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Christinas Schulzeit

Bei den Einschulungstests im Kinderspital hatte Christina ziemlich schlecht abgeschnitten, so dass man uns mitteilte, dass das Mädchen kaum die normale Grundschule werde besuchen können. Aber ich ließ mich nicht verunsichern, denn ich kannte meine Tochter. Fremden gegenüber zeigte sie stets eine gewisse Zurückhaltung, was sich wohl auch auf die Testergebnisse ausgewirkt hatte. Während sich ihr Verständnis der Zahlenreihen deutlich unterdurchschnittlich zeigte, schnitt sie beispielsweise bezüglich Menschenkenntnis massiv überdurchschnittlich ab. Doch die Menschenkenntnis gehört bei uns nicht zu den relevanten schulischen Anforderungen.

Einige der Ergebnisse ihrer Einschulungstests erschienen rätselhaft und unlogisch, denn niemand verstand damals, dass Christina über außergewöhnliche Wahrnehmungen und Begabungen verfügte, auch ich nicht.

Wir schickten das Mädchen also in die erste reguläre Klasse mit der Option, dafür gegebenenfalls auch zwei Jahre beanspruchen zu können. Dazu kam es nicht, und in der Folge absolvierte sie problemlos alle Stufen der normalen Primar- und Sekundarschule.

Christina zeigte sich gemäß Aussagen ihrer Lehrer stets als ungewöhnlich ruhige, fast schüchterne Schülerin, allerdings mit einer hohen Lernbereitschaft, mit großer Ausdauer und mit einem ausgezeichneten Konzentrationsvermögen. Ihre Mitschüler schätzten ihre liebevolle und hilfsbereite Grundhaltung. Sie war zwar körperlich gesehen immer weit unterentwickelt, doch sie fühlte sich dadurch nie benachteiligt oder ausgegrenzt. Ihre auffallendste Eigenschaft aber war wohl, dass sie immer authentisch, immer sie selbst war, und dass sie niemals irgendwelche Intrigen, Ungerechtigkeiten oder Lügen unterstützte. Zu Hause erzählte sie häufig von der Schule, und ihre Wahrnehmungen der Eigenheiten und Tätigkeiten der anderen Schüler wie auch der Lehrer war stets sehr beeindruckend, aber nie urteilend. So konnte sie zum Beispiel fragen: «Mama, warum merkt der Lehrer nicht, wie er von einigen Schülern angelogen wird?»

Oft beschrieb sie auch detailliert bestimmte Emotionen von Personen, was mich immer wieder verwunderte. Wie konnte ein derart kleines Mädchen bei anderen Menschen so vieles spüren und wahrnehmen?

Christina spielte zwar gerne mit anderen Kindern, oft aber auch stundenlang alleine. Sie liebte es, an unserem Brunnen mit Wasser zu experimentieren, ebenso auch mit Steinen und vor allem mit Tieren und Pflanzen. Auch dies war für mich lange Zeit rätselhaft, doch da es völlig natürlich wirkte, machte ich mir keine Sorgen deswegen. Christina zeigte sich als sehr naturverbundenes, fröhliches Mädchen, das viel lachte und stets eine tiefe Zufriedenheit ausstrahlte, auf Außenstehende jedoch meist einen sonderbar ruhigen Eindruck machte. Vor Fremden sprach sie oft gar nicht.

«Schon zehn Jahre hier»

An ihrem 10. Geburtstag verkündete Christina zum Erstaunen der versammelten Familie – einschließlich Großeltern, Paten, Freunden sowie einiger Nachbarskinder – mitten beim Kuchenessen: «Mama, jetzt bin ich schon zehn Jahre auf dieser Welt, und es ist noch sooo nichts gelaufen!» Es schien, als sei ihr plötzlich bewusst geworden, dass sie ja hierher auf Erden gekommen war, um eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und dass sie damit noch immer nicht begonnen habe.

