten Vorräten eine Mahlzeit für den Propheten – wir verstehen – der Einsatz ist: Alles was wir haben. Dass diese Schlussfolgerung kein Missverständnis ist wird in den folgenden Ausführungen deutlich:
„Bei der Entscheidung, vor der die Witwe stand, ging es um viel mehr als nur um die Frage: ‚Was mache ich mit meinem letzten Bissen Brot?’ Sie musste sich überlegen, ob sie darauf vertrauen wollte, dass Jehova sie und ihren Sohn retten würde, oder ob materielle Bedürfnisse ihr wichtiger waren als die Anerkennung und Freundschaft Gottes.“
Eine unzweideutige Erklärung dafür, wie das Beispiel der Witwe anzuwenden ist.
„Jeder von uns heute steht vor einer ähnlichen Frage. Was liegt uns mehr am Herzen: dass sich Jehova über uns freuen kann oder dass wir materiell abgesichert sind? Wir haben allen Grund, unserem Gott zu vertrauen und ihm zu dienen. Was können wir denn dafür tun, sein Wohlgefallen zu finden?“
Ohne Umschweife wird diese Begebenheit in unsere Zeit übertragen. Mit der Behauptung, jeder von uns muss sich heute eine ähnliche Frage stellen. Der Wunsch und die vernünftige Absicht, für eine materielle Absicherung zu sorgen, freut Jehova offenbar nicht. Die sublime Botschaft ist: Du hast doch kein Vertrauen zu Gott, wenn Du selbst für Deine materiellen Bedürfnisse im Alter vorsorgst.
„Würdig, angebetet zu werden. Jehova erwartet zu Recht, dass Menschen ihm so dienen, wie er es sich wünscht.“ […]
In diesem Satz wird zwar nicht bewiesen, dass Jehova nur eine Anbetung von armen Menschen oder Witwen wünscht. Es wird auch nicht offen so gesagt. Auch hat es wohl wenig mit dem Predigen der Guten Botschaft zu tun, dass eine Frau in Zarephat für einen hungrigen Gast eine Mahlzeit kochte. Aber die sublime Botschaft könnte lauten: Wenn ich mich beruflich engagiere statt als Pionier zu arbeiten oder vermehrten Dienst zu tun, dann tue ich etwas, was Jehova nicht wünscht.
„Der Mensch ist von Gott mit einem freien Willen ausgestattet worden, mit der Fähigkeit, zu denken und zu entscheiden.“ […]
Wer glaubt, seine Entscheidung sei sein freier Wille, hat es sehr viel schwerer einen Irrtum zuzugeben oder eine Entscheidung zu korrigieren. Einen Befehl kann man hassen und ungehorsam werden. Aber eine eigene Entscheidung mit freiem Willen zu korrigieren, erfordert die Einsicht, im Unrecht oder im Irrtum gewesen zu sein. Eine wirksame Methode der Immunisierung gegen Kritik von innen und außen ist es deshalb, beim Mitglied den Eindruck zu erwecken, die Entscheidung erfolge aus eigenen freien Stücken.
Vordergründig eine klare Feststellung. Sublim jedoch auch ein erhobener Zeigefinger. „Wenn Du Dich falsch entscheidest, bist Du selber schuld“. Was man in Verbindung mit der Rückblende bis zu Adam und Eva und durch die Verknüpfung mit all den anderen Lehraussagen, an die man sich automatisch erinnert, auch nicht mehr bezweifelt.
„ … So ähnlich brachte Adam mit seiner Sünde alle seine Nachfolger um die Aussicht, ewig in Glück und Vollkommenheit zu leben. Wegen seiner Selbstsucht leidet die Menschheit seitdem unter der Unvollkommenheit wie unter einem grausamen Sklavenhalter. Niemandem ist es erspart geblieben, krank zu werden, Kummer und Leid zu erleben und schließlich zu sterben.
