Читать книгу Landratten unterwegs auf der Donau - Bernd Majewski - Страница 5

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Reparatur

Ein Schiff steht in unserem Garten und will restauriert und repariert werden.

Das hat was!


Dietlinde ist für die praktischen Dinge an Bord zuständig, ich habe dafür Sorge zu tragen, dass alles funktioniert. Sie denkt an das Leben an Bord, während ich hinter den Kabeln und Geräten her bin, um zu begreifen, wo was und warum angeschlossen ist und wie bzw. ob es funktioniert.

Der Zustand des Bootes ist erbärmlich.


Alter, vergilbter, abgeblätterter Uralt-Lack aussen, hässlicher und schlampig, bläulich gestrichener innen.

Es steht Wasser in allen Heck-Fächern.

Die Sitzpolster sind vergammelt und feucht.

Die angeblich neue Persenning ist undicht und grün-grau verschimmelt.

Es ist jede Menge Müll in der Bilge.

Unter den abgeschraubten Namensschildern “Oldi” – wie sinnig – kommt ein noch älterer Name “Meson” zum Vorschein. Das dürfte wohl der Name des Bootes gewesen sein, als es noch in Norwegen in den Fjorden herumschwamm.

Der Trailer ist mit teilweise abgelösten Aufklebern verunziert, Farbe wurde verkleckert und nie abgeputzt.

Es liegt viel Arbeit vor uns!


Dieses Jahr lässt uns der Winter nicht los. Es hatte wieder geschneit. Wir können bei 3 bis 5 Grad Celsius und Schnee nicht weiterarbeiten. Aber an Ostern wird es etwas besser.

Als erstes bauen wir die Küchenzeile aus, da wir weder Gas noch einen Kühlschrank an Bord haben wollen. Gas ist uns zu gefährlich, ein Kühlschrank nimmt nur Platz weg und Rotwein trinkt man warm. Dann suche ich die Bilgenpumpe, denn wir sind ziemlich sicher, dass die defekt ist. Tests ergeben, dass das stimmt.

Um sie auszubauen, muss der Bohlenboden herausgenommen werden. So eine Bilge zu reinigen ist wirklich eine äusserst schmutzige und unangenehme Sache. Neben dem Motor ist die Bilgenpumpe wohl das Wichtigste an Bord, denn wer möchte schon nasse Füsse bekommen, wenn das eindringende Wasser nicht umgehend wieder hinaus befördert wird.

Schnell kann ich feststellen, dass es wohl zwei Gründe gegeben hat, warum die Pumpe defekt war. Einmal war der AblassSchlauch abgeknickt, so dass kein Wasser abgepumpt werden konnte und zum Anderen war Dreck in die Pumpe gelangt, da das Sieb fehlte.

Sie wird ausgebaut und ich merke mir die Kabelverbindungen. Eine neue Pumpe wird gekauft und im Wassereimer ausprobiert. Natürlich habe ich zwischenzeitlich vergessen, welches Kabel an welche Stelle in der Lüsterklemme zu stecken ist. Ich bitte einen Freund um ein 12 Volt-Messgerät, was mir aber nicht recht weiter hilft. Erst unsere Tochter Elke bringt mich auf den richtigen Weg.

Wir hatten einen sehr festen 19 mm Ablassschlauch gekauft, der zwar nicht mehr abknicken kann, sich aber nur mühsam auf die Pumpe stecken lässt.

Wir machen die Schlauchenden im kochenden Wasser heiss und schaffen es, den Schlauch auf die Pumpe zu schieben. Leider klappt das bei der Auslassverbindung nicht. Der Schlauch passt einfach nicht auf die Auslassbuchse.

Elke schneidet das Ende ein wenig ein und ich schiebe den aufgekochten Schlauch soweit es irgend geht auf die Auslassbuchse und befestige ihn mit einer Schelle.

Alles scheint dicht zu sein.

