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KAPITEL 2

Der Spalter

Überlebenswichtig

Ein dicker Mann, mit nur noch wenigen Zähnen, sitzt in einer Talkshow. Er erzählt in spanischer Sprache vom VfB, deutsch untertitelt, und lacht sich tot über die idiotischen Entscheidungen, die sie in Bad Cannstatt so getroffen haben.

Natürlich ist das Video ein Fake. Der dicke Spanier ist ein Internet-Meme, ein Kultvideo. Das von allerhand Kreativen mit vermeintlichen Aussagen untertitelt wird, zu jeweils wechselnden Themen. Die Stuttgarter Version fertigt Andreas K. Schlittenhardt an. „Ich war so richtig Fan und war so richtig angekotzt 2015. Da habe ich eine Facebook-Seite ins Netz gestellt, die hieß Fokus VfB, und habe ein Video neu untertitelt mit einem Text, der sich sehr gegen Bernd Wahler und Robin Dutt gerichtet hat.“ Das erzählt der Werbefachmann und Inhaber einer PR-Agentur dem Podcast „VFBSTR“7. Die Entstehung der Fanseite Fokus VfB ist der Auftakt zu einem Skandal, der später Vorstände und leitende Mitarbeiter ihre Jobs kosten wird und in dessen Aufarbeitungs-Wirren zwei Präsidiumsmitglieder aus dem obersten Vereinsgremium zurücktreten. Zukunftsmusik, zurück ins Jahr 2015.

Dem sensiblen Wahler entgeht das Video nicht. Er nimmt Kontakt auf zu Schlittenhardt, für den nach eigener Darstellung ein Jugendtraum in Erfüllung geht: „In die Mercedesstraße reinzugehen, dort einen Termin zu haben: Das hat eine unglaubliche Wirkung auf jeden Fan.“ Fast schon automatisch kommt Schlittenhardt mit Oliver Schraft ins Gespräch, Kommunikationschef und Mitglied der Unternehmensleitung beim VfB. „Irgendwann kamen wir drauf: Was machst du beruflich und kann das dem VfB helfen?“ So schildert es Schlittenhardt in dem Podcast. Den Beginn der Zusammenarbeit datiert er auf Februar 2016: „Es ging vor allem darum, in Social Media vorzubereiten (sic), um spätere Botschaften wie die Ausgliederung erfolgreich an die Menschheit zu bringen.“

Die Hülle für eine ausgegliederte Gesellschaft ist bereits im November 2014 bereitet, die handelnden Personen haben eine GmbH & Co. KGaA gegründet, die kurz darauf in eine AG umgewandelt wird. Dass im Vorfeld eine „leere“ Rechtseinheit geschaffen wird, ist nicht unüblich, dafür braucht es auch keinen Mitgliederbeschluss. Doch so richtig an Fahrt nimmt die Thematik erst ab 2015 auf, eigentlich zielen die Verantwortlichen auf den Sommer 2016 ab. Allerdings stellt der Abstieg einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt dar, Wahler legt das Präsidentenamt am Tag nach der Katastrophe nieder. Jemand muss das Feld bereiten. Vorhang auf für

... Wolfgang Dietrich. Den ehemaligen Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart 21, das die Stadt in zwei Lager spaltet, haben die Aufsichtsräte unter der Führung von Würth-Manager Martin Schäfer offenbar auserkoren. Weil Dietrich wegen S21 genau weiß, wie mit schwierigen Themen umzugehen, mit harten Bandagen zu kämpfen ist.

Bereits 2014 schildert André Bühler, ein Wirtschaftsprofessor und Sportökonom, der 2017 auch in ein VfB-Gremium, den Vereinsbeirat, gewählt wird, die Bedenken der Anhänger im „kicker“: „Sie wollen wissen, was mit dem Geld passieren soll. Dabei dürfen sie aber nicht vergessen, dass diese Ausgliederung für den Verein wichtig ist, meiner Meinung nach sogar überlebenswichtig.“ Vertrauensaufbau wäre der logische Schritt, Bühler wirbt für einen Repräsentanten mit Strahlkraft, also einen, der die Menschen mitnimmt. „Von dieser Personalie hängt vieles ab. Wenn das jemand wird, den die Leute akzeptieren, dann klappt auch die Ausgliederung.“ Der VfB benötige jemanden, „der das Geschäft kennt, der schon anderswo gezeigt hat, dass er es kann – also kein Neuling – und er sollte einen guten Namen haben. Doch davon gibt es leider nur sehr wenige Kandidaten. Und die müssen erst mal zum VfB kommen wollen.“ Offenbar wollen viele tatsächlich nicht. Oder werden nicht gewollt. Denn im Sommer 2016 geht der Aufsichtsrat mit Dietrich ins Rennen, dessen Name schon 2013 kurz vor der Mäuser-Demission durch die Gazetten geisterte.