Warum sollte uns Gottes Liebe motivieren, ihm zu dienen? Jehova hat uns aus dieser Sklaverei samt ihren schrecklichen Begleitumständen freigekauft, indem er für das entsprechende Lösegeld gesorgt hat (lies Römer 5 : 21).“ […]
In der Frage ist eine Botschaft, die verwirrt. Wozu kann Liebe motivieren? Sie ist eine Emotion und kann erwidert werden. Ich kann also Gott auch lieben, wenn ich seine Liebe verspüre. Oder motiviert Liebe dazu bestimmte Anforderungen zu erfüllen? Entweder ich handle aus Liebe oder weil ich etwas schuldig bin oder weil es von mir verlangt wird. Aber wenn es erwartet wird, dann bin ich nicht mehr frei in meiner Entscheidung. Dann ist es ein Deal.
Wer hat mich von der Sünde erlöst? Jehova oder Christus? Was bedeutet das entsprechende Lösegeld? Kann man die Schuld der Sünde bemessen und bewerten? Der angeführte Bibeltext löst dann eine endgültige Verwirrung aus: „ … so auch die unverdiente Güte als König regiere durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unseren Herren“. Es ist eine unverdiente Güte,die durch Christus zum ewigen Leben führt. Führt die unverdiente Güte zu ewigem Leben oder unsere Entscheidung zu dienen?
Durch verwirrende Botschaften wird Hilflosigkeit antrainiert. Das macht von der Leitung abhängig, die als die einzige Lehrautorität anzusehen ist. Ein perfektes Sektenmitglied ist abhängig und gehorsam.
„Jehova wird nicht aufhören, jedem von uns auf ganz persönliche Weise zu zeigen, dass er, denen, die ihn ernstlich suchen, ein Belohner wird (Heb 11 : 6)’. ,Dein Volk wird sich willig darbieten’. Um Gottes Anerkennung zu erhalten, müssen wir unsere Willensfreiheit richtig gebrauchen. Er zwingt nämlich niemand dazu ihm zu dienen.“
Nachdem in Sachen Willensfreiheit bereits auf Adam und Eva verwiesen wurde, wird man sich hüten, etwas anderes als das Empfohlene zu wählen. Der Hinweis auf den „Belohner“ macht die Entscheidung eher zu einer geschäftlichen Abmachung als zu einer wirklichen, auf Liebe begründeten Beziehung. Nachfolgend wird das Gefühl angesprochen:
„Zur Zeit Jesajas fragte Jehova: ‚Wen soll ich senden, und wer wird für uns gehen?’ Jehova respektierte das Recht des Propheten, selbst zu entscheiden, und erwies ihm dadurch Achtung. Kannst du dir vorstellen wie gut sich Jesaja gefühlt haben muss, als er antwortete:
‚Hier bin ich! Sende mich’. (Jes 6 : 8).“
Sublim sollte mir die Botschaft vermitteln: Es wird sich gut anfühlen, wenn Du wie Jesaja antwortest.
„Es steht Menschen frei, ob sie Gott dienen möchten oder nicht. Jehova wünscht sich, dass wir uns gern dafür entscheiden. (Lies Josua 24 : 15) Wer ihm lustlos gezwungenermaßen dient, macht ihm damit keine Freude, genauso wenig wie jemand, der es nur deshalb tut, um bei anderen Menschen gut dazustehen.“
Auch das verwirrt durch gegensätzliche Aussagen. Steht es dem Menschen nun frei oder wünscht Jehovas etwas Bestimmtes? In dem angegebenen Bibeltext sagt Josua zu dem Volk der Israeliten, es stünde ihnen frei zu wählen. Er und sein Haus haben sich für Jehova entschieden. Hier wird die Wahlfreiheit nicht durch eine bestimmte Erwartung eingeschränkt. Aber die sublime Botschaft in dem Wachtturm-Artikel lautet: Wenn Du Jehova so anbeten möchtest wie ER es will, dann mach es genauso wie Jesaja oder Josua. Sogar die persönlichen Emotionen müssen unter Kontrolle sein. Nur ja nicht lustlos oder gezwungenermaßen. Also immer schön fröhlich wirken, wenn du von deinem wunderbaren Vorrecht sprichst, vermehrten Dienst zu tun.
