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2.3
WAS MUSST DU FÜR DAS BWL-
STUDIUM MITBRINGEN?
UND WAS MUSST DU ENTGEGEN
ALLEN VORURTEILEN NICHT
MITBRINGEN?

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Bevor wir uns auf die BWL-spezifischen Anforderungen stürzen, sollen zwei grundlegende Dinge angesprochen werden, ohne die kein Studium funktioniert. Sie gelten sozusagen als K.-o.-Kriterien, dürften aber für jeden Studenten selbstverständlich und erfüllbar sein:

1) BEREITSCHAFT ZUM VERZICHT: Es wird im Studium Zeiten geben, in denen Du bis zum Morgengrauen feiern kannst. Es kommen aber auch Wochen auf Dich zu, in denen Dein Schreibtisch, Deine Bücher und Dein Kühlschrank zu Deinen einzigen Freunden zählen werden. Wenn Du nicht zwei Tage auf die drei großen Fs (Freunde, Feiern und den heißgeliebten Fernseher) verzichten kannst, bist Du im Studium fehl am Platz.

2) FLEIß: Wer sich selbst motivieren kann, hat die größte Hürde des Studiums bereits genommen. Das Studium verlangt in vielen Fällen von Dir, dass Du Deinen inneren Schweinehund überwindest. Fluchen gehört für Studenten zur Grundausstattung, genauso wie die gelegentliche Nachtschicht. Die Mehrheit der Studienabbrecher scheitert an mangelnder Selbstmotivation und fehlendem Fleiß, schiebt es jedoch mit Vorliebe auf Mathekram oder widrige Umstände bei der Prüfungsvorbereitung.

Diese Grundvoraussetzungen sind eine Sache, jedoch hat das BWL-Studium auch ganz besondere, studienspezifische Anforderungen. Vorweg: Von BWL-Studenten werden keine Wunderdinge erwartet. Ein außergewöhnlicher Intelligenzquotient ist genauso wenig vonnöten wie Detailkenntnisse der Wirtschaftsgeschichte der letzten zweihundert Jahre. Dennoch gibt es eine Reihe von Fähigkeiten und Charaktereigenschaften, die BWL-Studierende mitbringen sollten, um möglichst sorgenfrei durchs Studium zu kommen:

EIN GUTES MATHEMATISCHES VERSTÄNDNIS: Keine Sorge, es müssen nicht die 15 Punkte im Mathe-LK in Bayern sein. Weil so oft nach Punktegrenzen gefragt wird: Auch sieben bis neun Punkte im Fach Mathematik hindern einen nicht am erfolgreichen Bestehen. Aber: Wenn Du in der Schule eine Vollniete in Mathe warst oder bist und keine Motivation hast, dies zu ändern, solltest Du die Finger vom BWL-Studium lassen. Mathematik – als Einzelklausur und versteckt in verschiedensten Prüfungen wie Rechnungswesen oder Statistik – kann sehr schnell zum Stolperstein werden (siehe auch Kapitel 7.3 – die ersten Semester).

ENGLISCHKENNTNISSE: Englisch wird in der Geschäftswelt immer mehr zur Standardsprache. Das kann man missbilligen, aber ändern können wir daran nicht viel. Im BWL-Studium ist die englische Sprache omnipräsent. Vorlesungen sind dabei weniger das Problem, denn aktuell werden nur die wenigsten Vorlesungen oder Seminare auf Englisch gehalten. Die Hürde stellt eher die Literatur dar, die fürs BWL-Studium unverzichtbar ist. Da die renommiertesten BWL-Forscher aus dem angelsächsischen Raum kommen, sind die relevanten Artikel und Bücher in Englisch verfasst. Fachbegriffe prägst Du Dir zwar schnell durch »Learning by Doing« ein. Aber: Ein gutes Englisch-Grundgerüst sollte bei der Masse an Stoff, die im Studium zu lesen ist, vorhanden sein. Falls nicht, plane am besten noch vor dem Studium einen Sprachurlaub ein!

