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Auf der Suche nach R

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Was hatte dieses R zu bedeuten? Musste Peter an diesem Tag zum Röntgen? Die Freunde rätselten, verletzt war er nicht. Vor dem Mord jedenfalls. Sie schlugen einen Duden auf und blätterten zum R. Rasenmähen, nein, es war November. Ramadan, auch nicht. Peter war Christ, oder eher Atheist. Aber kein Muslim. Rausch, das war passend. Aber warum sollte sich Peter so etwas notieren? Wayna schlug den Duden wieder zu. Das war nicht zielführend. Plötzlich schrie Helge auf. „Du Wayna, ich hab’s. Was, wenn es sich bei dem R um einen Namen handelt?“ Das war sehr plausibel, Wayna war begeistert. Sie dachten nach, strengten sich an. Wer im Dorf hatte zu Beginn seines Namens ein R. Es gab einen Raul, einen spanischen Zuwanderer. Sie kannten ihn nur flüchtig, auch Peter. Dann war da ein Rene. Er hatte sehr markante Augen, lebte aber seit zwei Jahren im Ausland Aufhäuser. In Häusern zu wohnen, hatte für ihn keinen Reiz. Und es gab den Roman. Der war im Dorf als Trunkenbold verschrien. Außerdem war er aggressiv, eigentlich jedem gegenüber. Er war arbeitslos, lebte von der Mindestsicherung. Das war ihm jedoch manchmal nicht genug, er stahl oft. Vor allem im örtlichen Supermarkt, den der Sanel betrieb. Keiner mochte ihn sonderlich, besonders Helge hasste ihn. Vor zwei Jahren, als er das erste Mal ins Dorf gekommen war, wurde er vom Roman mit einem Schlag ins Gesicht begrüßt. Roman mochte keine Neuankömmlinge, ganz besonders keine, die wie Helge waren. Die Freunde mussten jedoch herausfinden, ob und warum sich Peter an diesem Tag noch mit Roman getroffen hatte.

„Dürfen wir reinkommen, Roman?“, fragte Wayna zögerlich in die Gegensprechanlage. „Wer ist da?“, schallte es kaum hörbar zurück. Wayna wirkte unsicher, er hatte Angst. Angst vorm Roman und Angst vor der Wahrheit. „Wayna“, sagte er zögerlich, „und Helge“, fuhr er fort. Helge stand neben ihm, er hatte ein kurzes Kleid an. Es fror ihn, der Wind wehte erbarmungslos und eiskalt an diesem Tag. „Was wollt ihr von mir? Ich bin beschäftigt.“, lallte es zurück. Die Fahne vom Roman konnte man auch noch durch die Gegensprechanlage riechen. War es der richtige Zeitpunkt, um mit ihm über Peter zu sprechen? Die beiden waren unsicher, aber Wayna blieb hartnäckig. „Das weißt du genau, Roman. Du warst mit Peter verabredet, am Tag seines Todes!“ Keine Reaktion, für sehr lange Zeit. Doch plötzlich stand er in der Tür, der Roman. Er hatte zugelegt, vor allem der kleine Wohlstandsbauch war auffallend. Seine Haare waren ungekämmt, sein Gesicht völlig weinerlich und die Nase noch immer sehr schief. Das war sein Markenzeichen, die schiefe Nase. Die hatte er schon als Kind. Mit vier Jahren war er gemeinsam mit seinen Eltern im Zoo. Beim Affengehege wollte Roman einem Schimpansen die Banane stehlen. Der Affe schlug ihm jedoch mit voller Wucht ins Gesicht, die Nase war dreifach gebrochen. Seitdem hatte Roman eine Affenphobie, er mied es, im Fernsehen Naturdokus anzuschauen. Sie waren für ihn wie ein Horrorfilm. Nun stand er vor ihnen, der Roman mit der schiefen Nase. Die Alkoholfahne war gewaltig, Wayna und Helge versuchten, nicht zu atmen. „Warum wisst ihr davon? Von unserem Treffen“, erkundigte sich Roman. Sie erzählten ihm ruhig und sachlich von dem Notizblock, von dem R auf der letzten Seite. Sie waren freundlich, sie wollten den Roman nicht verschrecken. „Mir ist das peinlich, ich will euch das nicht erzählen“, stammelte Roman. Die Freunde waren neugierig. Wayna legte Roman vorsichtig die Hand auf die Schulter. Er streichelte ihn am Kinn, er kraulte seinen Bart. Er wollte den Roman beruhigen, er wollte ihn dazu bringen, ihnen von dem Tag zu erzählen. Vielleicht war er der Täter, vielleicht aber auch nicht. Aber er konnte ihnen sicher weiterhelfen. „Komm Roman, du kannst uns vertrauen. Wir ermitteln privat, die Polizei erfährt nichts davon. Sag uns einfach die Wahrheit“, versuchte Wayna zu vermitteln. Roman drehte sich im Kreis, er sang einen Song von den Beatles, dann stand er wieder still. War er verrückt geworden? „Na gut, aber wenn das irgendwer erfährt, seid ihr tot. Das schwör' ich euch“, drohte er ihnen. „Es ist kompliziert. Wie soll ich euch das sagen, ich war, naja, ich war mit Peter zusammen. Seit einem Monat. Wir waren echt verliebt, alles hat gepasst. An dem Tag, an dem Peter erschlagen wurde, da waren wir bei mir in der Wohnung. Den Rest könnt ihr euch denken. Aber mit dem Mord habe ich nichts zu tun, das könnt ihr mir glauben!“ Licht aus. Beiden Freunden wurde schwarz vor Augen. Sie prallten gemeinsam auf den harten Betonboden. Nach wenigen Sekunden kamen sie wieder zu sich, zuerst Helge, später Wayna. Als sie den Roman ansahen, fielen sie gleich noch einmal um. Der Schock war riesig. Peter mit einem Mann. Und dann mit Roman, das war völlig undenkbar. Der hatte doch Frau und Kinder, und Peter war ein Frauenschwarm. Was war hier los? Waren sie etwa im falschen Film? „Ich kann mir vorstellen, dass das für euch unglaublich scheinen mag. Aber wir haben uns geliebt“, erzählte Roman, der plötzlich mit einer geöffneten Flasche Bier vor ihnen stand. Diese leerte er innerhalb von Sekunden, in der linken Hand hatte er noch eine Zweite. „Bitte, ich flehe euch an. Erzählt es niemanden, und schon gar nicht meiner Frau. Die tut sich sonst etwas an“, bettelte sie Roman an. Wayna und Helge waren noch völlig geschockt, sie konnten es nicht glauben, konnten auch noch keine klaren Gedanken fassen. Sie mussten gehen, flüchtig schüttelten sie Roman die Hand und verließen den Wohnblock. Ungläubig schauten sie sich gegenseitig in die Augen, dann fielen sie sich in die Arme. Sie weinten, vor Trauer, aber auch vor Erleichterung.

Kommissar Wayna und der tote Blonde

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