Читать книгу Albert de Menier - Exposition Universelle Die Höllenpforte - Benjamin Klunzinger Karl - Страница 5
25.04.1900 Kleinkram
Оглавление„Guten Morgen Herr Maier“, begrüßt der erholte und gutgelaunte Albert seinen Vorgesetzten.
„Wie ich sehe, sind Sie voller Tatendrang, ich will Sie heute auch nicht von der Arbeit abhalten. Das Weltgeschehen hat sich heute eine Pause gegönnt. Aber hier auf der Ausstellung gibt es allerhand zu tun. Das meiste scheinen aber Routine-Angelegenheiten zu sein.
Hier im Haus, unten in dem Weinrestaurant hat gestern einer die Zeche geprellt. Ich weiß, dass wir den wohl nicht schnappen werden, aber dennoch müssen Sie beim Wirt eine Personenbeschreibung entgegennehmen.
Eine Reisegruppe aus dem Rheinland wurde von einem Kartenspieler hier auf der Ausstellung ausgenommen. Der hat mit dem alten 3-Kartentrick ganz schön abgesahnt, wahrscheinlich waren die Karten auch gezinkt. Nehmen Sie die Aussagen auf und halten Sie nach diesen Halunken Ausschau.
Ein weiterer hat unerlaubt die Exponate der Stuttgarter Elektrogeräte Fabrik fotografiert. Er ist im Arrest und Sie müssen die Bilder entwickeln lassen, wer weiß ob er nur ein Tourist oder ein Gauner ist, der spionierte.
Des Weiteren dürfen sie einen Ausflug in den Jagdpavillon unterhalb des Marsfeldes an der Seine machen. Jemand hat dort vorgestern Nacht bei der Jenaer Büchsengesellschaft einen ausgestopften Wolf entwendet, ich frage mich, wie und wieso jemand so etwas macht? Ach übrigens, bei den Ungarn wurden in einem aufgestellten Panorama gleich drei Wölfe entwendet, wahrscheinlich waren es dieselben Diebe.
Zu guter Letzt müssen sie noch etwas von gestern aufarbeiten. Es wurden mittlerweile 12 Taschendiebstähle gemeldet, die sie alle noch genauer untersuchen müssen, die bestohlenen Herrschaften werden ab 1:00 Uhr heute Nachmittag bei Ihnen vorbeikommen, um eine Aussage zu machen. Ich denke, da haben Sie so einiges zu tun. Leider konnte ich nicht mit einem Mord dienen, aber diese Fälle müssen auch bearbeitet werden.“
Albert ist von der Arbeit fast erschlagen. Hätte er geahnt, dass so viel auf ihn wartet, hätte er sich gestern Nachmittag keine Pause gegönnt. Aber wenigstens hat er Jean an seiner Seite, der ihm zur Hand geht.
In der Polizeistation will Albert aber erst von seinem Freund wissen, wie der gestrige Nachmittag noch mit seiner Schwester und Pastor Koch war.
„Ich bin am Boden zerstört! Ich weiß nicht mehr, wie mein Leben weiter gehen soll!“ Mit mächtigem Gejammer wird Albert von seinem Freund empfangen. „Was ist denn mit dir los?“ „Wenn du wüsstest! Ich bin doch gestern mit Marie und dem Pastor durch die Kolonialausstellung gegangen. Ich bin mir jetzt sicher, dass meine Marie - mein Schwesterherz - sich in den Pastor verliebt hat, so wie sie ihn angehimmelt hat, das war schon fast unanständig. Das Schlimme ist, dass sie sich auch noch für all diese komischen Länder und Kulturen interessiert hat. Ich befürchte, sie wird den Pastor begleiten, wenn der wieder abreist und dann ist sie aus meinem Leben gerissen. Ich weiß gar nicht wie ich ohne sie leben kann?“
„Jean, ich hätte nicht gedacht, dass du eine so enge Bindung zu deiner Schwester hast, aber willst du dich dem Glück deiner Schwester in den Weg stellen? Wenn sie einen Mann hier in Paris heiraten würde, wäre sie doch auch nicht mehr bei dir.“ „Das stimmt schon, aber dann könnte ich ab und zu bei ihr zum Essen vorbeikommen und vielleicht würde sie mir auch ab und zu die Wäsche waschen, ohne sie bin ich doch aufgeschmissen!“ „Lass das bloß nicht deine Schwester hören, ich dachte schon dir liegt so viel an ihr und du würdest sie vermissen. Ich habe aber eher das Gefühl, als hättest du Angst deine Haushälterin zu verlieren! Jetzt bin ich doch etwas enttäuscht von dir.“ „Sei nicht so hart zu mir, seit dem Tod meiner Eltern war Marie immer für mich da, auch wenn ich Dummheiten gemacht habe, hat sie mir geholfen. Wenn ich Pech habe, reist sie demnächst Tausende von Kilometern weit weg von mir.“
„Da bleiben dir wohl nur drei Optionen: Erstens, du schaffst es alleine klarzukommen und brauchst deine Schwester nicht mehr. Zweitens, du findest eine nette Frau, die dich heiratet und die Aufgaben deiner Schwester in deinem Leben übernimmt, oder drittens du reist mit deiner Schwester und dem Pastor durch die Kolonien. Allerdings glaube ich nicht, dass deine Schwester von heute auf morgen verschwinden wird, da hast du noch genügend Zeit, eine Lösung zu finden. Jedoch solltest du dich auch nicht darauf verlassen, dass Sophie deine Madame Roussou wird, da müsste schon viel passieren, bis sie bei dir schwach wird.“