„Würden wir zulassen, dass sich weltliche Interessen nachteilig auf unseren heiligen Dienst auswirken – wir ihn sozusagen nur zögernd verrichten –, könnten wir nicht damit rechnen, dass uns Jehova seine Anerkennung schenkt (2. Mo. 22 : 29).“ […]
Ein in sich völlig widersprüchlicher Satz. Kann man mit der Anerkennung Jehovas rechnen, wenn man etwas Bestimmtes tut oder wird sie uns geschenkt? Wer legt fest, wie viel meiner privaten Interessen zu viel ist? Wer kann genau wissen, wie Gott über meine Arbeit denkt?
Der Bibelverweis bezieht sich jedenfalls auf die Vorschriften des Gesetzesbundes mit dem Volk der Hebräer. Sie hatten konkrete Vorgaben über die Abgabepflicht des Zehnten und der Erstgeburt. Wie soll man das auf das Gebot des Christus übertragen? Er hat das neue Gebot der Liebe gegeben. Wie viele Vorschriften und Forderungen hat er denn seinen Jüngern hinterlassen? Wäre es nicht weit hilfreicher Schrifttexte zu verwenden, die seine Lehren wiedergeben?
„Das Leben vieler Menschen heute dreht sich ganz um finanzielle Sicherheit und Freizeit. Für uns aber, die wir Jehova lieben, kommt der heilige Dienst für ihn vor allem anderen. Welche Prioritäten wir in unserem Leben setzen, zeigt sich daran, wie eifrig wir die gute Botschaft predigen. Wir vertrauen voll und ganz darauf, dass Jehova für unsere täglichen Bedürfnisse sorgen kann (Mat. 6 : 33,34).“
Sublim gibt es hier den Verweis, dass die Gruppenidentität die einzig grandiose ist. Nur die Mitglieder der Gruppe lieben Jehova, sind am heiligen Dienst interessiert. Die negative Unterstellung was „viele Menschen“ tun bewirkt, dass die Sektenmitglieder wirklich glauben einzigartig zu sein.
Hier kommen wir also zu des Pudels Kern. Alles was in unserem Leben zählen sollte ist, für die Verbreitung der Botschaft zu sorgen, die in den Wachtturm-Schriften enthalten ist. Mat. 6 : 33,34 in diesem Zusammenhang angeführt erweckt den Anschein, als hätte Jesus selbst dazu den Auftrag gegeben.
Doch der Kontext zeigt, dass er in Wirklichkeit nur tröstende Worte gesprochen hat. Er wollte, dass sich die Menschen nicht übermäßig um die alltäglichen Dinge des Lebens Sorgen machen sollten. Er wollte ihnen das Vertrauen in Gott vermitteln, der für alles sorgen kann, da er weiß was ein Mensch braucht. Verknüpft man diese Gedanken mit Mat. 25 : 31 - 40, dann versteht man, dass Jesus solche Menschen zu seiner Rechten einsammelte, die den Nächsten lieben, indem sie Hungrige speisten, Durstigen zu trinken gaben, Fremde gastfreundlich aufnahmen, Nackte bekleideten und Kranke besuchten. Es ist dort nichts von Predigen geschrieben. Von einer solchen Voraussetzung wird bei dieser Beurteilung von Gut und Böse nicht gesprochen. Diese Taten der Nächstenliebe sind auch nicht an eine Konfession gebunden. Solche Taten der sozialen Fürsorge für den Nächsten stehen bei der Wachtturmorganisation nicht hoch im Kurs. In neuerer Zeit gibt es einen Katastrophen-Hilfsfonds, der mir wie ein Feigenblatt erscheint. Von Fall zu Fall wird bei Naturkatastrophen durch die Leitende Körperschaft entschieden, ob für entsprechende Hilfsaktionen gesammelt werden darf. Auf dem monatlichen Berichtszettel können sie jedenfalls nicht vermerkt werden. Denn die Wachtturm-Gesellschaft glaubt, die Opfer, „die Jehova gefallen“, bei einer anderen Tätigkeit ausgemacht zu haben.
