Читать книгу Auf Pad im 4x4 Camper: Camping in Namibia - Berhard Vogt - Страница 10
2. Verkehrsregeln in Namibia
ОглавлениеLinksverkehr
Große Bedenken, gar Unbehagen besteht bei (unerfahrenen) Selbstfahrern gegenüber dem Thema „Linksverkehr“ im Südlichen Afrika. Angst ist dabei unangebracht, zumal das Verkehrsaufkommen deutlich unter den bekannten europäischen Verhältnissen liegt. Es ist jedoch ratsam, sich im Vorfeld über die neue Fahrsituation Gedanken zu machen – so wie auch über den gesamten Reiseverlauf nachgedacht wird. Die erste Zeit hinterm Steuer sollte mit äußerster Konzentration und Aufmerksamkeit angegangen werden; die Gewöhnung hält dann oft schneller Einzug als gedacht. Denn wenn alle links fahren, schließt man sich dem als Fahrer naturgemäß an. Gefährliche Situationen entstehen beim (Rechts-)Abbiegen auf Kreuzungen, bei langen, einsamen Überlandfahrten und bei den Ausfahrten aus besonders verkehrsberuhigten Bereichen wie z. B. Nationalparks.
Da auf der „falschen“ Straßenseite gefahren wird, befinden sich auch Lenkrad, Handbremse und Schalthebel auf der anderen Seite im Auto. Beim Schalten und Betätigen der Handbremse sollte also die linke Hand eingesetzt werden. Aber keine Sorge, auch als Rechtshänder lässt es sich erstaunlich gut mit links schalten. Da sich auch die Mittelkonsole mit allen möglichen Schaltern und Knöpfen (Lüftung, Radio etc.) links vom Fahrer befindet, ist die linke Hand ohnehin öfter gefordert als zu Hause. Die Hebel für Scheibenwischer (links vom Lenkrad) und Blinker sind vertauscht angebracht und sorgen in den ersten Tagen für einige Verwirrung und den ein oder anderen Schmunzler. Touristen lassen sich nämlich leicht daran erkennen, dass sie bei strahlend-blauem Sonnenwetter mit eingeschaltetem Scheibenwischer um die Ecke biegen, ohne dabei den Blinker zu betätigen.
Die Pedalerie zumindest – also Kupplung, Bremse und Gas – ist genauso angebracht, wie wir es auch von zu Hause aus kennen. Der Oberkörper muss sich also in den ersten Tagen umstellen, wohingegen Füße und Beine ihren normalen Dienst leisten können.
Genauso wie als Fahrer sollte man sich auch als Fußgänger in den ersten Stunden und Tagen mit besonderer Vorsicht durch den Straßenverkehr bewegen. Auch der Selbstfahrer sitzt ja nicht 24 Stunden in seinem Fahrzeug und wird sich u. U. nach seiner Ankunft in Namibia erst einmal die Hauptstadt Windhoek ansehen. Zum einen wird auf Fußgänger generell und an Kreuzungen bzw. Zebrastreifen nicht so sehr geachtet wie in Deutschland. Zum anderen muss das schon im Kindergarten erlernte Credo angepasst werden: „Rechts, links, rechts!“. Beim Überqueren der Straße muss also erst nach rechts geschaut werden, weil bei Linksverkehr mögliche Fahrzeuge zuerst von der rechten Seite kommen.
Auch auf den wenigen mehrspurigen Straßen des Landes gilt „Linksfahrgebot“, d. h. es wird in der linken Spur gefahren und auf der rechten Spur überholt. Im Kreisverkehr fährt man im Uhrzeigersinn und nicht diesem entgegen.
Was sich in der Theorie so schwierig und umständlich anhört, erweist sich in der Praxis als erstaunlich einfach. Schon nach wenigen Tagen hat sich unmerklich eine Gewöhnung eingestellt, die sich erst nach dem Heimflug so richtig bemerkbar macht. Wer nach mehrwöchigem Urlaub im Südlichen Afrika erstmals wieder in Deutschland Auto fährt, steigt mitunter auf der falschen Seite ein und verwechselt im Anschluss auch gerne einmal Blinker und Scheibenwischer.
Geschwindigkeit
Das größte Problem auf Namibias Straßen stellt zu hohe, unangepasste Geschwindigkeit dar. In den weltweiten Statistiken zu Verkehrstoten belegt Namibia immer wieder die vorderen Plätze. Den höchsten Beitrag dazu leisten sicherlich einheimische Kleinbusse und vollbeladene Pick-ups, bei deren Verunfallen gleich mehrere Menschen beteiligt bzw. geschädigt sind. Aber auch eine zunehmende Zahl europäischer Urlauber verunglückt auf Namibias Straßen. Zumeist sind bei deren Unfällen keine Drittfahrzeuge beteiligt, es kommt vielmehr – infolge überhöhter Geschwindigkeit – zum Überschlagen des Fahrzeugs. Darum ist unbedingt auf die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten zu achten. Man befindet sich ja schließlich im Urlaub und nicht auf der Flucht. Geschwindigkeitsüberschreitungen werden auch in Namibia scharf verfolgt und mit z. T. hohen Bußgeldern geahndet (bis max. 4000 NAD). Auch die Mietwagen-Firmen kontrollieren mittlerweile mittels GPS-Tracker die Fahrweise ihrer Kunden – zur Sicherheit der Kunden und der Fahrzeuge. Geschwindigkeitsüberschreitungen führen zu einem schrillen Piepton in der Fahrerkabine – als Mahnung und Erinnerung zugleich. Das unangenehme Geräusch verabschiedet sich erst, wenn das Tempo angepasst, d. h. verringert wird. Im Fall eines Unfalles werden die Daten des GPS-Trackers herangezogen und können über Haftungsfragen entscheiden. Überhöhte Geschwindigkeit wird als Fahrlässigkeit gewertet und kann zum Ausschluss der Versicherung führen.