Nach dieser Aussage war ich kurz sprachlos. Wieder eine ihrer zahlreichen rätselhaften Bemerkungen, die ich nicht zu deuten wusste. Denn aus meiner Sicht war in den zurückliegenden zehn Jahren sehr wohl sehr viel gelaufen, und vieles davon war alles andere als einfach gewesen. Doch anscheinend maß Christina ihrer umfangreichen Krankengeschichte nicht allzu viel Gewicht bei. Sie schien sich vielmehr in ihrem Leben zu langweilen und suchte endlich eine angemessene Herausforderung. Damals verstanden wir die Bedeutung dieser wunderlichen Aussage noch nicht; sie sollte sich uns erst einige Jahre später offenbaren.

Mario und Christina waren von Anfang an ein innig miteinander verbundenes Geschwisterpaar, und dies ist auch heute noch so. Schon früh zeigte sich, dass Mario eher ein begabter Techniker und seine Schwester eher eine Denkerin ist. Mit den Händen zu arbeiten, war nie Christinas Ding, und so beanspruchte sie sehr häufig seine Hilfe, ohne sich jedoch benachteiligt zu fühlen. Ich staunte oft, dass sie darüber nicht frustriert war, doch sie fand Marios praktische Talente einfach nur toll. Auf diese Weise ergänzten sich die beiden in vielerlei Hinsicht, oft auch auf amüsante Art und Weise. Geschwisterneid oder Streitereien, gegenseitiges Herumkommandieren oder gar Schadenzufügen war diesen Kindern völlig unbekannt. Im Gegenteil, sie waren ausgesprochen fürsorglich zueinander. Dies fiel mir erst dann wirklich auf, wenn ich andere Kinder beobachtete, die teilweise ganz anders miteinander umgingen. So war ich auf eine stille und demütige Art und Weise einfach dankbar für die schöne Fügung, solche Kinder haben zu dürfen.

Sonderbar war eines Tages eine Frage von Mario, als er ungefähr sechs Jahre alt war. Ich war mit ihm im Auto unterwegs, und er saß auf dem Rücksitz. Ganz nebenbei stellte er mit seiner kindlichen Stimme die Frage: «Mama, was ist eine Heilige?». Obwohl er katholisch erzogen wurde, wusste der Erstklässler von Religion noch nicht allzu viel, daher kam diese Frage ziemlich überraschend. Weshalb wollte er aus heiterem Himmel wissen, was eine Heilige ist?

Ich antwortete: «Kurz gesagt, waren Heilige meist aufopfernde Menschen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzten. Manche von ihnen konnten auch heilen und Wunder vollbringen.» Ich nannte ihm ein paar Beispiele, wie etwa die heilige Bernadette Soubirous aus Lourdes, deren Körper nach ihrem Tode nicht verweste und noch heute erstaunlich lebendig aussieht.

Marios Antwort auf diese knappe Erklärung ließ mich verstummen: «Aha, dann ist Christina also eine Heilige.» Seine klare Feststellung, an der er keinerlei Zweifel zu hegen schien, ließ ich einfach mal so stehen, ohne zu fragen, warum er denn meine, dass seine Schwester eine Heilige sei.

Es ist durchaus nicht üblich, dass Kinder ihre eigenen Geschwister für Heilige halten, schon gar nicht, wenn sie selbst überhaupt nicht exakt wissen, was Heilige eigentlich sind. Irgendetwas hatte Mario an seiner Schwester bemerkt. Aber was? Allein ihr friedfertiges Wesen konnte kaum der Grund für eine solche Aussage gewesen sein. Auch dieser wunderliche Moment sollte erst einige Jahre später aufgeklärt werden.

Weitere Auffälligkeiten während Christinas Schulzeit zeigten sich etwa im Mathematikunterricht, der für sie stets eine spezielle Herausforderung darstellte. Ihre Leistungen in Mathematik standen in keinem Verhältnis zu jenen in den Sprachen oder den Naturwissenschaften. Schon als Kleinkind bei den Entwicklungskontrollen in der Klinik war ihr Verständnis der Zahlenreihen weit unter der Norm gewesen, und auch später in der Schule blieb das Rechnen immer ihre große Hürde. Die Mathe-Hausaufgaben erledigte sie stets mit mir zusammen und besuchte zusätzlich auch Nachhilfe.