Diskretion ist alles

Eins ist den Machern in Cannstatt klar: Dietrich ins Amt zu hieven, das wird ein dickes Brett. Denn neben S21 macht bald ein weiteres Reizwort die Runde: Quattrex. Was klingt wie das Modell eines Daimler-Konkurrenten, ist ein auf Fußballklubs spezialisiertes Finanzierungsunternehmen. Gegründet von Dietrich selbst im November 2009 mit folgendem Zweck: „Die wirtschaftliche, finanzielle und sportliche Beratung von Vereinen, Investoren, Sponsoren und anderen Personen und Institutionen im Bereich des Profisports, insbesondere auch die Verstärkung von Spielerkadern durch Bereitstellung finanzieller Mittel.“

Dietrichs Erfahrungen in diesem Segment reichen mindestens bis in das Jahr 2005 zurück. In jenem Jahr entsteht in Appenzell in der Schweiz die Ventric AG – laut einem Artikel des renommierten Investigativjournalisten der „Stuttgarter Zeitung“, Andreas Müller, hielt Dietrich über seine VMM Consulting GmbH mit Sitz in Leonberg Anteile an der Ventric.8 Diese Gesellschaft schnappte sich ein Filetstück aus dem pleitegegangenen Kirch-Imperium. Sie kaufte Forderungen der Sportrechteagentur ISPR, einer Kirch-Tochter, gegen vier deutsche Profifußball-Vereine: Eintracht Frankfurt, Mainz 05, Rot-Weiß Oberhausen – und den VfB. So zumindest ist es im eidgenössischen Firmenindex ausgewiesen, und zwar für einen maximalen Kaufpreis von 19,5 Millionen Schweizer Franken. Das kommt bestens an bei den Fans: Wenn einer, der sich an den Schulden des Klubs bereichert hat, diesen später führen soll.

Über die konkreten Verdienstspannen lässt sich lediglich mutmaßen. Mainz, RWO und bis 2017 der VfB firmieren als eingetragene Vereine, müssen ihre Bilanzen also nicht publizieren. Doch die Hessen haben längst ausgegliedert. Und sieh an: Laut den Jahresberichten der Eintracht Frankfurt Fußball AG zahlte der Klub zwischen 2005 und 2012 15,16 Millionen Euro aufgrund des alten ISPR-Deals. Heribert Bruchhagen, von 2003 bis 2016 Eintracht-Vorstandsvorsitzender, taxierte die Gesamtsumme einmal sogar auf 21 Millionen Euro. Alleine dieser Betrag hätte das maximale Gesamtinvestment von 19,5 Millionen Franken bereits zu zwei Dritteln refinanziert.

Bereits im Juli 2011 zieht sich Dietrich aus dem Vorstand der Quattrex Sports AG zurück, mit Tobias Schlauch übernimmt ein Banker. Quasi direkt vor der Haustüre, bei den Stuttgarter Kickers, kriegt Quattrex schnell den Fuß in die Türe. Der klamme Verein vom Degerloch benötigt Anfang der 2010er-Jahre dringend Geld. Quattrex hilft, lässt sich seinen Einsatz aber mit erfolgsabhängigen Fixzahlungen aus den Mediengeldern versilbern. Ein simples Geschäftsmodell. Mehr Kapital erhöht die Wahrscheinlichkeit auf sportlichen Erfolg. Sportlicher Erfolg lässt die Medieneinnahmen steigen. Im Idealfall ein perpetuum mobile.

Nur: Bleiben Siege und damit Zusatzeinnahmen aus, muss das Darlehen ja auch irgendwie bedient werden. Schnell kann so ein Klub in Abhängigkeiten geraten, laut dem SWR folgte der ersten Tranche bei den Kickers schnell eine weitere. Dabei ergeben sich interessante Personenkonstellationen. Denn Schlauch hatte von Dezember 2010 an dem Kickers-Präsidium als Finanzchef angehört. Doch offenbar findet man diese konfliktbelastete Doppelfunktion erst anstößig, als ruchbar wird, dass Quattrex sich bei einem weiteren Drittligisten verdingen möchte. Wobei: Offiziell vorgestellt worden sein soll Schlauch damals als Banker, von Quattrex war angeblich nicht die Rede. Diskretion ist alles. Dass Christoph Dietrich, Wolfgangs Sohnemann, sowohl beim Sportfinanzierer als auch den Kickers als Aufsichtsrat agiert, dass bei Ex-Kickers-Profi Fabian Gerster, der nach der Karriere bei Quattrex im Marketing begann und am Degerloch zeitweise im Kontrollgremium saß, die nächste Doppelrolle auftaucht: Alles Zufälle, oder?

Von massiver Einmischung Wolfgang Dietrichs berichtet dagegen Edgar Kurz, bis Ende 2011 Präsident der „Blauen“: „Er hat uns Michael Zeyer als Sportdirektor aufs Auge gedrückt.“9 Zeyer fungiert 2010/11 als Sportchef, konzentriert sich dann aber auf seine Tätigkeit als Gastronom. 2013 folgt die Rückkehr, 2016 steigen die Kickers ab in die Regionalliga. Doch erst im Oktober 2016 beugt sich der Sportchef der Kritik und tritt zurück. Schon 2014 soll er beim VfB als Bobic-Nachfolger im Gespräch gewesen sein.

