Читать книгу ...hier können Sie aber nicht parken! - Benny Mokross - Страница 7

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Erschwerte Bedingungen

Als Freelancer hat man’s besonders schwer (jammer!). Sogar nach einem knappen Vierteljahrhundert auf der Bühne wird man oft behandelt, wie man noch nicht mal eine rotznasige Schüleranfängerband behandeln sollte. Oft sind die ersten Worte des Veranstalters nach 5 Stunden Anreise der Musiker nicht „Hallo, schön dass Sie da sind“, sondern „Hier kannst Du aber nicht parken“. Das motiviert und baut auf.

Ich erinnere mich an das Jahr 2008, ich bin zusammen im Duo (Gitarre/Percussion) mit Buck unterwegs, Mitte Juli, ca. 35 Grad, Klimaanlage kaputt, ein One-Nighter im Jazzclub Salzburg steht auf dem Plan. So bringen wir also die knappen 770 Kilometer in Rekordzeit hinter uns und werden ebenso knapp mit ebendiesen Worten von einem beleibten Mittsechziger (Clubvorstand) begrüßt. In akzentfreiem Österreichisch.

„Hier könnt ihr aber nicht parken. Sofort ausladen, dann das Auto weg. Gespielt wird von 21 bis 0:30, zwei Pausen, Getränke gibt’s gegen Wertmarken, hier!“ - Wir sind irgendwie so entgeistert und gleichzeitig verblüfft, als der Clubbetreiber uns als Duo zusammen für den ganzen Abend 5 Wertmarken rüber schiebt, dass wir erst gar nicht richtig reagieren können. Dann die scheinbar erlösenden Worte: „Hier habt ihr erst mal einen Kaffee“ (mit Kaffee kann man nämlich fast jeden Musiker kritiklos und glücklich machen.) Ich hätte gerne unsere Gesichter gesehen, als der Club-Commander uns nach dem Runterkippen der braunen Brühe gleich 2 Wertmarken wieder abnimmt.

Und das Nachmittags um sechs. Wir kriegen dann den Abend in dem klebrigen Salzstollen gut rum, holen uns aber, um ein Zeichen zu setzten, den ganzen Abend mit zwei grossen Gläsern Wasser aus dem Toilettenwasserhahn und prosten dem Wertmarken-Gönner von der Bühne aus zu. Zum Abschied geben wir dann die 3 übrigen Wertmarken großzügig zurück. Als es dann doch zu einer verbalen Klärung kommt, meint er: „Das ist bei uns so üblich. Das bekommt jede Band. Darüber hat sich noch nie jemand beschwert. Ohne Wertmarken haben sich sonst die 10-köpfigen Dixielandbands immer maßlos betrunken, seitdem sind sie limitiert!“

Hallo? Sind wir eine 10-köpfige Dixielandband? Dann will er auch noch eine CD haben. „Fürs Archiv - war doch ein runder Abend!“ Aus der CD wird dann leider nichts, er bekommt von uns nur das leere Jewel-Case. „Das ist bei uns so üblich, früher haben sich die Veranstalter immer mit Archiv-CDs eingedeckt, die dann niemand mehr hört, seitdem ist das bei uns limitiert“

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Am nächsten Tag geht’s weiter nach Augsburg, ein Konzert im Rahmen eines Gitarrenfestivals steht an. Im Vorfeld gab es zunächst ein Hin und Her mit dem Veranstalter wegen der Übernachtung nach dem Konzert.

„Das mit dem ursprünglich geplanten Hotel funktioniert leider nicht, zu der Zeit sind Bowlingweltmeisterschaften in Augsburg (!) und die Hotels sind leider belegt, wenn nicht sogar überbelegt“.