In der 5. Klasse erhielt sie die Aufgabe, einen Würfel zu beschreiben. Die einfache Fragestellung lautete: Wie viele Seiten hat ein Würfel? Christina antwortete mir umgehend mit einem sicheren Lächeln im Gesicht: «Sechzig!»

Nach dieser Antwort riss bei mir allmählich der Geduldsfaden. «Ein Würfel kann doch nicht sechzig Seiten haben!», erwiderte ich etwas ungehalten, holte einen kleinen Würfel aus der Spielschublade und legte ihn vor sie hin.

Daraufhin kam die korrekte Antwort: «Er hat sechs Seiten.»

Was ich damals nicht wissen konnte, ist, dass Christina bereits zu diesem Zeitpunkt multidimensional zu sehen vermochte und manchmal schlichtweg vergaß, Fragen gemäß unserer dreidimensionalen Sicht zu beantworten. Auch diese Begebenheit klärte sich erst Jahre später auf, als Christina mir darlegte, dass sie damals imstande war, zehndimensional zu sehen. Auf meine Frage, wie denn ein solch zehndimensionaler Würfel mit sechzig Seiten aussehe, meinte sie nur lachend: «Nun ja, das Ding hat definitiv keine Ähnlichkeit mit einem Würfel unserer Dimension.»

Christinas Vorlieben

Christinas Hauptbeschäftigung während ihrer Schulzeit war und ist noch immer das Lesen. Mit dem ganzen üblichen Mädchenkram – einschließlich Schminke, Schmuck, Uhren, Handys, Social Media, Fernsehen usw. – konnte sie seit jeher nicht viel anfangen. Lieber spielte sie in freier Natur mit den Tieren oder den Nachbarskindern.

Zu Weihnachten oder zum Geburtstag meldete sie nie Wünsche an. Wenn man sie nach ihren Geschenkwünschen fragte, kam meist eine Antwort wie: «Ich brauche nichts. Ich habe alles, was ich brauche.» Dies war für die Anverwandten nicht wirklich hilfreich und sorgte nicht selten für Bemerkungen wie etwa: Diese Bescheidenheit ist doch nicht normal!

Oft bekam sie dann Bücher geschenkt, denn nichts konnte Christina so sehr begeistern wie Bücher. Anfangs interessierten sie hauptsächlich Bücher mit schönen Illustrationen über die Natur. Vor allem Weltnaturerbe-Stätten sprachen sie an, aber auch die Sterne und das Weltall. Als Unterstufenschülerin sammelte sie zudem niedliche kleine Engelchen, die noch heute ihre Wände und Regale zieren. Auch Steine faszinieren sie seit jeher sehr.


Bereits als Kleinkind liebte Christina Engel und wusste um deren Bedeutung. Mehr als dreißig Engelfiguren stehen noch heute in ihrem Zimmer. (Bild aus dem November 2004)

Das zwanghafte Schenken an Weihnachten aber blieb stets verwunderlich für das Mädchen. Einige Jahre später bemerkte sie zum «Fest der Liebe» einmal: «Ich verstehe nicht, warum sich die Menschen nur gerade an diesen Tagen Geschenke machen oder sich Zeit füreinander nehmen. Für mich ist immer Weihnachten, dazu braucht es keinen Christbaum und keine Geschenke.»

Eine große Vorliebe von Christina waren und sind die Tiere. Als Kind rettete sie mit großer Freude und Ernsthaftigkeit allerlei Schnecken, Käfern und anderen Kleintieren das Leben. Wenn es regnete, kontrollierte sie oft die Straßen, um sicherzustellen, dass keine Schnecken überfahren wurden. Das macht sie übrigens noch heute. Auch Fliegen, Wespen oder Bienen, die versehentlich ins Trinkglas fallen, fischt sie stets von Hand aus dem Glas und lässt sie wieder fliegen. Ihre Erklärung, weshalb sie dabei nicht gestochen werde: «Vielleicht fühlen sich die Bienen von mir nicht bedroht.»

Gegenüber keiner Art von Tieren hatte Christina je Berührungsängste – weder gegenüber Spinnen oder Schlangen, noch gegenüber großen Raubtieren. Deshalb mochte sie liebend gerne Zoos besuchen und einfach die dortigen Tiere betrachten. Überhaupt zeigte sie in keinem Lebensbereich je Angst. Nur bellende Hunde oder generell Lärm mochte sie nicht – nicht etwa, weil sie Angst vor Hunden hatte, sondern weil das Gebell akustisch für sie schwierig war.

