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Kapitel 2 – Nichts als Ärger

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Zwei Wochen waren wieder vergangen. Inzwischen hatten sie den ersten Advent hinter sich gebracht. Es war wie jedes Jahr in der Bergmann Villa. Maria mobilisierte alle Mitglieder der Familie, um die ganze Villa weihnachtlich zu schmücken. Sie hatte den ganzen Weihnachtsschmuck vom Dachboden geholt und die entsprechenden Kisten, in die jeweiligen Zimmer verteilt. Alle gaben ihr Bestes. Früher war das Schmücken einfacher gewesen, weil die alten Löcher für die vorgesehenen Nägel, noch zusehen waren. Aber nach einiger Zeit, hatten sie es doch geschafft, alle Räume festlich zu schmücken. Für Laura war das auch neu gewesen, schmückten sie doch jedes Jahr nur einen Weihnachtsbaum in München. Leo Lellinger‘s Gesundheitszustand war unverändert Ernst. Drei Operationen hatte er seit seiner Einlieferung bereits hinter sich. Die Ärzte meinten zwar jedes Mal, sie seien mit seinem Gesundheitszustand sehr zufrieden, ließen ihn aber trotzdem nicht aufwachen. Sehr zum Leidwesen von Laura. Sie wollte unbedingt mit ihrem Vater reden, damit dieser die Generalvollmacht, die er Thomas gegeben hatte, wieder zurück nahm. Sie wollte nach wie vor nach München zurück. Sie fand Potsdam einfach nur ätzend. Schon alleine die Sprache, die die Eingeborenen hier sprachen, war ihr ein Gräuel. Aber, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte, verstand sie nicht. Sie fand ihren bayrischen Dialekt, einfach schöner und auch viel verständlicher. Immer musste sie es sich gefallen lassen, wenn man sie als Sau Bayer titulierte. Sie antwortete meistens mit einem Sau Preuß darauf. Am Schlimmsten war es im Einstein Gymnasium, der neuen Schule von Laura. Es war aber nicht das einzige Problem das Laura in der Schule hatte. Am Montagmorgen erhielt Thomas einen Anruf, von Lauras Klassenlehrer, Herr Hartwig, er bat ihn um ein Gespräch. Nachmittags fuhr Thomas ins Einstein Gymnasium und ging in das dortige Lehrerzimmer. Herr Hartwig wartete bereits auf ihn und bat ihn Platz zu nehmen. Hartwig: „Ich habe sie heute hierher gebeten, weil ich mir große Sorgen um Laura mache. Sie ist zwar erst etwas mehr als zwei Wochen auf dem Einstein Gymnasium, aber ihre Leistungen und ihr Benehmen lassen zu wünschen übrig. Besser gesagt beides ist katastrophal. Ich habe mir die Mühe gemacht und bei dem Kollegium in München vor zwei Wochen nachgefragt, auf welchen Stand Laura mit dem Lehrplan war. Die in München waren uns etwa eine Woche voraus, so dass ich sie getrost einige Arbeiten mitschreiben lassen konnte. Und wissen sie was sie abgab? Ich sage es ihnen, nur leere Blätter. Als ich ihr vorhielt, dass ich mit ihrem Klassenlehrer in München gesprochen hatte, sagte sie nur zu mir, ich zitiere „Leck mich“. Aufgaben hat sie grundsätzlich nicht gemacht und ihre Mitschüler hat sie täglich mehrfach mit Ausdrücken wie Flitscherl, Hurensohn, damischer Depp, schleich dich und so weiter beleidigt. Ich denke, das Maß ist voll. Sollte sich Lauras Verhalten, in den nächsten acht Tagen nicht ändern, dann werde ich den Antrag auf einen Schulverweis stellen.“ Thomas musste erst einmal schlucken. Es war ungeheuerlich was er da hörte, zumal Laura zu Hause immer sagte, in der Schule sei alles in Ordnung. Hartwig fuhr fort: „Am Unterricht nimmt sie so gut wie gar nicht teil. Den ganzen Morgen ist sie mit ihrem Handy beschäftigt. Wenn man sie etwas frägt, gibt sie entweder keine Antwort oder sie beleidigt mich. Herr Bergmann, ich schätze sie und ihre Familie sehr, aber was zu viel ist, ist zu viel. Unternehmen sie etwas, oder Laura fliegt von der Schule. Besorgen sie ihr einen Nachhilfelehrer, vielleicht beschäftigt sie sich dann wieder mit ihren Aufgaben. Was sie tun, müssen sie entscheiden, sie sind ja im Augenblick ihr Vormund. Laura ist nicht dumm, ganz im Gegenteil. Mir scheint es so, als provoziere sie einen Rauswurf.“ Als Beleg für die Richtigkeit seiner Angaben, zeigte Hartwig ihm das Klassenbuch und die leeren Zettel ihrer Arbeiten. Thomas hatte dem nichts entgegenzusetzen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich für Lauras Fauxpas zu entschuldigen. Er versprach Herrn Hartwig, sich der Sache anzunehmen und bat ihn aber um zwei bis drei Wochen Geduld. Falls es bis Weihnachten keine Besserung geben würde, könnte er immer noch handeln. Hartwig stimmte zu und Thomas bedankte und verabschiedete sich. Als er wieder im Wagen saß, rief er als erstes Jo an. Er bestellte ihn in die Villa, sagte ihm aber nicht, um was es ging. Unterwegs fluchte Thomas vor sich hin, immer wieder sagte er laut: „Du kleines verlogenes Miststück. Na warte, dir werde ich deine Launen austreiben. Du kennst den bösen Thomas noch nicht. So du mir, so ich dir, na warte.“ In der Villa angekommen, begab er sich in die Küche. Maria merkte gleich, dass Thomas richtig sauer war. Sie fragte ihn: „Ist etwas passiert?“ Thomas: „Warte bis Jo da ist, dann erzähle ich euch was los war.“ Zwanzig Minuten später saßen er, Maria und Jo im blauen Salon und Thomas berichtete den beiden, von dem Gespräch mit Lauras Klassenlehrer Herr Hartwig. Jo und Maria waren genauso entsetzt, wie er vorher auch. Thomas: „Was machen wir? Es muss doch eine Möglichkeit geben, Laura zur Vernunft zu bringen. Die wirft sonst ihre Zukunft weg. Wenn sie vom Einstein Gymnasium fliegt, wird sie in Berlin kaum ein anderes Gymnasium aufnehmen. Dann war’s das mit dem Abitur. Und das alles, um wieder nach München zu kommen. Ich kann doch diese Göre nicht alleine nach München lassen. Dort hat sie doch niemand der auf sie aufpasst. Wäre sie siebzehneinhalb Jahre alt, dann könnte man darüber diskutieren, aber nicht mit fünfzehneinhalb Jahren. Lellinger, was hast du mir da aufgebürdet?“ Jo: „Pack das Übel an der Wurzel. Ich denke, dass dies nicht auf ihrem Mist gewachsen ist. Sie wird den ganzen Tag mit ihren alten Klassenkameradinnen und Klassenkammeraden sprechen. Und wenn sie hier ist, wird sie mit ihnen über das Internet in den sozialen Netzwerken chatten. Da liegt es doch Nahe, ihr das Handy und den Internetzugang zu sperren. Besorge ihr einen Nachhilfelehrer für nachmittags und am Abend sind wir ja da. So ist sie den ganzen Tag unter Kontrolle.“ Maria nickte und fügte hinzu: „Ich kann ja bei der Nachhilfe dabei sein, damit sie keine Zicken macht. Die Kleine hat uns ganz schön an der Nase herum geführt. Ganz schön raffiniert.“ Thomas: „Dein Vorschlag ist gut, Jo. Ich denke, wir machen es so. Warten wir aber noch bis nach dem Abendbrot. Inzwischen kannst du die Zugangsdaten fürs Internet ändern. Mal sehen, wie sie reagiert. Auch die anderen Telefone vom Festnetz müssen wir einsammeln, sonst telefoniert sie über das Festnetz.“ Jo: „Du musst ihr aber auch das Konto dichtmachen, sonst kauft sie sich ein anderes Handy mit einer Prepaidkarte, dann war alles für die Katz. Sie darf keine Minute unbeaufsichtigt sein, sonst haut sie uns noch ab. Wie ich sie einschätze, wird sie dann versuchen sich nach München abzusetzen. Nimm ihr noch den Personalausweis weg, sicher ist sicher.“ Thomas: „Was wir mit ihr machen ist echt nicht gut. Wir schneiden ihr alle Wege ab, sich mit ihren Freunden auszutauschen. Das grenzt schon an moderne Folter.“ Maria: „Ich sehe das zwar auch so, aber wenn das Fräulein meint, sie kann uns bescheißen und schadet sich dabei nur, dann muss man eben zu solchen Mitteln greifen.“ Jo: „Wenn sie ihre Einstellung ändert, kann man die Maßnahmen wieder lockern oder ganz aufheben. Habt ihr euch schon einmal überlegt, was mit Weihnachten ist? Falls Leo bis dahin noch nicht Herr seiner Sinne ist, müssen wir uns etwas für Laura überlegen. Ich glaube kaum, dass sie Lust darauf hat mit uns traditionelle Weihnachten zu verbringen. Die langweilt sich doch hier zu Tode. Sie hat niemand mit dem sie sie sich austauschen kann, also altersmäßig meine ich.“ Thomas: „Bis Weihnachten ist ja noch eine Weile. Uns wird schon etwas einfallen. Vielleicht wissen meine Schwestern, wie man eine 15 jährige in Weihnachtsstimmung bringt.“ Jo machte sich gleich daran die Zugangsarten für das Internet zu ändern. Thomas führte noch ein paar Telefonate mit München. Gegen 17:30 Uhr kamen die ersten Familienmitglieder nach Hause. Um 18:00 Uhr waren alle anwesend und Thomas erzählte ihnen, was sich Laura in der Schule geleistet hatte. Auch was für Maßnahmen sie beschlossen hatten. Natürlich hatte jeder seine eigene Meinung darüber, wie man das Problem lösen sollte, aber letztendlich musste Thomas alleine entscheiden. Und er blieb bei seinen Sperren und der Nachhilfe. Kurz vor dem Abendessen, kam Laura herunter. Sie sagte zu Thomas: „Hallo Onkel Thomas, irgendetwas stimmt mit dem Internetanschluss nicht. Seit einer halben Stunde bekomme ich keine Verbindung mehr. Kannst du bitte einmal danach sehen? Ich muss noch etwas recherchieren für ein Referat, das ich morgen halten soll und da brauche ich das Internet dafür.“ Thomas: „Das erledige ich nach dem Abendessen. Und was für ein Referat ist das, wenn ich fragen darf?“ Laura: „Langweiliger Schulkram, das interessiert dich ja doch nicht. Oder möchtest du etwas über die französische Revolution wissen?“ Thomas: „Oh, nichts für mich, aber wenn ich mich Recht erinnere, war das Jo‘s Lieblingsthema auf dem Gymnasium, ist es nicht so Jo?“ Jo: „Ja, ja. Wenn du Hilfe brauchst, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Wenn du das Referat fertig hast, würde ich es gerne lesen. Vielleicht gibt es Dinge über die ich noch nichts gehört oder gelesen habe.“ Laura: „Wenn ich es nicht vergesse, kannst du es gerne lesen. So, ich gehe wieder nach oben, zum Essen bin ich wieder da.“ Sagte es und verschwand wieder auf ihr Zimmer. Maria: „Wie sagt man in Bayern? Ausgschamtes Luder, elendiges.“ Jo: „Aber Maria, ich wusste gar nicht, dass du eine Fremdsprache beherrscht.“ Maria: „Jo, du weißt noch vieles nicht von mir. Ich bin eine Frau voller Geheimnisse, gell.“ Sie zwinkerte dabei mit einem Auge und sah dabei Franz an. Der lächelte nur verlegen und äußerte sich nicht dazu. Charly hätte sich fast auf die Zunge gebissen, weil Laura so unverschämt log. Wie sie weg war meinte sie: „Ich nehme sie mit zur Suppenküche, dann kann sie sich einmal ihre Zukunft aus einer anderen Perspektive ansehen. Spätestens nach einer Woche ist sie wieder bei klaren Verstand.“ Maria: „Keine schlechte Idee. Wenn Thomas nichts dagegen hat, kannst du sie Morgenmittag gleich von der Schule abholen und mitnehmen. Oder habt ihr schon einen Nachhilfelehrer?“ Thomas: „Wenn es Charly nichts ausmacht und ihr Chef nichts dagegen hat, habe ich kein Problem damit. Nur zu, wenn es hilft. Aber erzählt ihr nichts davon, sonst haut sie noch während des Unterricht ab.“ Das Abendessen verlief wie jeden Abend, man aß und plauderte. Als alle fertig waren verabschiedete sich Laura mit den Worten: „Ich gehe wieder auf mein Zimmer. Schaust du bitte noch nach dem Internet, Onkel Thomas? Du weißt ja das Referat.“ Jo: „Ich glaube nicht, dass das Internet heute noch gehen wird.“ Laura: „Och nein und warum nicht? Ist das Modem defekt?“ Thomas: „Ich war heute im Einstein Gymnasium. Ein gewisser Herr Hartwig hatte mich um ein Gespräch gebeten.“ Laura stand auf und sagte schroff: „Dieser Arsch kann mich nicht leiden. Ich gehe nach oben.“ Thomas: „Du setzt dich auf der Stelle wieder hin und hörst dir an, was er mir gesagt hat.“ Laura: „Dann mache es kurz, ich muss noch mein Referat fertig schreiben.“ Thomas: „Du möchtest es kurz haben, also gut.“ Thomas zählte in Stichworten auf, was Laura in der Schule alles verbockt hatte. Dann kam der Maßnahmenkatalog der Strafen, die er verhängen wollte: „Erstens, ist ab sofort das Internet für dich gesperrt. Gib mir dein Handy.