„Du hast gut reden, du hast bald deine Isabell und ich habe niemanden mehr!“ „Keine Angst, solange ich in Paris bin, werde ich immer für dich da sein“, beruhigt Albert seinen Freund. „Ich hoffe doch, dass ich mit Isabell eine Zukunft haben werde, aber ich habe ja noch eine Hürde zu bewältigen. Bald kommt ihre Mutter nach Paris und ich habe eine Heidenangst, dass ich wieder etwas falsch mache und Isabell in weite Ferne rückt.“ „Was soll da noch schiefgehen, du hast ihren Vater hinter dir und Väter sind im Allgemeinen immer die größeren Hindernisse. Keine Angst, ich werde dir auch helfen, wenn du mit Isabell Probleme bekommst.“ „Da bin ich aber froh, manchmal weiß ich nicht, ob ich der Sache gewachsen bin. Wieso kann ich nicht einfach nur mit Isabell zusammen sein, wieso muss ich auch noch ihre Mutter überzeugen? Hoffentlich hat das dann auch ein Ende, nicht dass dann noch Onkel und Tanten von mir überzeugt werden müssen. Übrigens, meine Mutter kommt morgen nach Paris, habe ich dir das schon erzählt?“ „Nein, das ist mir neu, wie kommt das denn?“
„Sie bringt mir den Ring meiner Großmutter mit, damit ich Isabell einen Antrag machen kann. Natürlich auch damit meine Mutter meine zukünftige Braut kennenlernt.“ „Na noch seid ihr nicht verlobt, erst wenn du sie gefragt hast und sie ja gesagt hat, ist alles im Lot.“ „Also, dass Isabell nein sagen könnte, glaube ich nicht, ich habe eher vor ihrer Mutter Angst! Bitte sag noch niemanden von meiner Absicht, nicht dass Isabell etwas davon erfährt.“ „Keine Sorge, von mir wird niemand etwas erfahren, ich schweige wie ein Grab.“ Albert ist froh, wenigstens mit Jean darüber reden zu können, aber jetzt ruft die Arbeit.
„Lassen wir jetzt das Thema, ich habe soeben eine Menge Fälle aufgehalst bekommen. Den Wirt vom Weinlokal habe ich schon besucht und eine Personenbeschreibung vom Zechpreller bekommen, ich war ja schließlich schon beim Deutschen Haus, in dem sich das Weinlokal befindet. Leider trifft die Beschreibung auf 1/3 der Besucher zu. Könntest du dich um den Fotografen kümmern, der in der Arrestzelle sitzt. Der hatte unerlaubt Exponate fotografiert, wahrscheinlich musst du seine Bilder entwickeln lassen. Ich gehe solange schon mal in den Forst- und Jagdpavillon, um mich um die gestohlenen Tierpräparate zu kümmern. Heute Mittag müssen wir uns dann um die Taschendiebe und Karten-Trick-Betrüger kümmern, dann kommen die Geschädigten zur Aussage.“ Jean sieht jetzt auch, dass da so einiges an Arbeit auf die beiden wartet und stimmt zu, getrennte Wege zu gehen.
„Bon Jour, ist Kommissar de Menier oder Kommissar Roussou zu sprechen?“ fragt Isabell den Polizisten hinter dem Tresen in der Polizeistation. „Non Mademoiselle, die beiden werden wahrscheinlich bis heute Abend unterwegs sein. Kann Ihnen vielleicht ein anderer Kommissar weiterhelfen?“ „Oh nein, mein Fall ist sehr speziell. Da kann eigentlich nur Kommissar de Menier helfen, der ist als einziger mit allen Fakten vertraut, und ich wollte nochmal das mündliche Verhör mit ihm durchgehen.“ Isabell wird von Sophie und von Klaus, der zu ihrer Sicherheit von ihrem Vater abkommandiert wurde, begleitet. Enttäuscht verlässt sie mit den anderen die Polizeistation.
„So, so ein mündliches Verhör wolltest du mit Albert nochmal durchgehen, etwa das vom Montmartre, auf den Stufen des Sacre Coeur?“ will Sophie wissen. „Hm, das wäre schön, wenn wir das nochmal durchgehen könnten, aber dann ohne euch.“ „Du bist aber ein unanständiges Mädchen.“ „Naja, vielleicht bekomme ich zur Strafe dafür lebenslänglich?“ Sophie lacht nur über diese Aussage und nach kurzem Beraten, entschließen sich die beiden, das nachzuholen, was sie eigentlich die ganze Zeit schon in Paris machen wollten – Kleider kaufen!
„So Monsieur Boularouz, wissen Sie, wieso Sie hier sind?“ beginnt Jean das Verhör. „Mittlerweile habe ich erfahren, dass es nicht erlaubt ist, was ich gemacht habe. Ich bin Hobbyfotograf und mir haben diese neumodischen elektronischen Apparate so gut gefallen, ich musste sie einfach fotografieren. Können Sie nicht ein Auge zudrücken? Ich händige Ihnen auch die Fotoplatten von den verbotenen Motiven aus.“ „Das liegt leider nicht in meinem Ermessen, der Aussteller entscheidet, ob er Sie anzeigt oder nicht. Ich habe ihre Platten heute Morgen schon zum Entwickeln gebracht, mal sehen, ob die Exponate der Stuttgarter Elektrogeräte Fabrik die einzigen sind, die Sie aufgenommen haben?“ „Lassen Sie etwa alle meine Fotos, die in meiner Tasche waren, entwickeln? Könnten Sie da vielleicht auch jeweils einen Abzug für mich mit machen?“ „Sie sind mir vielleicht ein Scherzbold, das können sie schön selbst machen.“ Anscheinend wurde hier wirklich nur ein Hobbyfotograf verhaftet und kein Industriespion, aber Jean wartet bis er von einem der Flicks die Abzüge gebracht bekommt und setzt dann das Verhör fort.