[…] „Große Freude hat Jehova auch an Opfern, die sich aus unserer Fähigkeit, zu sprechen, ergeben. Von jeher haben Menschen, die Jehova liebten, in der Öffentlichkeit und zu Hause gut von ihm geredet (lies Psalm 34 : 7 - 3). Man braucht nur Psalm 148 bis 150 zu lesen und darauf zu achten, wie oft wir darin aufgefordert werden, Jehova zu preisen – hat er das doch wirklich mehr als verdient (Ps. 33 : 1)! Jesus Christus, unser Vorbild, hat ja auch betont, wie wichtig es ist, Gott dadurch zu preisen, dass wir die gute Botschaft verkündigen (Luk. 4 : 18,43, 44).“
Die sublime Botschaft lautet hier offenbar, der Haus-zu-Haus-Dienst ist ein Opfer für Jehova und je freudiger er getan wird, desto mehr freut sich auch Jehova. Wieder ist man aber verwirrt über die „Beweise“ aus der Bibel, die sich nicht wirklich auf die eigene Situation übertragen lassen. Die Psalmen, der lyrische Teil des Bibelkanons, beschreiben, dass man stets und überall Gott preisen kann. Jeder, der für sich persönlich eine Beziehung zu Gott hat, wird das ganz automatisch tun, indem er sich über die Schöpfung freut, betet oder in privaten Gesprächen darüber spricht. Der Psalmen-Schreiber schrieb für die Hebräer. Sie waren in einem besonderen Bundesverhältnis mit Jehova und ganz sicher keine Prediger der guten Botschaft vom Königreich von Haus zu Haus. Das Volk der Hebräer hatte niemals den Auftrag Proselyten zu machen, indem sie bei Andersgläubigen von Haus zu Haus gehen und sie auffordern dem Gesetzesbund beizutreten. Lukas, Kapitel 4 berichtet, dass Jesus gekommen war, um den Gefangenen Freilassung zu predigen und den Armen eine gute Botschaft zu bringen (siehe die tröstenden Worte aus Ma. 6, bereits beispielhaft erwähnt). Auch in den Versen 43 und 44 spricht er von sich selbst: Er muss noch anderen Städten die gute Botschaft predigen. Er spricht von einem Neuen Bund, mit dem die Menschen frei gemacht werden von den einschränkenden Regeln des Gesetzes. Es war also eine Einladung an die Juden, sich von den Fesseln des Talmuds zu lösen und zur Freiheit für alle Menschen. In diesen Versen sind noch nicht einmal seine Jünger mit einbezogen.
In dem oben angeführten Beispiel ist sehr deutlich das Prinzip Vorbild/Gegenbild erkennbar. Der gut geschulte Zeuge Jehovas kann nicht anders als für sich die Aufforderung abzuleiten, mit vermehrtem Predigteinsatz Gott zu preisen. Es gibt kein Limit nach oben. Wer schon sehr viel tut, wird daraus ableiten: Ich muss noch mehr tun.
Die Manipulation besteht in der Verhaltenskontrolle durch das Prinzip Belohnen und Bestrafen. Es wird gelehrt, dass man sich die Belohnung verdienen muss.
„An unserem Einsatz im Predigtwerk zeigt sich, wie sehr wir Jehova lieben und wie viel uns daran liegt, dass er sich über uns freut. […] Gehörst auch du zu denen, die Gott solche annehmbaren Opfer darbringen? Falls noch nicht, dann lass dich bitte anspornen, die nötigen Voraussetzungen zu erfüllen, damit du Jehova öffentlich preisen kannst. Treibt dich dein Glaube dazu an, mit dem Predigen der guten Botschaft zu beginnen, wird dein Opfer Jehova ‚mehr gefallen als ein Stier’. […] Die Freude, die du dann empfindest, wird mit nichts zu vergleichen sein. Jehova wird jeden Gerechten segnen.“
Immer wieder wird dies wiederholt, um es tief ins Unterbewusstsein zu verankern. Der Einsatz im Predigtwerk ist ein Liebesbeweis. Man kann den Widerspruch nicht auflösen. Liebe als Emotion kann man nicht beweisen, nur fühlen. Niemand könnte vor Gericht „Liebe“ als „Beweismittel“ vorlegen, um eine Schuld oder Unschuld zu beweisen.