Da der Schwimmschalter schief sitzt, kann er nicht aufschwimmen und die Pumpe nicht einschalten. Der Kabeltausch war wohl auch nicht richtig, denn es fliegt bei´m Test die Sicherung raus.

Es müssen neue besorgt werden.

Dann denken wir noch einmal gründlich über die Kabelverbindungen nach und schliessen sie offensichtlich richtig an, denn als wir Wasser in die Bilge laufen lassen, schiesst ein kräftiger Strahl aus dem Boot, und zwar so kräftig, dass ein Boot, das irgendwann mal neben dem unseren liegen sollte, wohl unser Bilgenwasser abbekommen würde.

Auch die Schlauchverbindung an der Auslassbuchse habe ich schließlich in den Griff bekommen.

Dietlinde kümmert sich um die Kajüte. Auch dort steht Wasser in den Bugfächern. Die Schaumstoffe sind angeschimmelt und die Bezüge abgrundhässlich und feucht.

Alles muss raus und erneuert werden.


Sie streicht das Boot innen weiss, den Aussenrumpf marineblau mit gelbem Wasserpass*. Die Polster bekommen neue Bezüge. Das Boot erhält ein Ankerfach im Bug mit Klappe. Wo vorher ein Fernseher (!) stand, baut sie ein abschliessbares Schränkchen für unsere wichtigen Unterlagen ein.

* das ist die Linie, bis zu der das Boot maximal im Wasser liegt

Man kann schon ahnen, dass es richtig schnuckelig werden wird.


Die Persenning wird abgenommen, geschrubbt und imprägniert. Aber leider lässt sie nach wie vor Wasser durch. Dietlinde schneidert eine Plastikabdeckung und befestigt sie auf dem Persenningdach. Das sieht nicht ganz so toll aus, garantiert uns aber ein trockenes Boot.

Gleich nach Ostern wollen wir das Boot auf unserem Parkplatz drehen, was mit vielem Nachdenken und vorsichtigem Manövrieren schliesslich auch gelingt. Im Frühjahr in die Wiese zu fahren, ist problematisch. Man kommt oft nicht wieder raus, weil der Boden noch weich und rutschig ist.

Dietlinde hat sich schon ein wenig auf das Fahren mit den zusätzlichen 1,6 Tonnen eingestellt.

Dienstag nach Ostern fahren wir den Trailer samt Boot zu unserer Autowerkstatt. Der Trailer muss zum TÜV, ehe er umgemeldet werden kann. Das konnte Herr Z nicht leisten, da wir den Fahrzeugschein mitgenommen hatten.

Der TÜV-Mensch findet offensichtlich keine wesentlichen Mängel, denn wir bekommen das “Baperl” anstandslos und können den Trailer nun ummelden.

Wir konnten zwar auf Fotos sehen, dass es im Boot mal ein Herstellerschild mit allen technischen Daten, wie z.B. Angabe des Baujahres und der Typennummer, gegeben hat, aber leider hat es jemand abmontiert.

Wer das wohl war?

Manche Leute glauben, je älter das Boot, desto weniger ist es wert.

Ganz wie beim Auto, aber wirkliche Oldies steigen im Wert, natürlich nur, wenn sie funktionieren.

Uns interessiert sehr, wie alt das Boot nun wirklich ist. Z. meinte, so um die 25 Jahre herum, aber meine Recherche bei Volvo-Penta ergab, dass der Motortyp, mit dem unser Boot ausgestattet ist, nur bis 1975 gebaut wurden.

Ich möchte herausfinden, ob die Myra 21 ein Liebhaberstück ist. Zu diesem Zweck habe ich mich ein wenig im Internet umgesehen. Und tatsächlich, die Myras werden noch in ganz Europa gehandelt.

Weitere Recherchen beim Vorvorbesitzer ergaben, dass es Motorund Kühlprobleme gegeben hatte. Unsere Sorge, tatsächlich Schrott gekauft zu haben, wird immer größer.

Ein gebrauchter Motor ist nicht unter 5000 € zu haben.

Ein neuer kostet noch mehr.