“ Laura sträubte sich dagegen mit allen Mitteln. Erst als ihr Thomas sein Ehrenwort gab, dass sie es gleich wieder bekam, händigte sie es ihm aus. Thomas öffnete es und nahm die Karte heraus und steckte eine neue hinein. Danach gab er den Pin - Code ein und es ging wieder. Er gab ihr das Handy zurück und meinte: „Zweitens, gibt es Handyverbot. Du kannst ab sofort nur noch bestimmte Nummern anrufen, nämlich meine, Marias und die von Jo. Alle anderen Nummern nimmt das Handy nicht an. Außer dem Notruf natürlich. Drittens, bekommst du noch in dieser Woche einen Nachhilfelehrer, der dir in Mathe und Bio wieder auf die Sprünge hilft. Viertens, habe ich mit deinem alten Klassenlehrer Herr Albert aus München gesprochen. Er hat mir gesagt, wenn du vom Einstein Gymnasium fliegst, wird dich deine alte Schule abweisen. Strafe muss sein. Fünftens, habe ich dein Konto sperren lassen. Wenn du Geld brauchst, sag mir für was und ich gebe es dir. Brauchst du Hygieneartikel, wird dir Maria oder eines der anderen Frauen hier in der Runde es besorgen. Sechstens, habe ich mit eure Nachbarin in München gesprochen und ihr gesagt, was für einen Tanz du hier aufführst. Ich habe ihr mit einer Anzeige gedroht, sobald sie dich in irgendeiner Form unterstützt. Das Gleiche habe ich mit Monas Eltern, sowie den Eltern von Frankie, Sanni, Milka und Joschi getan. So, und nun kannst du gehen. Ach ja, das hätte ich beinahe vergessen. Auf deinem Benutzerkonto beim sozialen Netzwerk, habe ich geschrieben, dass du bis Weihnachten nicht mehr erreichbar bist, weil du in nächster Zeit sehr viel für die Schule machen musst. Das wäre jetzt alles. Laura, entweder du benimmst dich ab morgen normal in der Schule oder du must mit weiteren Konsequenzen rechnen. Wenn du dir deine Zukunft ins Klo schütten möchtest, schaue ich nicht gleichgültig dabei zu. Ich trage im Moment die Verantwortung für dich. Mir wäre es anders auch lieber. Und nun kannst du für dein Referat lernen, du hast ja alle Schulbücher. Und wenn du es fertig hast, lege es bitte mir oder Jo vor. Wir möchten auch abends deine Hausaufgaben sehen. Herr Hartwig wird alle Aufgaben in ein Heft schreiben und wenn etwas fehlt, wird er es auch dort notieren. Du wolltest es nicht anders, du hast dir die Suppe eingebrockt, dann löffelst du sie auch aus. Aber am meisten hat mich getroffen, dass du mir einfach frech ins Gesicht lügst. Ich, nein wir haben dir nichts getan. Wir wollten dir einfach ein zu Hause geben, bis dein Vater wieder fit ist. Du hast in die Hand gebissen, die dich füttert und so etwas macht man nicht. Gute Nacht.“ Laura saß wie paralysiert da. Mit versteinerter Miene stand sie auf und brachte nur noch einen Satz heraus: „Ich hasse euch.“ Dann verschwand sie auf ihr Zimmer. Alle in der Küche hatten Mitleid mit ihr und wollten Thomas vollquatschen. Der meinte nur: „Wenn sie sich in den nächsten Tagen reinhängt, nehme ich jeden Tag eine Maßnahme zurück. Wenn nicht, bleibt alles so wie es ist. Und nun möchte ich in aller Ruhe eine rauchen und einen kleinen Whisky trinken. Wer geht mit?“ Einige standen auf und folgten Thomas in den blauen Salon. Julia ging mit Franzi nach oben und unterwegs gab sie ihr einen Umschlag. Franzi öffnete ihn und las im hochgehen, was in dem Schreiben stand. Kaum hatte sie es gelesen, da schrie sie vor Freude: „Danke Schwesterherz. Ich wusste doch, es gibt noch eine Möglichkeit. Bin gespannt was er für ein Gesicht macht, wenn ich ihm das morgen gebe.“ Julia: „Es kann sein, dass er sich überhaupt nicht darüber freut. Für ihn bedeutet das mindestens zwei Operationen und anfangs große Schmerzen. Ein Erfolg kann ihm keiner garantieren. Aber die Einzelheiten wird ihm der Professor erläutern. Nur sollte er nicht mehr allzu lange mit der OP warten. Je mehr sich die Knochen und das darum liegende Gewebe entzünden, desto weniger besteht die Chance, einer erfolgreichen Heilung. Also rede ihm sachlich und nicht aufdringlich zu. Gib ihm das Gefühl, dass er alleine entscheidet und eine OP dringend erforderlich ist, wenn er seine Beine nicht verlieren möchte. Du kannst ihm ja anbieten mitzufahren, wenn er nach Heidelberg geht. Ich denke, Thomas wird euch drei, für einen Tag frei geben. Karl soll euch fahren. Nur wie gesagt, sollte er sich schnell dazu entschließen.“ Sie wollte gerade ihr Zimmer aufmachen, da hörten sie ein herzzerreißendes Weinen aus Lauras Zimmer. Aber es war nicht nur ein weinen, sondern mehr eine Mischung aus fluchen, poltern und weinen, das aber abwechselnd. Ein Schwall von Flüchen, dann ein poltern und hinterher das Weinen. Jule meinte: „Geben wir ihr noch etwas Zeit, sich auszutoben. Bis in einer Stunde wird sie sich wieder beruhigt haben.“ Franzi: „Und wenn nicht?“ Jule: „Dann schläfst du bei ihr oder nimmst sie mit zu dir. Ich muss leider um 22:00 Uhr zur Nachtschicht. Tut mir leid. Wenn nicht soll dir Charly helfen.“ Nele bekam davon nichts mit, weil sie wieder mit ihrer süßen Maus verabredet war. Seit der SMS und dem Video, hatten sie nichts mehr von dem vermeintlichen Erpresser gehört. Sie hatten schon seit Tagen nicht mehr daran gedacht. Im blauen Salon saßen Franz, Jo und Thomas mit Klara zusammen vor dem Kaminfeuer. Die drei Jungs tranken ihren Whisky und Klara ein Glas Wein. Hauptthema war natürlich Laura. Später kamen Maria und Charly noch dazu. Charly hatte eine schmutzige Nase und Thomas fragte: „Was hast du denn gemacht, bist du unter die Mechaniker gegangen?“ Er deutete dabei auf ihre Nase. Mit einem Papiertaschentuch wischte sie diese sauber und fluchte: „Das ist jetzt schon der zweite platte Reifen innerhalb von zwei Wochen den ich habe. Jedes Mal steckte ein Nagel darin.“ Thomas: „Hättest du doch Bescheid gesagt, dann hätte einer von uns den Reifen gewechselt.“ Charly: „Für einen Reifenwechsel, brauche ich keinen Mann, dass mache ich schon selbst. Mich wundert es nur, dass immer der Gleiche Typ Nagel im Reifen steckt. Merkwürdiger Zufall, findet ihr nicht auch?“ Dabei streckte sie Jo die beiden Nägel entgegen. Jo sah sie sich an und gab sie dann weiter. Jo: „Das ist kein Zufall, da hat dir jemand die Nägel unter den Reifen gestellt. Hast du in letzter Zeit jemanden verprügelt oder ab gewatscht?“ Charly schüttelte mit dem Kopf und antwortete: „Nicht das ich wüsste. Vor ein paar Wochen hatte ich einmal mit zwei Typen in der Suppenküche Ärger, aber das waren geistige Tiefflieger. Ansonsten wüsste ich niemand, dem ich zu nahe getreten wäre.“ Maria stand plötzlich auf und sagte zu Thomas: „Das hätte ich fast vergessen. Du und Charly habt Post vom Gericht bekommen.“ Sie holte den Brief für Thomas vom kleinen Beistelltisch und gab ihn ihm. Er schaute den Brief an und konnte im Adressfenster Landgericht Berlin als Absender lesen. Er wusste sofort welchen Grund das Schreiben hatte, öffnete den Brief aber trotzdem. Thomas überflog den Brief und las nur die wichtigsten Worte laut vor: „Vorladung, im Prozess gegen Isabell von Graben, wegen versuchten Mordes in zwei Fällen, als Zeuge vorgeladen, am 10.1., 10:30 Uhr vor Gericht erscheinen.“ Jetzt wussten alle was gemeint war. Es war der Prozess gegen Thomas Ex Verlobte, die vor einigen Monaten versucht hatte, Charly und Thomas im blauen Salon zu erschießen. Sie hatten schon gar nicht mehr daran gedacht. Man sah ja auch keine Einschusslöcher an den Wänden und in der Decke, weil Thomas danach alles frisch renovieren ließ. Nur die Alarmanlage im Haus und die Bewegungsmelder auf der Terrasse erinnerten noch daran. Klara bekam gleich wieder eine Gänsehaut, als sie an diesen Abend dachte. Eigentlich war sie das Ziel des Anschlages. Isabell wollte eigentlich Klara umbringen, um Thomas das zu nehmen, was er über alles liebte. Aber Dank des beherzten Eingreifens von Charly, konnte dies vereitelt werden. Klara kam erst dazu als alles vorbei war. Normalerweise wäre sie hier in der Villa gewesen, aber Dank dem Umstand, dass sie noch einmal in ihre Wohnung musste, war sie nicht hier. Isabell hatte sofort auf Charly geschossen und sie am Oberarm verletzt. Sie hatte zwar nur eine Fleischwunde, aber Charly hatte es gereicht. Und Thomas ist sofort dazwischen gegangen und hat beim Gerangel um die Waffe, Isabell schwer verletzt. Wochenlang lag sie im Koma bis sie plötzlich wieder erwachte. Seither hatte Isabell, nicht ein Wort mehr gesprochen. Jo sagte: „Wieviel wird sie wohl bekommen? Zehn oder fünfzehn Jahre?“ Franz: „Es kommt auf den Richter und auf die Strategie der Verteidigung an. Zwischen drei Jahre Klapse und zwölf Jahren Gefängnis ist alles möglich. Warten wir es in aller Ruhe ab, welche Schiene die Verteidigung fährt. Natürlich wird es auch auf die Gutachter ankommen. Macht euch aber jetzt keinen Kopf deswegen.“ Klara: „Warum sperrt man sie nicht einfach für immer weg? Man hat doch gesehen, wie die Alte tickt. Sie ist ja nicht zum ersten Mal ausgerastet.“ Alle in der Runde stimmten Klara zu. Einfach wegsperren und den Schlüssel zur Zelle wegschmeißen. Zwei Etagen höher ging Charly auf ihr Zimmer. Sie hörte natürlich auch das Weinen von Laura. Inzwischen ließ sie die Flüche und das herumwerfen von Gegenständen, weil sie einfach keine Kraft mehr dazu hatte. Charly öffnete leise Lauras Tür und trat in ihr Zimmer ein. Vorsichtig setzte sie sich auf ihr Bett und sagte leise: „Ist ja gut Süße, alles wird wieder gut.“ Dabei zog sie Laura an sich und nahm sie in den Arm. Diese weinte aber weiter und schluchzte: „Warum tut ihr mir das an? Lasst mich doch einfach nach München und alles ist wieder gut. Warum nur, warum?“ Nun weinte sie wieder heftiger und Charly streichelte sie über ihr Haar. Sie antwortete: „Süße, das ist das Leben. Was wäre, wenn dein Vater bei dem Unfall gestorben wäre?“ Laura zuckte mit der Schulter, gab ihr aber keine Antwort. Charly: „Was wäre, wenn dein Vater nicht den Unfall gehabt hätte?“ Laura zuckte wieder mit der Schulter. Charly bemerkte so langsam, dass Laura die Heizung gar nicht an hatte. Sie stand auf, drehte die Heizung an und sagte zu Laura: „Komm, wir gehen zu mir rüber, nicht dass wir uns noch eine Erkältung holen. Nimm dein Nachthemd mit, du kannst bei mir schlafen, wenn du es möchtest.“ Laura nickte und zog sich das Nachthemd über, danach gingen sie auf Charlys Bude. Dort war es kuschelig warm, im Gegensatz zu Lauras Zimmer. Charly legte eine CD auf und ließ sie leise im Hintergrund laufen. Als sie im Bett lagen, wiederholte Charly ihre Fragen noch einmal. Laura überlegte und meinte nur: „Keine Ahnung was geschehen wäre.“ Charly: „Aber ich kann es dir sagen. Wenn dein Vater gestorben wäre, wärst du mit Sicherheit bis zu deiner Volljährigkeit in ein Heim gekommen. Also weg von München. Hätte dein Vater nicht den Unfall gehabt, wäre er mit dir nach Berlin gezogen, auch weg von München. Du siehst, egal was geschehen wäre, du wärst so oder so nach Berlin oder anderswo gekommen. Dein Leben in München hat damit aufgehört, als dein Vater die Stelle hier an der Uni angenommen hat. Für dich ist das natürlich schrecklich, weil du alle Freunde zurücklassen musst. Aber erinnere dich doch, wie es damals war, als ihr von Frankfurt nach München gezogen seid. Das war doch bestimmt das Gleiche. Und wie du siehst, hast du das auch überwunden. Und so wird es auch dieses Mal sein.“ Zum ersten Mal seid Laura in Potsdam war, kam sie aus sich heraus und erzählte Charly alles, was sie auf dem Herzen hatte. Sie bemängelte vor allem, dass sie hier niemanden hatte, mit denen sie nach der Schule abhängen und quatschen konnte. Auch dass sie niemand hatte, mit dem sie Hausaufgaben machen konnte, fand sie nicht so gut. Und dann fehlten ihr einfach die Klassenkammeraden. Hier in Potsdam betrachteten sie die Jungs als „Frischfleisch“, über die man einfach einmal drüber rutschen sollte. Und die Mädchen titulierten sie nur mit Schlampe, Bitsch oder ähnlichen Beschimpfungen. Was blieb Laura anderes übrig, als zurück zu schimpfen. Sie gab ja zu, dass dies kein Niveau war, auf das man sich herunterlassen sollte. Charly vertraute sie auch an, dass sie noch nie mit einem Jungen intim war. Ihre Jungfräulichkeit wollte sie dem richtigen Typen schenken. Es war ein sehr intimes Gespräch, was die beiden führten. Charly versprach ihr, mit niemanden darüber zu sprechen, auch nicht mit Thomas oder Jo. Sie wollte ihr helfen, wenn sie sich im Gegenzug wieder am Unterricht einbringen würde. Laura gestand ihr dabei, dass sie echte Probleme bei Mathe und in Bio hatte. Sie blickte es einfach nicht, wie manche Grundsätze funktionierten oder manche Aufgaben gelöst werden. Gegen 0:30 Uhr wurde sie so langsam müde und schlief ein. Das Weinen und ihre Wutausbrüche, hatten sie sehr geschwächt, körperlich und geistig. Charly überlegte noch eine Weile, wie sie ihr am Besten helfen konnte. Schwerpunkt war die Schule. Sie fasste den Entschluss, sich einmal ihre Mitschüler näher anzusehen. Wenn sie tatsächlich Recht hatte, wurde sie im Einstein Gymnasium gemobbt. Und wenn sie etwas hasste, dann dies. Nur wie sie so schnell einen Nachhilfelehrer für sie finden sollte, konnte sie auch nicht beantworten.