Immer schön entspannt und links bleiben!
Stadtverkehr: 60 km/h
Innerhalb geschlossener Ortschaften beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 60 km/h. Im Stadtverkehr Abstand zu Taxis und Kleinbussen halten, da diese zur Aufnahme von Passagieren oft überraschende und völlig unberechenbare Fahrmanöver durchführen (z. B. Vollbremsung vor grüner Ampel).
Schotterstraßen (gravel roads): 80 km/h
Auf Schotterstraßen (C- und D-Straßen) beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h. Auf den Schotterstraßen sollte man sich nicht durch die zeitweilig gute Oberfläche und das Fahrverhalten der Einheimischen täuschen lassen. Wellblech, Schlaglöcher und kreuzende Tiere können überall völlig überraschend und unerwartet auftreten. Hinweisschilder für Kurven und Riviere (Trockenflussbetten) unbedingt beachten!
Asphaltierte Landstraßen: 120 km/h
Auf asphaltierten Landstraßen (A- und B-Straßen) beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 120 km/h. Allerdings können auf Asphaltstraßen aufgrund plötzlichen Seitenwindes, extrem langsamen Lkw und gefährlichen Überholmanövern des Gegenverkehrs 120 km/h schon viel zu schnell sein.
Anschnallpflicht
Auf allen Straßen und für alle Sitze gilt das Anschnallen als gesetzliche Verpflichtung. Gerade auf Schotterstraßen weitab jeglicher Zivilisation, wo man sich gerne einmal aller Pflichten und Zwänge entledigt, kann der Sicherheitsgurt das überlebensnotwendige Hilfsmittel schlechthin sein (z. B. bei einem Überschlag). Bei Kontrollen wird das Nichttragen des Gurtes mit 1000 NAD geahndet.
Telefonieren am Steuer
Ähnlich wie in Europa ist auch in Namibia das Telefonieren während der Fahrt nur mit Freisprechanlage erlaubt. Darum Hände weg vom Handy und ran ans Steuer, sonst droht ein Bußgeld von 2000 NAD.
„Don´t drink and drive!“
Alkohol am Steuer
Neben überhöhter Geschwindigkeit ist Alkohol am Steuer für die meisten Verkehrsunfälle in Namibia verantwortlich. Die gesetzlichen Obergrenzen für Fahren unter Alkoholeinfluss liegen bei 0,37‰ für Atemtests und bei 0,08‰ für Bluttests. Um sich einen solchen Test zu ersparen, sollte man tunlichst und immer auf Alkohol am Steuer verzichten. Zumal die Strafen für das Fahren unter Alkoholeinfluss drastisch sind und leicht im Gefängnis und vor Gericht enden können. Das sind Erfahrungen, auf die wohl jeder Reisende verzichten kann.
Vorfahrt
Die Vorfahrtsregelung ist in Namibia immer durch die üblichen Schilder, Ampeln (robots) oder die Bestimmung von Haupt- und Nebenstraßen geregelt. Eine Besonderheit stellen Kreuzungen dar, bei der alle einmündenden Straßen über ein Stoppschild verfügen, ein sogenannter all-way-stop. Was sich nach Lahmlegen des gesamten Verkehrs anhört, erweist sich in der Praxis als unkonventionelles, aber gut funktionierendes Regularium. Die Fahrzeuge halten am Stoppschild an und fahren in der Reihenfolge der Ankunft am jeweiligen Schild weiter: Wer zuerst an der Kreuzung ist und gestoppt hat, fährt auch zuerst weiter, danach der zweite und so fort. Im Zweifelsfall ist eine Verständigung durch Handzeichen üblich. Normalerweise befindet sich bei einem all-way-stop noch ein kleines Schild unter dem Stoppschild. Darauf ausgewiesen ist in numerischer Form die Anzahl der Straßen, die sich an dieser Kreuzung begegnen.