Niemand kann uns sagen, ob die Kühlungsmängel zwischenzeitlich behoben worden sind, denn bei der Probefahrt lief der Motor schliesslich.

Aber so, wie wir das Boot und den Trailer vorgefunden haben, ist sicher, dass zumindest Herr Z nichts unternommen hat.

Sehr viele Unsicherheiten!?

So können wir keinesfalls auf die Donau!.

Ich stelle mir vor, der Motor versagt und uns kommt ein grosser Schubverband * entgegen.

Wir hätten keine Chance.

* Lastkähne ohne eigenen Antrieb (= Pagen) werden von Schubschiffen entweder einzeln oder mehrfach voroder nebeneinander geschoben.

Wir hätten es zwar gewagt, damit auf dem Starnberger See und auf dem Main-Donau-Kanal probeweise zu fahren und hätten hoffenlich festgestellt, dass da was nicht stimmt, aber nun ist klar, wir müssen mit dem Boot zu einer Volvo-Penta Werkstatt fahren und fachmännischen Rat einholen.

Glücklicherweise gibt es eine am Starnberger und eine amChiemsee.

Mit beiden habe ich telefoniert und beide meinten, dass man das wohl reparieren könne. Wasserpumpe defekt, oder Ventile dicht oder gar Sand im Motor, die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß.

Erhebliche Zweifel bleiben.

Da wir bisher keine grösseren Investitionen getätigt haben, können wir uns die Motorinspektion erlauben und müssen die Renovierungsarbeiten nicht einstellen, sondern schrubben, schleifen und streichen erstmal weiter.

Am Donnerstag, den 27. April sollen wir pünktlich um 8 Uhr früh bei der Firma Angerer am Chiemsee vor der Tür stehen, um den Motor checken zu lassen. Wir sind gespannt.

Unsere Myra ist neu gestrichen, sie sieht schon richtig gut aus.

Die kleine neue Küche, die Dietlinde gebaut hat, ist installiert, die Bodenbohlen sind geschliffen und lackiert. Jetzt kommt die Entscheidung: Funktioniert der Motor oder nicht?

Donnerstag, den 27. April um 8 Uhr früh bei der ChiemseeVolvo-Werkstatt:

Um 7:30 Uhr ist der Monteur schon da und räumt herum.

>>Grüss Gott, ein wenig zu früh, oder?<<

>>Na, Na, passt scho.<<

Er ist offensichtlich informiert, dass wir kommen würden. Er bugsiert den Trailer trotz wenig Platz mit viel Erfahrung in die Halle, sammelt seine Werkzeugtaschen zusammen und los geht´s.

Wir dürfen zusehen.

Wir erklären ihm, was wir vorhaben und dass wir auf jede Information über den Motor angewiesen seien. Er findet das völlig in Ordnung.

>>Die Kühlung funktioniert also nicht richtig, oda? Schaun mer mal.

Oft sind Teile von den alten Impellern – das ist ein kleines Gummischwungrad, das das Kühlwasser befördert – im Schlauch stecken geblieben und man merkt es nicht.<<

Prompt.

Im Schlauch steckt tatsächlich ein Stück Gummi. Der Kühlwasserschlauch ist also verstopft, so dass die Kühlung schon deswegen nicht richtig funktionieren konnte.

So geht´s dann weiter. Der Kraftstofffilter ist versifft, im Tank steht noch Wasser und Schlamm. Z. hat schon wieder geschwindelt!

Wo der Monteur auch hinfasst:

Um diesen Motor hat sich schon lange keiner mehr gekümmert.

Immerhin stellt er schnell fest, dass unser Motor eine ZweikreisKühlung hat, was bei diesen Typen nicht üblich ist. Eine Zweikreis-Kühlung schont den Motor erheblich.