Das Geschäftsmodell

Quattrex baut in diesen Jahren ihr Netz weiter aus, wie eine Spinne krabbelt die AG in den deutschen Fußball. Geld ist schließlich immer irgendwie knapp in diesem seltsamen Business.

Ein fast schon notorisch klammer Verein befindet sich ziemlich genau 200 Kilometer entfernt vom Sitz der Quattrex-Sports AG in einem neobarocken Altbau in der Silberburgstraße 187 in Stuttgart-Karlshöhe: der 1. FC Nürnberg. Der Club soll Mitte der 2010er-Jahre die Zusammenarbeit mit dem Kapitalgeber aufgenommen haben, ein damaliger Aufsichtsrat der Mittelfranken spricht von einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Er benutzt das Wort Finanztrick. Das Geschäft funktioniere so ähnlich wie die im Fußball nicht selten geübte Praxis der Auslagerung des Marketinggeschäfts in eine Tochtergesellschaft. Diese nimmt ein Darlehen auf, gibt dem Verein so eine Finanzspritze – formal ist die Schuld fürs Erste ausgelagert.

Die Sache mit Quattrex ist tatsächlich ein bisschen anders gelagert. Auf den ersten Blick mag das Geschäft formal aussehen wie ein Kredit. Das aber brächte die Partnerklubs in Schwierigkeiten. Denn die Lizenzierungsbestimmungen der DFL für Bundesliga und 2. Liga sowie des DFB für die 3. Liga zielen auf die Verbesserung der jeweiligen Eigenkapitalwerte der Vereine ab. Speziell Drittligisten tun sich nicht zuletzt ob überschaubarer Medienerlöse schwer, diese Säule zu stärken. Nicht selten müssen diese Klubs mit Bankbürgschaften arbeiten, um ihre Saisonplanung finanziell abzusichern. Ein Kredit bringt zwar Liquidität, aber kein Eigenkapital. Genau an dieser Stelle setzt das Geschäftsmodell an: Das Konstrukt sieht eine Beteiligung an künftigen Vermarktungserlösen der Vereine vor, dafür erhalten diese eine Prämie, die sie natürlich zurückzahlen müssen. Damit steht die „geliehene“ Summe formal nicht als Schuld in den Büchern, daher auch der ungewöhnliche Name „verlorener Zuschuss“.

Ein anderes Modell offenbart ein dem Autor vorliegender Alt-Kontrakt des Finanzierers. Das Datum ist geschwärzt, der Vertrag dürfte aber aus den frühen 2010er-Jahren stammen. Unklar ist, mit welchem Klub er hätte geschlossen werden sollen. Dieser Alt-Kontrakt nimmt Bezug auf einen weiteren Vertrag, in welchem „eine Erlösbeteiligung der Gesellschaft“ (gemeint ist Quattrex, d. A.) gegen Zahlung einer „Signing Fee“ vereinbart wird. „Dieser Signing Fee Betrag ist auch Grundlage der in §1 und §2 vereinbarten Beratungsleistungen und Nutzungsmöglichkeiten.“ Im zweiten Vertrag erklärt Quattrex, dem Verein für die Vertragslaufzeit die Nutzung einer bestimmten Datenbank zu ermöglichen, und wird dafür vergütet. Klub und Geldgeber spielen also über Bande: In Vertrag I gewährt der Finanzier Geld gegen Erlösbeteiligung, in Vertrag II wird eine Beratungsleistung plus der Zugriff auf eine Datenbank fixiert. Kein Darlehen, keine Schulden, kein Zuwachs im negativen Eigenkapital. Lizenztechnisch einwandfrei. Als Sicherheiten gewährt der Klub „Netto-Ansprüche gegen den nationalen, deutschen veranstaltenden Verband aus Einnahmen aus der zentralen und dezentralen medialen Vermarktung in Bezug auf die 1. Bundesliga und tiefere Spielklasse(n).“ Zudem, wenn die Medienrechte nicht ausreichen, „sämtliche Transfererlöse (inclusive aller Ansprüche auf Ausbildungsentschädigungen und Solidaritätszahlungen) und Versicherungssummen aus bestehenden und zukünftigen Marktwertversicherungen für die derzeitigen und zukünftigen Lizenzspieler und Vertragsspieler eines Vereins“. Das heißt: Im Falle eines Finanzlochs oder bei einem massiven Minus im Bereich der TV-Gelder, etwa bei Abstieg(en), könnte ein Klub auf Spielerverkäufe angewiesen sein, um Forderungen zu bedienen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Passus mit Beginn des Verbots der Third-Party-Ownership durch die FIFA 2015 gestrichen wurde. Der Weltverband unterband die Drittparteienbeteiligung durch Investoren an Profis. Kritiker bezeichnen diese Praxis als modernen Menschenhandel. Umgehungstatbestände gibt es allerdings nach wie vor zuhauf.

