Читать книгу Ben - Unersättlich! (Erotik, gay, bi) - Benjamin Larus - Страница 6
5.50 Uhr
ОглавлениеAls der Wecker piepste und mich damit aus tiefsten Träumen riss, schlug ich gewohnheitsgemäß mit dem Handteller obendrauf, um die Schlummerschaltung zu betätigen. Ich wollte mir noch ein paar Minuten unter der flauschigen Bettdecke gönnen, zumal ich mich heute von den starken Armen meines Liebsten umklammert fühlte und diesen Zustand möglichst lange hinauszögern wollte – jedoch merkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte.
Da war zunächst die Tatsache, dass durch die Jalousien weniger Licht in mein Zimmer fiel als zur üblichen Weckzeit. Da wir seit Tagen einen wolkenlosen Himmel hatten, musste es also deutlich früher sein als sonst. Außerdem fühlte ich mich von Guidos Brustkorb unsanft in Richtung Bettkante geschubst, anstatt dass er mich noch einmal liebevoll an sich gezogen hätte – er, der einer morgendlichen Kuschelorgie sonst niemals abgeneigt war.
„Pst!“, zischte er mir ins Ohr und drückte gleichzeitig das Knie gegen meinen Schenkel. „Mach den Wecker richtig aus und steh auf! Nicht noch mal einschlafen!“
Ich grunzte unwillig und ließ meine Hand unter der Bettdecke nach hinten wandern. Zielsicher schlossen sich meine Finger um Guidos großen, warmen Schwanz, der um diese Zeit natürlich genauso voll aufgepumpt war wie mein eigener.
„Mmh, ich will lieber noch ein bisschen deinen …“
„Nix, nix!“, beharrte er und versuchte, sich mir zu entziehen. Ich spürte allerdings an einem dankbaren Zucken, wie sehr sein bestes Stück meine Berührung genoss. „Du hast mir gestern Abend extra eingeschärft, ich soll dich bloß nicht weiterschlafen lassen. Du musst heute auch früh raus!“
Die Betonung lag auf auch, da er als Handwerker das frühe Aufstehen gewöhnt war und es nur allzu oft vorkam, dass er, wenn er bei mir übernachtete, die Wohnung in der Morgendämmerung verlassen und mich alleine im warmen Bett zurücklassen musste.
„Du hast heute was vor, schon vergessen?“, flüsterte er mir liebevoll ins Ohr, und ich war schlagartig hellwach.
„Ach, Scheiße!“
Jetzt konnte ich trotz meines Wärmebedürfnisses nicht schnell genug die Bettdecke zurückschlagen und mich auf die Kante schwingen, denn siedend heiß fiel mir wieder ein, warum ich mich sputen musste: Ich musste beizeiten an einer ganz bestimmten Adresse in Frankfurt sein und Opernkarten in Empfang nehmen.
Guido schaute amüsiert zu, während ich plötzlich wie aufgescheucht durch die kleine Wohnung fegte, in aller Eile Kaffeewasser aufsetzte und mich nebenher in ausgehfertigen Zustand brachte. Mein kleines Badezimmer war sicher nicht dafür konstruiert, dass zwei Personen gleichzeitig dort ihre Morgentoilette erledigten, aber irgendwie schafften wir es, auch wenn ständig einer dem anderen beim Rasieren, Waschen und Zähneputzen im Weg war.
„Ach, du bist einfach zu groß und zu breit!“, bemerkte ich ungeduldig, als ich etwa versuchte, über Guidos breite Schultern hinweg mein Spiegelbild zu erhaschen, während er sich über das Waschbecken beugte, um sich die Zähne zu putzen.
„Und das da ist auch zu groß für mein kleines Bad“, fügte ich hinzu, als er an mir vorbeidrängte und sein immer noch halbsteifer Schwanz dabei meine Hüfte streifte.
„Leck mich!“, gab er gelassen zurück.
„Gerne. Heut Abend, ist das okay?“
Für einen liebevollen Schubser und einen anschließenden, kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss war trotz allem Zeit.
„Raus jetzt, ich muss aufs Klo!“
Murrend ließ mich Guido alleine, und als ich nach verrichtetem Geschäft wieder in den Flur trat, hatte er sich bereits angezogen und werkelte in der Küche.