Nächste mail:

„Wir arbeiten an der Übernachtung, wir haben noch ein italienisches Hotel gefunden, da sind allerdings auch keine regulären Zimmer mehr frei, aber wir haben die Hochzeits-Suite für euch gebucht“

Na prima, endlich also mal eine noble Unterkunft, wenn auch aus der Not heraus. Das lässt man sich mal gefallen, schließlich ist der ganze Zirkus anstrengend genug. Augsburg ist augenscheinlich fest in japanischer Hand, beziehungsweise in japanischem Fokus. Natürlich hängt jedem Teilnehmer/Besucher der Bowlingweltmeisterschaft ein Fotoapparat um den Hals. Nach dem Konzert erhalten wir die Info, unser Hotel sei gleich um die Ecke. Wir also raus auf die Straße, um die Ecke, sehen aber kein Hotel, sondern nur einen kleinen italienischen Imbiss. Wir gehen rein und werden gleich von einer italienischen Mama begrüßt:

„Hallo, seid ihr da! Zeige ich gleich Zimmer“. Den Aufstieg durch den engen spackigen Flur in den vierten Stock (Dachgeschoss) habe ich noch sehr präsent vor Augen: Alles riecht nach Frittenfett und Knoblauch, Licht gibt’s leider keins im Flur, und von einer Hochzeits-Suite ist nichts weiter bekannt. Wir werden in zwei Abstellkammern untergebracht, jeweils ein Drahtbett zwischen 1.759 gefalzten Pizzakartons, bei meinem ersten Sitzversuch auf dem Drahtbett bricht dieses komplett auseinander, Lampen gibt’s in Form von kitschigen Nachttischleuchten. Leider ist das komplette Fehlen von Strom oder Steckdosen zu beklagen, was aber die Orientierung in der Kammer nicht weiter beeinträchtigt, weil sie insgesamt wohl nur gefühlte zwei Quadratmeter groß ist. Dafür gibt’s jede Menge frische Luft, das alte Holzfenster lässt sich nämlich nicht schließen. Jetzt noch schnell einen Absacker und dann bubu. Wenigstens habe ich das Glück, das „Zimmer“ nach hinten zum Hof/Parkplatz zu bewohnen, wahrscheinlich ruhiger als nach vorne zur Straße raus. Um 2 dann also endlich Licht aus, ach nee, gibt ja keins, das ist die Hoflaterne (die war vorhin aber noch nicht an…), die mit 1000 Watt meine Behausung mit gleißendem Licht flutet. Kaum eingeschlafen, stelle ich fest, dass zwei Reisebusse im Hof wahrscheinlich früh losmüssen und die Fahrer es für sinnvoll halten, die Motoren schon mal drei Stunden vor Abfahrt warmlaufen zu lassen. Nach einer weiteren Stunde muss ich, schon halb rauchvergiftet, lernen, dass der sportinteressierte Japaner gerne mal etwas früher aufsteht, damit er den Bus nach Tokio nicht verpasst. Dabei steht der gesellige Asiate mit Vorliebe in Gruppen schon mal mitten in der Nacht am Reisebus und tauscht sich mit energischem Tonfall auf Japanisch über die neusten Entwicklungen auf dem Sektor der Unterhaltungsindustrie und der Teleobjektive aus. Irgendwann werde ich bewusstlos und träume von zehn Bowlingkugeln in meiner Dachkammer, die wie von Geisterhand aus dem Fenster in den Hof fliegen…..

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Musik funktioniert mit Strom. Jedenfalls in vielen Fällen, wenn das klangliche Geschehen verstärkt werden muss, um gehört zu werden. Der Strom kommt in der Regel aus einer Steckdose, manchmal muss man sich aber auch behelfen. Ich bin mit Django und Wim (das „Dortmund-Harlem-Trio“) in England unterwegs, in der Nähe von Leeds. Leeds ist eine Partnerstadt von Dortmund. Klassenfahrten im Auftrag einer partnerstädtischen Beziehung sind immer etwas ganz besonderes. Mit von der Partie ist auch ein Konzertpianist, der jeden Tag ein paar Stunden in einer Einkaufspassage spielen soll. Und zwar am Fuße einer Rolltreppe, wie sich das die englischen Organisatoren ausgedacht haben. Dass man zum Klavierspielen auch ein Klavier benötigt, hat man leider vergessen. So braucht man drei Tage, um dann ein Minikeyboard aufzutreiben; ein akustisches Klavier oder einen Flügel konnte man in der Eile nicht kriegen. Der arme Pianist soll nun auf dem 40-Tasten-Spielzeug Chopin spielen. Gott sei Dank ist es dann nicht möglich, in dieser dunklen Passage, die eher an einen stillgelegten U-Bahnschacht erinnert, einen geeigneten Stromanschluss ausfindig zu machen, worüber der Pianist dann letztlich doch sehr glücklich ist. So geht er dann die ganze Woche Spazieren …