Klara hatte so nach und nach ihre Kleider und andere Wäsche aus ihrer alten Wohnung geholt. Thomas stellte ihr großzügig einen halben Kleiderschrank von sich zur Verfügung. Aber wer Frauen kennt weiß, dass sie nie genug Schuh- und Kleiderschränke haben. Über Männer wird immer gelästert, dass sie beispielsweise nur 12 Unterhosen oder Socken haben, jeweils ein paar für jeden Monat, aber was sollen Männer auch dagegen tun, wenn er keinen Platz für mehr Klamotten hat, weil seine bessere Hälfte alle Schränke belegt. Dem Mann bleibt ja, gezwungener Maßen nichts andere übrig, als sich Klamottenmäßig einzuschränken. Dies macht er nur, damit seine Angebetete es gut hat. Also aus reiner Liebe. Ja, so sind nun einmal die Männer. Klara hatte Lauras Vorschlag, für Thomas neues Styling, gleich in die Tat umgesetzt. Sie schleppte ihn am Samstag einfach zu einer Boutique inmitten von Berlin und kleidete ihn neu ein. Mir einem neuen Sakko fing sie an. Dann folgten zwei neue Jeans Hosen, frische Unterwäsche und Socken. Zum Schluss kamen noch Schuhe, Hemden, Pullis, Krawatten und andere Dinge dazu. Thomas blieb nur eines zum Schluss übrig, mit der Kreditkarte zu bezahlen. Als sie zu Hause alles auspackten, öffnete er seinen Kleiderschrank. Nach reiflicher Überlegung stellte er fest: „Kleines, ich habe kein Platz mehr für die neuen Klamotten, denn ich habe dir ja die Hälfte meines Schrankes für deine Klamotten gegeben.“ Klara: „Dann musst du dich eben von alten und abgenutzten trennen. Wirf einfach alles weg, dann hast du wieder genug Platz.“ Thomas: „Und was mache ich mit den Schuhen, soll ich die auch wegwerfen?“ Klara sah sich die Schuhe an und zählte acht Paar Schuhe. Sie war der Meinung, dass zwei Paar davon nicht mehr der aktuellen Mode entsprachen. Er müsste sich nur von diesen trennen, dann hätte er genug Platz für die Neuen. Thomas tat nun etwas, was ein Mann wohl besser nicht tun sollte. Er öffnete Klaras Schuhschrank und warf einige Exemplare heraus. Dann stellte er dafür seine hinein. Klara sah sich dies zuerst gelassen an. Erst als er einige Paare verächtlich aus dem Schrank entfernte, sagte sie leicht gereizt: „Mein lieber Schatz, nicht die, an denen hänge ich zu sehr. Und zudem sind das Übergangsschuhe, die man immer tragen kann, wenn es nicht gerade einen Meter Schnee hat.“ Sie stellte sie wieder in den Schrank und entfernte wieder Thomas Schuhe. Thomas: „Gut, dann eben andere. Wie wäre es mit diesem hässlichen Paar?“ Dabei hob er ein paar fliederfarbene Pumps in die Höhe. Klara: „Bist du verrückt, das sind die Schuhe für mein fliederfarbenes Kostüm. Weist du überhaupt, wie lange ich nach diesen Pumps gesucht habe, bis ich sie endlich gefunden hatte? Also, diese auf keinen Fall. Und von wegen hässlich, du hast lediglich den falschen modischen Geschmack, wenn ich das einmal erwähnen darf.“ Thomas: „Ach ja, aber du hast den richtigen Modegeschmack. Du berätst ja Lagerfeld und Co. Deshalb sehen die alle immer so steif und schwul aus.“ Klara: „Da sieht man wieder einmal, dass du von Mode absolut keine Ahnung hast. Die Herren Lagerfeld und Joop sehen immer gut gekleidet aus. Nimm dir ein Beispiel an ihnen, dann würdest du nicht in Klamotten herumlaufen, die dich als bieder und konservativ wirken lassen.“ Thomas: „Ach, ich sehe also altbacken aus? Dann kann es aber mit deinem Geschmack auch nicht so weit her sein. Oder wie erklärst du es dir dann, dass du mit einem biederen und konservativen Typen zusammen bist?“ Klara: „Ich habe nicht gesagt, dass du das bist, sondern nur gemeint, dass deine Klamotten das sind.“ Thomas: „Weißt du was Kleines, mach gerade was du willst. Ich stelle meine Schuhe einfach vor die Tür und den Rest der neuen Klamotten packe ich wieder ein und tausche sie morgen wieder um. Und nun gehe ich nach unten und suche mir einen anderen Gesprächspartner, der mich nicht für altbacken und bieder hält. Ich empfehle mich.“ Er drehte sich um, nahm die neuen Paar Schuhe und ließ Klara einfach stehen. Die Schuhe stellte er, wie in vielen guten Hotels üblich ist, einfach vor die Tür. Beim heruntergehen dachte er für sich, hoppla, dass war unser erster Krach. Besser gesagt Meinungsverschiedenheit. „Konservativ, altbacken und bieder sehe ich aus“, murmelte er im blauen Salon vor sich hin. Jo fragte: „Was faselst du da?“ Thomas: „Was gibt es an meinen Klamotten auszusetzen? Sie wirft mir vor, ich würde darin altbacken und bieder aussehen.“ Jo: „Mach dir nichts daraus, Frauen haben von Mode eh keine Ahnung. Überlege doch einmal, warum es nur Männer sind, die erfolgreich Mode machen? Weil Frauen keine Fantasie haben. Sie ziehen doch nur an, was man ihnen als chic und modern vorgaukelt. Nimm einen alten Kaffeesack, färbe in grün und klebe einige Glitzersteine daran. Schneide oben und unten ein Loch hinein, seitlich zwei und erzähle ihnen, dass dies der neueste modische Schrei wäre. Was glaubst du, wie viele Frauen sich diesen Mist am nächsten Tag kaufen würden?“ Thomas: „Einige bestimmt. Ist ja auch egal, was eine Frau an hat, sie wird es immer für toll finden.“ Jo: „Lass uns auf die Mode trinken. Männer entwerfen sie und Frauen tragen sie. Dabei sehen Frauen, wenn sie gar nichts anhaben, immer noch am besten aus, oder was meinst du, Alter?“ Thomas: „Nicht immer, Jo. Aber bei uns Männern wird das wohl auch so sein.“ Jo: „Klamotten sollen einen Mann nicht zum Pudel machen, sondern zweckmäßig sein, sonst nichts.“ Sie hörten näherkommende Stimmen vom Flur. Es waren Maria und Jule. Jo gab Thomas ein Zeichen, dass er über dieses Thema nichts mehr sagen sollte. Die zwei Frauen kamen herein und Maria fragte: „Na, was brütet ihr zwei wieder aus?“ Jo: „Nichts, wir genießen nur unseren wohlverdienten Feierabend am Kamin und bei einem Whisky. Wir Männer sind ja so genügsam.“ Jule: „Maria, weißt du welche drei Dinge Männer brauchen? Eine Fernbedienung, ein Auto und eine Frau im Bett. Auf mehr ist ihr Horizont nicht ausgerichtet.“ Maria lachte. Jo wollte noch etwas sagen, aber Thomas hielt ihn davon ab. Er fand es nicht ratsam, sich mit den beiden Frauen auf eine Grundsatzdiskussion über die Bedürfnisse von Männern einzulassen. Er prostete Jo zu und meinte: „Wo die Frauen Recht haben, da haben sie eben Recht. Aber es kommt der Tag, da werden wir unseren Horizont erweitern und legen uns noch eine vierte Sache zu. Nur was, überlegen wir uns gründlicher. Wir haben schon einmal einen Fehler gemacht, als wir den Apfel von Eva genommen haben.“ Jule: „Jetzt sind wir Frauen wieder Schuld, wegen der Vertreibung aus dem Paradies?“ Jo: „Aber nein, Schatz. Es war doch nur eine Metapher, sonst nichts. Prost die Damen.“ Gegen 23:30 Uhr ging Thomas nach oben. Als er vor seiner Tür stand, sah er, dass zwei schwarze Säcke neben der Tür standen und seine neuen Schuhe fehlten. Er lauschte erst einen Moment, hörte aber nichts von innen. Klara schien schon zu schlafen. Leise öffnete er die Tür. Das Erste was er sah, waren einige Kerzen die auf dem kleinen Tisch brannten. Thomas schloss die Tür und zog sich die Schuhe aus und stellte sie neben den Tisch. Auf keinen Fall wollte er Klara wecken. Doch die stand dann in einem Bademantel in der Schlafzimmertür und hauchte: „Da bist du ja endlich, mein Liebster. Ich habe schon auf dich gewartet. Entschuldige bitte wegen vorhin, es war doch nicht so gemeint. Ich bin doch stolz darauf, so einen tollen Mann wie dich zu haben.“ Sie kam nun näher und sprach weiter: „Du hattest ja Recht, die Pumps sind wirklich hässlich. Schau Mal, was ich gemacht habe.“ Sie öffnete beide Schränke, sowie den Schuhschrank. In seinem Schrank hingen alle seine Klamotten fein säuberlich nebeneinander. Und es war sogar noch Platz für neue Sachen. Im Schuhschrank standen alle seine Schuhe in zwei Fächern. Auch hier war noch Platz. Klara: „Ich habe einige Sachen entsorgt, die mir nicht mehr gefallen haben. Auch habe ich mich von zehn Paar Schuhen getrennt, die wirklich nicht schön waren. Ich hätte sie sowieso nicht mehr angezogen. Du siehst, ich bin lernfähig. Bitte lass uns nie wieder wegen solch einer Lappalie streiten. Das ist doch unter unserem Niveau.“ Thomas wusste gar nicht wie ihm geschah. Er fragte sie: „Und das hat dir überhaupt nichts ausgemacht?“ Klara: „Es hat mich schon einige Überwindung gekostet, aber was sein muss, muss eben sein. Und für dich habe ich extra, mein schönstes Kleid angezogen.“ Sie stand etwa einen Meter von ihm weg und ging noch einen weiteren Schritt nach hinten. Dann sog sie langsam ihren Bademantel aus und stand splitternackt vor ihm. Klara: „Und wie gefällt dir es?“ Thomas ging langsam auf sie zu und zog sie an sich. Dann meinte er: „Es ist das schönste Kleid, dass ich je gesehen habe. Mir tut es auch leid, es wird nie wieder vorkommen, dass wir über Klamotten oder Schuhe streiten.“ Er streichelte ihr über den Rücken und fuhr fort: „Das Kleid steht dir hervorragend, wie maßgeschneidert. Sauber verarbeitet und einen wunderbaren Stoff hat es auch. Es fühlt sich einfach umwerfend an. Das solltest du ruhig öfter anziehen.“ Sie knöpfte derweil sein Hemd auf und sagte verführerisch: „Ist es dir nicht zu heiß? Ich helfe dir beim ablegen.“ Das Spiel ging so lange, bis auch er nackt war. Nach einem langen und innigen Kuss, trug er sie ins Schlafzimmer und legte sie aufs Bett. Das schönste bei einem Streit ist und bleibt doch, die Versöhnung. Die beiden hatten eine lange und lustvolle Nacht vor sich, da wollen wir nicht weiter stören.

Am nächsten Tag verteilte Franzi wie immer die Post und sammelte erledigte Aufträge ein. Zum Schuss ging sie zu Dirk. Sie klopfte bei ihm an und wartete brav bis er „Herein“ sagte. Heute sah er etwas besser aus, hatte er wahrscheinlich eine gute Nacht gehabt. Und damit meine ich nur, dass er endlich wieder einmal schmerzfrei durchgeschlafen hatte. Franzi: „Guten Morgen, Dirk, hier ist deine Post. Hast du etwas zum mitnehmen?“ Dirk: „Guten Morgen, Franzi. Ja, da drüben. Es sind die Kalkulationen für die Grüner GmbH und Fellmann AG. Sag Thomas bitte, es sind die Selbstkosten, die Aufschläge muss er machen. Für Montage und Installation, soll er die übliche Pauschale berechnen.“ Franzi: „Ich werde ihm eine Aktennotiz anheften.“ Jetzt übergab sie ihm das Schreiben, welches ihr Julia gestern am Abend gegeben hatte. Franzi: „Das soll ich dir von Julia geben. Es ist die Antwort aus Heidelberg. Willst du es nicht gleich lesen?“ Dirk schüttelte mit dem Kopf und meinte nur, er müsste erst noch etwas anderes erledigen, dann würde er es lesen. Franzi: „Aber du liest es, versprochen?“ Dirk: „Ich werde es lesen. Du weißt ja schon was darin steht, stimmt’s?“ Franzi tat ahnungslos und schüttelte mit dem Kopf: „Nein, ich weiß es nicht. Aber du wirst es mir bestimmt sagen, zu welchem Ergebnis die Uni Klinik gekommen ist. Ich komme heute Nachmittag sowieso noch einmal vorbei, dann kannst du es mir ja sagen.“ Sie sagte Tschüss und ließ ihn wieder alleine. Um 16:30 Uhr machte sie ihre nachmittägliche Runde mit der Hauspost. Sie kam wieder zu Dirk und fragte: „Hast du noch etwas für die Buchhaltung?“ Dirk: „Nein, heute nicht. Aber etwas für dich.“ Franzi fragte verwundert: „Für mich?“ Dirk reichte ihr den Umschlag mit dem Schreiben aus Heidelberg und meinte: „Lies es selbst, sonst kannst du heute Nacht vor Neugierde nicht schlafen.“ Franzi tat so, als wüsste sie nicht was darin stand und sagte nach dem lesen: „Wie es scheint, sind dass doch gute Nachrichten. Und, was machst du?“ Dirk: „Ich weiß es noch nicht. Ich muss erst einmal eine Nacht darüber schlafen.“ Franzi: „Mach dass, schließlich geht es ja um deine Zukunft, dass will reiflich überlegt sein. Die Entscheidung mit oder ohne Beine, ist nicht so einfach. Also, ich geh dann wieder. Ich wünsch dir eine schmerzfreie Nacht. Wenn was sein sollte, du hast ja meine Handynummer. Tschüss.“ Sie drehte sich um und ließ ihn alleine in seinem Glaskasten. Franzi machte einen auf gleichgültig und cool, was Dirk so nicht an ihr kannte. Er überlegte eine Weile und fragte sich, ob sie vielleicht doch mehr wusste, als indem Schreiben stand? Schließlich war ihre Schwester Orthopädin und sie hatte den Professor Dr. Kleinert kontaktiert. Was sollte er nur machen? Es ließ ihm keine Ruhe und er rief Franzi kurzerhand an. Sie meldete sich: „Ja Dirk, ist was passiert?“ Dirk: „Bist du noch im Werk?“ Franzi: „Ich wollte gerade fahren, warum?“ Dirk: „Warte bitte auf dem Parkplatz, ich komme gleich.“ Franzi fiel ein Stein vom Herzen. Sie wusste, Dirk hatte Zweifel. Jetzt hieß es, nur nicht euphorisch werden, sondern ganz cool bleiben. Dirk kam auf den Parkplatz und fragte sie: „Hast du Zeit für mich?“ Franzi: „Klar, für dich immer. Was ist los?“ Dirk: „Komm lass uns woanders hingehen. Wenn es dir nichts ausmacht, fahre ich mit dir. Oder ist es zu viel verlangt?“ Franzi: „Nur keine Angst, ich habe genug Platz für deinen Rollstuhl.“ Sie schloss die Beifahrertür auf und half ihm beim einsteigen. Danach klappte sie den Rollstuhl zusammen und fuhr mit ihm zur Villa Bergmann. Unterwegs fragte er: „Wo fährst du hin?“ Franzi: „Zu mir nach Hause, oder möchtest du lieber, dass ich dich nach Hause bringe. Dort stört uns niemand und genügend Platz haben wir auch. Zudem kannst du mit dem Rolli über den Seiteneingang direkt in die Villa fahren. Du weißt ja, Thomas saß ja auch ein paar Wochen im Rollstuhl.“ Dirk hatte nichts dagegen und Franzi fuhr beim erreichen der Villa an den Seiteneingang. Franzi gab den Zahlencode ein und schob Dirk in den blauen Salon. Sie bat ihn um einen Moment Geduld, weil sie noch schnell Kaffee machen wollte. Zehn Minuten später saßen beide vor dem Kamin und Dirk holte das Schreiben der Heidelberger Klinik heraus. Dann sagte er: „Ich habe mich heute Mittag via Internet, über diesen Kleinert schlau gemacht. Der scheint ja echt was auf dem Kasten zu haben. Es gab viele Einträge von Patienten, denen er geholfen hat. Zwei davon habe ich angerufen und die haben mir über ihre Krankheiten berichtet und was der Kleinert mit ihnen gemacht hat. Ich kann das gar nicht glauben, dass er Leute geholfen hatte, die wie ich, auch im Rollstuhl saßen und hinterher wieder einigermaßen laufen konnten. Was würdest du tun, Franzi?