Im Alter von sieben Jahren bekam sie einen Hasen geschenkt, und mit neun eine weiße Alpaka-Stute, die mittlerweile bereits drei Jungtiere geworfen hat. Mario besitzt ebenfalls einen Hasen sowie einen Alpaka-Hengst. Christina war stets äußerst liebevoll mit den Tieren und schien sich mit allen unterhalten zu können. Erklären konnte ich mir diese wunderliche Kommunikation zwar nie, doch es fühlte sich stets völlig selbstverständlich und natürlich an.


Oktober 2012: Die 11½-jährige Christina mit ihrer Alpaka-Stute Daisy.

Christina konnte mit der Natur förmlich verschmelzen. Ein eindrückliches Beispiel dafür trug sich an einem milden Oktobertag zu, als sie neun Jahre alt war. Es waren Herbstferien, und die Kinder verbrachten den Tag mehrheitlich im Freien. Wir ließen die Hasen nochmals in ihr großes Gehege ins Freie. Als ich meinen Blick aus dem Haus nach draußen schweifen ließ, erblickte ich Christina, die alleine mit einem Buch inmitten des großen Geheges saß und den beiden Hasen eine Geschichte vorlas – ohne Worte versteht sich. Die beiden Alpakas, deren Revier an das Hasengehege grenzt, setzten sich ebenfalls an den Zaun und lauschten der stillen Erzählung. Die Situation erweckte den Eindruck, als ob alle Tiere aufmerksam der lautlosen Geschichte folgten. Und das taten sie wohl auch, denn schon damals verfügte Christina über die Fähigkeit, mit Tieren, Pflanzen und Steinen zu kommunizieren.

Von der dritten bis zur sechsten Klasse spielte Christina einige Zeit lang Keyboard. Sie zeigte sich darin zwar nicht etwa besonders talentiert, aber sie genoss das Musizieren und besuchte die Stunden gerne. Auch ich begrüßte es aus therapeutischer Sicht, da das Mädchen sonst sehr wenig mit den Händen arbeitete und motorisch eher unbeholfen war.

Fürs Fernsehen hingegen hegte sie kaum je Interesse. Wenn abends die gemeinsame Fernsehstunde für die Kinder anstand, nahm sie meist ein Buch zur Hand oder schrieb irgendetwas, ohne dass sie sich gestört fühlte durch uns oder durch den Fernseher.

Christinas Lieblingsbeschäftigung blieb immer das Lesen. Sie war derart schnell darin, dass ich es oft kaum glauben konnte. Im Alter von zehn Jahren las sie pro Woche mindestens fünf dicke Bücher. 300 Seiten waren da im Nu gelesen, und sie wusste anschließend über den gesamten Inhalt sehr gut Bescheid, was mit dem Lese-Kontrollsystem «Antolin» auch nachgewiesen wurde. Zu jener Zeit ahnten wir noch nicht, dass dieses Mädchen über synästhetische Fähigkeiten verfügt, also völlig anders angelegte neuronale Hirnstrukturen aufweist und deswegen unter anderem auch sehr schnell zu lesen und Texte zu verstehen imstande ist.

Ihr Lesedrang konzentrierte sich anfänglich vor allem auf Abenteuer- und Fantasiegeschichten, später dann zunehmend auch auf Fachbücher in den Bereichen Naturwissenschaften und Mystik. Mit etwa zehn Jahren entdeckte sie ihre große Begeisterung für Kosmologie und Astrologie, die sich allerdings bereits Jahre zuvor angekündigt hatte.

