Читать книгу Erst DENKEN, dann ESSEN - Bastienne Neumann - Страница 8

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Einleitung:

Abnehmen verstehen

»Ich müsste nur hart genug mit mir selbst sein und den strikten Regeln folgen, dann würde ich schon abnehmen.« So redete ich mir jahrelang selbst ein, dass ich mich quälen müsste, um endlich mein Ziel erreichen zu können. Ich dachte, einen anderen Weg würde es nicht geben, um endlich schlank zu werden. Also fing ich an zu verzichten.


Es begann bereits im Kindesalter, dass ich mich zu dick fühlte. Ständig verglich ich mich mit meinen Freunden und ging dabei häufig als Verlierer aus dem Rennen. Denn ich war nicht nur einen Kopf größer als die meisten, sondern auch kräftiger gebaut. Zwar war ich noch weit davon entfernt, dick zu sein, dennoch war ich unzufrieden mit mir. So unzufrieden, dass ich mich bereits sehr früh mit der Ernährung und dem Abnehmen auseinandersetzte.


Die ersten Diäten probierte ich aus, noch bevor ich zehn Jahre alt wurde – und so richtig hörte ich nie wieder damit auf. Ich stürzte mich von einer Diät in die andere. So wurde meine gesamte Jugend durch das Abnehmen geprägt. Trotzdem drehte ich mich dabei immer nur im Kreis. Fühlte ich mich unwohl in meiner Haut, suchte ich nach einer neuen Diät. Voller Motivation startete ich dann in der Hoffnung, dass diese Diät mich endlich zu meinem Ziel bringen würde. Meist schaffte ich es auch, mich einige Tage an die strikten Vorgaben zu halten. Doch in der Regel scheiterte ich wieder recht schnell und landete genau dort, wo ich angefangen hatte, oder nahm sogar noch zu.


Durch die strengen Diäten fühlte ich mich in meinem Essverhalten teilweise so eingeschränkt, dass ich den plötzlichen Drang verspürte, alles essen zu wollen. Es war, als wäre in meinem Kopf ein Schalter umgelegt worden, wodurch ich jegliche Kontrolle über mein sonst so diszipliniertes Essverhalten verlor. Der Druck, den ich selbst auf mich ausübte, führte somit letztendlich dazu, dass ich regelrechte Heißhungerattacken erlitt.

»Wer schön sein will, muss leiden«

Durch die vielen Diäten, die ich im Lauf meines Lebens ausprobiert hatte, blieben auch einige falsche Glaubenssätze in meinem Kopf hängen. So zum Beispiel: »Wer abnehmen möchte, der muss auf bestimmte Lebensmittel konsequent verzichten.« Mit jeder Diät setzte ich also neue Lebensmittel auf die verbotene Liste. Die Auswahl, die mir am Ende übrig blieb, war nicht groß und auch nicht sonderlich befriedigend. Doch: Wer schön sein will, muss leiden. Ein weiterer Glaubenssatz, dem ich lange Zeit folgte. Ich war überzeugt davon, dass Abnehmen auf gar keinen Fall Spaß machen durfte. Wer keine eiserne Disziplin zeigte, der würde auch keinen Erfolg haben. Meiner Ansicht nach musste ich also hart zu mir selbst sein. Keinesfalls durfte ich das essen, was mir wirklich gut schmeckte. Ich war überzeugt davon, dass ich mich förmlich quälen müsste, um schlank zu werden. Ein Glaubenssatz, der sich durch die vielen Diäten in mein Gedächtnis gebrannt hatte.

Was genau sind Diäten überhaupt?

Das Wort »Diät« stammt ursprünglich vom altgriechischen Wort »diaita«, was so viel bedeutet wie »Lebensweise«. Mit der Zeit wurde der Begriff Diät jedoch immer häufiger auch in Zusammenhang mit einer bestimmten Ernährungsweise gebraucht. Zunächst noch unabhängig von einer spezifischen Ausrichtung. Es bezog sich eher auf die alltägliche Ernährungsweise des Menschen. Vor allem im deutschsprachigen Raum diente der Begriff »Diät« immer häufiger als Beschreibung für eine kurzfristig veränderte Ernährungsform, die darauf abzielte, das Gewicht zu reduzieren. Eine sogenannte »Reduktionsdiät«.


