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Feedback geben
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Nach der Phase des Beobachtens ist es sinnvoll, dass die Hospitierenden ein nützliches und qualitativ hochstehendes Feedback geben. Damit dies weder zu einem kollegialen Schulterklopfen mit undifferenziert lobenden Worten noch zu gegenseitigen Missverständnissen und Verletzungen führt, ist eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen eines unterstützenden Feedbacks gefordert.
Die Aussage des Kybernetikers Norbert Wiener: «Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, solange ich nicht die Antwort darauf gehört habe» (Wiener, zit. nach Langmaack & Braune-Krickau 2010, S. 148), weist auf die Komplexität zwischenmenschlicher Kommunikation hin – und auf die Bedeutung der Rückkoppelung für unser Lernen und unsere Entwicklung. Ein angemessenes Verhalten gegenüber anderen können wir lernen, wenn wir die Auswirkungen unseres eigenen Verhaltens auf andere beachten und bereit sind, die entsprechenden Signale zu nutzen (vgl. ebd.).
Wichtig ist, unsere inneren Reaktionen auf empfangene Nachrichten zu beachten. Das, was die Nachricht «anrichtet», richtet die Empfängerin oder der Empfänger teilweise selbst an. Die innere Reaktion auf eine Nachricht erweist sich als Produkt der Wechselwirkung zwischen der gesendeten Nachricht und dem momentanen, psychischen Zustand der Empfängerin oder des Empfängers.
Etwas wahrnehmen – etwas interpretieren – etwas fühlen
Nach Friedemann Schulz von Thun (2001) können drei Empfangsvorgänge unterschieden werden:
•Wahrnehmen heißt: etwas sehen oder hören (z. B. einen Blick, eine Frage).
•Interpretieren heißt: das Wahrgenommene mit einer Bedeutung versehen (z. B. den Blick als abfällig deuten oder die Frage als Kritik auffassen). Diese Interpretation kann richtig oder falsch sein.
•Fühlen heißt, auf das Wahrgenommene und Interpretierte mit einem eigenen Gefühl antworten, wobei der eigene seelische Grundzustand mit darüber entscheidet, was für ein Gefühl ausgelöst wird (z. B. Wut angesichts des abfälligen Blicks). Dieses Gefühl unterliegt nicht der Beurteilung «richtig» oder «falsch», sondern ist eine Tatsache.
Ein Beispiel
Eine Frau erzählt ihrem Mann über eigene Pläne. Als er ein wenig die Stirne runzelt, entgegnet sie: «Nun mach doch nicht gleich wieder ein so angewidertes Gesicht.»
Ihre Rückmeldung ist ein Verschmelzungsprodukt aus Wahrnehmung (Stirnrunzeln), Interpretation («Er missbilligt meinen Plan») und eigenem Gefühl (Wut, Enttäuschung).
Innerer Dreischritt: Der Empfänger soll sich im Klaren darüber werden, dass seine Reaktion immer seine Reaktion ist – mit starken eigenen Anteilen.
«Ich sehe, wie du die Stirn runzelst.»
«Ich vermute, mein Vorhaben passt dir nicht.»
«Ich bin enttäuscht und verärgert, weil ich mir Unterstützung erhofft hätte.»
Und er (der Empfänger) sieht Ansatzpunkte, diese eigenen Anteile gegebenenfalls zu überprüfen: «Du runzelst die Stirn – passt dir das nicht, was ich vorhabe?»
Jetzt kann er bestätigen («Ja, mir kommen gewisse Bedenken, …») oder korrigieren («Doch – mir fiel nur gerade ein, dass wir dazu das Auto brauchen und ich noch keinen Inspektionstermin habe») oder auch sich selbst infrage stellen («Das Stirnrunzeln war mir gar nicht bewusst – ja, vielleicht bin ich etwas enttäuscht, dass du nicht vorher …»)
Vgl. Schulz von Thun (2001), S. 69–75
Johari-Fenster – ein hilfreiches Instrument
Dieses Instrument verdeutlicht, dass sich Fremd- und Selbstwahrnehmung in weiten Bereichen nicht entsprechen. Das, was eine Person von ihrem Verhalten jeweils wahrnimmt, ist nur ein Bruchteil dessen, was für sie in einer sozialen Situation Bedeutung hat. Andererseits vermögen Drittpersonen nicht zu erkennen, was wir selbst nicht preisgeben wollen.