Denn schon als kleines Mädchen von zwei, drei Jahren hatte sie sich öfters am Abend, wenn es dunkel geworden war, einen Stuhl an ein geschlossenes Fenster geholt und stumm in die dunkle Nacht hinausgeschaut. Manchmal saß sie auch vor der Balkontüre, meistens aber wechselte sie an verschiedene Orte, als ob es überall etwas anderes zu sehen gab. Ich hatte mich oft gewundert, was für sie daran so faszinierend war, denn die Sicht auf die Sterne war ja häufig von Wolken verdeckt. Es musste also einen anderen Grund geben, welchen ich wiederum erst Jahre später erfuhr. Jedenfalls waren sämtliche Fensterscheiben und die Balkontüre stets gezeichnet – oder treffender ausgedrückt: verschmiert – von ihren Händchen und ihrem kleinen Mund, insbesondere in ihrem Kinderzimmer. Doch ich ließ sie stets gewähren, denn aus irgendwelchen Gründen fand sie den Anblick der nächtlichen Dunkelheit offensichtlich deutlich spannender als das Fernsehen.


2003: Die rund zweijährige Christina am Fenster, um fasziniert ins Dunkel zu schauen.

Beginnende «Vortragstätigkeit»

Etwa ab dem Alter von zehn Jahren begann Christina, der Familie lange Ausführungen über naturwissenschaftliche Themen vorzutragen. Voller Inbrunst erzählte sie beispielsweise liebend gerne über den Kosmos, referierte über unbekannte Planeten im Universum, über deren Entstehung und Struktur und erläuterte zuweilen auch das dortige Klima und die jeweiligen Naturgesetze. Woher bloß hatte das Mädchen derart detailliertes Wissen über ferne Planeten und Galaxien, über Sternentore, Wurmlöcher und Multiversen? Sie konnte dies alles unmöglich nur aus Büchern oder aus dem Internet erfahren haben, und gewiss erfand sie es auch nicht fortlaufend.

Problemlos vermochte sie eine ganze Stunde lang oder auch länger ohne Unterlass über solche Themen zu referieren und sie mit anderen Gebieten wie Physik oder Evolutionsgeschichte zu verknüpfen. Auch stellte sie Vergleiche mit der Entwicklung der Erde und der Menschheit an, über die sie ebenfalls umfangreich Bescheid zu wissen schien. Gewiss hatte sie all dies nicht einfach bloß irgendwo gelesen und dann auswendig gelernt, denn sie legte bereits damals Sachverhalte dar, die eindeutig außerhalb der aktuellen Kenntnisse der Wissenschaft lagen.

Ihren begeisterten Schilderungen zuzuhören war jedes Mal ein Erlebnis, und man war gut beraten, sie dabei nicht zu unterbrechen. Sie erzählte derart lebendig, sicher und glaubwürdig, dass es keinen Raum für Zweifel gab. Ich hatte, wenn sie zum Beispiel über andere Welten sprach, nicht selten den Eindruck, als ob sie gerade eben dort gewesen war und mir nun ihre aktuellen Erlebnisse im Schnelldurchlauf schilderte. Während dieser Ausführungen, die für Christina anscheinend völlig normal waren, fielen häufig Anmerkungen wie etwa: «… aber das kannst du nicht sehen» oder «… das ist für die Menschen hier undenkbar» oder «… das kann man mit dem dreidimensionalen Verstand nicht nachvollziehen».

Insgeheim wünschte ich, sie würde gelegentlich auch in der Schule auf diese Weise referieren. Ihr Lehrer würde sie wohl kaum wiedererkennen. Doch in der Schule zeigte sie sich stets äußerst zurückhaltend – so zurückhaltend, dass man sie oftmals kaum bemerkte. Nie meldete sie sich freiwillig, um Fragen zu beantworten, folgte jedoch sehr aufmerksam und konzentriert den Lektionen und begab sich in die Rolle der stillen Zuhörerin.

Die naturwissenschaftlichen «Vorträge» und unsere heimischen Gespräche darüber häuften sich und weiteten sich im Laufe der Jahre immer mehr aus. Zu den Fachgebieten Astronomie, Erdgeschichte und Evolutionsgeschichte kamen neu beispielsweise auch Quantenphysik, Zoologie, Archäologie, Klimaforschung, Neuropsychologie und Religionswissenschaft hinzu. Auch zu wissenschaftlichen Erfindungen und zentralen historischen Ereignissen auf unserem Planeten ließ sie gelegentlich subtil kritische Bemerkungen fallen. Und immer wieder verblüffend waren ihre Analysen zum aktuellen Weltgeschehen.