„So Monsieur Boularouz, dann lassen sie uns die Bilder anschauen. Zunächst die Fotos, wegen denen sie hier sind. Ah da haben wir schon das erste, naja so toll haben sie die Exponate nicht getroffen, da steht ja eine Frau davor und verdeckt alles mit ihrem Hintern. Und beim nächsten sind die Exponate auch nicht zu erkennen, sie haben den Fokus auf das Dekolletee von der Dame zuvor gerichtet, als diese sich herunterbeugte, um die Elektrogeräte zu begutachten!“ Jean staunt nicht schlecht, als er sich die Fotos weiter anschaut. Fast auf jedem Bild ist eine Frau zu sehen, zumindest Körperteile von ihnen. Der Fotograf hat sich anscheinend darauf spezialisiert. „Wollen sie etwas zu ihrer Verteidigung sagen? Ich denke die Bilder sprechen für sich!“
„Ich weiß gar nicht, was Sie haben? Ich habe doch nichts Verbotenes gemacht! Ich habe die Fotos in aller Öffentlichkeit gemacht, nicht versteckt oder so. Außerdem sind auch keine Exponate auf den Fotos zu erkennen. Das war es doch, weswegen ich festgehalten wurde, oder?“ „Naja die Exponate der Frauen, die Sie fotografiert haben, sind schon zu sehen, allerdings nicht die der Aussteller.“ Jean schaut sich die Bilder weiter durch und muss feststellen, der Fotograf versteht sein Handwerk, auch wenn er es missbraucht. Jedes einzelne Foto ist in dem Bereich, in dem der Focus lag, scharf und nicht verwackelt.
Allerdings ist sich Jean nicht sicher, ob das, was der Gute aufgenommen hat strafbar ist, oder sich einfach nur nicht schickt?
„Na, was haben wir denn da? Da haben Sie doch tatsächlich auch ein nützliches Foto gemacht, es ist zwar wieder eine Dame im Vordergrund, aber was hinter ihr ist, interessiert mich doch etwas mehr.“
Beim Durchschauen fällt dem geschulten Auge des Kommissars ein Mann auf, der auf einer Mauer mit drei verdeckten Karten herumhantiert und davor ein armer Trottel, der sein Geld verspielt. „Ich denke mit diesem Foto haben Sie uns eine Menge Arbeit erspart. Der Trickbetrüger ist hier gut getroffen, dann können wir uns heute Nachmittag so manche Zeugenaussage sparen. Da Sie keine Ausstellungsstücke unerlaubt fotografiert haben und dafür dieses tolle Foto gemacht haben, will ich mal ihr kleines Hobby mit dem Fotografieren der „Vorzüge“ der fremden Damen vergessen. Vorausgesetzt, Sie versprechen mir, dass das nicht wieder vorkommt, haben wir uns verstanden? Außerdem habe ich damit bei Ihnen noch etwas gut, wenn ich mal einen Fotografen brauche, einverstanden?“ Monsieur Boularouz stimmt dem zu und ist froh wieder auf freien Fuß zu kommen.
„Da hatten wir aber Glück“, stellt Isabell fest. „So kurzfristig bekommt man bei Monsieur Rossignol eigentlich keinen Termin!“ Da Albert arbeiten muss, genießt Isabell die Zeit mit etwas, wofür sie von jeder Frau beneidet wird. Sie lässt sich eine Garderobe von einem der großen Pariser Modeschöpfer kreieren. Sie waren zuvor auch schon in den Salons von Redferne, Rouff oder auch im Haus Vagancy, aber dort war beim besten Willen kein Termin zu bekommen „Mademoiselle, Sie haben aber wirklich Glück, wäre der Termin nicht kurzfristig frei geworden, hätten Sie mindestens 12 Wochen warten müssen“, nimmt sie die Premiere - die Leiterin des Ateliers in Empfang.
