Читать книгу Wenn die Leichen stören - Beate Reinecker - Страница 3
Wenn die Leichen stören
ОглавлениеWenn dir deine Bewusstlosigkeit nicht bewusst ist, hast du ein Problem. Du hängst an den Lippen der anderen. Du bist zum Nachplapperer verkommen. Vieles wird verdrängt, anderes nicht begriffen und vor allem: Nicht auf dich bezogen! Die anderen nerven. Die Mitmenschen stören, wenn sie nicht augenblicklich das erfüllen, was Du willst? Du suchst die Schuld bei den anderen. Du suchst den Grund deines Elends im anderen. Sollen sich die anderen anstrengen und um dich herum tanzen? Du willst bestens unterhalten werden? Du willst die Belustigung und Lobhudelei? Warum? Du kreist um dich und alle anderen sollen auch um dich kreisen? Du sagst, du liebest die Kommunikation. Doch kann es sein, dass du gar nicht lernen willst, was Kommunikation bedeutet? Willst du eventuell die Wahrheit nicht hören? Eine Spiegelung ist bei dir nicht erwünscht. Die Realität wird oft verformt und ausgeklammert. Deine Wirklichkeit soll sich so entwickeln, wie du es dir vorstellst. Deine Wirklichkeit soll so aussehen, wie der Abklatsch deiner Fantasie. Doch das Leben lässt sich nicht einsperren und Menschen flüchten gern, wenn sie zu viele Kommandos erhalten. Du wirst den Lebensturm nicht in ein Wasserglas sperren können. Du schnippst mit den Fingern, du scharrst mit den Hufen wie ein zorniges Tier. Das Leben soll sich wie ein roter Teppich vor dir ausbreiten. Alles soll sich fügen und entfalten, wie du es gern hättest. Du willst die Prinzessin sein und immer wieder die Hauptrolle spielen. Du willst die absolute Planungssicherheit. Doch wer soll bei deinem Lebensspiel mitspielen? Für wen planst du und was planst du? Dein Kreisen um dich selbst bohrt große Krater in den Boden und du siehst die Sonne und dich selbst kaum noch. Dir wird langsam aber sicher schwindelig bei all dem Kreisen und all deinen Ansprüchen an das Leben, denn alles soll von außen kommen und dir zu Füßen gelegt werden. Du willst das Schicksal erzwingen und die anderen bezwingen. Die Gräben und Kluften zum Außen werden höher, unüberbrückbarer. »Was war gestern, was will ich heute? Welche neuen Begierden sind geweckt worden und wodurch? Spürst du, dass du in den Ketten deiner Affekte gefangen bist? Machst du dir die Kettenreaktionen bewusst? Was passiert in deinem Kopf, wenn die Wünsche an das Außen immer größer werden? Was geschieht mit dir, wenn du immer mehr Ablenkung und Bespaßung brauchst?« Die anderen sollen dir die Füße küssen. Sie sollen dir die Wünsche von den Augen ablesen? Du suchst nur noch die Orte auf, an denen du die Prinzessin bist. Es ist eine beklemmende Realität, in der die Klüfte und Gräben wachsen. Solange dein Geld reicht, wirst du die Gräben einer Bewusstlosigkeit befeuern, die dir schließlich den Kontakt zur Realität rauben werden. Deine Stimmung verdunkelt sich immer schneller. Deine Impulse laufen ins Leere. Du sendest die Botschaften: »Hier bin ich, ich will Spaß! Kreist um mich, gebt mir den Kick! Lobt mich! Bedient mich!« Du gierst nach deiner Bespaßung und einem neuen ferngesteuerten Abenteuer. Alle werden sich überfordert wegdrehen.