TEAMFÄHIGKEIT: In der Schule wurde man zum Einzelkämpfer erzogen. Arbeiten in Gruppen wurde nur selten gefordert. Immer wurde suggeriert, dass es sinnlos sei, wenn die vermeintlich Schlauen ihre Energie investierten, um den vermeintlich Dümmeren etwas zu erklären. An der Hochschule ist das anders, denn Gruppenarbeit wird hier zu Recht gefordert (siehe auch Kapitel 8­­ Das richtige Lernen). Du sitzt einen nicht unbedeutenden Teil Deiner Studienzeit in Lerngruppen zusammen oder bastelst im Team an Präsentationen. Deshalb sollte der Teamgedanke tief in Dir verankert sein. Du wirst feststellen, dass das gemeinsame Erarbeiten von Texten und Lösen von Klausuraufgaben alle in der Gruppe voranbringt. Denn das Zitat von Aristoteles gilt hier definitiv: »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.«

KOMMUNIKATIONSSTÄRKE: Du wirst während Deines Studiums und vor allem später im Berufsleben viel präsentieren müssen, egal ob Du die Richtung Finanzen, Marketing oder Steuern einschlägst. Du solltest also keine Scheu haben, vor anderen zu reden. Wer gern mit dem Tankwart zum Small Talk ansetzt, wer Reden nicht nur als notwendiges Übel zum Äußern von Bedürfnissen versteht, der hat – zumindest was diesen Aspekt betrifft – mit der Studienwahl BWL ins Schwarze getroffen.

EIN UNVERKRAMPFTES VERHÄLTNIS ZUM KAPITALISMUS: Sind Gewinnstreben, ungerechte Güterverteilung und hohe Gehaltsdifferenzen zwischen Angestellten und Chef für Dich ein Graus? Dann solltest Du besser einen großen Bogen um das BWL-Studium machen. Zum einen wirst Du Dich theoretisch mit diesen Themen befassen müssen, zum anderen erlebst Du Kommilitonen, die genau in diesen Themenbereichen aufgehen. Du kannst versuchen, unsere kapitalistische Welt zu verändern, das BWL-Studium ist dafür aber nicht der passende Ort.

SELBSTORGANISATION: Ein BWL-Student – gerade an deutschen Universitäten – braucht viel Eigeninitiative. Aufgrund der Masse an Studierenden ist eine intensive Betreuung jedes Einzelnen heute nicht mehr möglich. Wochenpläne müssen selbst zusammengestellt und Informationen über Prüfungszeiten und -inhalte mühsam zusammengesucht werden. Wem dies nicht liegt und wer klar organisierte Studienverlaufspläne bevorzugt, muss dennoch nicht auf sein BWL-Studium verzichten. Fachhochschulen und private Hochschulen bieten gute Alternativen mit durchorganisierten Stundenplänen und kleineren Gruppen (siehe auch Kapitel 4 Die Wahl der rich-tigen Hochschule) .

EINSATZ AUßERHALB DES STUDIUMS: Um am Arbeitsmarkt bestehen zu können, reicht ein abgeschlossenes BWL-Studium nicht mehr aus. Praktika sind heutzutage Pflicht, Auslandssemester beziehungsweise Auslandspraktika Standard. Stell Dich also besser darauf ein, dass Du die Semesterferien nicht am Badesee, sondern in klimatisierten Büros verbringen wirst, wo Du mit Kopieren, Analysieren und Auswerten beschäftigt sein wirst. Semesterferien sind keine Ferien; es ist die Zeit, das während der Vorlesungszeit theoretisch erworbene Wissen praktisch anzuwenden (siehe auch Kapitel 10 Auslandssemester und Kapitel 11 Praktika) .