Die Premiere ist die Stellvertreterin des großen Meisters und sorgt dafür, dass dessen Wünsche realisiert werden. „Kaum zu glauben, jemand nimmt seinen Termin nicht wahr. Ich würde ihn nur dann nicht wahrnehmen, wenn ich tot wäre“, erwähnt Isabell. „Ja Mademoiselle, dies ist auch der Grund, wieso der Termin frei wurde. Die arme Madame Kovalski, sie hatte so lange auf diese Ehre gewartet und musste so ein schlimmes Ende nehmen!“ „Oh mein Gott, was sagen Sie da, ich wollte nicht pietätlos erscheinen“, entschuldigt sich Isabell. „Was ist denn der Ärmsten zugestoßen? Ich hoffe, dass dies kein schlechtes Omen ist, wenn ich jetzt ihren Platz einnehme?“ „Keine Sorge, Sie sind nicht die Erste, die vom Unglück anderer profitieren, das kommt häufiger vor. Wir hatten auch schon Hochzeitskleider, die keinen Abnehmer fanden, weil die Hochzeit nicht stattfand. Aber wer kauft ein Hochzeitskleid, welches für eine andere Braut kreiert wurde, nein, das geht nun wirklich nicht. Aber Madame Kovalskis Ableben war schon überraschend, und vor allem so grausam!“ „Grausam? Ich weiß nicht, ob ich das wirklich wissen will?“ „Ach das stand doch in allen Zeitungen, sie wurde gestern im Bois de Boulogne abends von einem wilden Tier angefallen, besser gesagt von einer Bestie, man konnte sie nur mit Glück identifizieren. Was glauben Sie, wie viele Jäger momentan dort unterwegs sind. Da muss man aufpassen, sonst wird man von denen noch erschossen, so nervös sind die alle.“
Sophie unterbricht die Schauergeschichte der Premiere, bevor das noch auf Isabells Gemüt schlägt. Am Ende lässt sie sich noch ein Trauerkleid schneidern. „Ich denke wir sollten mit der Kreation der Robe beginnen, sonst haben wir am Ende keine Zeit mehr.“ Während nun die beiden jungen Damen loslegen, konnten sie zuvor noch Klaus überreden, es sich in einem Café gegenüber, gemütlich zu machen. Hier stört nur ein Mann, der nicht bei der Sache und gelangweilt ist.
Endlich erscheint auch der große Meister Monsieur Rossignol persönlich und Isabell ist ganz aufgeregt, den Mann kennenzulernen, der schon so viele Frauen glücklich gemacht hat. Endlich ist es so weit, ihr Traum wird wahr, sie bekommt ein Kleid der Haut Couture.
Nachdem der große Meister ein Handzeichen gegeben hat, beginnt erst einmal das Schaulaufen der Probiermamseln, oder wie man hier in Paris sagt - Mannequins. Es wird eine kleine Auswahl der Kollektion gezeigt. Vielleicht gefällt den Damen schon etwas, ansonsten kann sich Isabell etwas schneidern lassen. Ein Kleid ist schöner als das andere und Isabell und Sophie sind in ihrem Element, wobei Sophie weiter von so einem tollen Kleid nur träumen darf.
Der Meister ließ sich von der Weltausstellung inspirieren und hat sich ein bisschen von den exotischen Ländern beeinflussen lassen. Die erste Kreation ist ein Traum in weißer Seide, eine Art Kimono aus dem fernen Japan. Auf dem Rücken ist ein Drache in blau und rot gestickt, welches eine Huldigung an die französische Flagge mit dem weißen Hintergrund bildet. Dazu gibt es den passenden Seidenfächer mit wunderbaren Malereien, oder alternativ einen passenden japanischen Papiersonnenschirm.
Isabell und Sofie sind hellauf begeistert, jedoch stören bei dieser Kombination die französischen Farben. Kaum verschwand dieses reizende Geschöpf mit dem kostbaren Kleid, kommt schon die nächste junge Dame in einer dunkelroten Mousselinerobe, die über und über mit feinen orientalischen Mustern übersät ist. Im Bereich des Dekolletees ist das Kleid mit zartem Chiffon ausgefüllt, dieser Anblick würde wohl einen jeden Mann in Wallung bringen. Dazu gibt es noch den passenden Hut mit dem gleichen Chiffon, um das Gesicht zu verstecken, damit die Glückliche, die dieses Kleid mal tragen wird, von einer geheimnisvollen Aura umhüllt wird. „Ich befürchte, meinem Vater ist dieses Kleid zu gewagt, dafür wird er mit Sicherheit kein Geld ausgeben“, bedauert Isabell.
Noch gibt es genügend andere Kleider zur Auswahl, vom spanischen Stil einer Flamencotänzerin bis hin zum eleganten Abendkleid für die Oper, ist alles dabei.
Letztendlich kommt für Isabell doch nur ein neu geschneidertes Kleid in Frage, welches auf sie zugeschnitten ist, auf ihre eigene Ausstrahlung. Sie ist noch weit davon entfernt eine von den „les Lanceuses“ zu sein, eine Dame, die die Mode vorgibt und alle anderen ahmen diese dann nach, aber als eine Frau von Welt weiß sie, sich zu kleiden.
„Gibt es denn auch etwas Extravaganteres als immer nur diese langweilige Seide?“ fragt Isabell den großen Meister. „Nun Mademoiselle, wir könnten Ihnen eine Robe aus Atlas schneidern, damit wird alles allerdings etwas schwerer.“ „Nein, Atlas ist auch nicht ausgefallen genug, ich habe auf der Weltausstellung einen fantastischen Stoff gesehen, der ist aus Spinnengewebe. Dieser Stoff ist von einer deutschen Firma aus Berlin. Denken Sie, Sie können mir daraus etwas zaubern?“ Somit schlägt Isabell zwei Fliegen mit einer Klappe, zum einen rührt sie für die Firma ihres Vaters die Werbetrommel und zum anderen würde sie ein wirklich ausgefallenes Kleid erhalten.
„Das müsste ich mir natürlich erst einmal genauer anschauen, ob dieses Material überhaupt etwas taugt, ich will ja nicht, dass meine Kreation auseinanderfällt, wenn mein Name dafür geradesteht. Ich lasse mir ein Muster davon zu kommen, dann werden wir sehen ob der Stoff verwendbar ist. Ich werde mir für sie dann etwas Besonderes einfallen lassen!“ erwidert Monsieur Rossignol.
