Читать книгу ...hier können Sie aber nicht parken! - Benny Mokross - Страница 6

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Intro

Musik ist Allgemeingut. Jeder Mensch darf, so er willens und bei Stimme ist, singen oder sich an diversen Musikinstrumenten und Gerätschaften nach gut Dünken zu schaffen machen.

Aber auch das Konsumieren von Musik, sei es bei Konzerten, Events, oder mittels Medien wie Fernsehen, Radio, mp3-Player macht den Menschen oft Freude und bringt diese in einen Zustand des Entzückens, nicht selten aber auch in einen Zustand der Gleichgültigkeit, oder des Entsetzens.

In jedem Falle setzt Musik beim Menschen ein großes Spektrum an Emotionen frei, das sich in Äußerungen wie „Was ist das denn für ein Mist?“ bis hin zu „Gänsehaut pur - wenn das der Mozart noch hätte hören können!“ erstreckt.

Aber wo kommt denn Musik her? Wächst sie auf Bäumen? Kann man sie pflücken? Fällt sie vom Himmel? (da bekommt die Datenspeicherung in einer „Cloud“ eine ganz eigene Bedeutung).

Nein.

Es gibt eine spezielle Spezies, die sich in einer Parallelwelt aufhält, und diese Parallelwelt befindet sich mitten in unserer „normalen“ Welt und ist doch scheinbar Lichtjahre davon entfernt. Zu dieser speziellen Spezies gehören Gattungen wie Komponisten, Musiker, Dirigenten, Musikmanager, Booker, Promoter, Clubleiter, Kulturbüroleiter, aber zuallererst zu nennen ist die Gattung des ausübenden Musikers. Ohne diese Gattung sind alle weiteren nicht existenzfähig.

Ein Komponist ohne Musiker, die seine Kompositionen spielen? Verteil mal auf einem Stadtfest mit leerer Bühne Kopien von Notenblättern….

Ein Dirigent ohne Orchester? Sieht eher aus wie ein tauber Brustschwimmer bei einsamen Trockenübungen…

Der Musiker ist also so was wie das ausübende Arbeitstier der Musikbranche, seine Leistung wird als selbstverständlich betrachtet. Er schuftet und schleppt Instrumente, Licht- und Tonanlagen, probt in verschiedenen Besetzungen Musikstük–ke, fährt zu Proben und Konzerten Hunderte von Kilometern, verzichtet auf Wochenenden, wird oft schlecht ernährt, übernachtet in billigen Absteigen, leidet immer unter akutem Schlafmangel, gibt sein ganzes Geld bei Thomann, Musicstore oder Musik Produktiv ab und…..

…macht das alles doch gerne.

Für viele Menschen unglaublich, aber wahr: Man kann den Umgang mit Musikinstrumenten, der Stimme und dem ganzen Musikwesen sogar studieren! An einer Hochschule! Oder einer Universität! Und anschließend kann man Musik als Beruf ausüben!

„Aber das geht doch gar nicht, Musik machen macht doch Spaß, da kann man doch kein Geld dafür nehmen, was machen sie denn beruflich, wenn Sie gerade nicht spielen?“ Solche oder ähnliche Statements muss sich der Berufsmusiker (natürlich auch der studierte) oft anhören. „Da haben Sie ja Ihr Hobby zum Beruf gemacht! Musik ist ja so ein schönes Instrument!“ Klingt ein bisschen, als ob man den ganzen Tag mit der elektrischen Eisenbahn spielen dürfte. In solchen Situationen treffen dann die beiden besagten Welten aufeinander und stoßen oft auf gegenseitiges Unverständnis. Übrigens sei hier auch noch bedacht, dass sich die Gattung ausübender Musiker noch mal unterteilen lässt in:

1. angestellte Musiker (zum Beispiel in einem Theater- oder Sinfonieorchester) und dem

2. freischaffenden Musiker (z.B. dem Jazzmusiker, der in verschiedenen Combos spielt).

Aufgabe des Erstgenannten ist es, nach den Wünschen des Dirigenten eine vorgegebene, notierte Komposition eines Dritten auf seinem Instrument möglichst so wiederzugeben, wie es dem Orchesterchef gefällt. Dazu muss der angestellte Musiker pünktlich zum Dienst erscheinen und zu den Aufführungen schwarz-weiße Kleidung tragen. Die Dienstzeiten sind geregelt, Jahresurlaub sowie ein temperierter Arbeitsplatz sind tariflich garantiert.