Es gibt eine große Bandbreite an Reduktionsdiäten, die basierend auf den verschiedensten Theorien einen Gewichtsverlust versprechen. Einige Diäten beruhen dabei auf dem Verzicht bestimmter Makronährstoffe, wie beispielsweise die Low-Carb- oder die Low-Fat-Diät. Während wiederum andere Diäten eine Gewichtsreduktion durch das Einhalten bestimmter Fastenzeiten zwischen den Mahlzeiten versprechen. Die Vielfalt an Reduktionsdiäten ist also groß.

Was jedoch trotzdem fast alle Diäten miteinander vereint, ist, dass die langfristige Wirksamkeit der Gewichtsabnahme bei kaum einer Diät wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Im Gegenteil: Studien belegen sogar, dass über 90 Prozent aller Abnehmwilligen an Diäten scheitern. Kein Wunder, dass ich trotz meiner Bemühungen immer wieder zu meinem Ausgangsgewicht zurückkehrte und sogar darüber hinaus zunahm.


Obwohl bekannt ist, dass Diäten in der Regel nicht funktionieren, lassen wir uns trotzdem immer wieder um den Finger wickeln und von neuen Diätkonzepten begeistern. Wir werden mit beeindruckenden Erfolgsgeschichten und Abnehmtheorien gelockt, die zunächst schlüssig klingen und uns neugierig werden lassen. Also stürzen wir uns voller Tatendrang in die nächste Diät mit dem Vorsatz, diesmal nicht zu versagen.

Weshalb scheitern wir so häufig beim Abnehmen mit Diäten?

Die meisten Diäten beruhen auf drastischen und einschränkenden Maßnahmen, mit denen wir innerhalb kürzester Zeit viel Gewicht verlieren können. Das klappt in den ersten Tagen und Wochen meist auch sehr gut. Doch kommen dann die ersten Misserfolge, und das Gewicht stagniert, bricht die Vielzahl der Teilnehmer die Diät ab. Die aufzubringende Disziplin und die vielen Einschränkungen stehen dann nicht mehr im Verhältnis zum Erfolg.


Selbst wenn wir es schaffen, eine Diät erfolgreich zu beenden, und unser Zielgewicht erreichen, rutschen wir anschließend fast immer zurück in unser altes Essverhalten und nehmen wieder zu. Es kommt zum berühmten Jo-Jo-Effekt. Der Grund dafür ist, dass Diäten nicht beim eigentlichen Problem ansetzen. Eine Diät ist somit eher eine Symptombekämpfung als eine Beseitigung der eigentlichen Ursache.


Wir alle haben, geprägt durch unsere Kindheit, unsere Herkunft, unsere Lebensumstände und unser Umfeld, ein ganz individuelles Essverhalten. Sind wir übergewichtig, ist dies die direkte Folge eines daraus resultierenden falschen Essverhaltens. Möglicherweise haben wir uns über die Jahre daran gewöhnt, einfach zu viel zu essen. Denn immer häufiger greifen wir zum Essen, obwohl wir gar nicht hungrig sind. Wir haben das Essen weitestgehend zweckentfremdet und nutzen es in vielerlei Hinsicht. Wir essen, wenn uns langweilig ist, wir essen, um uns zu sozialisieren, wir essen, um unsere Emotionen zu kompensieren, und wir essen, um uns für getane Arbeit zu belohnen. Es gibt viele Gründe, weshalb wir häufig mehr essen, als wir eigentlich sollten.


Möchten wir langfristig abnehmen, ist es deshalb unumgänglich, sich mit der eigentlichen Ursache unseres falschen Essverhaltens auseinanderzusetzen, um dort ansetzen zu können. Bevor wir unser Verhalten also verändern können, müssen wir zunächst lernen, uns selbst zu verstehen.