Der Meister zieht sich vorerst zurück und wie die emsigen Bienchen schwirrt seine Schar von Arbeiterinnen aus, um Isabell die Maße abzunehmen. Eine jede dieser Damen, die sich um Isabell kümmern, ist eine Spezialistin für ein bestimmtes Fachgebiet. Die eine macht nur Ärmel, die andere die Röcke und wieder eine andere die Taillen und so fort. Über alles wacht natürlich die anfangs erwähnte Dame - die Premiere.
„Es ist ein Jammer, gerade jetzt wurde das Tier gestohlen!“ „Was meinen Sie damit, gerade jetzt?“ fragt Albert den Zuständigen der Jenaer Büchsengesellschaft, aus deren Ausstellungsbereich in der vorletzten Nacht der ausgestopfte Wolf entwendet wurde. „Sie haben doch sicherlich von der Toten gelesen, die von einem Tier zerfleischt wurde? Seitdem ist hier im Forst- und Jagdpavillon die Hölle los, die Besucher drängen sich durch, um die großkalibrigen Jagdgewehre zu bestaunen. Wir hatten den Wolf dastehen, damit unsere Kundschaft, wenn sie unsere Jagdgewehre begutachteten, das Tier aufs Korn nehmen konnten. Das hat sie animiert die Waffen zu kaufen. Es ist wirklich ein Jammer, jetzt könnten wir mit dem Wolf sicherlich zehnmal so viel verkaufen.“ „Das tut mir aber leid für Sie, aber ich denke, Sie werden ihre Gewehre auch so los. Haben Sie irgendetwas Außergewöhnliches gesehen? Oder ist Ihnen etwas aufgefallen, als sie gestern am Morgen herkamen?“ „Eigenartigerweise haben die Verbrecher das Untergestell dagelassen, mit dem hätten sie das Tier einfach herausfahren können, da Rollen auf der Unterseite angebracht sind.“ „Na dann ist der Wolf vielleicht einfach so abgehauen“, witzelt Albert, da er sonst keine weiteren Spuren entdecken kann. Allerdings lacht der Verantwortliche der Jenaer Büchsengesellschaft nicht und fordert Albert im ernsten Ton auf, das Tier so schnell wie möglich wieder zu beschaffen.
Da er nun schon mal hier im Forst- und Jagdpavillon ist, geht er auch bei der ungarischen Ausstellung vorbei, auf der ja gleich drei Tiere entwendet wurden. Er erreicht ein großes aufwendiges Panorama, welches über 20 m lang ist. Es stellt mehrere Szenen der Karpatenlandschaft dar, in denen Luchse, Gämsen, Mufflons und weitere Tiere der Region in Szene gesetzt wurden. An einer Stelle erkennt Albert, dass dort die Wölfe gestanden haben mussten. Da hatte ein Eber mit den drei Wölfen gekämpft, aber die Wildsau steht nun ganz alleine da, und die Wölfe haben auch hier ihre Untergestelle zurückgelassen. Sind die Wölfe etwa zum Leben erwacht und jagen jetzt im Rudel im Bois de Boulogne? Während Albert darüber nachgrübelt, hört er von weitem seinen Namen von einer weiblichen Stimme rufen.
„Juhu, Herr de Menier, Juhu!“ Albert dreht sich um, und erkennt, wie eine junge Dame auf ihn zustürzt. „Oh guten Tag Fräulein Trapnitz, es sieht so aus, als würde es Ihnen nach ihrer Entführung wieder gut gehen.“ „Dank Ihnen! Ich muss mich bei Ihnen bedanken, wie heldenmutig Sie mich aus den Händen dieser fiesen Mädchenhändler befreit haben. Sie sind ein wahrer Held!“ schmeichelt Konstanze von Trapnitz dem überraschten Albert und legt ihre Hand sanft auf seine Schulter, der in diesem Moment gar nicht weiß, wie er reagieren soll. Da er ihre Hand nicht gleich abschüttelt, umarmt sie ihn noch aus Dankbarkeit. „Sie sind der mutigste Mann, den ich kenne. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie Sie mit bloßen Händen den Chef der Bande in die Flucht geschlagen haben. Mein Gott haben sie aber starke Arme.“ Als sie das sagt, greift sie ihm auch noch an seinen Oberarm, um seine Muskeln zu ertasten. Albert weiß gar nicht, wie ihm geschieht, aber anscheinend versucht Konstanze, ihn zu bezirzen. Er versucht Fräulein von Trapnitz auf Distanz zu halten, aber die scheint so viele Arme wie ein Oktopus zu haben. Wenn das Isabell sehen würde, bekäme er mächtigen Ärger. „Ich würde Sie gerne aus Dank zum Essen einladen, mein Vater möchte Sie unbedingt kennenlernen und auch seine Dankbarkeit zeigen.“ Albert ist im Moment nicht Herr der Lage, da er von dieser hübschen Person bedrängt wird. Sie ist zwar nicht mit Isabell zu vergleichen, aber dennoch eine hübsche Frau. „Äh, hm, naja, das ist doch nicht nötig, ich habe doch nur meine Arbeit getan“, versucht sich der Arme herauszureden. „Aber nicht doch, ich erwarte eine Antwort, hier ist meine Karte.“ Damit reicht sie ihm ihre Visitenkarte mit ihrer Anschrift in Paris und verabschiedet sich mit einem Lächeln und einem Augenaufschlag. Albert steckt die Karte ein und atmet erst einmal tief durch. Was war denn das? Jetzt war er schon so lange auf der Suche nach einer Frau und jetzt, da er die Richtige gefunden hat, wird er von einer weiteren Frau begehrt? Liegt das an der neuen Pariser Seife, die er seit kurzem verwendet? Oder was ist da los. Albert versteht die Welt nicht mehr.
