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Geschichte und Volksmedizin

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Die Zistrose oder Cistus spielt eine große Rolle in der Volksmedizin der Mittelmeerländer. Im Alten Testament findet man das Zistrosenharz (Ladanum) in 1. Mose 37,25 – »ihre Kamele waren mit Tragakant, Mastix und Ladanum beladen« – und 1. Mose 43,11 erwähnt: »etwas Mastix, etwas Honig, Tragakant und Ladanum, Pistazien und Mandeln« (als Geschenk). Im Grabtuch von Turin finden sich Spuren vom Zistrosenharz – dies wurde statt oder in Kombination mit Weihrauch für rituelle Zwecke verwendet.

Schon im 4. Jahrhundert vor Christi wurden äußerlich bestimmte Zistrosenarten zur besseren Wundheilung und für bakterielle Infektionen von Wunden genutzt (Petereit u. a. 1992). Das Harz aus den Blättern wird schon vom griechischen Arzt Pedanios Dioskurides im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt in seiner fünfbändigen »Materia medica« erwähnt und wurde schon früh zur Schönheitspflege, zum Räuchern und als Heilmittel verwendet, wobei sich dies eher auf andere Cistusarten bezieht wie Cistus ladanifer und Cistus creticus (Finzel 2011). Der berühmte Arzt der Antike empfahl Cistus bei Hauterkrankungen, wuchernden Narben, Ohrenschmerzen, zur Entwässerung, als Mittel gegen Durchfall und Husten und für vieles mehr (vgl. ebd., S. 19). Durch einen Übersetzungsfehler, der erst im 16. Jahrhundert von deutschen Gelehrten korrigiert wurde, geriet die potente Heilpflanze über Jahrhunderte ins Abseits.

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ES WAR EINMAL …

Von der Cistuspflanze gibt es eine schöne Legende.

Die Götter berieten sich auf dem Olymp über die besondere Heilkraft von Heilpflanzen. Sie beschlossen, dass die Zistrose die ehrenvolle Aufgabe erhalten solle, verwundeten Kämpfern ein Heilmittel zu schenken, das ihre Wunden schnell schließen würde. Den Göttinnen war dies zu einseitig. Sie fanden der Legende zufolge, dass die Zistrose auch Frauen zugutekommen sollte. So erhielt die Pflanze die Fähigkeit, bei der Geburt von Kindern zu helfen und die Schönheit der Frauen zu bewahren. Bis zum heutigen Tag erfüllt die Zistrose sowohl das eine als auch das andere und hat noch viel, viel mehr zu bieten, als sich die Götter damals vorstellen konnten (vgl. Harnisch 2010).

Traditionell wurde die Zistrose in Form von Tee verwendet, als Kosmetikum und Arzneimittel. Hautentzündungen, Schleimhauterkrankungen, Akne, Grippe, Mandelentzündung, Pilzinfektionen, Wundheilungsstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen sind nur einige der traditionellen Anwendungen, für die Cistus auch heute noch herangezogen wird (vgl. Harnisch 2010, S. 25). Petereit weist in seiner Doktorarbeit darauf hin, dass die Droge aus luftgetrockneten Pflanzenteilen je nach Indikation sehr spezifisch zubereitet wurde (Petereit u. a. 1992). Für die Behandlung von Hautentzündungen und zur Unterstützung von Wundheilungsprozessen und Körperwaschungen für Wöchnerinnen wurden kurz gekochte wässrige Extrakte eingesetzt, während zur Infektionsprophylaxe Pflanzenteile zu einem Brei verarbeitet wurden, der auf offene Wunden aufgetragen wurde. Ein lang gekochter wässriger Extrakt wurde bei Durchfall verabreicht (vgl. Petereit u. a. 1992, S. 164). Mittlerweile weiß man durch die entsprechende Forschung, warum die Pflanze und ihre Wirkstoffe den gesamten Organismus entgiften, den Körper entschlacken und entsäuern und Alterungsprozesse auch auf Zellebene verlangsamen. Ich habe bereits zahlreiche Bücher über Heilpflanzen geschrieben. Meine Erfahrung ist: Was in der traditionellen Volksmedizin gilt, wird nach und nach von der modernen Wissenschaft bestätigt. So ist es auch mit Cistus. Was der Arzt Dioskurides im ersten nachchristlichen Jahrhundert zu Papier brachte – Cistus als Heilmittel gegen Geschwüre, Durchfall, Brandwunden –, belegen moderne wissenschaftliche Studien.