Eine Diät hingegen geht kaum auf die Ursachen ein. Sie ist eher eine Art Schablone, die uns aufgesetzt wird. Da wir alle jedoch unsere ganz eigene Geschichte mit uns tragen, unsere eigenen Vorlieben und unser individuelles Essverhalten haben, passt diese Schablone für die wenigsten. Demnach ist es nur eine logische Konsequenz, dass der Großteil von uns an Diäten scheitert. Zwar schaffen wir es meist, uns kurzfristig zu verbiegen, sodass wir vorübergehend in die Schablone passen, doch spätestens dann, wenn wir mit einer Stresssituation auf der Arbeit konfrontiert werden oder anderen starken Emotionen ausgesetzt sind, fallen wir wieder in unser altes Schema zurück.

Wieso ist Essen mit Emotionen verbunden?

Tatsächlich gibt es ein direktes Zusammenspiel zwischen den Emotionen und dem Essverhalten. Denn die Emotionen verändern das Essverhalten, und das Essverhalten verändert die Emotionen. Die emotionale Bindung zum Essen beginnt bereits dann, wenn wir als Säugling gestillt werden. Dabei wirken viele emotionale Reize auf uns ein und geben uns ein Gefühl der Sicherheit und der Geborgenheit. Die Muttermilch verknüpfen wir von da an mit diesem Gefühl.


Kinder lassen sich in ihrem Essverhalten allerdings nur schwach durch Emotionen und weitere äußere Reize beeinflussen. Erst im Lauf des Lebens festigt sich die emotionale Bindung zum Essen. Bestimmte Gerüche oder Geschmäcke können sogar Erinnerungen in uns hervorrufen.


Hat unsere Großmutter uns früher immer frischen Apfelkuchen gebacken, wenn wir zu Besuch kamen, so wird uns der Geruch von frischem Apfelkuchen womöglich immer an unsere Großmutter und das geborgene Gefühl erinnern. Das Gehirn merkt sich die Verbindung zwischen der Emotion und dem Lebensmittel. Fühlen wir uns irgendwann einmal einsam und traurig, ist es durchaus möglich, dass uns unser Gehirn ein starkes Verlangen nach Apfelkuchen signalisiert, um die Einsamkeit mit dem Gefühl der Geborgenheit zu kompensieren. Vor allem bei Trauer und Stress greifen wir deshalb häufig vermehrt zum Essen. Man nennt das auch »emotional-instrumentelles Essen«.


Die daraus resultierende Überernährung bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Auch wenn das viele Essen uns den Augenblick versüßt und unser Gefühlschaos vorübergehend besänftigt, so kann es langfristig Schaden anrichten. Die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland nimmt nämlich stetig zu. Auch die Zahl der Adipösen, sprich der Fettleibigen (BMI < 30), steigt weiterhin an. Damit einhergehend kommt es immer häufiger zu ernährungsbedingten Erkrankungen, wie beispielsweise zu erhöhten Blutfetten, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 sowie zu kardiovaskulären Erkrankungen.

Der Body Mass Index (BMI) ist ein Indexwert, der das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße angibt. Er dient der Klassifizierung des Ernährungsstatus.

Der BMI wird wie folgt berechnet:

BMI = Körpergewicht (in Kilogramm) / Körpergröße 2 (in Meter)

Beispiel:

Körpergewicht: 79 kg

Körpergröße: 1,65 m

79 kg / (1,65 m x 1,65 m) = 29 kg/m2

KlassifikationBMI (kg/m2)
Untergewicht< 18,5
Normalgewicht18,5 – 24,9
Übergewicht25 – 29,9
Adipositas I30 – 34,9
Adipositas II35 – 39,9
Adipositas III< 40

Doch nicht nur der Körper leidet unter dem hohen Gewicht, sondern auch die Psyche. Studien zufolge geht ein erhöhtes Körpergewicht mit einem erhöhten Risiko für Depressionen einher. Die Betroffenen sind meist sehr unglücklich mit ihrem Äußeren und wollen abnehmen, aber gleichzeitig fühlen sie sich in ihrer Situation machtlos. Obwohl der Wille da ist, Gewicht zu verlieren, scheitern sie immer wieder an ihren eigenen Vorsätzen. Langfristig verlieren sie dadurch den Glauben an sich selbst, sind unzufrieden und fühlen einen großen inneren Schmerz.