„Wenn das nicht Jean Roussou ist? Haben Sie immer noch mit den kleinen Ganoven zu tun? Ich habe gehört, Sie sind jetzt Babysitter für einen deutschen Kollegen, na da können sie wenigstens nicht viel falsch machen!“
Muss das sein? Jean wollte gerade die Bilder des Trickbetrügers, den Monsieur Boularouz zufällig fotografiert hatte im Labor vervielfältigen, da trifft er auf Kommissar Planchon, diesen schmierigen Typen, der Jean vor den anderen immer wieder niedermacht.
„Ah Kommissar Planchon, ich habe schon lange nichts mehr von Ihnen gehört, müssen Sie denn nicht mehr den Verkehr regeln?“ „Nicht doch, das war doch nur ein Geheim-Einsatz. Man hat mir die Tote im Bois de Boulogne zugeteilt und mir alle Mittel zur Verfügung gestellt, diese Bestie zu fangen. Übrigens hat sie wieder zugeschlagen, wieder im Bois de Boulogne. Diesmal war es so ein armer Penner, der sich dort einen Platz für die Nacht gesucht hatte. Seine Tippelbrüder haben die Bestie sogar gesehen, aber die waren wohl alle schon voll bis oben hin. Sie erzählten was von einem großen haarigen Wesen, das auf 2 Beinen gegangen ist - einfach lächerlich. Die haben alles stehen und liegen gelassen und sind um ihr Leben gerannt, ihren Kumpanen haben sie zurückgelassen. Der Arme wurde von den Klauen eines Tieres übel zugerichtet. Wahrscheinlich ist das Haustier eines der Reichen Leute hier in Paris ausgebüxt, die halten sich schließlich auch Leoparden. Keine Sorge, ich bin ja am Fall dran und werde das Tier zur Strecke bringen, dann können Sie wieder gefahrlos im Bois de Boulogne kleine Ganoven jagen. Und was machen Sie Schönes? Zeigen Sie dem Deutschen Polizisten die Sehenswürdigkeiten der Stadt? Solche Sachen müssen eben auch gemacht werden, es dürfen eben nur die Besten die Todesfälle bearbeiten.“ Am liebsten hätte Jean diesem aufgeblasenen Typen eine links und rechts verpasst, aber momentan ist er zu niedergeschlagen, um sich mit diesem Idioten anzulegen. Aber wieso bekommt ausgerechnet der den schönen spektakulären Fall?
„Sind Sie sicher, dass Sie mir die richtige Fahrkarte gegeben haben? Da steht erste Klasse drauf, das muss ein Missverständnis sein.“ „Das hat schon alles seine Richtigkeit Frau de Menier, die Fahrkarte, welches für Sie hinterlegt wurde, ist für die erste Klasse“, antwortet der Bahnbeamte als Alberts Mutter die Fahrkarte nach Paris abholen will. „Was ist nur in meinen Sohn gefahren, soviel Geld für mich auszugeben. Kaum ist er weg von mir, hat er verlernt, das Geld zusammenzuhalten. Kann ich die Fahrkarte nicht in eines für die zweite Klasse umtauschen, und Sie geben mir den Differenzbetrag?“ „Das ist leider ausgeschlossen, der Umtausch ist nicht gestattet. Ich denke Sie müssen wohl oder übel per erster Klasse reisen.“ „Nun gut, dann geben Sie mir das Ding, aber mein Sohn wird noch was von mir hören.“ Frau de Menier gibt sich geschlagen und begibt sich zur Gepäckabgabe, natürlich schleppt sie das Gepäck selbst, für einen Kofferträger muss man nicht noch mehr Geld rausschmeißen. Auch wenn sie sich über die Verschwendung ihres Sohnes ärgert, ist sie aufgeregt. So eine lange Reise hat sie noch nie gemacht. Sie muss sich eben noch um ihren Sohn kümmern. Kaum ist dieser weggefahren, darf sie schon hinterherreisen.
Frau de Menier geht zum Bahnsteig und steigt sogleich in den Zug, als dieser in den Bahnhof einfährt. Aha, das ist also die erste Klasse, aber wer braucht denn schon all den Schnickschnack, eine Holzpritsche würde auch reichen. So ist Alberts Mutter eben, sie sieht alles ein bisschen pragmatisch. Eigentlich hätte sich Albert das denken können, dass sie sich da nicht wohlfühlen wird, aber den Fahrschein hatte ja Herr Schubert besorgen lassen.
Kurz nachdem sie sich gesetzt hat, kommt schon eine aufgetakelte Dame zu ihr ins Abteil, die ein bisschen versnobt von oben herabschaut, als diese Alberts Mutter erblickt. Frau de Menier hat eben nicht diese teuren Kleider und was sonst noch in der ersten Klasse üblich ist. Aber auch wenn diese Dame etwas Besseres zu sein scheint, vergisst Frau de Menier nicht ihre gute Stube und stellt sich vor: „Gestatten Margot de Menier.“ Die Dame erwidert kurz angebunden: „Angenehm, mein Name ist Eleonore Schubert“, und mustert dabei Alberts Mutter kritisch.