Das Dortmund-Harlem-Trio ist für größere Aufgaben vorgesehen, nicht in einer dunklen Einkaufspassage, nein, Open-Air, direkt fürs Volk, am Puls der Zeit, mitten in der Fußgängerzone.

Natürlich auch hier kein Strom, aber die gewieften Insulaner haben vorgesorgt: Keine zwei Meter hinter der Band steht ein Strom erzeugender Dieselgenerator, mit dem man locker Manchester, Newcastle und Leeds bestromen könnte. Leider auch beschallen. Sobald das Mördergerät angeworfen wird, haben wir den Eindruck, eine Boeing 747 startet hinter uns. Und bläst uns, wenn auch keine Kerosin- aber immerhin dunkle Dieselwolken von hinten in die Frisur. Von Musik ist natürlich nichts mehr zu hören, dafür gibt’s aber einige ortsansässige Glenfiddich trinkende Gestalten mit einer gewissen Catweazle Ähnlichkeit zu bestaunen, die vor der Band halsbrecherische Freestyle-Tanzeinlagen zum Maschinenlärm aufführen. England – wir kommen wieder! Der Erfolg ist unverkennbar.

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Viele Leute sagen, dass Musiker oft unter Strom stehen, und das ist leider wahr. Und das gilt nicht nur für „Mister 100.000 Volt“ Gilbert Bécaud. Gartenparty mit Livemusik bei einer Familie der gehobenen Mittelklasse in Herten, ungefähr Mitte der Neunziger Jahre des letzten Jahrtausends. Wir sollen mit einer zusammentelefonierten Besetzung mit Keyboards, Gesang, Schlagzeug und Bass in der Nähe des Pools aufspielen, natürlich direkt auf der Wiese, wir sind ja so herrlich spontan. Außerdem regnet ’s ja heute nicht. Strom? Kein Problem, der Sohn des Hauses studiert ja schließlich Elektrotechnik, dem fällt schon was ein. Tatsächlich schafft es der Sprössling mit einer improvisierten Trickschaltung aus dem 20 Meter entfernten Gartenhaus mittels Klingeldraht den Gartenteich zu überwinden und so der Band die geforderte 220 Volt-Leitung zur Verfügung zu stellen. Strom kommt tatsächlich irgendwie an.

Ich wundere mich, dass meine Hand so kribbelt, als ich die Hihat berühre, ich merke, dass das Stativ auf einem (XLR) Mikrokabel steht. Strom gehört da gar nicht hin, nur evtl. magere 48 Volt Phantompower. Als die Keyboarderin ihre Audio (!) Kabel in das Korg Keyboard (M1) steckt, steigen tuffige Rauchwölkchen aus dem Kopfhörerausgang auf. Schnell rufe ich der Sängerin noch zu, sie möge bitte um nichts in der Welt jetzt das Mikrofon berühren, zieht sie schon das zu erwartende Zitronengesicht und ihr stehen die Haare zu Berge. Da das Keyboard abgefackelt ist und die Chanteuse noch unter Strom steht, beschließt man in gegenseitigem Einverständnis, die Party mit dem CD-Player zu beschallen. Wir kassieren und rücken ab.