Mit der Zistrose haben wir in meinen Augen eine alte Heilpflanze zur Verfügung für viele Probleme der heutigen Zeit. Unsere Lebensweise und der Qualitätsverlust vieler Lebensmittel schwächen das Immunsystem. Mit dieser urwüchsigen Wildpflanze können wir uns in unserer besonderen Zeit der viralen und bakteriellen Erkrankungen – auch der multiresistenten Keime, bei denen immer mehr Antibiotika nicht mehr wirken – wappnen: mit der Kraft der Natur, ohne Nebenwirkungen, Gefahr der Überdosierung oder Gewöhnungseffekte.

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DIE UNTERSCHIEDLICHEN HEILWIRKUNGEN DER VERSCHIEDENEN ZISTROSENARTEN

Der Kräutergelehrte Jacobus Theodorus Tabernaemontanus (1522–1590) benennt die Zistrose in seinem berühmten Kräuterhandbuch aus dem Jahr 1470 fast zärtlich als »Ciströslein« (vgl. Harnisch 2010, S. 11).

Vielleicht ist die Langlebigkeit vieler Menschen in einigen Teilen Griechenlands auf den Konsum von Cistustee zurückzuführen. Verschiedene Unterarten der Zistrose haben offenbar verschiedene Schwerpunkte, was ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften betrifft. Die Blüten und Knospen von C. laurifolius werden in der Türkei abgekocht und gegen Geschwüre eingesetzt, und C. salviifolius wird dort zur Behandlung von Krebs verwendet. Aus C. creticus, der kretischen Zistrose, wird Harz gewonnen, aber nur auf Kreta und Zypern, nicht in der Türkei, obwohl diese Unterart auch dort vorkommt. In zahlreichen antibakteriellen Tests schnitt C. creticus im Vergleich zu anderen türkischen Unterarten bei Weitem am besten ab, weil sie gegen eine große Vielfalt von pathogenen Bakterien wirksam war (vgl. Güvena 2004).

Einige Pflanzen wurden traditionell als Tee geerntet und verwendet, andere hauptsächlich für ihr Harz (Ladanum). Das Zistrosenharz galt nicht nur als Schönheitsmittel und Kosmetikum, sondern als Mittel, um Haarausfall oder Durchfall zu stoppen, Narben zum Verschwinden zu bringen und als Hustenmittel (vgl. Harnisch 2010, S. 19). Von welchen Zistrosenarten Ladanum in der Antike gewonnen wurde, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Heute wird das Harz jedoch durch Alkoholextraktion meist von der Lack-Zistrose Cistus ladanifer, einer engen Verwandten der Graubehaarten Zistrose Cistus incanus, gewonnen, die bedeutend mehr Harz produziert und vor allem in Südfrankreich und Marokko wächst (vgl. Finzel 2011, S. 18). Eine besondere Unterart der Taurischen Zistrose, Cistus incanus ssp. Tauricus, ist besonders bedeutsam als Grundlage für naturmedizinische Anwendungen. Die Taurische Zistrose wurde nach Tauricum benannt, weil sie erstmals auf der Krim beschrieben wurde und die Römer die Krim Tauricum nannten (vgl. Weidner 2019, S. 15).

In diesem Buch geht es größtenteils um die Graubehaarte Zistrose, die innerlich und äußerlich seit uralter Zeit als Schönheits- und Heilmittel verwendet wurde und jetzt dabei ist, ihren Siegeszug in der Naturheilkunde anzutreten. Vom Gemeinschaftlichen Sortenamt der Europäischen Union, »Community Plant Variety Office«, CPVO, ist die besonders phenolreiche Unterart unter dem Namen Cistus x incanus L. Pandalis als neu entdeckte Varietät anerkannt und bis Ende 2035 geschützt.

Zistrose. Kompakt-Ratgeber

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