Mithilfe der Feedbackmethode versuchen wir, das Bild, das wir von uns selbst machen, dank der Wahrnehmung durch Dritte in Bereiche zu erweitern, die uns sonst verborgen blieben.
•Ein Feedback ermöglicht den Vergleich von Selbstbild mit Fremdbild.
•Reflexion dank Feedback ermöglicht Arbeit am «blinden Fleck» und die Vergrößerung des «öffentlichen Bereichs».
Nehmen wir Feedbacks ernst, können wir unser Selbstbild mit fremden Rückmeldungen vergleichen und dadurch erweitern, den «öffentlichen Bereich» auf Kosten des «blinden Flecks» ausdehnen.
Feedback schafft ein vertrauensvolles Klima, was uns erlaubt, mehr von uns preiszugeben und den privaten, anderen nicht bekannten Teil zu verkleinern.
Abbildung 3: Johari-Fenster (nach Luft 1989, S. 25)
Der öffentliche Bereich umfasst die Aspekte unseres Verhaltens, die uns selbst und den anderen bekannt sind. Hier handeln wir frei und unbeeinträchtigt von Ängsten und Vorbehalten. | Der blinde Fleck umfasst den Anteil unseres Verhaltens, den wir selbst wenig, die anderen Mitglieder der Gruppe dagegen recht deutlich wahrnehmen. Es sind die unbedachten und unbewussten Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die Vorurteile, Zu- und Abneigungen. Hier können uns die anderen Hinweise geben. |
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Der private Bereich umfasst jene Aspekte unseres Denkens und Handelns, die wir vor anderen bewusst verbergen. Durch Sicherheit und Vertrauen zu anderen kann dieser Bereich verkleinert werden.Vgl. Luft (1989), S. 24–28 | Der unbewusste Bereich ist weder uns noch anderen unmittelbar zugänglich. Verborgene Talente und ungenützte Begabungen sind Beispiele hierfür. |
Feedback von Schülerinnen und Schülern
Es gibt einen breiten Konsens, dass Unterrichtsfeedback von Schülerinnen und Schülern nützlich und wichtig ist und dass die «Kundinnen und Kunden» der Lehrenden ernst genommen werden und als wichtige Informanten eingeschätzt und geschätzt werden: «Für eine Befragung von Schülern spricht u. a. ihre Langzeiterfahrung mit Schule, Unterricht und Lehrkräften. Schüler kennen Lehrkräfte sowohl im Vergleich mehrerer Fächer als auch im Vergleich über die Schulzeit hinweg. Ihre Aussagen können sich auf Wahrnehmungen über einen längeren Zeitraum und auf die Erfahrungen in unterschiedlichen Situationen stützen» (Ditton 2002, S. 263). Bessoth und Weibel sprechen in ihrem Buch «Unterrichtsqualität an Schweizer Schulen» Klartext: «Die Reputation von Befragungen von Schülerinnen und Schülern ist nach allen vorliegenden Forschungen höher als die Zensurengebung durch die Lehrenden. Das heißt, den Einschätzungen der ‹Klienten› kann mehr Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit) zugebilligt werden als der Notengebung, die ja individuell erfolgt. […] Obwohl viele Lehrende glauben machen wollen, dass ihre Schülerinnen und Schüler, und insbesondere die ganz jungen, keine konsistenten Urteile über Lehrpersonen und deren Unterricht aufgrund ihrer fehlenden Reife, ihrer mangelnden Erfahrung und Sprunghaftigkeit fällen können, zeigen die bis in die 1920er-Jahre zurückreichenden Forschungen genau das Gegenteil: Die Urteile der Lernenden waren von Jahr zu Jahr stabiler» (Bessoth & WeibeI 2000, S. 74).
Selbstverständlich hat Schülerfeedback auch seine Grenzen: Schülerinnen und Schüler können die fachliche und didaktische Kompetenz kaum beurteilen. Es ist zudem oft unklar, welchen Maßstab die Schülerinnen und Schüler anwenden (z. B. den Vergleich mit dem Unterricht anderer Lehrpersonen). Möglich ist auch, dass die Rückmeldungen durch negative oder positive Aufwertungen der Lehrperson verzerrt sind (vgl. Helmke 2009, S. 282 f.).