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Aber nicht nur mit solchen profanen Dingen wie Strom hat der Musiker zu kämpfen. Viel schlimmer ist der Kampf mit dem Wetter. Für das Wetter bei Freiluft-Veranstaltungen kann der Veranstalter ja nichts. Welcher Musiker kennt das nicht? Man rückt mit teuren Instrumenten und elektrischen Gerätschaften an, schon bei der Hinfahrt hat der dreiwöchige Dauerregen kaum nachgelassen, wird durch den Veranstalter (Gummistiefel tragend, mit Friesennerz) mit den Worten begrüßt: (nein, diesmal nicht „Hier könnt ihr nicht parken“, sondern): „Heute regnet es nicht, jetzt klart es auf, glaub ich!“ – um dann entsetzt festzustellen, dass entweder gar keine Bühne da ist (die Band soll auf der Wiese spielen) oder ein paar Baupaletten zusammengeschustert wurden, natürlich ohne Dach, denn heute regnet es ja nicht! Es soll immer noch Musiker geben, die dann nicht sofort wieder abreisen.

Musiker haben eine emotionale, wenn nicht sogar zärtliche Beziehung zu ihren Instrumenten (sogar Schlagzeuger). Kein Wunder, wenn man sich den ganzen Tag damit auseinandersetzt und sie ständig anfasst, um ihnen die schönsten Töne zu entlocken will man sie pflegen und beschützen. Flüssigkeit auf, unter oder über der Bühne im Zusammenspiel mit Strom ist immer aufregend. Der Klassiker neben dem Regen von oben oder der Überschwemmung von unten ist auch folgender.:

50-jähriger Geburtstag (ca. 1984), Schützenvereinsheim Dingeskirchen, die Showband hat ordentlich aufgefahren, Lichttraversen, PA, Keyboards. Der Bühnentechniker hat wegen Stolpergefahr alle Kabel unter einem alten, total versifften, auf der Bühne wohl seit 50 Jahren dauerhaft befindlichen Teppich drapiert (was da noch alles so drunter wohnt…!?)

Polonaise. Ungefähr schon eine gefühlte Viertelstunde, die Kellnerin will der Band was Gutes und stellt schön artig acht Pilsgläser auf den Teppich. Natürlich liegt ein Stromkabel unter der Stelle, sodass die Gläser – alle schon in Schieflage – der Reihe nach umfallen und sich gleichmäßig in eine 8-fach Steckdosenleiste ergießen. Endlich ist die Polonaise fertig – und die Veranstaltung auch.

Nach einem kurzem aggressiven Zischen – ich kann es noch sehen und schreie zum Keyboarder rüber, der aber nur grinsend und glücklich über die gelungene Polonaise zurücklächelt – Zisch, Bum – alles dunkel und endlich Stille. Die erfolglose Suche nach der Hauptsicherung dauert im Dunkeln sicher eine halbe Stunde, die Party ist vorbei.

Aber zurück zum Wetter. Eigentlich bin ich ja der Meinung, von Menschen vorgetragene Musik gehört spätestens ab Mitte September ins Haus. Der Meinung sind aber nicht alle. Es gibt sogar Musiker, die mit Instrumenten bei Wind und Wetter im Rahmen von Schützenumzügen mit ihren Instrumenten durch Felder laufen, um Weidetiere zu beschallen (Tierquälerei?). Dass die Instrumente dabei nass werden und leiden, versucht man sich durch Alkoholkonsum schön zu trinken. Muss aber jeder selbst wissen.

Schlimmer ist, dass viele Veranstalter meinen, die Open-Air-Saison geht bis zum 24. Dezember. Unzählige abgefrorene Gliedmaßen und an Mundstücke angefrorene Lippen werden billigend in Kauf genommen, um dem rührseligen Konsumenten von Glühwein und Spekulatius eine weihnachtliche Stimmung zu suggerieren. Oh stille mich, Du Fröhliche! Neigt der Mensch zur Selbstkastei? Muss man das haben? Gibt es keine überdachten Häuser? Nur weil der Eskimo im Iglu vielleicht auch mal ein Liedchen trällert, muss man hierzulande doch nicht bei Minus 10 Grad draußen spielen!

