Читать книгу Zurück zu den Wurzeln - Beate Reinecker - Страница 7
Der kalte Wind
ОглавлениеDer Zombie erscheint cool, locker und immer entspannt. Er kann sich durchsetzen und Vorteile geltend machen. Er gibt vor, den Blick für das Wesentliche zu haben. Berechnungen und Fakten werden mit selbstsicherer Stimme vorgetragen. Die Show ist perfekt eingeübt und kein einziges Haar wagt es, im Wind zu wehen. Die Körperhaltung signalisiert: Ich habe die Lage im Griff. »Schau genauer hin! Es gibt so viele Deckmäntelchen und Täuschungsmanöver.« Wer den unbedingten Vorteil will, wer über Leichen geht, schießt wie ein Pfeil mitten in die Zentren der Macht. Doch was ist der Wert eines Treffers, der nur die Materie im Blickfeld hat? Der Vorteilsbesessene bahnt sich den Weg ohne jeden Skrupel und ohne den Gedanken an eine wahrhaftige Nachhaltigkeit. Ein Zombie ohne Skrupel, Moral und Empathie kennt keine Humanität. Er oder sie rauscht mit der Höchstgeschwindigkeit der Gier an der Menschlichkeit vorbei. Der Vorteilsrausch bestimmt das Denken und Handeln und fordert das schnelle materielle Vorrankommen. Menschen haben zu funktionieren, sie sollen dienen und werden nicht selten als Kanonenfutter missbraucht. Der Rausch, die Gier, fordert immer neue Opfer. Menschen werden zu Soldaten, zu Vertriebenen, zu nicht gern gesehenen Flüchtlingen. Der eiskalte Wind der Gier fegt über die Kontinente. Er tötet, er endsolidarisiert und polarisiert. Der denkende und empathische Mensch taumelt oft an der Grenze zur Resignation. »Kann die Gerechtigkeit noch gelebt und umgesetzt werden?« Der Denkende mahnt die ethischen Normen und Werte an und erkennt gleichzeitig ihren täglichen Verstoß. Der Empathische kämpft gegen die eigene Enttäuschung und möchte den Glauben an die Menschlichkeit nicht verlieren. Er oder sie möchte nicht in Resignation versinken und untergehen. Der kritische Denker möchte nicht zu einem verletzten Einzelgänger mutieren. Darf die Enttäuschung den Glauben an die Werte überdecken? Der Mitfühlende hat Angst, verletzt zu werden. Diese Angst vor immerwährenden Enttäuschungen ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie tragen nicht selten ein Visier aus Zweifeln und Misstrauen. Unter der Rüstung schlägt das Herz der Humanität. Das Herz des Empathischen schlägt leidenschaftlich. Es schlägt für die Freiheit, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit. Der kalte Wind der Gier und Unmenschlichkeit kann die Flamme des gerechten Herzens nicht auslöschen. Die Flamme leuchtet für die anderen und spendet in eiskalten Zeiten Wärme und Orientierung. »Lasst euch nicht einschüchtern! Lasst euch nicht eure Würde, Empathie und den Sinn für die Gerechtigkeit nehmen!« Der kalte Wind der Gier fegt über die Welt, doch er kann nicht alle Denkenden, Gerechten und Selbstbestimmten auslöschen.