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Kapitel 1 – Tiefer Fall

Mein Untergang begann am 7. August 2018, dem Tag, an dem meine berufliche Karriere zerfetzt wurde wie ein abgestürzter Kletterer aus 1000 Meter Höhe, an dem aus mir, einem Topmanager, ein Wrack wurde. Ein obdachloser Penner.

Obwohl ich am Vortag von meinem Chef angezählt worden war, begann dieser brütend heiße Augusttag für mich wie jeder andere. Ich hatte während meiner beruflichen Karriere bereits eine Vielzahl kritischer Situation überstanden, warum dann nicht auch diese? Ich empfand zwar eine gewisse Anspannung, aber nicht so stark, dass es mich beunruhigte. Meine morgendliche Routine lief ab wie immer, so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk: 50 Minuten benötigte ich von der Rasur über die Dusche bis zum Frühstück, pünktlich um 7.00 Uhr saß ich dann in meinem nagelneuen Firmenwagen, einem überdimensionierten AUDI und fuhr zur Arbeit. Am Vorabend gegen 19.00 Uhr hatte ich mir, wie jeden Abend um diese Zeit, via Smartphone einen Überblick über den heutigen Tag verschafft. Ein Meeting reihte sich an das nächste. Mir machte das nichts aus; ich war es gewohnt, straight durch den beruflichen Tag zu cruisen, wie man es in Managerkreisen vorzugsweise anglistisch angehaucht und total easy ausdrückt.

Trotz des gestrigen Ereignisses mit Karl Huber war ich voll motiviert. Erst letzten Samstag war ich mit Carola aus dem Urlaub zurückgekehrt, wir hatten unsere Hochzeitsreise auf einer italienischen Insel verbracht, es war traumhaft schön, mit feinsandigen schneeweißen Stränden und türkisfarbenem Wasser wie in der Karibik. Meine Stressresistenz war also noch ausgeprägter als sonst, weil ich ausgeruht war und drei Wochen am Stück mit Carola verbracht hatte, was sonst selten vorkam.

Während der Fahrt ins Büro hörte ich einen Song von Klaus Lage: So lacht nur sie. Ich dachte dabei beschwingt an Carola, gleichzeitig überlegte ich, was ich am Abend unternehmen könnte. Ich brauchte auch noch ein paar neue Oberhemden – Krawatten trug ich nicht, die waren out. Ich achtete sehr auf meine Kleidung und mein Äußeres. Mein Erscheinungsbild war mir wichtig. Mich inspirierte seit vielen Jahren der italienische Businesslook, ich kombinierte blaue Hemden mit blauen Anzügen von Cinque oder Boggi Milano – alles im Slim-fit-Schnitt –, dazu trug ich braune Gürtel und braune Schuhe. Natürlich musste der wahlweise hell- oder dunkelbraune Gürtel farblich präzise zu den Schuhen passen. Ach was, entschied ich dann, ich lasse mich treiben. Ich nahm mir also erst mal nichts weiter für den Abend vor.

Auf dem Firmengelände angekommen, parkte ich mein Auto, wie immer am selben Platz. Der war zwar nicht markiert, ich besaß aber ein Gewohnheitsrecht. Ich parkte direkt neben Karl Huber, dem Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens. Bei mir lief immer alles nach einem festen Muster ab.

Ich schnappte mir meine braune Ledertasche, die mir Carola vor vielen Jahren geschenkt hatte, und ging die wenigen Meter in mein Büro. Zu meiner Überraschung wurde ich bereits von Greta Vogl und einem Betriebsrat in meinem Büro erwartet, der offenbar als Zeuge für das fungierte, was dann folgte. Greta Vogl war die Personalleiterin im Unternehmen. Trotz meiner Verblüffung streckte ich Greta Vogl zur Begrüßung die Hand entgegen.

Sie verweigerte mir den Handschlag jedoch und kam sofort zur Sache: »Herr von Thaysens, ich muss Ihnen mitteilen, dass wir Ihnen fristlos kündigen. Bitte packen Sie Ihre persönlichen Sachen zusammen, übergeben Sie mir Ihren Firmenwagen und Ihr Firmenhandy und verlassen Sie dann sofort das Firmengelände. Aber bitte durch den Hinterausgang, sodass Sie niemand sieht. Sie dürfen sich auch nicht von Kollegen und Mitarbeitern verabschieden. Ich begleite Sie raus.«

Das hatte gesessen! Ich war wie gelähmt, brachte keinen Ton raus.

Etwas Schriftliches bekam ich nicht. Ich folgte traumatisiert den Anweisungen von Greta Vogl und wankte nur wenige Minuten später wie ein angeschlagener Boxer zu Fuß Richtung Bahnhof. Dort nahm ich den nächsten Zug in die Innenstadt zu meinem Apartment.

Plötzlich Rassist

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