Damit hat sich das Gespräch auch schon wieder erledigt, die beiden Damen haben das Nötigste an Höflichkeit getauscht, und jede kümmert sich um ihren eigenen Kram.
Nach kurzer Zeit betritt ebenfalls ein gutgekleideter Herr mit Monokel und Zylinder das Abteil.
„Gestatten, wenn ich mich vorstellen darf, mein Name ist Graf Georg der Erste zu Limburg.“ Mit diesen Worten hat er die Aufmerksamkeit der beiden Frauen im Abteil geweckt, ein echter Graf reist mit ihnen. Frau Schubert ist gleich hin und weg, als dieser reizende Herr sich tief vor ihr verbeugt und ihr die Hand küsst. Ebenso Frau de Menier, die sich zuvor noch vor der versnobten Dame abgewandt hatte. Der Graf ist ein sehr redseliger Mensch und verstrickt die beiden sehr eloquent in ein Gespräch. „Ach wenn es Sie so interessiert, ich fahre zu meiner Familie nach Paris, zu meinem Mann und meiner Tochter, die Arme hatte schlechte Erfahrungen machen müssen. Sie wurde doch tatsächlich entführt. Mich hatte es wie ein Schlag getroffen, ich war nicht in der Lage zu reisen. Zum Glück bekam ich die Nachricht, dass es ihr gut geht und sie befreit wurde. Jetzt muss ich einfach so schnell wie möglich zu ihr. Ich hasse das Reisen, man ist immer so lange unterwegs und dann trifft man auch immer so komische Leute“, sagt Frau Schubert und blickt flüchtig zu Frau de Menier herüber. „Natürlich sind Sie da eine Ausnahme Herr Graf. Wo ist denn Frau Gräfin abgeblieben, reist sie etwa nicht mit Ihnen?“ „Aber nein, ich bin noch nicht verheiratet, ich habe bisher noch keine passende und würdige Frau gefunden. Mein Vater drängt mich schon, dass ich mir zu viel Zeit lasse.“ „Ach dann sind Sie ja wie mein Sohn, der macht auch keine Anstanden sich zu vermählen“, mischt sich nun auch Alberts Mutter mit ein. „Obwohl, ich bin auf den Weg zu ihm und soll ihm den Ring seiner Großmutter mitbringen. Ich könnte mir vorstellen, dass er nun doch ein nettes bodenständiges Mädel kennengelernt hat.“ Während sie das erzählt, kramt sie aus ihrer Tasche ein kleines Reisealbum heraus, welches sie immer in ihrer Tasche hat. „Sehen sie das ist mein Albert!“ und zeigt stolz die Fotos. Von einem Klassenfoto seines Schulabschlusses bis hin zu einem einigermaßen aktuellen Foto ist alles dabei. Zum Glück wird Albert nie erfahren, dass seine Mutter bei jeder Gelegenheit diese Bilder zeigt, sie ist eben stolz auf ihren Jungen. Schließlich kramt sie weiter in ihrer Tasche und holt den Ring hervor, unteranderem, um damit vor dieser Frau Schubert ein bisschen anzugeben.
„Oh wie nett, ein Ring mit Rosenquarz, der ist aber niedlich.“ erwähnt Frau Schubert, als sie ihn sieht und Frau de Menier protestiert: „Nein da irren Sie sich, das sind echte Rubine, das ist ein echter kleiner Schatz.“ Der Graf begutachtet das Stück durch sein Monokel und beglückwünscht die Besitzerin zu diesem schönen Stück. „Seien Sie aber vorsichtig, nicht dass der noch geklaut wird.“
Der Zug fährt gemächlich Richtung Frankreich und der Graf verlässt ab und zu das Abteil, angeblich, um im Rauchersalon zu rauchen. Schließlich begleitet er noch Frau Schubert in den Speisewagen und Frau de Menier bleibt im Abteil, um ihre Käsestullen zu essen, die sie sich als Reiseproviant eingepackt hatte.
Als Frau Schubert und der Graf einige Zeit später wieder aus dem Speisewagen kommen, lachen beide herzhaft, anscheinend haben sie sich köstlich amüsiert. Da haben sich zwei gefunden, denkt sich Frau de Menier. Aber Frau Schubert hat ja gesagt, sie ist verheiratet und hat eine Tochter, naja wenn die so wie ihre Mutter ist, wird die wohl noch nicht unter der Haube sein. „Ich sehe, sie beide haben ein lustiges Thema. Es ist doch schön, wenn man sich auf einer Zugfahrt so gut kennenlernt, oder?“ nimmt Frau de Menier die Rückkehrer in Empfang. „Da haben Sie Recht, ich habe gerade noch zu Frau Schubert gesagt, wie schön es ist, zwei so reizende Begleiterinnen auf der langen Reise zu haben. Schade, dass Sie nicht mitgekommen sind.“ Mit diesen Worten zaubert der Charmeur Alberts Mutter doch ein kleines Lächeln ins Gesicht, vor allem deswegen, weil Frau Schubert bei diesen Worten das Lachen im Hals steckengeblieben ist.
„Habe ich schon gesagt, dass Sie uns in Paris unbedingt besuchen müssen. Sie müssen meinen Mann und meine Tochter kennenlernen.“ Aha, das war zu erwarten, jetzt wirft sie die Angel nach dem Grafen aus, um ihn für ihre Tochter an Land zu ziehen. Aber wieso auch nicht, wenn der Graf glücklich wird. Männer sind selber schuld, wenn sie sich die falsche Frau aussuchen, sie könnten ja auch eine andere nehmen.