Doch zurück zu Quattrex: In aller Regel sind die Deals auf zehn Jahre angelegt, schiefgehen kann das Geschäft für den Geldgeber eigentlich nur bei Insolvenz. Im Falle eines Aufstiegs prasselt ein Geldsegen darnieder über die Stuttgarter, weil die Medieneinnahmen explodieren. Der frühere Geschäftsführer eines Ostklubs, mit dem Quattrex in Kontakt stand, schildert deren Vertreter als sehr seriös und interessiert an Gesprächen mit Leuten aus dem sportlichen Bereich wie Trainer und Manager. „Sie machen eine sehr genaue due diligence“, sagt er. Prüfen also die Bücher höchst penibel.

Üblicherweise sollen die Zuschüsse in drei Tranchen an die Vereine gehen. Zwischen sechs und acht Prozent sollen die Zinssätze demnach betragen, on top kommt die TV-Geld-Beteiligung. Auch Klubs im Ausland stehen auf dem Zettel von Schlauch & Co., weil mit Quattrex-Geld die Qualifikation für UEFA-Wettbewerbe einfacher gelingen kann und Champions League und Europa League ebenfalls hohe Medieneinnahmen garantieren.

Wettbewerbsintegrität

Die Gretchenfrage lautet: Wie ist das mit Blick auf die Wettbewerbsintegrität zu betrachten? Nun, der vorliegende Kontrakt beinhaltet einen Passus zur Unabhängigkeit: „Dieser Vertrag lässt die volle Souveränität des Vereins unangetastet, insbesondere die volle Entscheidungshoheit über Entscheidungen sportlicher Natur. Die Parteien werden sich wechselseitig über vertragsrelevante Vorgänge informieren. Der Verein ist jedoch nicht verpflichtet, Entscheidungen von einer vorherigen Information der Gesellschaft abhängig zu machen.“ Das ist die Theorie. Wie war das gleich in der Praxis bei Ex-Kickers-Boss Kurz? „Er hat uns Michael Zeyer als Sportdirektor aufs Auge gedrückt.“

Ab welcher Anzahl von Klubs in einer Liga sind Interessenkollisionen zu befürchten? Ja, wie viele Vereine in Deutschland haben sich überhaupt mit dem Geldgeber aus dem Ländle eingelassen? Gerüchteweise ist von bis zu einem Dutzend Klubs in den drei höchsten Fußballligen der Republik die Rede. „Citywire“ dagegen berichtet 2016 von lediglich sieben Vereinen, darunter auch Bundesligisten.10 Anlass für den Artikel des Branchenportals ist ein Ausbau des Geschäftsmodells in einen Luxemburger Fonds, um bei privaten wie institutionellen Anlegern Geld einzusammeln, es in den Fußball zu stecken und mit fetten Renditen wieder herauszuziehen. Minimaleinlage: 200.000 Euro. Demnach habe Quattrex bislang 35 Millionen Euro ausgezahlt und wolle nun weitere 25 bis 50 Millionen Euro akquirieren. Im besten Falle also wäre der Dienstleister in der Lage, bis zu 85 Millionen Euro in den Fußball gesteckt zu haben.

Manager Schlauch schildert 2016: „Wir bedienen den Bedarf von Vereinen vorwiegend aus den ersten drei deutschen Ligen, die Geld für Investitionen in den sportlichen Bereich benötigen, aber von Banken oft nur Kredite für konkrete Infrastrukturmaßnahmen wie etwa ein neues Stadion oder ein Trainingszentrum bekommen. Das Geld benutzen die Vereine, wie sie wollen. Letzte Saison war das etwa ein Zweitliga-Klub, der seinen Trainerstab, sein Scouting-Team und die Jugendarbeit ausbauen wollte.“ Vielleicht der 1. FC Union? Oder doch der 1. FC Nürnberg? Die Mittelfranken scheitern in der Relegation 2016 denkbar knapp an Eintracht Frankfurt, die Hessen bleiben in der Beletage. Für den Abstiegsfall soll es bereits lose Kontakte in die Silberburgstraße gegeben haben.

Vor dem Landgericht

Saftig liegt das Grün da in Bad Liebenzell. Der Haugstetter Bach am östlichen Ende der fein gepflegten Rasenfläche des Golfclubs komplettiert die Idylle an den nordöstlichen Ausläufern des Schwarzwalds. Dort lernt Rüdiger Grube Wolfgang Dietrich kennen. Der Bahnchef bewundert das ausgleichende Element des Golfclub-Präsidenten, zugleich dessen Zielorientierung. Deshalb macht Grube Dietrich 2010 zum S-21-Sprecher.