Four-Way-Stop
Papiere
Offizieller Nachweis der Fahrtauglichkeit im Südlichen Afrika ist ein Internationaler Führerschein, der stets nur in Verbindung mit dem nationalen bzw. EU-Führerschein gültig ist. Der Internationale Führerschein mit seinen Ausführungen in verschiedenen Sprachen macht es Polizisten im Ausland einfacher, die Fahrerlaubnis zu kontrollieren. Die Autovermietungen hingegen händigen ihre Autos auch oft ohne das Vorliegen des Internationalen Führerscheins aus. Um Probleme mit der Polizei, Versicherungen und der allgegenwärtigen Bürokratie
Stetige Reisebegleiter: Reisepass und Führerscheine zu vermeiden, gehört der Internationale Führerschein allerdings zusammen mit EU-Führerschein und Reisepass ins Handgepäck.
Klebt vom Fahrer aus gesehen links unten: die licence disc.
Den Internationalen Führerschein bekommt man bei jeder deutschen Führerscheinstelle bzw. allen Straßenverkehrsämtern. Benötigt werden zur Antragsstellung ein aktuelles biometrisches Passfoto, der nationale bzw. EU-Führerschein, der Personalausweis und Geld für die Bearbeitungsgebühr (ca. 15 EUR). Liegen alle erforderlichen Dokumente vor, wird der Internationale Führerschein direkt vor Ort ausgestellt – mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren. Nostalgiker sollten diesen Weg mit Bedacht gehen: Wer noch keinen neuen EU-Führerschein hat, dem wird der alte Papier-Führerschein (mit dem z. T. sehr lustigen Passfoto) bei dieser Gelegenheit automatisch gegen die neue Plastikkarte eingetauscht.
Bei jeder Fahrt in Namibia sollte der Fahrer also den Internationalen Führerschein zusammen mit dem nationalen bzw. EU-Führerschein und den gültigen Reisepass zur Hand haben. Dazu gehört dann natürlich noch die Registrierung des Fahrzeuges. Dieses wichtige Dokument bekommt man vom Vermieter als Kopie bei der Fahrzeugabholung und liegt den anderen Formularen und Verträgen bei.
Seit kurzer Zeit gibt es auch eine sogenannte licence disc an der Frontscheibe des Fahrzeuges (vom Fahrer aus links unten). Die Plakette enthält eine Vielzahl von Daten zum Fahrzeug (Gewicht, max. Personenanzahl, Motornummer etc.), auch die Bezahlung der Gebühren von Autoregistrierung und MVA Found (für Personenschäden bei Unfällen) ist hinterlegt. Die Fahrzeugregistrierung in Form der licence disc muss jährlich erneuert werden. Ein Blick auf die Frontscheibe lohnt also bei der Fahrzeugübernahme.
Beim Grenzübertritt in Nachbarländer sind noch weitere Dokumente vorzulegen, aber verbleiben wir erst einmal noch ein wenig in Namibia selbst.
Road Blocks
Egal in welcher Himmelsrichtung Windhoek verlassen wird, Autofahrer treffen überall auf einen sogenannten road block (Verkehrskontrollpunkt der Polizei). Rings um die Hauptstadt handelt es sich um permanente Kontrollpunkte. In Nord-Süd-Richtung gibt es zwei road blocks auf der B1 bzw. A1; im Westen liegt dieser auf der C26 und im Osten auf der B6 in Richtung des internationalen Flughafens Hosea Kutako. Daneben werden bei Bedarf auch immer wieder temporäre road blocks aufgebaut, zumeist außerhalb größerer Städte auf den großen Durchgangsstraßen. Diese Checkpoints der Polizei dienen der allgemeinen Kontrolle von Verkehr(steilnehmern), Gütern und Waren. Für Touristen verläuft diese meist unspektakulär und schnell. Nach einem kurzen Halt am Stoppschild des road block wird man zumeist schon von einem der Polizisten weiter gewunken. Nach einem kurzen Gruß zurück kann die Fahrt auch schon weitergehen. Gestoppt werden sollte aber auf jeden Fall – egal ob es mitten in der Nacht ist oder gerade kein Polizist zu sehen ist. In den seltensten Fällen wird man an diesen Checkpoints wirklich kontrolliert. Im Fall des Falles wird nach den gängigen Papieren (Führerschein und Reisepass) verlangt, nach der Fahrzeugregistrierung und selten auch einmal in den Kofferraum geschaut. Freundlichkeit und Smalltalk helfen zumeist den Moment zu entspannen und die Verweildauer zu verringern. Auch die Polizisten tun nur ihre Arbeit, die hinsichtlich der zunehmenden Gefahren durch Wilderei und Schmuggel immer wichtiger wird.
Bußgeld
Bei Verstößen gegen Gesetze und insbesondere gegen die Verkehrsregeln und einem damit verbundenen Bußgeld erfolgt die Zahlung des Bußgeldes in der nächstgelegenen Polizeistation. So sollen Fälle von Bestechung verringert werden. Gerade als Tourist sollte man sich an die geltenden Gesetze und Gepflogenheiten des Gastlandes halten. Darum heißt es, den Umweg zur Polizei auf sich zu nehmen und seine Zahlung zu leisten – diese aber dann natürlich nur gegen offizielle Quittung. Dumm nur, wenn all dies genau auf dem Weg zum Flughafen bzw. dem Rückflug geschieht. Also immer schön an die geltenden Verkehrsregeln halten!