Nach dem Lesen der Anforderungen fragst Du Dich nun sicherlich, wo die klassischen Vorurteile geblieben sind: Was ist mit dem vermeintlichen Reichtum der BWL-Studenten und wo sind die Internet-Jungunternehmer geblieben, die angeblich die deutschen Hochschulen überfluten? Mit diesen Vorurteilen soll an dieser Stelle aufgeräumt werden. Denn es gibt auch vieles, das man als angehender BWL-Student nicht sein, haben oder können muss:

DU MUSST KEIN KIND REICHER ELTERN SEIN: Das BWL-Studium ist nicht teurer als andere Studiengänge. Die Studiengebühren sind die gleichen, die Materialkosten sind ebenfalls vergleichbar. Auch die Preise auf BWLer-Studentenpartys bewegen sich in einem humanen Rahmen. Wundere Dich aber nicht, wenn in der verrauchten Studentenkneipe jemand eine Flasche Schampus bestellt. Ja, es gibt sie tatsächlich: Jeder Studienjahrgang hat ein paar Superreiche vorzuweisen. Diese Spezies fährt im ersten Semester einen 7er-BMW, trägt eine Moncler-Winterjacke für sechshundert Euro und düst über Weihnachten nach Sankt Moritz zum Skifahren. Aber das sollte Dir egal sein. Das Geld kommt von Papa und Champagner wird in den Studentenbars der Republik ohnehin selten angeboten. Und überhaupt: Der Longdrink zum Studenten-Powerpreis von zwei Euro schmeckt sowieso besser als dieser Schaumwein.

DU MUSST KEINE EIGENE FIRMA HABEN: Unternehmer unter den Erstsemestern sind in Wirklichkeit eine absolute Seltenheit. Natürlich gibt es vereinzelt Jungunternehmer an der Uni. Die Studienwahl BWL ist für sie auch durchaus sinnvoll, denn das BWL-Studium hilft, betriebswirtschaftliche Gesamt-zusammenhänge besser zu verstehen, wenn es um das Führen und Organisieren von Unternehmen geht. Aber Start-up-Gründer von Online-Kuscheltiershops oder McDöner-Ketten sind absolute Ausnahmen in der Studentenschaft. Das Gros der Kommilitonen kennt Firmengründer nur aus dem Fernsehen. Allerdings will nahezu jeder während des BWL-Studiums seine eigene Firma gründen und irgendwann Firmenchef werden.

DU MUSST KEINEN PLAN HABEN, WIE DIE WIRTSCHAFT FUNKTIONIERT: Ich würde sogar noch weitergehen und behaupten, dass die wenigsten Studienanfänger im Fach BWL sich vor Studienbeginn überhaupt detailliert mit dem Thema Wirtschaft auseinandergesetzt haben. Nicht die Inhalte des Fachs, sondern die guten Berufsaussichten und hohen Gehälter spülen die zahlreichen Studenten an die Hochschulen. Das Interesse an wirtschaftlichen Themen kommt dann ganz von allein, je länger man sich mit dem Thema BWL im Studium befasst. Und wenn Dich auch nach Deinem Studium nur ein Bruchteil der Wirtschaftsnachrichten interessiert, ist das völlig in Ordnung. Denn wer sich später auf den Teilbereich Finanzen spezialisiert, muss nicht zwangsweise bei jedem Werbespot die versteckte Marketingbotschaft hinterfragen.

Wenn Du nun zum Schluss dieses Kapitels immer noch nicht weißt, ob BWL das richtige Studium für Dich ist und ob Du dieses Buch weiterlesen sollst, solltest Du eine Pause einlegen und das BORAKEL befragen. Das Online-Beratungstool der Ruhr-Universität Bochum ist ein kostenloser Selbsttest, dauert neunzig bis hundertzwanzig Minuten und gibt Auskunft, welche Berufsfelder am besten zu Dir passen.

www.ruhr-uni-bochum.de/borakel

Solltest Du die hundertzwanzig Minuten durchgehalten haben und sollte das Ergebnis immer noch BWL lauten, freu Dich und lies die kommenden Kapitel umso aufmerksamer.

Und in fünf Jahren mach ich richtig Kohle

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