Bei all diesen Themen durfte ich jederzeit auch kritische Fragen stellen. Darauf freute sie sich besonders, und sie wusste immer eine kluge Antwort zu geben. Oft forderte sie mich direkt dazu auf, etwas zu fragen, damit sie noch weiter ausholen und einen Sachverhalt noch vertiefter erklären konnte. Vielfach waren die Themen allerdings derart hochstehend, dass ich bald keine weiteren fachlichen Fragen mehr hatte, sondern mich einfach nur noch über meine Tochter wunderte. Nie erschien mir etwas von alledem, über das sie referierte, als spekulativ oder unglaubwürdig. Auffällig war, dass Christina bei Themen wie etwa Gravitationsfelder oder Umdrehungen der Erdachse oder auch hinsichtlich irgendwelcher Begebenheiten, die Jahrtausende zurückliegen, in erstaunlicher Weise mit Zahlen umzugehen vermochte, obwohl sie im Mathematikunterricht in der Schule nach wie vor deutliche Defizite aufwies. Auch dies vermochte ich mir nicht zu erklären.

Bemerkenswert waren auch ihre persönlichen Fragen wie zum Beispiel: «Mama, glaubst du, dass sich jemand von Licht ernähren kann?» oder «Glaubst du, dass jemand mit einem Röntgenblick geboren werden kann?» oder gar «Kennst du jemanden, der sich unsichtbar machen kann?»

Meine Standardantwort war dann meistens: «Ich denke schon, dass es solche Phänomene geben kann, doch dürften dies wohl eher seltene Begabungen sein.» Damit war ihre Frage dann jeweils beantwortet – jedenfalls bis zur nächsten Frage, die oft nicht lange auf sich warten ließ.

In jenen Kinderjahren war Christina in ihrem Verhalten und in ihren Äußerungen immer noch ein großes Rätsel für mich, das ich nicht zu ergründen wusste. Mein Bild von ihr schien irgendwie noch lückenhaft und unvollständig zu sein – so, als würde ich meine Tochter noch gar nicht richtig kennen.

Christinas Stärken lagen jedoch nicht nur im Naturwissenschaftlichen und Verstandesmäßigen. Von ihrem inneren Wesen her war sie in jeder Situation immer auch außergewöhnlich aufmerksam und verständnis- und liebevoll im Umgang mit allen Lebewesen. Gab es in ihrem Umfeld Anzeichen etwa von Unfrieden oder von Enttäuschung, dann versuchte sie sofort zu beschwichtigen und zu trösten – manchmal sogar mich, wie das folgende Beispiel zeigt.

Als Christina etwa acht Jahre alt war, war ich eines Abends aufgrund eines bestimmten Ereignisses ziemlich niedergeschlagen. So zeigte ich mich ungewöhnlich kurz angebunden an den Betten der Kinder. Nachdem ich zuvor Mario zu Bett gebracht hatte, zeichnete ich gemäß unserem abendlichen Ritual auch Christina mit Weihwasser die drei Kreuze und wünschte ihr eine gute Nacht. Sie aber spürte, auch ohne Fragen zu stellen, deutlich, was mit mir los war. Wortlos stieg sie aus ihrem Bett, tappte barfuß über den Laminatboden, so leise, dass man kaum etwas hören konnte, und lief zum Weihwassergeschirr, das an der Wand befestigt war. Sie stand auf ihre äußersten Zehenspitzen, reckte sich, streckte mit Mühe ihr Fingerchen in das geweihte Wasser und kam zurück zu mir an ihr Bett, wo sie mir ebenfalls die drei Kreuze zeichnete. Dann strahlte sie mir wortlos entgegen. Als könnte sie Gedanken und Gefühle lesen, hatte sie meine Situation klar verstanden und fürsorglich darauf reagiert.