Wie ausgleichend Dietrich agieren kann, zeigt sich schon vor der Präsidentenwahl beim VfB. Besonders zu spüren bekommt dies die „Stuttgarter Zeitung“, die sich in dem Artikel „Der König eines Firmen-Dschungels“ etwa einen Monat vor der entscheidenden MV am 9. Oktober 2016 kritisch mit dem Geflecht rund um den vom Aufsichtsrat Auserkorenen auseinandersetzt. Die CAW Dietrich GmbH stellt daraufhin einen Antrag auf Unterlassung beim Landgericht Hamburg, das nicht gerade als medienfreundlich gilt. Drei Formulierungen verbieten die Richter fortan dem Medium. „Die Antragstellerin hatte glaubhaft gemacht, dass D. nicht an ihr beteiligt sei. Ebenso war glaubhaft gemacht worden, dass der geäußerte Verdacht, die VMM Consulting GmbH sei die Dachorganisation der Antragstellerin, nicht auf einer ausreichenden Recherche nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung beruhte“, teilt das zuständige Oberlandesgericht Hamburg mit. Mit D. dürfte Wolfgang Dietrich gemeint sein. Und CAW steht mutmaßlich für Christoph Albert Wilhelm Dietrich, bekannt auch als Quattrex-Aufsichtsrat. Die Firma von Dietrich Junior sitzt ebenfalls in der Silberburgstraße 187.

Geradezu genüsslich schlachten die Strippenzieher hinter der Dietrich-Kandidatur diesen vermeintlichen juristischen Erfolg aus. Und spannen dafür gerne auch den Boulevard ein, der mit der Schlagzeile „Dietrich-Sohn gewinnt vor Gericht“ trommelt. Auf einer Facebook-Seite, die Dietrichs Kandidatur unterstützt, ist gar die Rede von „der einstmals so renommierten Stuttgarter Zeitung“, der per Gerichtsbeschluss attestiert worden sei, „dass sie es im Umgang mit unserem Präsidentschaftskandidaten mit der Wahrheit nicht so genau nimmt“. Vergnügt reiben sich die Spin-Doktoren die Hände, längst ist die Propagandaschlacht entbrannt.

Doch was ist Wahrheit, was Dichtung? Als die gerichtliche Verfügung offenbar an andere Medien durchgestochen wird, liegt sie der „Stuttgarter Zeitung“ noch nicht einmal vor, faktisch also ist sie damit noch gar nicht wirksam. Zudem wollte die CAW DietrichGmbH weitere Formulierungen verbieten lassen – all dies schmetterte das Landgericht ab. Was selbstredend in der Berichterstattung über den Dietrich-Sieg außen vor blieb. Willkommen in der Welt der Halbwahrheiten.

Kommunikative Aufrüstung

Der VfB verstärkt sich in diesen Monaten kommunikativ. Schlittenhardt ist nicht der Einzige, den Schraft ins Boot holt. Auch Roland Eitel, der ehemalige VfB-Pressesprecher, ist eingebunden. Kurios: Beide haben sich bereits vor Jahren kennengelernt im Zuge eines Müller-Milch-Werbevideos mit Jürgen Klinsmann, an dem Schlittenhardt beteiligt war. Eitel ist mit Klinsmann eng befreundet, berät die Stuttgarter Stürmerikone medial. Nach den Dreharbeiten verlieren sich die PR-Männer aus den Augen, Mitte der 2010er laufen sie sich eher zufällig über den Weg, doch von einem engen Draht ist nicht auszugehen. Dennoch empfiehlt Eitel Dietrich, für seine Social-Media-Strategie Schlittenhardt zu kontaktieren – ohne zu wissen, dass der bereits über Wahler und Schraft im Geschäft ist.

„Roland Eitel hat damals den Kontakt hergestellt zwischen Wolfgang Dietrich und mir“, sagt Schlittenhardt im VFBSTR-Podcast. „Ich habe erstmals mit Wolfgang Dietrich über das Thema VfB gesprochen, da hatte ich beim VfB mit noch niemand über Wolfgang Dietrich gesprochen. (...) Ich habe dann also ein zweites oder drittes Mandat bekommen beim VfB.“ In den Augen des Netzwerkers war gerade die Profilschärfung für den Präsidentschaftskandidaten unabdingbar, denn: „Uns war klar, dass das schwierig werden würde.“ Denn nach S21 „stand er nicht wirklich populär da“.

Die Dialogoffensive

Die Quattrex-Geschichte vereinfacht die Aufgabe nicht gerade, zumal es rund um den VfB neben Prechtl weitere kritische Fans gibt, die sich publizistisch betätigen. Der „Zeit“-Journalist Oliver Fritsch bezeichnete diese aufmerksame Blogger- und Podcasterszene einmal sehr treffend als „wache Gegenöffentlichkeit“. Diese versucht der Verein mit einer Art Gegenfeuer auszukontern, mit einer Transparenz- und Dialogoffensive mit Dietrich selbst, mit VfB-Vorständen und Aufsichtsräten. Geladene Gäste und Onlineteilnehmer stellen Fragen, Dietrich und Co. antworten.