„Das hört sich toll an, natürlich treffe ich mich gerne mit Ihnen und ihrer Familie in Paris. Wie sieht es mit Ihnen aus, wollen Sie sich nicht auch mit anschließen?“ wendet sich der Graf an Frau de Menier, während Frau Schubert über diesen Vorschlag nicht begeistert ist. „Das würde ich gerne, aber mein Sohn wird mir sicherlich keine Zeit lassen. Er wird mir die ganze Stadt zeigen wollen, da wird wohl nichts draus.“ „Aber da wird sich doch ein freier Moment ergeben, ich wäre beleidigt, wenn Sie nicht kommen würden“, redet der Graf Frau de Menier ins Gewissen. Frau Schubert hingegen ist froh, dass diese andere komische Frau abgesagt hat. Was will der Graf auch mit so einer, was hat die überhaupt in der ersten Klasse verloren?
Am Abend begibt sich Albert zu Isabell und freut sich schon, sie wiederzusehen. Seit ihrer Entführung ist auch Klaus zu ihrem Schutz immer mit von der Partie. Also hatte Albert auch nichts dagegen, dass Jean ihn begleitet. Der arme Jean braucht schließlich eine Aufmunterung, und da will er seinen Freund nicht alleine lassen, vor allem, wenn er daheim auf Marie mit Pastor Koch treffen würde. Er ist sich auch noch nicht sicher, ob er Isabell etwas von dem Treffen mit Konstanze erzählen soll. Eigentlich wäre es am besten, es gleich zu erzählen, er hat schließlich nichts zu verheimlichen und am Ende fällt ihm noch die Visitenkarte von Konstanze im unpassenden Moment aus der Tasche. Nein, nein, das Beste ist, er erzählt gleich alles, wenn er sie sieht.
Sophie nimmt Albert und Jean in Empfang. Nachdem sie noch Herrn Schubert ihre Aufwartung gemacht haben, warten sie auf Isabell im großen Salon. Hier sieht auch Albert, was die beiden Damen den ganzen Tag gemacht haben. An der Seite türmen sich Hutschachteln und Schachteln von anderen Modegeschäften. Zum Glück lässt Isabell nicht lange auf sich warten und hat ihren großen Auftritt. Als sie den Raum betritt, präsentiert sie ihre neuesten Errungenschaften und eilt gleich zu Albert, um ihn in den Arm zu nehmen.
Bevor Albert irgendetwas sagen oder reagieren kann, stößt sie ihn plötzlich von sich. „Was ist denn das? Du riechst so komisch, nimmst du Parfüm? Der Geruch kommt mir bekannt vor, das ist doch „Fleur de Liberté“. Das ist doch ein Damenparfüm, wie kommt dieser Geruch an dich? Warst du bei einer anderen Frau? Hast du mich hintergangen? Wer ist sie, wem muss ich die Augen auskratzen?“ Isabell ist entsetzt und Albert kann in diesem Moment nichts tun. Es tritt das ein, was er befürchtet hatte. Er hatte nicht einmal die Möglichkeit gehabt etwas zu sagen, und jetzt kommt es eher wie eine Ausrede rüber.
„Nicht doch, ich war bei keiner anderen! Ich kann nichts dazu, ich bin heute dieser Konstanze von Trapnitz über den Weg gelaufen, und da hat sie sich bei mir bedankt, dass wir sie befreit haben.“ „Und wie hat sie sich bei dir bedankt? Du stinkst förmlich nach ihr!“ „Bevor ich etwas sagen konnte hat sie mich schon aus Dankbarkeit umarmt, du brauchst wirklich nicht eifersüchtig zu sein. Ich liebe nur dich!“ „Dann hast du sie hoffentlich zurechtgewiesen, sie kann doch nicht einfach jemanden umarmen, das gehört sich doch nicht.“ „Das ging alles so schnell, ich konnte kaum reagieren. Aber sie war wirklich nur dankbar, sie hat mich auch noch aus Dank zum Essen eingeladen, damit sich ihr Vater auch noch bedanken kann.“
„So, so, ihr Vater will sich auch noch bedanken, dann wird sie dich wohl auch eingeladen haben Jean“, wendet sich Isabell an Jean, der eigentlich versucht, nicht mit hineingezogen zu werden. „Nein, ich habe keine Einladung bekommen, wahrscheinlich wird sie mich aber auch noch einladen und umarmen, ich habe Konstanze seit dem Abend ja nicht wiedergetroffen.“ „Oh diese Schlange, es sieht so aus, als hätte sie das Kriegsbeil wieder ausgegraben. Die will dich mir wegnehmen, die kann was erleben. Ich werde dieser falschen Schlange schon die Giftzähne ziehen!“ Isabell ist den ganzen Abend lang aufgebracht und Albert versucht sie zu beschwichtigen, aber das wird ihm an diesem Tag nicht mehr gelingen.
Jean ist so niedergeschlagen wegen seiner Schwester und dem Treffen mit diesem blöden Kommissar Planchon, dass er Sophie links liegen lässt. Keine Anzüglichkeiten und auch kein Geflirrte, er ist einfach nur niedergeschlagen. Sophie vermisst schon fast das Werben des Franzosen und bedauert ihn auch ein bisschen.
Dieser Abend ist leider nicht so gelaufen, wie sich Albert das erträumt hatte, aber es ist eben nicht jeder Tag ein sonniger Tag.