Wo ein großer Schmerz liegt, erkennt die Industrie auch eine große Geldquelle. Eine Zielgruppe, die unzufrieden ist, gibt potenziell mehr Geld aus. Deshalb wimmelt es inzwischen von vermeintlichen Ernährungsexperten, Tipps, Tricks und Ratschlägen rund ums Abnehmen. Nicht selten handelt es sich dabei um gefährliches Halbwissen, das sich teilweise sogar widerspricht. Bei diesem großen Wissensangebot verliert der Laie schnell den Überblick. Was in der einen Zeitschrift noch als die Wunderlösung betitelt wurde, wird im nächsten Magazin widerlegt. Das führt im Endeffekt dazu, dass wir verunsichert sind und Angst davor haben, etwas Falsches zu essen. Plötzlich streichen wir ganze Lebensmittelgruppen aus dem Speiseplan, da wir befürchten, dass diese uns augenblicklich dick werden lassen.

Warum Wissen allein nicht die Lösung ist

Genau so war es mir ergangen, bevor ich mit meinem Studium der Ernährungswissenschaften angefangen hatte. Ich spürte einen großen Leidensdruck wegen meiner Figur und wollte unbedingt schlank werden. Darum saugte ich alles Wissen auf, was ich ergattern konnte. Ich wollte alles richtig machen und den Ratschlägen genauestens folgen. Also probierte ich haufenweise Diäten aus. Scheiterte ich an einer, behielt ich dennoch einige der Prinzipien bei und kombinierte diese mit der neuen Diät. So glich meine Ernährungsweise schnell einer Low-Carb-Low-Fat-Diät, bei der ich nur die Hälfte der Portionen aß, dabei Punkte zählte und zusätzlich darauf achtete, dass die Lebensmittel eine niedrige glykämische Last hatten.

Dadurch wurde die Lebensmittelauswahl für mich wie ein Gang durchs Minenfeld. In allem sah ich eine potenzielle Bedrohung und absolute Dickmacher. Allerdings wechselten sich diese strengen Phasen mit Zeiten des hemmungslosen Schlemmens ab. Verzichtete ich eine Weile und ernährte mich diszipliniert, holte sich mein Körper anschließend all das zurück, was ich ihm zuvor verboten hatte. Es war ein ständiges Auf und Ab, und ich wusste nicht, wie ich es schaffen sollte, all dem zu entfliehen. Im Prinzip wusste ich alles über die Ernährung und darüber, wie man es in der Theorie schafft, abzunehmen. An fehlendem Wissen scheiterte es also nicht – vielmehr scheiterte ich an der Umsetzung.


Hier kommt die Ernährungspsychologie ins Spiel: Die Ernährungspsychologie ist eine Wissenschaft, die die Psychologie mit der Ernährungswissenschaft verknüpft. Anders als die reine Ernährungswissenschaft beschäftigt sich diese Fachrichtung vor allem mit den psychischen Mechanismen hinter der Nahrungsaufnahme.

Was bestimmt unser Ernäkrungsverkalten?

Weshalb greifen wir zum Essen, obwohl wir schon lange satt sind?

Warum schaffen wir es nicht abzunehmen, obwohl wir genau wissen, wie es funktioniert?

Im diesem Buch möchte ich dich dazu einladen, die Prinzipien der Ernährungspsychologie kennenzulernen. Hast du einmal die Theorie hinter deinem Essverhalten verstanden, weißt du genau, welche Hebel du in Bewegung setzen musst, um deine Ernährungsweise zu verändern. Um dich bei diesem Prozess zu unterstützen, findest du am Ende des Buches eine Fünf-Wochen-Challenge, die dir bei der Umsetzung und der Festigung deines neu erlernten Wissens helfen wird.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen!

Erst DENKEN, dann ESSEN

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