Zum Beispiel das: „Ich habe meine Anteile an Herrn Schlauch und meinen Sohn übertragen und habe noch 14 Prozent.“ Gemeint sein dürfte die Quattrex-Sports AG, überprüfbar ist diese Angabe allerdings nicht. In der Tat hat sich Dietrich Senior aus der Operative und den Kontrollorganen der Firma Schritt für Schritt zurückgezogen. Allerdings gründen die Partner im Februar 2016 noch die Quattrex Finance GmbH mit den Geschäftsführern Wolfgang Dietrich und Tobias Schlauch. Zum 31. Juli 2016 legt Erstgenannter sein Amt bereits wieder nieder. „Die DFL hat bestätigt, dass keinerlei Interessenkonflikte aus Statutensicht bestehen“, teilt er also stolz den bohrenden Mitgliedern mit.

Das ist eine korrekte Wiedergabe Dietrichs, allerdings gehört zu dieser Betrachtungsweise auch, dass sowohl der Ligaverband als auch der DFB nach rein formalen Kriterien entscheiden, also danach, wer welche Stimmrechte hält an einem Verein respektive dessen ausgegliederter Kapitalgesellschaft. Wichtiger wäre aber die Frage, wer welchen Einfluss hat. Speziell eingedenk der Worte von Ex-Kickers-Präsident Kurz.

Trotz grünen Lichts der Liga sieht sich Dietrich in den Fragerunden immer wieder mit dem Wort Interessenkonflikt konfrontiert. Frage eines Mitglieds: „Herr Dietrich, können Sie ausschließen, dass es zu einem Interessenkonflikt kommt, wenn die von Ihnen gegründeten Unternehmen sich an diversen Klubs beteiligen, die sich teilweise in unmittelbarer Konkurrenz zum VfB befinden?“ Antwort des Kandidaten: „Also das kann ich erst mal ausschließen. Ich habe noch gar nicht verstanden, wie der Interessenkonflikt überhaupt entstehen soll. Im Übrigen wäre das nicht vereinbar mit meinen Vorstellungen von Geschäft und von Moral.“ Wie der Interessenkonflikt entstehen soll? Als Dietrich dies äußert, ist der Luxemburger Quattrex-Fonds mit den Zweitligisten 1. FC Union Berlin, 1. FC Kaiserslautern und 1. FC Heidenheim nachweislich bereits im Geschäft, und er bewirbt sich um das Amt des Präsidenten beim gerade in die 2. Liga abgestürzten VfB Stuttgart. Jeder Tabellenplatz in der Endabrechnung hat Auswirkungen auf die Höhe der Tranchen, die einem Klub aus den DFL-Medienerlösen zustehen, und damit auch auf die Vergütung für Quattrex.

Lennart Sauerwald ist als Blogger Teil der eben skizzierten Gegenöffentlichkeit – und er stellt in dem Zusammenhang eine spannende Frage: „Herr Dietrich hält Anteile an einer Firma, die finanziell vom Erfolg unter anderem Heidenheims und Union Berlins profitiert. Ist das korrekt?“ Antwort Dietrich: „Die Firma Quattrex, um die es hier geht und an der ich 14 Prozent halte, hat keine Beteiligungen. Die Firma Quattrex finanziert Vereine über Darlehen. Beteiligungen sind ausgeschlossen, das mal zur Klarstellung.“ In Sauerwalds Frage war von Beteiligungen jedoch nie die Rede. Dietrich fährt fort: „Das zweite: Meine Damen und Herren, mir geht es um eines, ich will den Erfolg dieses Vereins. Deswegen sitze ich hier, deswegen übernehme ich ein Ehrenamt für vier Jahre. () Mich interessiert nur eins: Ich will gewählt werden, ich will entlastet werden mit mehr Stimmen, als ich gewählt wurde, und ich will, dass der VfB in vier Jahren dort steht, wo er mal stand.“ Das ist also die vermeintliche Transparenzoffensive. PR- und Worthülsen, keine konkrete Beantwortung berechtigter Fragen.

Porth beruhigt die Bruddler

Als an jenem Abend zum mindestens dritten Mal das Thema Quattrex auftaucht, winkt Dietrich sichtlich entnervt ab: „Entschuldigung, jetzt reichts irgendwann. Ich bin ja wirklich zu allem bereit, aber das haben wir doch jetzt durchgekaut. Dass ich Interessenkonflikte nicht habe, habe ich doch jetzt fünfmal dargelegt.“

Stattdessen inszeniert er sich und seine Familie als Opfer irgendwelcher Papparazzi: „Es trifft mich, wenn ich mitbekomme, wie eine Familie da mitreingezogen wird. Mein Enkel spielt im Hof der Firma meines Sohnes und da kommen Fotografen und fotografieren das Gebäude und die Briefkästen. Wo sind wir denn? Es soll bloß keiner glauben, dass man mich mit solchen Geschichten weichklopfen kann. Da kennt man mich schlecht.“