“ Sie wusste natürlich was sie tun würde, tat aber so, als müsste sie erst überlegen. Schließlich meinte sie: „Man muss das für und wider gegeneinander abwägen. Im Endeffekt ist doch nur die Frage zu klären, ob du so weitermachen möchtest wie bisher, oder ob du deine Situation verändern willst? Ich bin ja kein Arzt und habe keine Ahnung was dir so Probleme macht. Wenn du möchtest, hole ich schnell meine Schwester, die kann dir bestimmt näheres dazu sagen. Sie ist Orthopädin und weiß von was sie redet. Sie ist hier, soll ich sie holen?“ Dirk nickte und sagte nur kurz: „OK, hole sie.“ Franzi ging hoch zu Julia und bat sie in den blauen Salon zu kommen. Franzi erklärte ihr kurz, dass Dirk da wäre und bat ihr nichts darüber zu erzählen dass sie bereits wusste, was im Schreiben aus Heidelberg stand. Zehn Minuten später kam sie herunter und setzte sich dazu. Julia kam gleich zur Sache und klärte Dirk darüber auf, was ihn ohne OP erwarten könnte. Abschließend meinte sie: „Eines kann ich ihnen nur sagen, wenn sich ihr Zustand verschlechtert, werden ihnen über kurz oder lang, beide Beine amputiert. Je länger sie warten, desto schlechter werden die Aussichten für eine Genesung. Ich kann ihnen aber nicht sagen, was Professor Dr. Kleinert mit ihnen im Detail machen möchte, dass wird er ihnen aber selbst sagen, wenn die Untersuchungen positiv ausfallen. Es wird einiges auf sie zukommen. Es können durchaus mehrere OPs sein, die sie über sich ergehen lassen müssen. Falls es dem Professor nicht gelingt sie wieder fit zu machen, dann können sie aber immerhin sagen, dass sie alles menschenmögliche dafür getan haben um ihre Situation zu verbessern. Eines weiß ich aber ganz genau, er wird alles dafür tun, dass sie in Zukunft schmerzfrei sein werden. Ein Versuch ist es allemal wert. Sie müssen das ganz alleine mit sich selbst ausmachen. Aber wenn Sie etwas tun, sollten sie dies Zeitnah machen. Rufen sie in Heidelberg an und vereinbaren sie mit ihm einen Termin. Karl wird sie hinbringen und wenn sie seelischen Beistand brauchen, so kann sie ja Franzi begleiten.“ Dirk: „Aber es geht nicht alleine um die Operationen. Wenn ich in der Klinik liege, wer macht dann meine Arbeit? Außer mir kennt doch keiner meinen Job. Ich fehle doch vorne und hinten. Ich kann Thomas das nicht antun.“ Indem Augenblick hörten sie, wie Klara und Thomas nach Hause kamen. Franzi: „Ah, da kommt Thomas. Jetzt kannst du das gleich regeln, wer deine Arbeit macht. Ich kann dir jetzt schon sagen, wie er reagieren wird.“ Dirk: „Nein, lass mal, ich muss mir das alles erst durch den Kopf gehen lassen. Wenn es so weit sein sollte, kann man immer noch darüber sprechen.“ Thomas und Klara kamen nun in den blauen Salon. Thomas: „Grüß dich, Dirk. Als Maria sagte, dass ein junger netter Mann hier im Rollstuhl sitzt, habe ich sofort an dich gedacht. Was ist los, warum bist du hier?“ Thomas wusste nichts von dem Schreiben aus der Heidelberger Uni. Dirk hielt es ihm hin und meinte nur, dass er es lesen sollte. Thomas las es durch und sagte: „Wie ich das deute, wird eine OP deine Situation verbessern. Das ist doch großartig. Du sitzt aber hier, wie sieben Tage Regenwetter. Freust du dich denn nicht?“ Franzi: „Er macht sich Sorgen darüber, dass du, solange er in der Klinik ist, pleite gehen könntest, weil keiner seinen Job machen kann.“ Thomas: „Ach du lieber Himmel. Mach dir keinen Kopf deswegen. Glaube mir, alle in der Firma wünschen sich nichts sehnlicher, als dass du wieder gesund wirst. Und wenn Arbeit liegen bleibt, weil nur du sie machen kannst, dann bleibt sie halt liegen. Ganz egal wie lange es dauert. Ich hoffe, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt. Wann fährst du?“ Dirk: „Ich wollte mir das erst in aller Ruhe überlegen und dann entscheiden.“ Thomas: „Wie alt bist du jetzt? 29 und wirst 30 Jahre alt. Das heißt, du hattest lange genug Zeit zum überlegen. Jetzt kommt die Zeit zum handeln. Wenn du es möchtest, rufe ich gleich in der Klinik an und mache einen Termin bei dem Professor.“ Julia: „So einfach ist das nicht, Tommi. Selbst wenn du ihn jetzt tatsächlich ans Telefon bekommst, hat die Klinik eine Warteliste.“ Thomas: „Na gut, wir werden ja sehen. Soll ich es probieren, Dirk?“ Dirk Ommer hörte nur Warteliste und dachte insgeheim, wenn ich erst in zwei oder drei Wochen dran komme, kann ich immer noch rechtzeitig absagen. Deshalb sagte er zu Thomas: „Du kannst es ja probieren. Aber ich denke, du wirst jetzt niemand mehr erreichen. Ist ja auch nicht so eilig, morgen ist auch noch ein Tag.“ Thomas: „Du weckst den Ehrgeiz in mir. Ich rufe jetzt in der Klinik an. Fragen kostet ja bekanntlich nichts.“ Er stand auf und verabschiedete sich mit dem Schreiben in der Hand ins Arbeitszimmer. Maria kam nun auch in den blauen Salon und brachte frischen Kaffee. Sie lüftete erst einmal, weil doch eine dicke Nebelschwarte im Raum hing. Maria zu Dirk: „Sie essen doch mit?“ Franzi antwortete für ihn: „Natürlich isst er mit, Maria. Oder irre ich mich?“ Dirk: „Was bleibt mir anderes übrig, sonst komme ich nicht mehr nach Hause. Es war Spaß, selbstverständlich esse ich gerne mit.“ Maria: „Ich hoffe, sie mögen Rindsrouladen mit Kartoffeln und Gemüse?“ Dirk: „Das habe ich schon ewig nicht mehr gegessen. Für mich alleine rentiert sich das nicht, viel zu zeitaufwendig.“ Thomas kam zurück und setzte sich und Franzi fragte: „Und, hat du mit dem Professor gesprochen?“ Thomas: „Julia hatte Recht, es gibt tatsächlich eine Warteliste. Zur Zeit beträgt sie drei bis vier Wochen.“ Julia: „Wusste ich‘s doch. So eine Kapazität ist immer auf Wochen ausgebucht.“ Thomas: „Aber ich hatte Glück. Für Morgenmittag hat ein Patient abgesagt. Du hast um 15:00 Uhr einen Termin. Du wirst noch einmal komplett durchgecheckt. Erst danach entscheidet er, ob oder was er für dich tun kann.“ Dirk schluckte kräftig. Schock! Aus dieser Nummer kam er jetzt aber nicht mehr heraus. Ob er wollte oder nicht, Dirk musste morgen um 15:00 Uhr in Heidelberg sein. Thomas: „Karl fährt dich hin und Franzi begleitet dich, erstens, als moralische Stütze und zweitens, dass du es dir unterwegs nicht noch anders überlegst.“

Charly wartete am Einstein Gymnasium auf Laura. Sie hatte noch etwas Zeit, bis Laura Schulschluss hatte. Deshalb stieg sie aus und lief zum Eingang des Gymnasiums. Dort zündete sie sich eine Zigarette an und setzte sich auf ein Geländer, in der Nähe der Fahrradständer. Der Pausengong erklang und Charly wartete geduldig auf Laura. Als sie sie sah, wurde sie Zeuge folgender Szene. Charly hatte ihr Handy gerade in der Hand und fing an das Ganze zu filmen. Laura kam aus der Eingangstür. Ihr folgten dicht, drei Jungs und zwei Mädchen. Kaum das sie aus der Tür waren, fing einer der Jungs an Laura zu schupsen. Laura kam ins straucheln und fiel zu Boden. Ein anderer Junge stand ihr auf die Hand und die Mädchen traten ihre Schultasche weg, so dass alle Bücher auf dem Schulhof verstreut wurden. Der Junge der sie geschupst hatte, spukte ihr nun ins Gesicht und beschimpfte sie: „Na, du kleine bayrische Drecksau, wie gefällt dir das? Wenn du noch mehr willst, dann musst du es nur sagen.“ Eines der Mädchen geiferte: „Du dreckige bayrische Bitsch, es wird Zeit das du von hier verschwindest. Wir wollen keine Ausländer in unsere Klasse.“ Das war für Charly das Zeichen, endlich dem Treiben ein Ende zu setzen. Sie gab dem Jungen, welcher auf Lauras Hand stand, eine saftige Ohrfeige. Der andere Junge wollte dem geohrfeigten zur Hilfe eilen und schlug auf Charly ein. Diese fackelte aber nicht lange und griff ihm an seine Kronjuwelen und packte diese sehr kräftig an. Trotz Gegenwehr ließ sie ihn da unten nicht los, sondern packte noch kräftiger zu. Dann sagte sie zu ihm: „Ganz ruhig du Arsch, wenn du dich weiter wehrst, reiße ich dir deine kleinen Nüsse raus. Und sag deinen Kumpels sie sollen sofort aufhören, oder du singst in Zukunft im Mädchenchor.“ Der Junge rief laut: „Hört auf, lasst sie in Ruhe.“ Sofort hörte das Treiben auf. Laura wusste im ersten Augenblick gar nicht, was geschehen war. Erst als sie Charly erblickte und sah was sie in ihrer rechten Hand hielt, verstand sie die Situation. Charly sagte zu dem geohrfeigten: „Heb die Bücher auf und mache sie in die Tasche. Und ihr zwei Tussis, zeigt mir sofort den Weg zum Direktor. Wird’s bald?“ Sie öffneten die Tür und Charly ließ das Geschlechtsteil des Jungen los, nahm ihn aber sofort in den Polizeigriff. Charly: „Los weiter und etwas schneller, wenn ich bitten darf.“ Sie gingen eine Treppe hoch und liefen den langen Flur entlang, an dessen Ende eine Tür war, auf der „Direktorat“ stand. Charly zu einen der beiden Mädchen: „Los mach die Tür auf, aber flott, sonst dreh ich dir deinen Hals auf halb zwölf.“ Sie öffnete die Tür und Charly beförderte alle ins Vorzimmer des Direktors. Die Sekretärin schrie entsetzt auf: „Was ist denn hier los, was soll das?“ Charly: „Ist der Boss da?“ Die Sekretärin: „Wenn sie den Herrn Direktor damit meinen, ja der ist hier. Aber sie brauchen einen Termin, sie können nicht einfach..“ Weiter kam sie nicht, weil Charly bereits die Tür öffnete. Dann sagte sie: „Jetzt habe ich einen Termin, bemühen sie sich nicht, ich finde den Weg.“ Sie drückte alle in das Büro des Direktors und sagte zu Laura: „Wo ist dein Klassenlehrer?“ Laura: „Der müsste noch im Lehrerzimmer sein.“ Charly: „Dann geh hin und sage ihm, der Direktor möchte ihn sprechen.“ Laura schüttelte zuerst mit dem Kopf, aber Charly gab ihr zu verstehen, dass sie ihn sofort holen sollte. Der Direktor war genauso erschrocken, wie zuvor seine Sekretärin. Er brüllte: „Was fällt ihnen ein, wir sind hier doch nicht auf dem Rummelplatz. Wer sind sie und was ist das für ein Tumult?“ Charly: „Und wer sind sie?“ Rektor: „Ich bin Lars Wiesinger und bin der Rektor dieses Gymnasiums. Und mit wem habe ich es zu tun?“ Charly: „Bergmann, Charlotte Bergmann. Bevor sie weiter fragen, schauen sie sich das Video an.“ Charly drückte auf Wiedergabe und spielte das Video ab. Als es fertig war, fragte sie: „Noch Fragen, Herr Wiesinger?“ Doch der schüttelte mit dem Kopf und fragte einen der Jungs: „Harald, was sollte das, wenn das dein Vater erfährt, schickt er dich aufs Internat. Warum macht ihr so was?“ Charly: „Wie ich sehe, kennen sie die Täter. Ich möchte die Namen und Adressen aller Beteiligten. Falls sie sich weigern, steht das Video in zwei Minuten auf YouTube und ich gebe es an die Presse weiter. Sie haben die Wahl, es ist ihre Entscheidung.“ Nun kam Laura und ihr Klassenlehrer dazu. Bevor Herr Hartwig etwas sagen konnte, spielte Charly auch ihm das Video vor. Entsetzt sah er sich das Video an. Als es fertig war, meinte er: „Jetzt verstehe ich, warum du dich so verhalten hast. Warum bist du nicht zu mir gekommen, ich hätte dem Spuk ein Ende gesetzt. Wir sprechen morgen früh vor der Klasse darüber. Aber vorher möchte ich mich bei dir in aller Form entschuldigen. Ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung an?“ Laura: „Ist schon gut, Entschuldigung angenommen. Und was ist mit den anderen, die die fünf abgezockt haben?“ Direktor Wiesinger: „Was meinst du damit, Laura?“ Laura: „Warum glauben sie, haben die fünf mich gemobbt und verprügelt? Weil ich ihnen nicht freiwillig alles gegeben habe, was sie von mir wollten.“ Wiesinger: „Und was wollten sie alles von dir?“ Jetzt rief Harald Meinhard, der Junge der sie auf dem Schulhof geschubst und bespuckt hatte: „Halt deine Fresse du Bitsch, sonst kannst du was erleben.“ Charly fackelte nicht lange und gab ihm eine weitere Ohrfeige und meinte: „Niemand beleidigt Laura in meiner Gegenwart. Du kommst dir wohl großartig vor, aber ich werde dafür sorgen, dass dir dein großes Maul gestopft wird. Also Laura rede weiter, die fünf werden dir nichts mehr tun.“ Laura: „Zuerst wollten sie mein Smartphone haben. Als ich es ihnen nicht gab, haben sie Geld von mir gefordert. Ich habe ihnen dann 20.- Euro gegeben. Das war aber nicht genug. Sie wollten jetzt jeden Tag Geld von mir haben. Da ich ihnen keines gab, nahmen sie mir meine Jacke von Kotani ab. Und so ging es weiter, bis ich ihnen nichts mehr gegeben habe. Das Spiel haben sie mit allen in der Klasse gemacht. Auch anderen Schüler und Schülerinnen aus den anderen Klassen haben sie so abgezockt. Und wer nichts hatte, musste für sie klauen gehen.“ Charly: „Ich möchte sofort die Namen und Adressen der fünf Kriminellen haben.“ Wiesinger: „Tut mir leid, das darf ich nicht. Das unterliegt dem Datenschutz. Ich werde mich der Angelegenheit annehmen.“ Charly: „Und wie wollen sie das tun? Hundert Mal schreiben lassen „Ich darf nicht kriminell sein“? Nein, Herr Wiesinger so nicht. Sie wollten Laura von der Schule verweisen, nur weil sie zwei Wochen nicht am Unterricht teilgenommen hat. Ich verlange, dass sie die fünf auf der Stelle einen Schulverweis aussprechen.“ Wiesinger: „Ihr könnt gehen, der Sachverhalt muss erst geklärt werden. So einfach ist das nicht, Frau Bergmann.“ Die fünf waren auf der Stelle verschwunden. Charly: „Sie haben sie wohl nicht alle. Sie hätten die Polizei rufen müssen. Die fünf haben geraubt, erpresst und Körperverletzung begangen, nur um einige Straftaten zu nennen. Jeder Jugendrichter würde sie als kriminelle Bande einstufen und ihnen dafür für mindestens sechs Monate Jugendknast verurteilen und sie lassen sie laufen. Warum machen sie das?“ Wiesinger: „Sie haben ja keine Ahnung, wer die Eltern der fünf sind. Und mit denen legt man sich am Besten nicht an. Ich werde versuchen, sie von der Schule verweisen zu lassen, ohne das es hohe Wellen schlägt.“ Charly: „Einen Teufel werden sie tun. Falls die fünf morgen noch auf der Schule sind, haben sie zur großen Pause die Presse und das Fernsehen hier, dafür werde ich sorgen. Mir ist egal welche Positionen ihre Eltern begleiten, ich möchte nur Gerechtigkeit für alle, die die fünf abgezockt haben. Also, zum letzten Mal, geben sie mir die Namen und Adressen.“ Laura: „Die Namen kannst du von mir haben, nur wo sie wohnen weiß ich nicht.“ Wiesinger kam nun ins schwitzen. Er meinte gütlich: „Bitte lassen sie doch die Kirche im Dorf. Ich regle das, so dass niemand sein Gesicht verliert. Ich bin sicher die Eltern der fünf werden für alle entstandenen Schäden aufkommen.