Im Falle des Zweitgenannten gilt das alles nicht. Der freischaffende Musiker hat keinen festen Arbeitsplatz, er spielt in jedem Fall neben seinem Hauptinstrument noch (meist mehr oder weniger virtuos) das am weitesten verbreitete Zweitinstrument, das Telefon. Er muss sich selbst um Engagements kümmern, meistens „One-Nighter“, also ein Konzert in einem Club oder bei einem Veranstalter. Dieses Engagement garantiert dann oft nur für einen Abend Arbeit und Lohn. Er fährt auch nicht jeden Abend ins Theater um die Ecke, er muss seine Fahrten zwischen Flensburg und Freiburg selbst organisieren und finanzieren. Dazu werden die Proben eines „Freelancers“ natürlich von niemandem bezahlt.

Weil der freischaffende Musiker keinem übergeordneten Intendanten oder Dirigenten unterstellt ist, ist er zunächst in seiner Repertoire-Auswahl frei von Vorgaben. Aus diesem Grund sind Freelancer (mit Ausnahme von Musikern in Coverbands und Tanzmusikern) häufig auch als Komponisten tätig, im Falle von Jazzmusikern von Haus aus sowieso. Eigentlich toll, der Komponist muss sich keine Musiker suchen, die seine Werke wiedergeben, der Musiker muss sich nicht mit der Reproduktion fremder Kompositionen begnügen. Der Haken an der Sache ist wieder mal die Vermarktung: Coverbands sind viel leichter zu vermarkten, denn der Veranstalter muss dem geneigten Publikum nicht lange erklären, was die zu erwartende Band so spielen wird. Gleiches gilt für den Booker (falls vorhanden), der dem Veranstalter die Band verkaufen will. Ruft ein Jazzmusiker in einem Jazzclub an „Ich hab ein ganz tolles Jazzquartett, wir spielen eigene Stücke“ – schon verloren. Zum einen, weil in Jazzclubs schon lange kein Jazz mehr gespielt wird, zum anderen, weil sich eigenes Programm nicht vermarkten lässt.….Verrückte Welt. Parallelwelt.

Kein Wunder, das in diesem Spannungsfeld - zwischen der Scheinwelt des Glamour und des Starkults einerseits und der tatsächlichen musikalischen Arbeit, dem Kampf um das künstlerische Überleben, um Akzeptanz des Schaffens und der Notwendigkeit für eine 90-Stunden-Arbeitswoche geldlich entlohnt werden zu müssen/wollen andererseits - oft skurrile und absurde Situationen und Geschichten entstehen, die teilweise an einen schlechten Film erinnern, von den ausübenden Musikern aber immer wieder gerne ausgetauscht werden und dann doch noch für eine gewisse Heiterkeit nachträglich sorgen.

Von diesen Geschichten, die übrigens alle wahr sind und selbst erlebt (ehrlich!) erzählt dieses Buch. Es sind nach vielen Jahren als Berufsmusiker nicht die Geschichten „Weißt Du noch, auf der Stadiontournee vor 100.000 Leuten….“, sondern eher die kleinbürgerlichen, kleinkarierten Hinterhof–anekdoten, die das Leben eines professionellen Musikers zunächst erschweren, ohne die es aber dann doch nicht geht und an die man im Nachhinein amüsiert zurückdenkt. Sollte dieses Buch beim geneigten Leser den Eindruck erwecken, Musiker seien allesamt Chaoten und es ginge immer alles schief, so sei daran erinnert, dass man, um die Miete zahlen zu können, viele, viele Konzerte mehr spielen muss, als hier erwähnt werden. Manchmal läuft ja doch alles ganz unspektakulär. In solchen Fällen erzählen sich die Musiker hinter der Bühne, was beim letzen oder vorletzten Job alles danebenging…

Übrigens habe ich auch nichts gegen angestellte Musiker, die zum Beispiel im Theaterorchester spielen, im Gegenteil, viele klassische Musiker sind in ihrer tariflichen Freizeit noch zusätzlich „in der freien Wildbahn“ unterwegs, um mal frische Luft zu schnuppern und einen Tapetenwechsel zu genießen.

Im Anhang findet man außerdem auch eine Art Musiker-Slang-Wörterbuch, das helfen mag, bestimmte hier genannte Begriffe (kursiv gedruckt) besser einzuordnen. Ebenfalls kursiv gedruckt in diesem Buch sind Aussagen von Musikern und Veranstaltern, die die statistisch höchste Wiederholquote haben und als Standard-Dauerbrenner in die Liste der ewigen Top-Twenty eingegangen sind …

...hier können Sie aber nicht parken!

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