Die Führungsriege des abgestürzten Traditionsvereins zeigt für Bedenken mancher Mitglieder kaum Verständnis. Aufsichtsrat Porth etwa skizziert, dass gerade Dietrichs Seilschaften der Auslöser dafür waren, dass die Wahl auf den Multi-Manager fiel: „Das Wichtige war ja: Wir müssen jemanden finden, der im Fußball vernetzt ist, der sich im Fußballgeschäft auskennt und der unternehmerisch erfolgreich ist.“ In Zeiten explodierender Medien- und Transfereinnahmen gleicht die Suche nach erfolgreichen Sportunternehmen wahrlich der nach dem heiligen Gral. „Der Wolfgang Dietrich hat von Anfang an klar signalisiert, dass er sich aus seinen operativen Aktivitäten zurückzieht. Er hat alle Voraussetzungen dafür erfüllt. Und die DFL hat dem am Ende ja auch zugestimmt. Von dem her sehe ich darin überhaupt keinen Hinderungsgrund mehr“, beruhigt Porth die Bruddler, wie es auf gut Schwäbisch heißt.

Wie sein künftiger Chef sieht natürlich auch Stefan Heim, gefragt nach den familiären Verwicklungen Dietrich Seniors, „diese Interessenkonflikte nicht“. Heim stieg bereits Mitte der 1990er-Jahre als kleines Licht in Bad Cannstatt ein und arbeitete sich nach oben, ehe er Ulrich Ruf zum 1. Juli 2015 als Finanzvorstand ablöste. Jenes Fleisch des Systems VfB wirbt nun also für Dietrich, der sich ja ohnehin aus den Quattrex-Geschäften habe zurückziehen wollen: „Seine Lebensplanung hat klar vorgesehen, dass er sich langsam aufs Altenteil zurückzieht. Und wir schätzen es sehr, dass er sich aus Herzblut für diesen Verein für dieses Amt zur Verfügung stellt.“ Ein Ehrenamt freilich, also unbezahlt – aber nun auch keines, das ausschließlich mit Unannehmlichkeiten verbunden ist.

Ein 4:0 als Wegbereiter

Selbst ein Wirtschaftsprofessor wie André Bühler weiß: „Man kann sportlichen Erfolg nicht planen.“ Schön wäre das schon. Die Rechnung, nach der Geld Tore schießt, geht bekanntlich nicht immer auf. Christian Heidel, langjähriger Erfolgsmanager bei Mainz 05 und später gescheitert auf Schalke, fasst es gerne trennschärfer zusammen: Geld schieße zwar keine Tore, aber es erhöhe die Wahrscheinlichkeit auf Tore dramatisch. Ganz anders verhält es sich beim Verhältnis von Siegen zur Explosionsgefahr bei Mitgliederversammlungen. Ende 2014 skizziert Bühler: „Wenn der VfB vor der Mitgliederversammlung dreimal in Folge gewinnt, werden die Verantwortlichen viel mehr Zustimmung bekommen, als wenn die Mannschaft dreimal verliert. So einfach ist Fußball.“

Benjamin Pavard sieht Carlos Mané. Debütant erblickt Debütant an diesem Oktoberabend. Gerade einmal 60 Sekunden sind gespielt zwischen dem VfB und Greuther Fürth. 2. Liga, Montagsspiel. Im Allgemeinen die Hassvorstellung der organisierten Fanszenen. Doch dieser französische Lockenkopf Pavard versteht es, mit seinem Zuckerpass die 38.000 Zuschauer in Bad Cannstatt zu begeistern, dass ihnen schwindlig wird. 1:0 Mané, 2:0 Mané, 3:0 Pavard nach 24 Minuten. Der ewige Gentner trifft noch zum 4:0. Damit ist der Weg bereitet für die Krönung von König Wolfgang I. nur sechs Tage später. Wäre da nicht wieder diese nervige Gegenöffentlichkeit

Einmal mehr ist es Prechtl, der eine flammende Rede in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle donnert. Die Ausführungen des PR-Spezialisten, verpackt in unangenehme Fragen speziell an Kandidat Dietrich, die Aufsichtsräte Porth, Schäfer und Hartmut Jenner, seines Zeichens Kärcher-Vorstandsboss, lesen sich wie eine Anklageschrift. „Wodurch sehen Sie sich legitimiert, weiter im Amt zu bleiben? Durch die 71,8 Prozent Nichtentlastung auf der letztjährigen Mitgliederversammlung?“, fragt Prechtl die Kontrolleure. Nur die Auftaktsalve einer Generalabrechnung.