Wir beginnen die Daumen zu drücken, denn der Monteur reinigt, erneuert, brummt vor sich hin und meint:

>>Ois a bisserl schlampig, aber des werd scho.<<

Ich werde zum Dieselholen geschickt, denn der Diesel im Tank ist unmöglich zu gebrauchen. Ausserdem müssen mindestens 10 Liter im Tank sein, damit der Motor bei Schwankungen des Bootes keine Luft zieht, sagt der Monteur. Es regnet, aber die Tankstelle ist nicht weit.

Ich schütte die 10 Liter mit Schwung in den Tank. Der läuft über. Der Tank besteht aus zwei Kammern, die mit einem dünnen Rohr verbunden sind. Wenn man also die eine Kammer zu schnell füllt, kann der Diesel nicht schnell genug durch das Rohr in die andere Kammer fliessen. Also nichts mit Luftziehen bei Schwankungen. Man hatte sich eine einfache aber wirksame Lösung ausgedacht, dieses Problem zu umgehen.

Dietlinde und ich schrubben und putzen den übergelaufenen Diesel von Boot und Boden.

Wir haben wieder was gelernt.

Nach zwei Stunden stellt unser Monteur fest, dass die Umwälzpumpe nicht angeschlossen ist, die Kabel hängen lose herum. Wenn diese Pumpe nicht tut, kann die Kühlung nicht funktionieren.

Er schliesst die Pumpe an und siehe da, sie funktioniert einwandfrei. Sie saugt die vorhandene Kühlflüssigkeit vollständig ein.

Somit ist klar, dass der Motor ohne Pumpe gelaufen sein muss, denn er hatte im heissen Zustand die Flüssigkeit verbraucht. Es müssen drei Liter Frostschutz 50:50 nachgeschüttet werden, dann läuft der Kreislauf rund.

Schliesslich wird noch ein kaputter Thermostat diagnostiziert, der aber erst beschafft werden muss. Der Motor kann trotz fehlenden Thermostats zumindest kurzzeitig probelaufen.

Wir werden immer zuversichtlicher.

Alles was bisher nicht funktionierte, beruht lediglich auf Nachlässigkeit der Vorbesitzer.

Ein paar Teile, einige neue Schläuche, das scheint alles zu sein. Unser Monteur schaut sich noch die Getriebekupplung an, meint aber, die sei ganz ok. Er ersetzt schließlich den fehlenden See für die Kühlung mit einem Eimer Wasser.

Zündung ein und anlassen.

Die Kontrollleuchten für das Kühlwasser und den Stromkreis brennen.

Das ist aber auch alles. Keine Zündung.

>>Ja, mei, da muss wohl mal die Batterie geladen werden. Noch mal.<<

Der Motor dreht zweimal und springt dann an. Qualm und Kühlwasser spuckend, beginnt er warm zu laufen. Er schmatzt vor sich hin, spuckt ordentlich Kühlwasser hinten raus, was beweist, dass die Fehler behoben sind, wird warm, nachdem ein paar Mal Gas gegeben wird und läuft brummend rund.

Wow!.

Wieder ein Stück der Reise näher. Das wichtigste Teil nach dem Rumpf funktioniert einwandfrei.

Bei dicken Leberkässemmeln mit Kaffee fragen wir nochmal nach:

>>Der Motor ist ok, Sie brauchen da keine Sorge haben. Ich habe schon ganz andere Motoren gesehen!<<

Unser Monteur hatte übrigens an diesem Tag Geburtstag, wie wir später erfahren.

Bis zum Dienstag soll der Rest gerichtet werden. Dann steht tatsächlich eine fahrbereite, ca. 30 Jahre alte, schnuckelige Myra 21 vor unserem Tor.

Stolz nennen wir sie MS-Ismaning.

In Anlehnung an “stimmige” Grössenverhältnisse der MS–Europa oder MS-Deutschland, ist unsere MS-Ismaning ganze 6,70m lang, inkl. der Badeplattform, und 2,30m breit. Sie hat ca. 80cm Tiefgang, je nach Beladung und der 2 Zylinder-Dieselmotor verfügt über 25 PS.

Ist das nix?

Landratten unterwegs auf der Donau

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