Ca. 1987. Das Dortmund-Harlem-Trio wird engagiert, um in der Nähe des Borsigplatzes in Dortmund auf der Adventsfeier einer sozialen Einrichtung zu spielen. Im Vorfeld heißt es schon: Zieht lieber zwei Paar Socken an! Am Tatort angekommen, sehen wir im Innenhof der Einrichtung schon die üblichen Glühweinstände, Peru-Strickwaren-Anbieter und den fairen Kaffeehändler. Also erst mal rein ins Haupthaus, gleich links um die Ecke im ersten Gang nach dem Flur die Aula. 250 Plätze, geheizt, Bühne mit kompletter Peripherie (Scheinwerfer, Beschallungsanlage). Alles klar. Als wir ausladen wollen, kommt der Veranstalter (parken durfte man sowieso nicht im Innenhof) und zeigt uns unsere Bühne, die wir mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen:

Draußen, mitten in dem zugigen Hof sind drei Bühnenelemente zusammengestellt, kein Dach, keine Rück- oder Seitenwand, keine Heizung. Das Thermometer zeigt (ungelogen!): Minus 15 Grad. Gespielt werden vier Sets, Pausen nach Absprache. Bum. Auf meinen Vorschlag, das Konzert doch in der Aula stattfinden zu lassen kommt nur die lapidare Antwort: „Das geht nicht, da probt ab halb neun die Laien-Kabarett-Truppe.“ Nach dem zweiten Set entschließt man sich, eine Gasflasche mit Heizschirm auf die Bühne zu stellen, nachdem keiner von uns mehr irgendwelche Gliedmaßen bewegen kann oder noch irgendwie spürt. Es kommt noch der Vorschlag, wir könnten ja genügend Glühwein trinken! Nun gut, die Autos sind ja nicht mehr zu sehen, wir sind ja sicher zu Fuß da und haben wahrscheinlich Kontrabass, Schlagzeug und Saxofone von zuhause aus dahin getragen…..

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Auch extreme Hitze kann Musikern und Instrumenten schaden.

Dixielandfrühschoppen werden auch gerne mal in freiluftiger Atmosphäre veranstaltet. Westfalenpark Dortmund, eine Swingcombo spielt auf, ich bin der Aushilfsdrummer, vertrete einen Kollegen, der (vermutlich wegen Sonnenstichs) ausfällt. Wir bauen unsere Instrumente nach Geheiß des Betreibers eines Open-Air Cafés auf, ungefähr 10 Meter von den ca. 30 noch unbesetzten Tischen entfernt. Das erste Set verläuft störungsfrei, allerdings "verläuft" der Schweiß der Musiker auch und zwar heftig.

Gefühlte 60 Grad, aber nicht im Schatten, sondern in der prallen Sonne. („Es regnet heute nicht“ stimmt zwar in dem Falle, aber ein Dach über dem Kopf braucht der Mensch natürlich doch, wenn er im August dreieinhalb Stunden in der Sonne Musik machen soll). Wir spielen also ungefähr eine Stunde in der prallen Sonne, immer mit Blick auf ungefähr dreißig ungenutzte Sonnenschirme direkt vor uns (die Tische sind nicht besetzt, es ist eher Laufpublikum zu verzeichnen). Pause. Der Bandleader geht zum Lokalchef, der die Band engagiert hat und bittet um einen (!) Sonnenschirm für die Musiker. Antwort: „Hab ich nicht!“ Sensationell. Der Gitarrist hat inzwischen einen solchen Hals (nicht nur rot von der Sonne, sondern auch aus Wut auf den ignoranten Veranstalter!). Nach einer Beschwerde unsererseits („Aber da sind doch so viele ungenutzte Sonnenschirme“ – „Die brauche ich alle für meine Gäste“) werden zwei Schirme für die sechsköpfige Band „geopfert“. Ab jetzt werden nun auch alle Getränke für die Musiker peinlich genau aufgeschrieben. Jede Toilettenbenutzung wird scheinbar protokolliert. Kunta Kinte lässt grüßen.