Die Halle tobt, als Prechtl sein Manuskript einsteckt und zurück an seinen Platz marschiert. Ob Dietrich in dieser Atmosphäre eine Mehrheit zustande bekommen hätte? Das Präsidentenlager wirkt betroffen, auf dem Rückweg vom Rednerpult zischt Prechtl das ein oder andere „Arschloch“ entgegen. Als nach Prechtl der Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück das Mikrofon ergreift, weiß manches Mitglied gar nicht, wie ihm geschieht. Hück legt einen wirren Auftritt hin, referiert über seine Verdienste für den Sportwagenbauer. VfB-Themen? Sind in der skurrilen Rede lange gar nicht vorhanden. Erst zum Schluss hin deutet Hück ein Engagement im Stuttgarter Nachwuchs an und spricht eine von Pfiffen begleitete Empfehlung pro Dietrich aus. Tags darauf entschuldigt er die bizarre Show mit den Worten: „Ich bin zwischen zwei Veranstaltungen hin und her gependelt. Zeitgleich fand bei Porsche ein Spendenlauf statt. Mein Herz war in dem Moment beim VfB, mein Kopf auf der Laufstrecke – das war der Fehler.“

Volkstribun und Drecksack

Ganz und gar nicht kopflos dagegen agiert an diesem Sonntagnachmittag Jan Schindelmeiser. Den Sportvorstand haben die Räte im Sommer als Dutt-Nachfolger geholt. Dumm nur: Bereits zuvor wurde mit Jos Luhukay offenbar in einem Anflug von Vollpanik ein neuer Trainer installiert. Das wäre in etwa so, als wolle man ein Haus bauen und finge nicht mit dem Fundament an, sondern dem Dach. Schon nach vier Partien tritt der Niederländer zurück. Luhukay will erfahrene Kräfte für den Wiederaufstieg, Schindelmeiser Talente mit Entwicklungspotenzial. Das endet im GAU. Nach dem 1:2 gegen den Quattrex-Klub Heidenheim ist Luhukay schon wieder Geschichte, Schindelmeiser verpflichtet mit dem Dortmunder Nachwuchscoach Hannes Wolf ein frisches Gesicht. Mit einem 1:1 beim VfL Bochum und dem Kantersieg gegen Fürth gelingt der Einstand. Doch nun geht es nicht um Trainer-Casting, sondern um Rhetorik. Darum, in der hitzigen Atmosphäre der Schleyer-Halle den Boden zu bereiten für einen Präsidenten, der die Ausgliederung angeht.

Plötzlich ist es still. Schindelmeiser steht am Rednerpult. Ganz locker. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, der obere Knopf offen. Die rechte Hand am Pult, die Linke in die Hüfte gestützt. Schaut taxierend ins Publikum – und schweigt erst mal zehn Sekunden lang. Dann fragt er: „Ernsthaft?“ Er fängt die Leute ein wie ein Volkstribun. Wir wollen doch über Fußball reden, nicht über Satzungen und Paragrafen, Finanzinvestoren und Entlastung. Mit dieser Devise kriegt der ehemalige Hoffenheimer Geschäftsführer Sport die Halle in den Griff. „Der VfB muss wieder ein Magnet für die besten Talente werden“, fordert Schindelmeiser. „Sie können heute die Weichen stellen. Lassen Sie uns gemeinsam die Voraussetzungen dafür schaffen, um wieder oben anzugreifen.“ Mit dem Appell, „gemeinsam kriegen wir das hin“, beschließt der studierte Betriebswirt seine Rede. Die Stimmung hat sich gedreht. Gegen 17.30 Uhr kürt die Mitgliederversammlung Wolfgang Dietrich zum Präsidenten des VfB Stuttgart. Mit einem Votum von 57,2 Prozent, wie gehabt ohne Gegenkandidaten. Etwas schlechter als Mäuser, dem 2011 58,7 Prozent ihre Stimme schenkten, schneidet der Mann ab, der direkt im Anschluss schwört: „Ich verspreche, Präsident auch derjenigen zu sein, die mich heute einen Spalter nennen.“

Wie das aussieht, bekommen diejenigen direkt zu spüren. Chefkritiker Prechtl gibt sich nach der Wahl versöhnlich, reicht nach eigener Darstellung Dietrich die Hand, um zu gratulieren. Doch der Präsident aller habe entgegnet, so schreibt Prechtl in seinem Blog: „Von einem Drecksack wie Ihnen nehme ich das nicht an.“11

Hat er das wirklich gesagt? Unmittelbar nach dieser denkbar knappen Wahl? Prechtls Behauptung ist bis heute unwidersprochen. Ehrenpräsident Staudt, der in der Nähe saß, will nicht gehört haben, was da so gesprochen wurde zwischen Dietrich und Prechtl, der keinen Anlass sieht, vom Geschriebenen abzurücken. Der Verein lässt damals über einen Sprecher mitteilen: „Wolfgang Dietrich wird der Präsident aller VfBler sein, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Bliebe doch noch etwas zu sagen: Die erste Partie nach Dietrichs Inthronisierung verliert die junge Truppe, und zwar mit Pauken und Trompeten, 0:5 gegen Dynamo Dresden. Man stelle sich vor, die MV hätte danach stattgefunden.

Kapital oder Kurve?

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