“ Charly: „Sie haben den Schuss noch immer nicht gehört. Ich will das die fünf vor Gericht kommen und ihre Strafe für ihr Verhalten bekommen.“ Wiesinger: „Sie wollen doch nicht die Zukunft von fünf Jugendlichen zerstören?“ Charly: „Ach, woher der Sinneswandel? Noch gestern wollten sie Laura wegen einer Lappalie von der Schule verweisen. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit? Laura hat ja keinen einflussreichen Vater, mit der kann man es ja machen. Mein Bruder war ja hier und hat ihnen erklärt, dass Lauras Vater in der Charité liegt und um sein Leben kämpft. Dafür hatten sie, wie ich sehe, kein Verständnis. Was sind sie doch für, mit Verlaub, ein Arschloch. Zum letzten Mal, die Adressen.“ Jetzt meldete sich Hartwig: „Kommen sie mit, ich gebe sie ihnen. Ich möchte auch, dass die Fünf ihre gerechte Strafe bekommen. Nur durch Abschreckung, können wir weitere Übergriffe verhindern. Gehen wir ins Lehrerzimmer.“ Wiesinger: „Das wagen sie sich nicht. Sie wissen schon, das dies Konsequenzen für sie hat?“ Hartwig: „Wie sollen unsere Schüler Zivilcourage lernen, wenn wir sie ihnen nicht vorleben? Ehrlich- und Gerechtigkeit sind Tugenden, die man als Lehrer lehren und vorleben sollte. Und wenn schon, Herr Direktor, so gut wird mein Job auch nicht bezahlt. Ich bin ja kein Beamter wie sie, der seine 5800.- Euro im Monat mit Pensionsanspruch verdient. Machen sie die Sache nicht noch schlimmer, für sie und die Schule. Zeigen sie Rückgrat und suspendieren sie die fünf mit sofortiger Wirkung von der Schule. Ich empfehle mich.“ Wiesinger sagte nichts mehr. Er ließ sich in seinen Sessel fallen und wischte sich mit einen Taschentuch den Schweiß aus seinem Gesicht. Ihm wurde so langsam bewusst, dass er die sogenannte Arschkarte gezogen hatte. Hartwig führte Charly und Laura in das Lehrerzimmer, suchte dort die Adressen der fünf heraus und gab sie Charly. Dann wollte er von Laura noch wissen, wer noch alles von den fünfen abgezockt wurde. Laura nannte sie ihm, soweit sie ihre Namen kannte. Insgesamt waren es über dreißig Jugendliche, die von den fünf ausgenommen wurden. Das waren aber nicht alle, es war nur die Spitze des Eisberges, so vermutete Hartwig. Charly bedankte sich bei ihm und gab ihm die Telefonnummer von Franz, dem Rechtsanwalt der Familie. Kaum waren sie im Schulhof meinte Laura: „Danke, dass du mir geholfen hast.“ Charly nahm sie in den Arm und fragte sie: „Warum hast du mir das nichts schon gestern Abend erzählt? Hattest du denn kein Vertrauen zu mir?“ Laura: „Doch schon, aber hättest du mir geglaubt, nachdem ich euch so oft angelogen habe?“ Charly: „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich schon Zweifel daran gehabt. Aber ich wäre der Sache mit Sicherheit nachgegangen.“ Sie nahm ihr Handy heraus und rief erst einmal Dr. Franz Konrad, den Anwalt der Familie an. Sie schilderte ihm kurz, was vorgefallen war und gab ihm die Namen der fünf Jugendlichen durch. Franz gab ihr die Anweisung nichts zu unternehmen, bevor sich seine Vermutungen bestätigten. Charly wusste nicht was er vermutete, sollte es aber am Abend in der Villa erfahren. Gemeinsam fuhren sie in die Suppenküche. Als sie ankamen, war es bereits kurz nach 14:00 Uhr. Laura: „Und hier arbeitetest du?“ Charly: „Ja, hier bin ich die Chefin. Komm mit, ich zeige dir alles und stelle dir meine Mitarbeiter vor. Die sind alle schwer in Ordnung. Alle haben zwar eine Macke, aber wer hat das heute nicht?“ Laura: „Was für Macken?“ Charly: „Das wirst du gleich sehen und hören.“

Thomas hatte alle Mitarbeiter der Geschäftsleitung, in den Konferenzraum gebeten. Zur Entscheidung standen, die neuen Standorte der Niederlassungen. Anwesend waren neben Thomas, Jo Heinze, Klara Schönfeld, Dr. Franz Konrad sowie Kevin Gassner. Auf Dirk Ommer mussten sie leider verzichten, weil er ja einen Termin in der Heidelberger Uniklinik hatte. Sie wollten heute entscheiden, wo die beiden neuen Werke gebaut werden sollten. Das war dringend nötig geworden, weil die Kapazitäten in der Produktion nicht mehr ausreichten, um die Nachfrage zu erfüllen. Durch das Patent des Bergmann- Schlosses, schoss der Umsatz in gigantische Höhen. Die Gewinne sprudelten nur noch so, was die Herzen der Finanzämter in Berlin und Potsdam höher schlagen ließ. Schon alleine die Gewebesteuer ging in den zweistelligen Millionen Bereich im Jahr. Zwei Drittel aller anfänglichen Aufträge, mussten sogenannte Lizenz Partner erledigen. Thomas wollte aber keine weiteren Lizenzen mehr vergeben, weil er es lieber hatte, von anderen Firmen nicht abhängig zu sein. Ihm war es eigentlich egal, ob die Bergmann Werke durch die Lizenzen, weniger Gewinne machten. Ihm war es wichtig, dass er alles unter Kontrolle hatte und nicht auf andere Firmen angewiesen war. Zu groß ist die Gefahr, dass die Konkurrenz, sich diese Firmen einverleiben könnte und Thomas damit erpressbar ist. Und die Konkurrenz waren in erster Linie reiche Firmen und sogenannte Hedgefonds, die teilweise Milliardenbeträge zu Verfügung hatten, um jede Firma zu kaufen oder sie in die Pleite zu treiben. Thomas war sich dieser Bedrohung bewusst und wollte deshalb auch zwei neue Werke bauen, um über 80% der Produktion zu kontrollieren. Was aber noch keiner wusste, tüftelte Thomas bereits an einer weiteren Erfindung, die aber noch nicht ausgereift war. Nur Jo wusste davon und die Entwicklungsabteilung wunderte sich schon, warum Jo immer wieder rohe Motorblöcke bestellte, aber die nie wieder zu Gesicht bekam. Aber davon später mehr. Als alle die Unterlagen hatten, begann Thomas mit der Sitzung: „Ich habe euch hierher gebeten, um über die beiden Standorte der neuen Produktionsstraßen abzustimmen. Jo und ich haben in den letzten Wochen sechs verschiedene Grundstücke ausgesucht, die dafür in Frage kommen. Der Preis dafür spielte keine Rolle, einzig allein die Infrastruktur und der Verkehrswegeanschluss waren dafür maßgebend.“ Dann zählte er auf, wo sich diese Grundstücke befanden und wie groß sie waren. Er zeigte auch welche Anbindungen sie hatten. Vier von ihnen waren in Deutschland und die anderen beiden in Österreich. Sie diskutierten das für und wider aller Grundstücke und ließen dabei auch Zahlen sprechen. So zum Beispiel, wie hoch die Gewerbesteuer ist und wie viele Arbeitslose es in den einzelnen Regionen gab. Das war deshalb so wichtig, weil ohne die entsprechende Anzahl von Mitarbeitern, auch das modernste Montageband nicht in Betrieb gehen konnte. Beide Werke mussten aber auch so flexibel sein, dass man sie jederzeit erweitern konnte, ohne irgendwelche Auflagen zu befürchten. Die jeweiligen Dezernate hatten keine Einwände. Auch gab es von seitens des Umweltschutzes keine Befürchtungen, weil es ja keine Schadstoffausstöße gab. Es war lediglich die Heizung des Werkes, die berücksichtigt werden musste. Nur die Anbindung an das Stromnetz war bei einigen ein Problem. Thomas wollte unbedingt auf der ganzen Dachfläche Solarzellen installieren, was keinen so großen Anklang bei den örtlichen Netzbetreibern fand. Sie wollten unbedingt ihren eigenen Strom verkaufen, um das große Geschäft zu machen. Weil es bei zwei Städten keine Einigung in diesem Punkt gab, flogen sie aus der Liste der möglichen Standorte. Mitten in den Gesprächen läutete Franz sein Handy. Es war Charly, die ihn um Hilfe bat. Franz entschuldigte sich und verließ die Sitzung. Nach zehn Minuten kam er wieder und setzte sich wieder dazu. In der Hand hatte er einen Zettel, auf dem mehrere Namen standen. Nach einer weiteren Stunde fiel die Entscheidung. Einstimmig hatten sie beschlossen, das der neue deutsche Standort in Hamburg und der österreichische in Salzburg erstellt wurde. Jo machte sich gleich auf, die Vertragsunterlagen an die jeweiligen Makler zu schicken, damit diese Notartermine vereinbaren konnten. Kevin Gassner, der Marketing Chef verließ den Konferenzraum, so dass nur noch Klara, Thomas und Franz da waren. Thomas fragte: „Was wollte Charly von dir?“ Franz: „Laura und Charly haben ein Problem.“ Und Franz schilderte was ihm Charly vorher erzählt hatte. Klara und Thomas waren natürlich von den Socken, als sie das vom Einstein Gymnasium hörten. Thomas: „Aber warum hat uns die Kleine nichts davon erzählt?“ Klara: „Entweder wollte sie einen möglichen Rauswurf beschleunigen, um so schneller nach München zu kommen, oder sie hatte schlicht und einfach Angst, wir würden ihr die Geschichte nicht glauben.“ Thomas: „Und was unternehmen wir gegen diese Früchtchen? Wer sind die eigentlich?“ Franz: „Das wollte ich gerade überprüfen. Und wenn meine Vermutung zutrifft, dann wird es bestimmt gewaltige Probleme geben. Ich muss schnell noch die Richtigkeit der Adressen überprüfen. Ich gehe rüber ins Büro, kommt ihr mit?“ Jo kam nun auch ins Büro von Franz und Thomas. Kathi hatte inzwischen frischen Kaffee gemacht und brachte die Unterschriftenmappe mit. Thomas bat sie sich dazu zusetzen und Franz erzählte noch einmal, was sich im Einstein Gymnasium zugetragen hatte. Dann zeigte er ihnen das Video, das ihm Charly gesendet hatte. Alle waren fassungslos, wie die fünf über Laura herfielen. Franz: „Ich habe jetzt Gewissheit, wer die Eltern der fünf sind. Meine Befürchtungen haben sich leider bestätigt.“ Jo: „Was für Befürchtungen? Sind deren Eltern etwa Mafiabosse?“ Franz: „So krass würde ich dass nicht ausdrücken, aber alle Väter sind in der Politik involviert. So ist der Vater von Harald Meinhard, niemand anderer als Baudezernent und Fraktionsvorsitzender der CUD, Wolfgang Meinhard. Der zweite ist Florian Kimmig, sein Vater ist Landtagsabgeordneter von der SLD und heißt Hans Kimmig. Dann haben wir Stefanie Kogler, ihr Vater ist Besitzer des Straßenbau Unternehmens Kogler Bau und ist Vorstand der Berliner CUD. Hanna Wussler, ist das zweite Mädchen. Ihr Vater Peter Wussler, besitzt das größte Autohaus in Berlin und Potsdam, Vorsitzender der freien Wähler. Und zum Schluss ist da noch Heinrich Seiler. Er ist leitender Angestellter bei der KFZ Zulassungsstelle hier in Potsdam. Seiler ist Abgeordneter der Umweltpartei. Jetzt wisst ihr, mit wem ihr es zu tun habt.“ Ratlose Gesichter in der ganzen Runde. Franz: „Ich denke, die Jungs und Mädels müssen einen Schuss vor den Bug bekommen und lernen, dass sie nicht alleine auf Gottes Erdboden sind. Ihre Arroganz und Menschenverachtung gehört bestraft. Wir sollten da eine außergerichtliche Einigung finden.“ Klara: „Und was schwebt dir da so vor?“ Franz: „Auf jeden Fall einen Schulverweis. Die Eltern haben genug Geld, um ihre Sprösslinge auf ein Internat zu schicken. Dort geht es nicht so freizügig zu, wie bei ihren Eltern. Dann sollte man darüber nachdenken, auch den entstandenen Schaden, den die fünf angerichtet haben, finanziell auszugleichen. Und zu guter Letzt, noch jede Menge freiwilliger Sozialstunden in städtischen Einrichtungen. Ich denke, das würde reichen, um die Halbwüchsigen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Das wird sie auch von weiteren Straftaten abhalten, denn beim nächsten Mal würde es nicht so glimpflich ausgehen.“ Thomas: „Und wie willst du das alles umsetzen?“ Franz: „Für den Schulverweis, wird schon der Direktor sorgen. Ihm bleibt ja nichts anderes übrig, als die fünf von der Schule zu komplimentieren. Und für den Rest habe ich da jemanden, der spricht fast täglich solche Strafen aus.“ Jo: „Du meinst, diesen Klammer von der Stadt Potsdam?“ Franz nickte und Thomas fragte: „Ist der nicht auch in der CUD?“ Franz: „Ja, und? Glaubst du, dass er sich deshalb in die Nesseln setzt? Nie und nimmer. Wegen so einer Lappalie bestimmt nicht. Im Gegenteil, der wird äußerst hart vorgehen, damit ja kein Verdacht der Vetternwirtschaft auf ihn und die Partei fällt.“ Thomas: „Und wie soll dass Ganze ablaufen?“ Franz: „Lass mich das nur machen. Ich werde alle Beteiligten an einen Tisch setzen und ihnen sagen, wo es lang geht. Mit dabei wird Klammer sein, der den Parteien klar macht, falls sie der Vereinbarung nicht zustimmen, es von unserer Seite her, eine Anzeige folgt. Und die Aussicht, dass alles öffentlich wird und ihre Sprösslinge mit einem Gerichtsverfahren rechnen müssen, wird sie schon zum einlenken bewegen.“ Klara: „Und wenn die Sprösslinge sich weigern?“ Franz: „Dann müssen sie eben vor Gericht. Aber dass werden sie sich zweimal überlegen, denn wer geht schon gerne in den Knast. Ich brauche nur einen oder zwei Tage, um alles vorzubereiten.“ Thomas: „Tue dass, bis du alles erledigt hast, müssen wir eben ohne dich auskommen. Aber was machen wir jetzt mit Laura?“ Jo: „Wir werden uns wohl bei ihr in aller Form entschuldigen müssen. Und die verhängten Sanktionen sollten wir wieder zurücknehmen.“ Klara: „Das sehe ich anders. Das sie gemoppt und ausgenommen wurde, hat nichts damit zu tun, dass sie sich beim Unterricht und den Hausaufgaben verweigert hat. Sie hat uns nach Strich und Faden an der Nase herumgeführt und belogen. Auch lassen ihre Noten zu wünschen übrig. Wir haben eine Verantwortung für sie übernommen und der sollten wir auch gerecht werden.“ Thomas: „Bist du da nicht ein bisschen zu streng mit ihr?“ Klara: „Wie würdest du entscheiden, wenn es deine Tochter wäre?“ Thomas: „Auf jeden Fall nicht so streng wie du.“ Klara: „Und wenn Laura ein Junge wäre, was würdest du dann machen?“ Thomas: „Einen Sohn sollte man schon etwas strenger erziehen, schließlich muss er später einmal seinen Mann stehen und….“ Er hielt inne und überlegte einen Moment. Klara hatte erreicht was sie wollte. Thomas besann sich, über seine eigene Jugend nachzudenken. Klara: „Ja, ja, die Mädchen haben bei den Vätern immer einen Bonus. Sie werden verwöhnt und getätschelt. Kein Wunsch wird ihnen abgeschlagen, schließlich ist sie die Prinzessin.“ Thomas: „Entschuldige bitte, aber du hast ja Recht. Man muss beide gleichermaßen erziehen, sonst ergeht es den Jungs wie es mir ergangen ist und den Mädchen, wie meinen Schwestern. Wir lassen es bei den Maßnahmen, die wir für Laura beschlossen haben. Wir müssen nur am gegenseitigen Vertrauen arbeiten, sonst läuft das aus dem Ruder.