So erlebte ich in unserem Alltag unzählig viele kleine, liebevolle Gesten, die für mich völlig normal waren, Außenstehenden aber immer wieder positiv auffielen. Vor allem ihr ausgesprochen friedfertiges Wesen war für viele verblüffend. Für mich aber war Christinas Wesen und Verhalten schlichtweg Alltag – und zwar ein sehr schöner Alltag, vielleicht sogar ein Leitfaden in meinem Leben, der mir wie ein feiner Lichtstrahl den richtigen Weg zeigte. Oft überraschten mich ihre kurzen, aber sehr treffenden und weisen Antworten. Sie äußerte sich zu Themen, von denen andere Kinder ihres Alters entweder keine Ahnung hatten oder aber über deutlich weniger Kenntnisse und Unterscheidungskraft verfügten. So gab Christina auch nach meiner wohl schwierigsten Entscheidung jener Zeit unaufgefordert einen knappen Kommentar ab und ließ verlauten: «Mama, das war die beste Entscheidung, die du treffen konntest.»

Freunde und Bekannte begründeten diese Tiefgründigkeit und Einsichtsfähigkeit des Mädchens meist damit, dass Christina während ihrer frühen Kindheit aufgrund ihrer jahrelangen Dauertherapien sehr viel Zeit mit Erwachsenen zugebracht hatte. Auf diese Weise habe sie sich bereits als Kind eine ungewöhnlich weit entwickelte Sprache und besondere Menschenkenntnisse angeeignet. Wie wir jedoch bald erfahren würden, gab es dafür noch ganz andere Gründe.

Soviel über die ersten dreizehn Lebensjahre von Christina. Kommen wir nun wieder zurück in die Gegenwart, die noch viel aufregender und erkenntnisreicher ist. Nicht nur, dass beständig neue Themen auftauchen; es werden nun zudem auch Stück für Stück die vielen rätselhaften Fragezeichen aus der Kindheit geklärt und ergeben insgesamt für mich endlich einen schlüssigen Sinn.

Es scheint, als hätte man mich als Mutter all die Jahre bis jetzt bewusst mit einem Schleier des Vergessens bedeckt, um diesem Kind – genauer gesagt, allen meinen drei Kindern – vorbehaltlos und bedingungslos ihre eigene Entwicklung zu ermöglichen. Es scheint, als hätte ich dabei, ohne mir darüber bewusst zu sein, immer wieder verschiedenste Prüfungen durchlaufen. Und es kommen auch heute noch laufend neue hinzu.

Seit Neujahr 2015 ist nichts mehr in meinem Leben, wie es vorher war. Denn das, was ich seitdem erlebe, ist faszinierender und unglaublicher als alles, was ich je zuvor erlebt und gehört habe. Am Anfang waren es Christinas außergewöhnliche Wahrnehmungen und Begabungen, die mich beschäftigten, doch sind diese nur Nebenerscheinungen ihres wahren Seins und Wirkens. Das wirklich Beeindruckende ist ihr Bewusstseinszustand, ist ihre geistige Hochbegabung und ihr Verständnis über unser Universum und unser Dasein auf dem Erdplaneten.

Wie bereits erwähnt, verbindet Christina mit spielerischer Leichtigkeit und Eleganz die unterschiedlichsten Themengebiete zu einem schlüssigen Ganzen: Philosophie, Mystik und Spiritualität; Astronomie, Quantenphysik und Neuropsychologie; Schöpfungsgeschichte, Evolution und das aktuelle Weltgeschehen – zu allen diesen Fachgebieten weiß sie Bemerkenswertes und Horizonterweiterndes beizutragen. Dies alles zusammengenommen ist Christinas Realität, in der sie tagtäglich lebt und an der sie uns zusehends teilhaben lässt. Dabei betont sie immer wieder, dass wir alle das Potenzial in uns tragen, unser Bewusstsein in ähnlicher Weise zu entwickeln und zu erweitern und das Universum und unsere Rolle darin ebenso klar wahrzunehmen.

Für mich am beeindruckendsten ist aber Christinas persönliches Wesen. Ihre Lebensfreude und Lebenskraft, ihre Demut und Weisheit, ihr tiefer innerer Frieden und ihre umfassende Liebe zur ganzen Schöpfung sind Ausdruck einer völlig neuen Dimension des Menschseins. An ihrem Beispiel führt sie uns vor Augen, dass es möglich ist, diese hohen ethischen Werte tatsächlich konsequent im Hier und Jetzt zu leben.

Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren

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