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Widrige Umstände können dem willigen ausübenden Musiker aber auch noch auf andere Art und Weise das Leben schwer machen.

Vor einigen Jahren fragt mich mein damaliger Schüler Marco, der zu der Zeit gerade am Theater Hagen bei dem Tom Waits Musical "Black Rider“ Schlagzeug spielte, ob ich ihn für eine Vorstellung vertreten könne, er habe just an einem Aufführungstag Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule. Klar, mach ich. Gerrit (Saxofon) hat zur optimalen Vorbereitung die Generalprobe auf Video aufgezeichnet, dazu kriege ich noch beizeiten Kopien der Noten fürs Schlagzeug. Proben kann ich nicht mehr, es ist alles sehr kurzfristig und „…Du machst das schon, schließlich bist Du ja mein Schlagzeuglehrer…“

Zwei Tage vor der Aufführung (die am Theater schon seit sechs Vorstellungen läuft), bekomme ich Post mit Papier und einer Videokassette. Super. Bin schon gespannt. Ich sehe auf die Blätter, auf denen eigentlich die Noten stehen sollten, aber es handelt sich um die 13. Kopie der 20. Kopie. Schwarze Noten auf schwarzem Grund. Zudem hat bei den letzten 20 Inszenierungen dieses Stücks jeder vorherige Drummer sein eigenes Gekritzel eingetragen, gekürzt, revidiert, gestrichen, ergänzt.

Aber es gibt ja noch das Video. Gut, die Aufzeichnung der ersten Hälfte der Generalprobe hat wohl wegen Kamerapro–blemen nicht funktioniert, es ist rein gar nichts zu sehen, eigentlich auch egal, dass nichts zu hören ist. Immerhin ist in der zweiten Hälfte graues Bildrauschen zu sehen und im Hintergrund sind Geräusche (ist es Musik?) wahrzunehmen.

Der Aufführungstag, kurze Absprache mit dem MD „Es geht los mit Total Black, alles dunkel, auf der Bühne und auch im Orchestergraben, dann schalten die Techniker die Notenpultleuchten ein und es geht los.“ Okay, here we go. Der Gong ertönt, die Band begibt sich in den Orchestergraben. Als alle sechs Musiker am Platz sind (ungefähr drei Meter zwischen den einzelnen Instrumentalisten) geht das Licht aus, wie geplant. Schade nur, dass das Licht nicht wieder angeht, auch die Pultleuchten nicht. Die Techniker haben uns schlicht vergessen und haben sich zum Kartenspielen zurückgezogen. Das ganze Theater liegt eine gefühlte Ewigkeit im Dunkeln. Prima, denke ich: Ich vertrete einen Schüler im Theater, es gab keine Probe, ich konnte die Noten nicht entziffern, das Lernvideo war nicht zu gebrauchen und jetzt sitze ich hier in der Finsternis vor 900 Zuschauern, hab keinen Schimmer, was passieren soll und kann noch nicht einmal den MD sehen.

Aber hören. Alle anderen Musiker, die das Stück ja schon x-mal gespielt haben, fangen plötzlich aus der Not heraus an, auswendig zu spielen, ich klinke mich einfach nach Gehör ein und stelle schnell fest, dass es bei Tom Waits' Musik eigentlich am besten ist, wenn man am Schlagzeug einfach Geräusche macht und irgendwie drauf rum dängelt. Irgendwann geht auch noch das Licht wieder an, der MD grinst zu mir herüber, die Show läuft.

Aber das Gemeinste ist: Marco hat es doch noch rechtzeitig nach der Aufnahmeprüfung (bestanden übrigens!) ins Theater geschafft, sitzt die ganze Zeit in der Loge direkt über meinem Platz im Orchestergraben und kann sich vor Lachen kaum noch halten!

Was für ein Theater!

...hier können Sie aber nicht parken!

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