“ Franz sah Jo an und der wusste gleich, jetzt fängt wieder das turteln an. Fürsorglich sagte er: „Alles Weitere könnt ihr ja heute Abend in der Kiste bei der Familienplanung besprechen.“ Klara und Thomas wussten ja was er meinte, stellten sich aber unwissend. Thomas: „Was meinst du eigentlich damit? Ich verstehe deine Anspielung nicht.“ Franz stand auf und meinte: „Wir sollten wieder zum Tagesgeschäft übergehen. Das Nachtgeschäft überlasse ich euch, denn dafür bin ich zur Zeit, mangels Partnerin nicht empfänglich.“ Alle lachten und Jo sagte zu ihm: „Ja Franz, dann musst du dich eben mehr anstrengen. Deine Zeit als junger Adonis und grandioser Liebhaber ist ja auch schon eine Weile her. Aber ich könnte ja einmal eine gewisse Maria fragen, ob sie sich nicht deiner annehmen möchte, schließlich bist du immer noch ziemlich rüstig für dein Alter.“ Franz: „Was heißt hier ziemlich rüstig? Ich steh immer noch mein Mann und bin topfit. Und wehe du sagst etwas zu Maria, dann werde ich dir die Hammelbeine langziehen, du Jungspund.“ Wieder Gelächter. Klara: „Dann zeige doch Maria, was du für sie empfindest. Vielleicht wartet sie nur darauf dass du sie verführst. Wusstest du nicht, dass wir Frauen erobert und verführt werden wollen? Und je raffinierter und kühner ein Mann vorgeht, desto lieber haben es wir Frauen.“ Jo: „Ja Franz, zeig ihr wo der Hammer hängt und mach ihr den Hengst.“ Alle lachten laut, nur Franz fand es weniger witzig. Er meinte nur lakonisch: „Ich bin ein Gentleman und respektiere die Frauen.“ Jo: „Die Gentlemans sind alle ausgestorben. Was denkst du, wenn Adam im Paradies so eine Einstellung, wie du sie hast, gehabt hätte? Dann gäbe es uns erst gar nicht und unser Herrgott, müsste sich mit Affen herumplagen, denn die sind alles andere was Liebe betrifft, zimperlich.“ Franz: „Ach so, und wie macht deiner Meinung nach dies das Affenmännchen?“ Jo: „Ganz einfach. Der sagt zu ihr. Uuga, uuga? Uga, uga. Und sie antwortet: Aga, aga.“ Franz: „Und was soll das Bitteschön heißen?“ Jo: „ Er fragt ficken, ficken und sie antwortet, klar doch aber beeile dich, dein Nebenbuhler wartet schon hinter dem Baum.“ Wieder lachten alle, sogar Franz. Klara: „Ich glaube, ich gehe lieber in den Schreibpool, dort ist das Niveau wesentlich höher. Ihr Männer kennt ja doch nur ein Thema.“ Thomas: „Denkst du da an etwas spezielles?“ Klara: „Wir sprechen heute Nacht darüber. Und meine Antwort wird nicht aga, aga sein, das kann ich dir jetzt schon versprechen.“ Nun lachten nur Franz und Jo. Klara: „Ich sollte Julia und Maria über dieses Gespräch erzählen, mal sehen ob ihr beide dann immer noch lacht.“ Jetzt lachte nur noch Thomas. Klara stand auf und verließ das Büro. Als sie draußen war, fragte Jo: „Glaubt ihr, sie wird Maria oder Julia etwas erzählen?“ Thomas: „Keine Ahnung, aber ich denke, eher nicht. Und wenn schon, es war doch nur Blödsinn den wir hier verzapft haben. Macht euch keinen Kopf deswegen.“

Franzi saß hinten neben Dirk und Karl meinte: „So, noch einen Kilometer, dann haben wir es geschafft.“ Ausfahrt Heidelberg, 1000 Meter stand auf dem Schild. Karl setzte den Blinker und bog auf die Ausfahrt ab. Das Navi dirigierte ihn durch einige kleine Ortschaften, bis sie endlich die Uniklinik sahen. Der Bau war schon etwas älter, aber trotzdem ehrwürdig. Karl hielt direkt vor dem Eingang, stieg aus und wollte den Rollstuhl von Dirk aus dem Kofferraum holen. Kaum das Karl ausgestiegen war, kam auch schon ein Mann in grauer Uniform daher und meinte: „Hier können sie nicht stehen bleiben. Fahren sie sofort den Wagen weg.“ Karl antwortete nicht und holte den Rollstuhl aus dem Kofferraum. Dann sagte Karl: „Sie sehen doch, das ich einen Schwerbehinderten transportiere.“ Der Pförtner meinte: „Ach, was sie nicht sagen. So, dann sehen sie sich doch einmal um und sagen mir bitte, ob die anderen Patienten hier aus der Sommerfrische kommen.“ Karl sah sich unweigerlich um und sah wie einige Patienten mit ihrem Rollstuhl vorfuhren oder mit Krücken liefen. Karl: „Sorry, Ich bin gleich weg, es wird nicht wieder vorkommen.“ Franzi hatte inzwischen die Fahrzeugtür auf Dirks Seite geöffnet und half ihm in den Rollstuhl. Sie schob ihn vom Eingang weg und gab Karl Bescheid, wo sie Dirk hinbrachte. Karl fuhr den Wagen auf den Parkplatz und ging zurück in die Klinik. Franzi war inzwischen auf der ambulanten Notfallstation angekommen. Dort sollte sich Dirk melden. Franzi ging zur Anmeldung und sagte der Sekretärin: „Entschuldigen sie, Herr Ommer aus Berlin hat einen Termin bei Professor Kleinert. Bin ich hier richtig?“ Die Dame an der Anmeldung sagte: „Ommer, sagten sie?“ Franzi nickte und die Dame sagte: „Ach ja, da haben wir ihn ja. Der Professor höchstpersönlich hat den Termin eingetragen. Da haben sie aber noch einmal Glück gehabt, dass es so kurzfristig geklappt hat. Ich drucke ihnen einen Fragebogen, den füllen sie aus und bringen ihn mir wieder.“ Sie übergab den Bogen Franzi und die schob Dirk in den Wartebereich. Dort fragte sie ihn jede Frage ab und brachte den Bogen wieder zur Anmeldung. Die Dame an der Anmeldung kam nun hinter dem Schreibtisch hervor und ging direkt zu Dirk. Sie drückte ihm mehrere Schriftstücke in die Hand und erklärte ihm: „Mit dem gehen sie bitte in die Kardiologie. Mit dem hier zur Computertomografie. Und mit dem letzten zur Blutuntersuchung. Bitte fangen sie mit der Blutuntersuchung an, dann zum CT und zum Schluss zur Kardio. Zimmernummer und Etage steht jeweils darauf. Ich sehe sie wieder, wenn sie mit allen Untersuchungen fertig sind.“ Als erstes brachte sie Dirk zur Blutabnahme. Die Schwester füllte drei Ampullen ab und meinte dann zu ihm: „Wir brauchen auch eine Urinprobe von ihnen. Ihre Frau kann ihnen ja dabei helfen, dann geht es schneller.“ Dirk war immer noch stinkig, weil er von Franzi hierher gebracht wurde. Er antwortete dann: „Nein, lassen sie mich das alleine machen, sonst geht das zu lang. Wenn sie „ihn“ erst einmal in der Hand, dann lässt sie so schnell nicht wieder los und setzt sich wieder darauf. Das ist schon mein dritter Rollstuhl, den sie schon kaputt geritten hat.“ Er sagte dies aber so laut, das Franzi es auch verstand. Dirk drehte sich ganz schnell und rollte in die Toilette. Franzi stand da und bekam einen hochroten Kopf. Dann sagte sie zur weglaufenden Schwester: „Glauben sie ihm kein Wort. Das sind die Schmerzmittel, die machen ihn ganz jäck im Kopf.“ Die Schwester murmelte nur: „Der arme Mann, der tut mir echt Leid. Der Nächste bitte.“ Ein Mann der als nächstes dran war humpelte an Franzi vorbei und sagte zu ihr: „Von wegen armer Mann, ich tausche sofort mit ihm.“ Franzi antwortete: „Noch ein Wort und sie brauchen auch einen Rollstuhl.“ Der Mann: „Entschuldigung, aber es war doch nur lieb gemeint. Ich würde mich jederzeit zur Verfügung stellen.“ Franzi wollte gerade auf ihn los, da kam die Schwester zurück und sagte: „Machen sie jetzt schon fremde Männer an, reicht ihnen einer nicht? Kommen sie jetzt, bevor sie diese Nymphomanin auch noch belästigt.“ Franzi verstand die Welt nicht mehr. Zuerst wurde sie als Dirks Frau verwechselt und nun wurde sie als männermordende Nymphomanin hingestellt. Sie kochte innerlich vor Wut, setzte sich aber auf einen Stuhl vor dem Behandlungszimmer. Wenige Minuten später kam Dirk aus dem WC heraus. Vorsichtig schaute er wo Franzi war. Er konnte sich gut vorstellen, dass sie ihm jetzt bestimmt eine Szene machen würde. Aber dem war nicht so. Sie stand plötzlich hinter ihm und fragte: „Na, hast du dein Pullerchen ganz alleine gemacht? Braver Bub. Und nun bringe ich dich zum durchleuchten. Ich werde dem Arzt sagen, er soll besonders nach deiner Bosheit suchen.“ Dirk: „Dann kannst du dich gleich daneben legen. Ich meine nämlich, dass er davon bei dir mehr findet, als bei mir.“ Franzi sagte nichts mehr und brachte ihn in den Aufzug. Als sich die Tür öffnete drehte sie den Rollstuhl, damit sie Dirk im nächsten Stock nach vorne herausschieben konnte. Sie drückte die zwei und gerade als sich die schloss, fuhr eine Krücke zwischen Tür und Rahmen, so dass die Tür wieder aufging. Vor ihnen stand der Patient, der vorhin noch mit Dirk tauschen wollte. Er sah Franzi, die beide Augen zusammen kniff und mit ihrer Zunge an einer Wangenseite drückte und „blasen“ andeutete. Dabei tat sie mit den Händen so, als würde sie etwas auseinanderbrechen. Der Typ sah das und sagte entsetzt: „Ich nehme den nächsten Aufzug, ich kann warten. Nichts für ungut.“ Die Tür schloss sich und Dirk fragte verwundert: „Was hat der denn? Der sah aus, als hätte er den Leibhaftigen gesehen.“ Franzi: „Ich habe keine Ahnung was mit dem los war. Wahrscheinlich hat er zu viel Schmerzmittel abbekommen, da hat man leicht einmal Halluzinationen. Man sieht dann Dinge die gar nicht da sind.“ Es machte Ping und eine Frauenstimme sagte: „Zweites Obergeschoss, Radiologie und Computertomografie.“ Franzi folgte der Beschilderung und brachte ihn zum CT. Geduldig setzte sie sich ins Wartezimmer und las eine Zeitung. Nach 45 Minuten kam Dirk zurück. Sie hatten von ihm einen Ganzkörperscan gemacht und die Bilder auf eine CD gebrannt. Nun mussten sie nur noch in die Kardiologie. Diese befand sich im ersten Stock. Franzi schob Dirk auch dorthin. Unterwegs trafen sie Karl, der ganz aufgeregt durch die Gänge huschte. Endlich hatte er sie gefunden und er begleitete beide zum EKG. Dreißig Minuten später war das auch Geschichte und sie brachten Dirk wieder zur Anmeldung zurück. Dort gaben sie die Unterlagen ab und die Sekretärin bat sie um ein wenig Geduld. Karl wollte in der Zwischenzeit den Wagen volltanken, so wie die Scheiben reinigen. Er ließ die beiden alleine. Dirk: „Du gehst jetzt aber mit da rein?“ Franzi: „Wenn du das möchtest, komme ich gerne mit.“ Dirk: „Entschuldige wegen vorhin, es war nicht so gemeint. Aber du und Thomas, ihr habt mich gestern einfach überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich hatte nicht einmal eine Nacht um darüber zu schlafen, ob ich zur Untersuchung gehe oder nicht. Ich will gar nicht wissen wie Thomas das angestellt hat, dass ich so schnell einen Termin bekommen habe.“ Franzi: „Du hast doch gehört, was Thomas gesagt hat. Ein Patient hatte glücklicherweise abgesagt und so hat der Professor dir den Termin gegeben.“ Sie war Dirk nicht mehr böse. Im Gegenteil, amüsierte sie sich immer noch über das entsetzte Gesicht des Mannes, als er sie im Aufzug sah. Die Sekretärin kam nach 25 Minuten herein und sagte: „Herr Ommer, sie sind dran. Der Professor erwartet sie, folgen sie mir bitte.“ Franzi schob Dirk ins Büro von Professor Kleinert. Dieser stand vor einem Bildschirm und sah sich gerade die Aufnahmen vom CT an. Dann drehte er sich herum und sagte: „Herr Ommer, Dr. Kleinert ist mein Name. Nun wollen wir einmal sehen, wie ich ihnen helfen kann. Sie wollen doch dass ich ihnen helfe?“ Dirk: „Ja natürlich, sonst wäre ich nicht hier. Mir wäre schon geholfen, wenn diese verdammten schmerzen aufhören würden.“ Kleinert: „Aus ihren Unterlagen entnehme ich, dass sie in ihrer frühsten Jugend Polio hatten. Wahrscheinlich wurde die Krankheit zu spät erkannt, sonst hätten sie nicht diese Deformationen ihrer unteren Extremitäten.“ Was nun kam war Fachchinesisch, von dem Franzi fast nichts verstand. Sie hörte nur wie der Professor abschließend sagte: „Also, wie gesagt. Um sie wieder vollständig auf die Beine zu bekommen, müssen wir drei Operationen machen. Als erstes müssen wir beide Hüften sanieren und dabei die Oberschenkelknochen richten. Im zweiten Schritt, begradigen wir die Unterschenkel und zuletzt richten wir ihre Fußgelenke. Sie müssen mit einer Liegezeit von sechs bis acht Wochen rechen. Sobald alle OPs abgeschlossen sind, beginnen wir gleich mit der Reha. Die können sie aber auch in Berlin machen. Es ist aber wichtig, dass sie alle Operationen durchführen. Lassen sie eine weg, bringt ihnen das gar nichts. Im Gegenteil. Innerhalb eines Jahres haben sie wieder die gleichen Probleme wie jetzt. Und irgendwann haben sie keine Alternative mehr, als die Amputation.“ Dirk: „Werde ich je wieder laufen können und wenn es nur auf Krücken ist?“ Kleinert: „Ich denke, wir bekommen sie wieder so weit hin, dass sie selbstständig ohne Krücken laufen. Nur müssen sie aktiv daran mitarbeiten.“ Dirk: „Dann machen wir das. Wann wollen sie anfangen?“ Kleinert: „Wir müssen erst die Entzündung aus ihrem Knie bekommen. Ich verschreibe ihnen ein Medikament, das nehmen sie drei Wochen ein. Dann sehen wir uns Anfang Januar wieder. Alles Gute, Herr Ommer. Bitte machen sie einen Termin bei meiner Sekretärin, für die stationäre Aufnahme Anfang Januar.“ Franzi hatte vor Freude Tränen in den Augen. Dirk hätte die ganze Welt umarmen können, so glücklich war er gerade. Karl holte den Wagen und Franzi rief als erstes Julia an und überbrachte ihr die freudige Nachricht. Vor dem Klinikum, sagte Dirk: „Danke, dass du so hartnäckig warst. Darf ich dich einmal feste drücken?“ Franzi: „Nichts zu danken, hab ich doch gerne gemacht. Und wenn du im Januar hier bist, komme ich dich am Wochenende besuchen. Und nun drück mich endlich.“ Dirk nahm sie, so gut er eben konnte in die Arme und drückte sie. Nach einem abschließenden Kuss auf ihre Wange, meinte er: „Wie ich dich kenne, kann ich dir die Besucherei bestimmt nicht ausreden. Aber du brauchst nur einmal kommen und kannst mich zum Schluss abholen, mehr nicht, einverstanden?“ Franzi: „Darüber sprechen wir, wenn es so weit ist.“ Karl kam mit dem Wagen vorgefahren und lud die beiden ein. Franzi meinte zu Karl: „Falls du müde wirst, sag mir bitte Bescheid, dann kann ich dich für eine Weile ablösen.“ Karls Berufsehre wurde durch diesen Satz etwas angekratzt. Er antwortete: „Ich bin mein ganzes Leben nur gefahren. Manche Tage habe ich bis zu 2000 Kilometer heruntergeschrubbt. Und solange ich Chauffeur bei den Bergmanns bin, wird mich nie jemand fahren. Ich bin ausgeruht und fit. Aber Danke für dein Angebot.