„Für mich nur ein Kaffee zum Wachwerden!“, rief ich ihm vom Zimmer aus zu, während ich mich eilig anzog. „Ich frühstücke heute ja auswärts.“
Meine Klamotten für den heutigen Tag hatte ich bereits gestern Abend ausgesucht und bereitgelegt. Die Auswahl war mir nicht ganz leichtgefallen. Am Abend sollte es nämlich in die Oper gehen, trotzdem wollte ich tagsüber – zudem an meinem freien Tag – nicht in Abendgarderobe herumlaufen. Inzwischen war ich als Besucher des Opernhauses routiniert genug, um zu wissen, dass festliche Kleidung dort keinesfalls Pflicht war, dennoch wollte ich nicht unbedingt in Jeans erscheinen. Nicht nur im Hinblick auf gesellschaftliche Konventionen, sondern auch für mich selbst: Wagners Tannhäuser hatte mir vor etwa einem Jahr eine neue Welt eröffnet, und heute Abend nun stand sein Lohengrin auf dem Spielplan, eine Oper, von der mein Mentor Sebastian behauptete, sie sei mindestens ebenso fesselnd. Diesen feierlichen Moment wollte ich mit dem gebührenden Respekt begehen, und der sollte sich auch in einem zumindest gepflegten Äußeren ausdrücken. Ich hatte mich also für ein schönes, weißes Hemd mit raffiniertem Stehkragen entschieden, dazu würde ich eine modische, eng geschnittene Hose in hellem Sandton sowie ein dunkelblaues Jackett tragen. Als Accessoire hatte ich mir ein Halstuch bereitgelegt, da es jetzt, auf dem Weg zum Bahnhof, noch sehr frisch sein würde, wiewohl für den Tag über zwanzig Grad angekündigt waren. Ein Rucksack wäre für meinen tagsüber benötigten Krimskrams wie Lesestoff, Kondome et cetera am praktischsten gewesen, der aber passte nicht ganz zu meinem eher eleganten Auftreten, zumal er Hemd und Jackett womöglich unschön verknittert hätte. Ich hatte daher alles in eine lederne Umhängetasche gepackt.
„Schick, wie immer“, kommentierte Guido grinsend meinen Auftritt in der Küche. „Pass nur auf, dass du dich jetzt nicht noch bekleckerst und dich noch mal umziehen musst!“
Meinen Klamotten-Spleen pflegte mein Liebster stets mit einem gewissen, wohlwollenden Amüsement zu betrachten. Natürlich, als ein Kerl, der auch noch in der ausgeleiertsten Jogginghose oder in fleckiger Monteurs-Kombi zum Anbeißen aussah, hatte er leicht Spötteln!
Im Moment saß er breitbeinig auf einem der beiden Barhocker an meinem Wandtisch und löffelte sein Müsli in Jeans und T-Shirt, genauso, wie ich ihn gestern Abend abgeschleppt hatte. Zum Niederknien!
„Nun setz dich wenigstens noch einen Moment her, deine Hummeln im Hintern sind ja nicht auszuhalten zu der frühen Stunde!“, seufzte er kopfschüttelnd, als ich im Stehen meinen Kaffee schlürfte.
„Keine Zeit“, erwiderte ich angespannt. „Ich muss den Regionalexpress um siebenunddreißig kriegen!“
Er blickte gelassen auf die Wanduhr.
„Das packst du locker“, stellte er schulterzuckend fest. „Lass hier nur alles stehen, ich schließe dann ab. Und jetzt triffst du erst mal diesen Murat?“
„Ja, in seiner Tanzschule. Die fahren heute irgendwohin auf Gastspiel oder so, deshalb muss es so früh sein. Die Karten hat er erst gestern bekommen.“
„Und dann geht’s zum Frühstück zu unseren Mädels? Wie ich dich beneide!“
An dem Funkeln in seinen schönen, grauen Augen erkannte ich, dass er jetzt voller Verliebtheit an Judith dachte. Nun, mir ging es kaum anders!
„Du siehst sie dann ja heute Abend auch“, erinnerte ich ihn. „Bloß nicht vergessen, allerspätestens um halb sechs müssen wir aus dem Haus!“
„Ich hoffe, sehr viel früher da zu sein!“, verkündete er und grinste in einer anzüglichen Weise, die mich zu einer Ermahnung zwang:
„Aber verausgabe dich nicht zu sehr! Nicht, dass ihr mir in der Oper einschlaft!“
„Du hast mir gar nichts zu sagen“, frotzelte er zurück. „Verausgabe du dich bloß nicht zu sehr mit deinem Murat …“
„Was, was! Er gibt mir die Karten, und das war’s!“
„… und mit der alten Vollendorf!“
Ich schluckte. Ich mochte es nicht, wenn er so über mein Ex-Chefin sprach.
„Ach was!“, wehrte ich halbherzig ab. „Ich denke, sie wird mich zum Essen einladen, und wir reden ein bisschen über alte Zeiten.“
„Ja, ja!“, seufzte mein Liebster unbeeindruckt. Dann deutete er auf die Uhr.
„Ich glaube, jetzt musst du aber wirklich los!“
„Verdammt, ja!“
Ich knallte meinen Humpen auf den Tisch, legte im Flur Jackett und Halstuch an und schnappte meine Tasche. Ein letzter Blick in den Spiegel, ein herzlicher, aber leider etwas flüchtiger Kuss auf den Mund meines Geliebten, dann fiel auch schon die Wohnungstür hinter mir ins Schloss, und ich hastete die Treppen hinunter.