Читать книгу Wenn die Leichen stören - Beate Reinecker - Страница 4
Deine Kritiklosigkeit
ОглавлениеWenn der Realitätsverlust eingesetzt hat, wenn es keine gehaltvollen Kriterien mehr für die Lebensausrichtung gibt, das Mitlaufen zur Gewohnheit wird, so greift die Kritiklosigkeit um sich. Der Anspruch an sich selbst verkommt zu einer Farce. Sitzen die Frisur, das Hemd und das Make-up? Habe ich genug Spaß und Ablenkung? Kann ich mir genug leisten, sodass ich im Ansehen anderer mithalten kann? Was bewirken diese Fragestellungen im tiefsten Inneren eines Menschen? Sie offenbaren Abhängigkeiten, die wie eine Krankheit wirken, bei dem der Patient erstarrt und hilflos im Bett liegt, sich passiv eine ordentliche Dosis Fremdbestimmung über einen Tropf einverleibt. Der Tropf geht direkt in die Blutbahn und es werden Bilder durch chemische Cocktails ausgelöst. Es sind die Bilder einer Konsumwelt, die ruhig stellen und fremdbestimmen sollen. Die Message lautet: Du brauchst so viele »Must-haves«, Schmuck und Geschmeide, fremde Genüsse, fremdbestimmende Einflüsse. Dies alles möglichst häufig und in regelmäßiger Abfolge. Die Kritiklosigkeit greift um sich. Sie erfasst den gesamten Menschen. Die Person hängt am Tropf der Betäubung. Der Genusssüchtige giert nach den Cocktails, die direkt ins Gehirn gehen. Das eigene Selbst verliert an Spannkraft, an Flexibilität und Kreativität. Der Mensch wird willenlos. Die Dosis der Betäubung wird erhöht und sie führt geradewegs in die Kritiklosigkeit, Verwirrtheit und Unmündigkeit. Die Unmündigkeit hinterlässt einen orientierungslosen, geschwächten und abhängigen Menschen. Die Dosis wird erhöht, vor allem dann, wenn sich ein wenig Unzufriedenheit anmeldet. Diese wird sofort besänftigt und nicht ernst genommen. Die Hilferufe der Psyche wollen gehört und erhört werden. Das Selbst schreit um Hilfe. Dein Ich meldet sich. Es ruft nach Selbstbestimmung, Mündigkeit, Kritikfähigkeit. Der Abhängige erhöht die Dosis der Fremdbestimmung, der Ablenkung, Betäubung und Autoritätshörigkeit. Der Gehorsam fordert die Unterwürfigkeit. »Was fesselt dich? Wer hält dich gefangen? Unterstützen deine Bequemlichkeit und Trägheit deine Befehlshaber? Wer unterdrückt dich? Warum lässt du es geschehen?« Denke daran: »Wenn du nicht »du selbst« sein darfst, wird deine Lebenskraft schwinden. Alles, was dir lieb und teuer war, wird sich verflüchtigen. Du selbst wirst in deinem Leben nicht mehr vorkommen.«