“ Fahren war Karls Leben. Das war auch ein Grund dafür, dass er nie Alkohol trank. Er wollte immer einsatzbereit sein, wenn man seine Dienste brauchte. Nur einmal hatte er in den letzten Jahren getrunken. Das war letztes Jahr an Sylvester. Und prompt geschah etwas und er war nicht nüchtern. Damals hatten Jugendliche, Marias Bootshaus in Brand gesteckt und Maria wäre fast ums Leben gekommen. Aber durch das Eingreifen eines Obdachlosen und von Thomas sowie Klara, hatten beide überlebt. Seitdem hat er auch nichts mehr getrunken. Karl hatte alles im Griff und spulte die 600 Kilometer zwischen Heidelberg und Potsdam problemlos herunter. Nach knapp fünf Stunden, trafen sie gegen 23:00 Uhr wieder in der Villa ein. Die ganze Familie saß im blauen Salon und wartete auf sie. Gesprächsthema war natürlich Laura und die Kriminellen fünf Mitschüler/innen. Franzi und Karl mussten natürlich zuerst erzählen, welche Diagnose der Professor gestellt hatte. Klar war jetzt auch, dass Dirk Anfang Januar in Heidelberg stationär behandelt würde. Da war noch Zeit genug, um einen Mitarbeiter für die wichtigsten arbeiten einzuweisen. Der Rest an Arbeit würde eben liegen bleiben, bis er wieder genesen ist. Den Bergmann Werken würde dies finanziell nicht schaden, hatte Thomas doch genug Eigenkapital gebildet, um diese Zeit zu überbrücken. Das Wichtigste war, dass Dirk wieder gesund wurde. Alle freuten sich mit ihm. Dann wechselte das Thema und die Familie berichtete den beiden, was sich im Einstein Gymnasium am Morgen zugetragen hatte. Karl und Franzi konnten es gar nicht glauben, erst als ihnen Charly das Video vorspielte wurde klar, wie ernst die Sache tatsächlich war. Laura hatte auch davon erzählt, wie die fünf andere Mitschüler zum klauen schickten, weil sie kein Geld abdrücken konnten. Für morgen früh hatte Franz, alle Eltern der fünf zu einem Gespräch gebeten. Zuerst wollten sie nicht kommen und taten die Angelegenheit als eine Lappalie ab. Erst als Franz ihnen das Video zusendete und mit der Presse, sowie einer Anzeige drohte, waren sie zu einem Gespräch bereit. Er hatte aber allen gleich gesagt, dass alle fünf von der Schule verwiesen würden. Die meisten hielten dies für einen Witz und für nicht gerechtfertigt. Sie waren sogar empört wegen dieser Maßnahme und wollten gleich an oberste Stelle, im Kultusministerium intervenieren. Doch Franz ließ nicht locker und drohte mit der Presse und dem Fernsehen. Erst danach mochten sie mit Franz, ein sachliches Gespräch führen. Und jedes Elternpaar wollte ihren Anwalt mitbringen. Franz freute sich schon darauf. Einen der Anwälte kannte er ja schon. Es war Maximilian Klammer, er sollte die Rechte von Harald Meinhard, dem Rädelsführer der Jugendbande vertreten. Abschließend erzählte noch Charly, welchen Eindruck Laura von der Suppenküche hatte. Diese fühlte sich dort nicht sehr wohl. Das ganze Elend und die Not der einzelnen Gäste der Suppenküche, nahmen Laura ganz schön mit. Sie verstand auf einmal, warum Bildung sehr wichtig ist. Ohne eine richtige Schul- und berufliche Ausbildung, käme jeder irgendwann in die Lage, eine Suppenküche oder Tafel zu besuchen. Am Schlimmsten betroffen waren Familien mit Migration Hintergrund. Viele der Jugendlichen hatten die Schule geschmissen und besaßen keinen Abschluss. Laura gelobte Besserung und wollte ab sofort wieder in der Schule mitarbeiten. Nur einen Nachhilfelehrer hatten sie immer noch nicht für sie. Damit Laura nicht alleine war, wollte Charly sie am nächsten Tag noch einmal mit in die Suppenküche nehmen. Gegen 24:00 Uhr löste sich die Runde auf und alle gingen zu Bett.

Leo Lellinger, erholte sich zunehmend von den Folgen seines Unfalls. Aber er war noch längst nicht über dem Berg. Heute würde er zum vierten Mal operiert werden. Seit drei Wochen hielten ihn die Ärzte im künstlichen Koma, damit sein Körper sich von den Strapazen des Unfalls und den Operationen erholte. Bei der letzten OP gab es schwerwiegende Probleme. Zwei Stunden nach der OP, trat eine Lungenembolie bei ihm auf. Dank der Aufmerksamkeit einer Notfallärztin, wurde der Thrombus in der Lunge rechtzeitig entdeckt und durch einen weiteren kleinen Eingriff entfernt. Die Brüche an den Extremitäten waren inzwischen fast verheilt, dank vieler Platten und Schrauben. Die gebrochenen Wirbel wurden auch mit Schrauben fixiert. Wie es aussah, würde Leo wieder normal laufen können. Seine Reflexe waren vollständig vorhanden. Nur die Brüche im Becken und an der Hüfte machten den Ärzten noch Sorgen. Die Heilung lief nicht so, wie sich das vorstellte. Zwar hatten sie ihm bereits zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt, aber die Beweglichkeit war noch nicht zufriedenstellend. Deshalb auch die heutige OP. Laura brauchte heute nicht zu ihrem Vater kommen, weil die OP für den späten Nachmittag geplant war und erst am Abend beendet sein würde. Nach Auskunft der Ärzte, würde Leo noch zwei bis drei Wochen im künstlichen Koma liegen. Erst dann würden sie ihn wieder langsam aufwachen lassen. Weihnachten würde er auf jeden Fall schlafend verbringen. Wenn alles gut verläuft, könnte er Silvester wieder wach sein. Auf jeden Fall liegt vor Leo noch ein langer Weg der Genesung und für die Reha. Sie sollten mit ein halben Jahr rechnen, so das Credo der Ärzteschaft. Das war für Laura und den Bergmanns eine bedauerliche Nachricht. Laura war nach jedem Besuch bei ihrem Vater wie durch den Wind gedreht. Weinend kam sie von seinem Krankenbett zurück und die Familie musste sie immer wieder trösten und neu aufbauen. Deshalb hielten es die Ärzte auch für richtig, sie nicht jeden Tag zu ihrem Vater zu lassen. Die seelische Belastung wurde sonst immer größer für den Teenager. Und dazu kam noch der Ärger, den sie in der Schule hatte. Aber der würde ja jetzt aufhören, zumindest was die Belästigung der fünf Mitschüler/innen betraf. Franz hatte gestern zum Gespräch gebeten. Ihm war schon bewusst, dass dies nicht leicht werden würde, aber was sein musste, musste eben sein. Er rechnete fest damit, dass er fünf wütende Elternpaare und mindestens drei verbal zähnefletschende Anwälte vor sich hätte. Wahrlich kein leichter Job der ihn da erwartete. Aber da war ja noch Thomas, der als Vormund von Laura, deren Interessen vertrat. Und auf den Mund gefallen ist Thomas nicht. Wenn er eines hasste, dann war es Ungerechtigkeit Schwächeren gegenüber. Und damit alles protokolliert wurde, ließ Franz alles von Kathi Haber, der Leiterin des Schreibpools von den Bergmann Werken aufschreiben. Sie war dafür verantwortlich, dass alle Vereinbarungen schriftlich festgehalten und unterzeichnet wurden. Das Treffen hatte Franz bewusst in die Bergmann Villa gelegt. Er wollte den Heimvorteil nutzen, um alle Bedingungen, die er stellte, umzusetzen. Charly war extra um 7:45 Uhr in die Schule gefahren, um zu überprüfen, dass die fünf nicht mehr am Unterricht teilnahmen. Sie lieferte Laura ab und traf Direktor Wiesinger, der vor dem Eingang der Schule stand. Charly gab ihm die Hand und begrüßte ihn. Sie fragte: „Haben sie den fünf den Schulverweis ausgesprochen?“ Wiesinger: „Ich habe gestern lange mit mir gerungen und bin zu der Auffassung gekommen, dass es der richtige Weg ist, einen Schulverweis auszusprechen. So habe ich noch gestern Abend die Schriftstücke an die Eltern ausliefern lassen.“ Charly: „Und nun halten sie Wache, dass auch keiner von ihnen in den Unterricht kommt? Haben sie Angst, dass es für sie Konsequenzen haben wird? Schließlich sind die Eltern der fünf, hohe Tiere in Potsdam und Berlin.“ Wiesinger: „Ich habe keine Angst, weil ich das Gesetz auf meiner Seite habe. Mein handeln ist korrekt, ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Charly: „Und was meint ihr Chef dazu?“ Wiesinger: „Das kann ich ihnen nicht sagen, der bekommt erst heute Morgen meinen Bericht. Ich habe ihn gestern leider nicht mehr erreicht. Aber ich denke, im Kultusministerium, werden sie meine Entscheidung für richtig erachten und mit mir konform gehen.“ Charly: „Kann ich eine Kopie der Suspendierungen haben, nur so als Beweis?“ Wiesinger verwies auf den Datenschutz, deshalb könnte er ihr die Schreiben nicht zeigen. Aber anhand der Tatsache, das die fünf Schüler/innen heute nicht zum Unterricht erschienen sind, dürfte doch auch genügen. Um kurz nach 8:00 Uhr verabschiedete er sich, weil er noch zu einer Lehrerkonferenz musste. Er würde erst Morgen wieder zurück sein. Wiesinger gab ihr seine Handynummer, falls noch Fragen offen wären. Charly verabschiedete sich und unterrichtete Franz per Handy, von ihrem Gespräch mit dem Direktor. Kurz vor 10:00 Uhr setzte sich Thomas, Kathi und Franz in den Salon der Bergmann Villa. Charly wollte eigentlich auch dabei sein, aber Franz hielt es für ratsamer, sie von dieser Besprechung auszuschließen. Er befürchtete nämlich, dass Charly sich mit den Eltern überwerfen könnte und alle Bemühungen eine einvernehmliche Einigung zu treffen, nicht mehr möglich wäre. Franz kannte Charlys Repertoire an Kraftausdrücken, die schnell zu einer Eskalation führen würde. Um 10:00 Uhr läutete die Haustür und Maria öffnete. Sie führte alle fünf Elternpaare und drei Anwälte in den Salon. Nach der Begrüßung aller untereinander, setzten sie sich an den Tisch. Maria servierte Kaffee und Wasser. Danach zog sie sich diskret zurück. Die Redeschlacht konnte beginnen. Es dauerte nicht lange, da fing Wolfgang Meinhard an zu schimpfen: „Welcher Teufel hat sie geritten, dass sie unsere Kinder von der Schule verweisen lassen? Und alles wegen diesem Pipifax.“ Die Frage richtete er an Thomas, welcher postwendend antwortete: „Wenn sie die Vergehen ihrer Kinder als Pipifax abtun möchten, dann brauchen wir nicht mehr weiterreden. Dann lassen wir ein Gericht und die Öffentlichkeit entscheiden, wie sie die Sache einschätzen. Wollen sie das?“ Meinhard: „Wir brauchen überhaupt niemand entscheiden lassen. Wir reden wie vernünftige Erwachsene darüber, bestrafen unsere Kinder individuell selbst und die Sache ist erledigt. Unsere Kinder gehen wieder in die Schule und gut ist. Unter Freunden regelt man das intern und hängt das nicht an die große Glocke. Nennen sie ihren Preis und Schwamm drüber.“ Franz: „Gut, dann kommen wir gleich In medias res. Unser Preis ist der folgende. Erstens, der Schulverweis bleibt aufrecht. Zweitens, sie alle kommen für die entstandenen Schäden ihrer Kinder auf. Und drittens, ihre Kinder leisten das Maximum an freiwillige Sozialstunden, in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung der Stadt Berlin oder Potsdam ab.“ Ein Raunen ging durch den Salon und alle fingen auf einmal an zu sprechen. Man verstand das eigene Wort nicht mehr. Thomas und Franz blieben ganz ruhig, hatten sie doch mit einer solchen Reaktion gerechnet. Nach einer Weile stand Max Klammer auf und rief ganz laut: „Aber meine Herrschaften, ich muss doch bitten. Wir sind doch hier nicht im Kindergarten oder auf einer Wahlveranstaltung.“ Ruhe kehrte wieder ein und Klammer fuhr fort: „Es sind ja ungeheuerliche Anschuldigungen die sie gegen die Kinder der anwesenden Eltern erheben. Haben sie überhaupt Beweise dafür?“ Thomas nahm den Laptop und spielte das Video ab. Als es fertig war, fragte er: „Reicht das, oder wollen sie es noch einmal sehen? Hier habe ich eine Liste von Geschädigten Mitschüler/innen, mit denen ihre Sprösslinge genau das Gleiche getan haben. Eine Befragung, seitens der Schule ist noch im Gange. Brauchen sie noch mehr Beweise?“ Die Menge verstummte, als Franz anfing die einzelnen Namen der Geschädigten vorzulesen. Als er damit fertig war, fragte er: „Ihren Kindern werden Nötigung, Erpressung, Körperverletzung und Anstiftung zum Diebstahl vorgehalten. Herr Klammer, sie sind doch Justiziar der Stadt Potsdam. Sollten alle Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen, mit welcher Strafe müssten die Jugendlichen vor einem Jugendgericht rechnen?“ Klammer fühlte sich von Franz vorgeführt, weil er hier als Anwalt von Harald Meinhard war und nicht als Justiziar der Stadt Potsdam. Er antwortete: „Das steht hier nicht zur Debatte. Wir wollen hier und jetzt eine, für alle Seiten vertretbare Einigung erreichen, bei der niemand sein Gesicht verliert und die Öffentlichkeit außen vor bleibt. Deshalb schlage ich vor, wir arbeiten Punkt für Punkt die Liste ihrer Forderungen ab.“ Franz: „Herr Klammer, ich fürchte sie und ihr Mandant, sind nicht in der Position, irgendwelche Einsprüche geltend zu machen. Es gibt für alle beteiligten Jugendlichen nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie akzeptieren unsere Forderungen, oder wir gehen vor Gericht. Kein Punkt ist verhandelbar. Wir lassen sie nun alleine, dann können sie sich in aller Ruhe beraten. Verlässt eine Partei dieses Treffen, dann gehen wir vor Gericht und an die Öffentlichkeit. So und nicht anders läuft das hier.“ Kathi, Thomas und Franz standen auf und verließen den Salon und baten darum, sie es wissen zu lassen, wenn sie mit ihrer Beratung fertig wären. Sie würden auf ihre Entscheidung im blauen Salon warten. Dort setzten sich die drei und harrten der Dinge. Maria brachte Kaffee und Gebäck. Sie fragte Franz: „Und, wie läuft es?“ Der zuckte mit den Schultern und sagte: „Sie beraten gerade und das kann dauern.“ Kathi: „Ich weiß nicht, was es da noch zu beraten gibt. Ihre missratene Brut hat Bockmist gebaut und nun müssen sie dafür büßen, basta.“ Thomas: „Dann gehe hinein und sage ihnen das, vielleicht hört die Meute auf dich.“ Kathi: „Dass ihr dabei so ruhig bleibt, ist mir ein Rätsel. Ich wäre da drin schon in die Luft gegangen.“ Thomas: „Wenn du weißt, du kannst nicht verlieren, wärst du auch so ruhig. Die toben ja nur, weil sie wissen sie können nicht gewinnen. Also machen sie ein bisschen Budenzauber und Imponiergehabe, in der Hoffnung, sie könnten uns einschüchtern oder beeindrucken. So ist das nun einmal bei Verhandlungen, alles nur Show.“ Kathi: „Dann sollte der Beruf nicht Rechtsanwalt, sondern Showmaster lauten, würde auch besser zum Berufsbild passen.“ Franz: „Bitte sag es nicht weiter, sonst studiert keiner mehr Jura und unser Beruf stirbt aus.“ Alle drei lächelten und warteten auf ein Zeichen der wütenden Meute. Man hörte sie bis in den blauen Salon lautstark diskutieren, obwohl die Türen geschlossen waren. Eine Stunde verging, die zweite auch. Immer noch hörte man hin und wieder wildes Geschrei. Vor allen die Damen hörte man deutlich heraus.