Gleichzeitig verwirrt die Darstellung, dass wir für die unverdiente Güte, die wir geschenkt bekommen, eine Gegengabe bringen müssen. Wir wären das unsererseits schuldig und zwar „freiwillig“ und „freudig“ zu predigen. Eine wirklich unauflösbare, gegensätzliche Botschaft, die einfach deshalb geglaubt wird, weil man keine andere Lösung dafür findet.
Manipulation durch paradoxe Aussagen oder widersprüchliche Botschaften. Sie sind nicht aufzulösen. Sie bewirken, dass unser Unterbewusstsein aufhört nach einer Lösung zu suchen und sich der Anweisung der Leitung unterwirft. (Antrainierte Hilflosigkeit)
[…] „Es war der Teufel, der Eva damals einredete, das wunderbare Leben, das Jehova ihr in Aussicht stellte, sei nichts wert, und sie könne gut auf seine Anerkennung verzichten. Auch heute bombardiert Satan die Menschen mit der Propaganda, Gottes Willen zu tun sei der Mühe nicht wert. Doch Eva und ihr Mann mussten feststellen: Wer Gottes Wohlwollen verliert, verliert sein Leben. Mit derselben bitteren Wahrheit werden bald alle konfrontiert werden, die heute ihrem schlechten Beispiel folgen.“
Manipulation durch Gefühlskontrolle mit der Angst. Eine sehr bedrohliche Formulierung, die sogar Phobien triggern kann. Die Immunisierung erfolgt über die Gedankenstopp-Technik. Kritik, negative Gedanken werden abgeblockt, da sie dem Satan zugeschrieben werden. Alles Positive, Gruppenkonforme kommt angeblich von Gott. Der Dank gebührt auch Gott. Niemand soll sich selbst loben oder wichtig nehmen. Ein gutes Mitglied ist demütig und gehorsam. Es glaubt allen Aussagen der Leitung.
Sublim also die Drohung: Wenn Du Dich nicht auf das ewige Leben freust und auf den Lohn, den Jehova den Predigern gibt (nicht die Wachtturm-Gesellschaft wird die Versprechungen einlösen müssen), dann bist Du mit dem Teufel im Bunde. Zur Sicherheit wird jetzt noch eine Drohbotschaft angehängt.
„Menschen, die seine Anerkennung haben, überlässt er nie sich selbst, das beweisen auch unzählige Erlebnisse von Zeugen Jehovas unserer Zeit (Ps.34 : 6,7, 17_79). 22 Sehr bald wird Gottes Gerichtstag, ‚über alle die kommen, die auf der ganzen Erdoberfläche wohnen’. (Luk. 21 : 34, 35). Niemand kann ihm entkommen. Kein Reichtum und kein Komfort wird dann auch nur annähernd so wertvoll sein wie die Einladung des von Gott eingesetzten Richters: ‚Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet worden seid, erbt das Königreich, das … für euch bereitet ist.’. (Mat. 25 : 34).“
Wer so ausreichend in seinem Unterbewusstsein die Drohbotschaften gespeichert hat und nun auch noch den Hinweis bekommt, dass „sehr bald“ Gottes Gerichtstag kommt, wird sich vielleicht auch dazu veranlasst fühlen, Häuser zu verkaufen, eine Karriere zu beenden oder eine Lebensversicherung vorzeitig zu kündigen, um das zu tun, was eine Leitende Körperschaft als Gottes Willen darstellt.
„Wir kennen bestimmt das gute Gefühl, das sich einstellt, wenn man das Richtige tut.“