Klara saß mit Jo in Thomas Büro. Sie hatten gerade die Liste für die neuen Roboter und Maschinen zusammengestellt, welche sie für die neuen Werke in Salzburg und Hamburg benötigten. Es war ein kniffliger Job, denn ein kleiner Fehler könnte Millionen kosten, oder den Montageablauf gefährden. Klara machte von allen Unterlagen Kopien und die Originale legte sie in den Safe. Die Kopien steckte sie in eine Versandtasche, die sie später zur Post bringen wollte. Das Telefon läutete und Jo nahm ab. Es war der Pförtner, der fragte nach, ob eine Delegation aus Russland tatsächlich einen Besichtigungstermin für das Werk hatte. Jo: „Sagen sie den Herren ich komme gleich. Aber lassen sie sie nicht auf das Gelände.“ Als Jo zum Pförtner kam, sah er aber niemand, deshalb fragte er nach, wo denn die Delegation hingegangen wäre. Der Pförtner meinte aber nur, weil er sie nicht hinein ließ, seien sie wieder in die Autos gestiegen und weggefahren. Jo kam das zwar sonderbar vor, maß dem aber keine weitere Bedeutung zu. Es kamen viele Firmen vorbei, die entweder Lizenzen, oder eine Werksbesichtigung wollten. Aber alle bemühten sich umsonst, denn Thomas hatte alle nötigen Lizenzen bereits vergeben und Besichtigungen des Werkes gestattete er nicht. Zu groß war die Gefahr der Spionage, denn die Konkurrenz auf dem Markt war groß. Dabei ging es nicht um die Roboter, die hatten die Konkurrenten auch, nein, es ging um die Bestückung der Roboter und deren selbst entwickelten Zusatzarmen. Sie erst ermöglichten die Montage des Bergmann-Schlosses und das sehr effizient. Thomas wollte keinem die Möglichkeit geben, davon heimlich Fotos zu machen. Klara hatte inzwischen die Flüge nach Hamburg und Salzburg gebucht und wartete nur noch auf die Bestätigung. Franz und Thomas wollten dort, die jeweiligen Kaufverträge der Grundstücke beim Notar, unter Dach und Fach bringen. Jo kam zurück und erzählte Klara, dass er die Leute nicht mehr angetroffen hatte. Er zog seinen Mantel an und verabschiedete sich, weil er noch in die Charité zu Leo wollte. Jo setzte sich in seinen Wagen und fuhr in die Klinik. Blieb aber nicht lange, weil Leo immer noch operiert wurde. Mit dem Aufzug fuhr er wieder nach unten in die Tiefgarage. Kaum das Jo im Wagen saß und den Motor anließ, öffnete jemand die Beifahrertür und setzte sich auf den Sitz. Jo erschrak im ersten Augenblick und fragte: „Was soll das, was wollen sie von mir?“ Der Fremde sah ihn an und antwortete: „Sie sind doch Jo Heinze, oder nicht?“ Jo: „Bis gerade eben war ich das noch, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Was wollen sie von Jo Heinze und wer sind sie?“ Der Fremde: „Mein Name tut nichts zur Sache. Nennen sie mich einfach Iwan. Wie sie an meinem Akzent erkennen können, komme ich aus Russland. Aber das hat mit meiner Arbeit nichts zu tun. Mein Mandant hat mich gebeten für ihn etwas zu besorgen und sie können es mir geben.“ Jo: „Jetzt machen sie mich aber neugierig. Und was wäre das?“ Iwan: „Sie müssen gar nichts dabei tun. Sie lassen mich eine Minute ins Werk und schon sind sie mich für immer los. Wir haben sozusagen eine win-win Situation. Sie haben auf einmal 10.000 Euro in der Tasche und das steuerfrei. Mein Mandant bezahlt mich und er hat, was er möchte. Na, wie klingt das?“ Jo: „Sie wollen das wirklich wissen?“ Iwan: „Aber natürlich. Sie sind doch der Hauptdarsteller und was der sagt, ist doch immer wichtig.“ Jo: „Dann sage ich ihnen was ich darüber denke. Sie können jetzt sofort meinen Wagen verlassen und ich vergesse die ganze Angelegenheit. Wenn nicht, rufe ich sofort die Polizei.“ Iwan: „Wer wird denn gleich so sauer sein. Ich habe ihnen lediglich ein Geschäft vorgeschlagen und nicht mehr. Überlegen sie sich noch einmal meinen Vorschlag. Ich melde mich wieder. Einen schönen Tag wünsche ich ihnen noch.“ Iwan stieg aus und sagte abschließend: „Ach ja, grüßen sie mir ihre Freundin Julia. Eine hübsche Frau ist sie. Passen sie gut auf die Frau Doktor auf, wie schnell ist etwas passiert, da steckt man nicht dahinter.“ Dann warf er die Tür zu und eilte davon. Für Jo war dies eine eindeutige Warnung, deshalb stieg er aus und wollte sich diesen Iwan einmal vornehmen. Doch der war weg. Solange er auch suchte, er fand ihn nicht, war einfach verschwunden. Sofort rief er Julia an, um sie zu warnen. Vor was wusste Jo auch nicht so genau. Er bat sie vorsichtig zu sein und nicht mit fremden Männern zu sprechen. Julia fragte ihn lediglich: „Sag mir wie ich das machen soll. Alle männlichen Patienten nach Hause schicken oder an meine Kollegen verweisen? Und ich untersuche nur noch Frauen und Kinder?“ Jo wusste auch keinen Rat. Am Abend wollte er sofort mit Thomas und Franz darüber sprechen.

Nach über zwei Stunden, kam Maximilian Klammer in den blauen Salon. Er sah etwas mitgenommen und verschwitzt aus. Franz meinte zu ihm: „Du hast auch schon frischer ausgesehen. War eine schwere Geburt, oder nicht?“ Klammer: „Du sagst es. Ich weiß schon warum ich den Staat vertrete und nicht mehr als Anwalt tätig bin. Wir wären so weit, wenn du bitte in den anderen Salon kommen möchtest.“ Franz: „Akzeptieren sie alles?“ Klammer sagte nichts und öffnete die Tür zum Salon. Die anderen Beteiligten sahen nicht viel besser aus. Die Sommerfrische sieht anders aus. Feuchte Haare, zerzauste Frisuren und leere Wasserflaschen, das war das erste was Franz erblickte. Alle setzten sich und Franz fragte die Runde: „Wie haben sie sich entschieden?“ Hans Kimmig antwortete: „Das ist Erpressung was sie mit uns machen, hinterfotzige Erpressung. Sie zwingen uns und unseren Kindern ihren Willen auf.“ Thomas: „Wir drehen lediglich den Spies herum. Ungefähr zwei jahrelang terrorisierten ihre Kinder ganze Schulklassen und zwangen sie Dinge zu tun, die die Mitschüler nicht wollten. Und nun lernen sie die andere Seite der Medaille kennen. Jetzt sind sie in der Lage, in der sie andere gebracht haben. Ich kenne keinen Schüler, der freiwillig sein Geld, Schuhe oder Handy hergibt, wenn es nicht sein muss.“ Frau Kogler meldete sich: „Sie sollten sich schämen. Das ist nicht christlich was sie da tun. Es sind doch noch Kinder, die wissen doch nicht was sie angerichtet haben. Für sie war das doch nur Spaß.“ Franz: „Dann lernen sie auch gleich, dass aus Spaß ganz schnell Ernst werden kann. So, und nun zu den freiwilligen Sozialstunden. Herr Klammer, haben sie schon Einrichtungen gefunden, bei denen noch eine helfende Hand fehlt?“ Klammer: „Da muss ich mich erst kundig machen. Ich werde sie morgen anrufen und ihnen die Vorschläge unterbreiten.“ Frau Seiler fragte: „Und auf welche Schule sollen sie nun gehen? Und mit welcher Begründung haben sie die Schule gewechselt?“ Thomas: „Für die neue Schule ist das Schulamt zuständig. Das wird sie mit Sicherheit noch diese Woche bei ihnen melden. Und welche Ausrede sie für den Schulwechsel erfinden, ist ihre Sache. So, ich denke, wir sind hier fertig. Frau Haber wird die Vereinbarung jetzt ausdrucken und wenn sie unterschrieben haben, ist die Sache so weit erledigt. Nur noch eins, zur Warnung. Sollte Laura von einem ihrer Sprösslinge Gewalt angedroht oder gar ausgeübt werden, so ist alles hinfällig.“ Kathi machte sich gleich auf den Weg ins Arbeitszimmer, um die Vereinbarung auszudrucken. Wenige Minuten später hatte sie alles erledigt und legte jeder Partei ein Exemplar zur Unterschrift vor. Zähneknirschend unterschrieben alle anwesenden Familien und Rechtsanwälte. Somit waren die Vereinbarungen rechtskräftig. Max Klammer musste jetzt nur noch Einrichtungen suchen, bei denen die Jugendlichen ihr Stunden ableisten konnten. Übrigens hatte jeder 250 Stunden aufgebrummt bekommen. Damit waren sie ein Jahr beschäftigt und unter Kontrolle. Und Franz sollte Recht behalten. Bis zum Wochenende hatte das Schulamt eine neue Schule für die fünf gefunden. Es war das Luther Gymnasium, in Berlin Neukölln. Und wer Berlin kennt, der weiß, dass es dort mehr wie einen sozialen Brennpunkt gibt. Eine gute Wahl vom Schulamt, um sich dort zu rehabilitieren. Jeder macht einmal Fehler und sollte dafür auch eine zweite Chance bekommen um zu zeigen, dass er den Fehler nicht mehr macht und geläutert ist. Alle Gäste verließen nun die Villa und Maria fragte scheinheilig: „Was sie verlassen uns schon und ich dachte, sie bleiben noch zum Essen.“ Franz schüttelte nur mit dem Kopf und sagte zu ihr: „Wenn du so weiter machst, kommst du aber nicht in den Himmel, meine Liebe.“ Ihre Antwort: „Mein Lieber Franz, da wäre es ja langweilig ohne dich. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Anwalt in den Himmel kommt.“ Franz runzelte die Stirn und bemerkte trocken: „Ich auch nicht meine Liebe, ich auch nicht. Aber in der Hölle soll es ja auch schöne Plätze geben. Wir werden es ja sehen, wenn es denn so weit ist.“ Er nahm ihre rechte Hand und deutete einen Handkuss an. Franz hatte Recht, er war eben doch ein Kavalier der alten Schule. Die letzten Tage waren sehr turbulent gewesen. Die Einzige die davon nicht viel mitbekam war Nele. Sie war entweder in der Uni, oder bei ihrer Silke. Nele kam eigentlich nur nach Hause, um ihre Kleidung zu wechseln. Ab und zu nahm sie auch die Post mit. So auch heute. Es waren einige Briefe und ein kleines Päckchen, mehr nicht. Das meiste der Post war wie immer Werbung. Ein Brief war von ihrer Versicherung, die ihr mitteilte, dass die Prämie für ihren Wagen 19,30 Euro im Jahr teurer wurde. Der nächste Brief kam von ihrer Bank. Es waren ihre Kontoauszüge mit der Kreditkartenabrechnung. Erstaunt stellte sie fest, dass sie noch über 200.- Euro auf dem Konto hatte. Aber nach ihrer Rechnung sollten es aber nur noch 50.- Euro sein. Sollte sich die Bank verrechnet haben? Sie wollte dem aber jetzt nicht nachgehen und öffnete das kleine gelbe Päckchen. Es war ein länglicher Gegenstand der darin lag und noch einmal mit rosa Papier verpackt war. Wie sie das rosa Papier beseitigt hatte, lag ein rosa Dildo in ihren Händen. Sie hatte keine Ahnung, von wem er war und was dies zu bedeuten hatte. Auf dem Dildo klebte ein Etikett, das mit „Hallo Kitty für Lesben“ beschriftet war. Nele schwante schon von wem das obszöne Geschenk sein konnte. Ihr Verdacht bestätigte sich, als sie in dem Umschlag einen Zettel liegen sah. Darauf stand: „Hallo Leck Schwester, wie du siehst, weiß ich wo dein Haus wohnt. Du und deine Dozentenfotze könnt euch nicht vor mir verstecken. Ich finde euch überall. Also schieb dir lieber den Dildo rein, wenn du keinen Ärger haben möchtest. Unterschrift, Lessi.“ Nele und Silke hatten schon nicht mehr an das Video gedacht und nun das. Wer wollte etwas von ihnen? Sie hatten doch niemanden etwas getan. Und warum machte er oder sie es? Sie wollte Silke gleich anrufen, aber die hatte ja noch Vorlesung. Sie musste sich noch eine Stunde gedulden.

4 Schnecken und eine Nudel

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