Читать книгу 18.178,182 Kilometer to Paradise - Bernd Majewski - Страница 6

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Nach Norden

Wer zur Hühnerzeit ins Bett geht, kann auch früh raus. Es geht nach Norden, die SH 1 hoch. 4 spurige Autobahn.

Die Neuseeländer, die sich selbst Kiwis, nach dem Nationaltier, nennen, sind leider auch schon unterwegs. Und das sonntags.

Nördlich vor Orwega mündet die Autobahn in eine normale Asphaltstraße. Ich bin zwar schon einigermaßen wach, fahre aber erst mal raus zur Bucht.


Die Anspannung der ersten Fahrt lässt nach. Die Sonne strahlt. So kann es bleiben.

Und dann passiert es.

Raus aus der Bucht zur Straße zurück und rechts ab auf die rechte Fahrbahn.

Mir kommt direkt auf der gleichen Fahrbahn ein Auto entgegen. Vollgas und rüber auf die linke Fahrbahn.

Puh, das war knapp, sehr knapp.

Adrenalin fließt.

Mir wird ganz heiß. Hier wird links gefahren, du alter Trottel.

Allein die Vorstellung: Wegen Trotteligkeit einen Frontal-Zusammenstoß. Totalschaden. Krankenhaus. Reise schon wieder zu Ende.

Nicht auszudenken.

Erst mal an der nächsten Möglichkeit anhalten.

Ausschnaufen.

Nie, nie wieder. Der Schreck sitzt tief und wird mir hoffentlich helfen, nicht wieder den gleichen Fehler zu machen.

Kurz hinter Wellford zweigt eine Nebenstraße rechts ab. Sie führt nach Mangawhai direkt ans Meer. Dort gibt es herrliche Sandstrände und einen Klippenwanderpfad.

Nach dem vielen Sitzen im Flieger und im Auto endlich wieder laufen. Mein erster DOC Campingplatz. Er liegt hoch über der Bucht in einem großen Wiesenareal. DOC heißt: Department of Conservation. Die organisieren an den schönsten Stellen Neuseelands Campgrounds, die sich auf das Nötigste beschränken, wie Bioklo, manchmal Wasser, kein Strom, aber immer schöne und saubere Plätze. Keine Betreuung, keine Camping-Atmosphäre. Hier campen Reisende und Wanderer. Keine Camping-Menschen, die irgendwo hinfahren und dort bleiben. Das „Schrebergartenfeeling“ kommt hier nicht auf.

Man nimmt sich am Eingang eine Anmeldung, füllt sie aus und steckt eine Registratur-Nummer und Geld in eine Plastiktüte und wirft diese in einen diebstahlsicheren Behälter. Einen Registrationsabschnitt steckt man hinter die Scheibe, so dass evtl. kontrolliert werden kann, ob man die wirklich günstige Gebühr auch bezahlt hat. 6 oder 10 $, je nach Ausstattung des Platzes. Genau das Richtige für mich, der ich Campingplätze eigentlich nicht leiden kann.

Ein perfekt gepflegter Pfad führt weg vom Strand und schlängelt sich hoch in die Klippen.

Auf und nieder. Immer höher.

2 Stunden hin und 2 Stunden zurück. Herrlich, aber für einen Ungeübten, auch des langen Winters wegen, nicht ganz ohne. Ich habe immer noch die Folgen der jetlag in den Knochen. Beim Ausblick auf Bucht und Meer, vergesse ich alles und staune nur, wie schön das ist.


Das Wetter spielt mit. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Gerade richtig, um zu wandern. Wer weiß, wie lange es sich hält. Genießen, schwimmen und innerlich endlich ankommen. Das Flugzeug ist schneller als die Seele. Die braucht Zeit, sich an Veränderungen anzupassen. Schon deshalb sind wir nur ungern geflogen. Das Reisen mit dem Auto macht es problemlos möglich, die sich verändernden Menschen und Länder nachzuvollziehen.

Wäsche waschen, ein Schläfchen, Tomatensalat mit Knoblauch und Schafskäse.

Obwohl die Sonne nicht durchgehend scheint, zeigt sich bereits ein leichter Sonnenbrand. Die Strahlungsintensität ist hier eine andere. Meine Sonnencreme mit Faktor 30 mit Aloe Vera hilft.

Ich war darauf vorbereitet.

7 Uhr früh bei Ebbe. Die Sonne kommt.

Auf Nebenwegen erreiche ich Whangarei. Ein kleines, nettes Städtchen. Dort will ich eine preapaid Telefonkarte kaufen, so daß ich für Kurt bzw. in dringenden Fällen für meine Kinder erreichbar bin und notfalls auch in Neuseeland ohne die blöden Rouming Gebühren telefonieren kann.

Das stellt sich als nicht so einfach heraus.

Gleich beim Ortseingang entdecke ich ein Postoffice.

> I would like to buy a preapaid card. <

Die pummelige Dame hinter dem Schalter schnattert los. Ich verstehe kein Wort. Nach ein paar Minuten habe ich immerhin so viel verstanden, dass es mehrere Anbieter gibt. Ich soll wählen.

> Vodafone <! Den Namen kenne ich zumindest.

> realy ?<

> oh…< und wieder schnattert sie los und zeigt auf mehrere Nummern. Offensichtlich hat jeder Anbieter eine eigene Nummer. Ich zeige auf irgend eine.

> Give me your telefon, please. Oh, its a very old modell! <

Na und? Das Ding ist gerade mal 10 Jahre alt, Steinzeit für Telefonfetischisten.

Sie tippt sich durchs Menue.

> This simcart is for Vodafone <

So´n Quatsch. Die loggt sich sonstwo ein.

Außerdem will ich doch eine Karte aus Neuseeland.

Dann eben Vodafone.

> How much you want? You can chose from 10 to 100 $. <

> Thirty dollar <

Sie knöpft mir 30 $ ab und sagt vieles, was ich wieder nicht verstehe. Schließlich schreibt sie auf: Go to a vodafone shop in town. Die müssen die Simkarte freischalten für Neuseeland.

Wieso das denn?

Alte Simkarte raus, neue rein.

Was soll das mit der Freischaltung meiner eigenen Karte?

> What about the preapaid card? <

Sie bleibt dabei. > Go to Vodafone. <

> Have I to come back to you? <

> No <

Na denn. 30 $ und keine preapaid Karte.

Die Kiwis sind ungeheuer freundlich. Wen auch immer ich frage, zeigt mir den Weg und schnattert. So finde ich den Shop schnell.

Und wieder hämmert der Dialekt auf mich ein.

Ich wollte doch nur eine preapaid Karte. Reinstecken und los.

Nichts da.

Madam tippt auf ihrem Computer und auf meinem Telefon herum.

> You have to buy a preapaid cart. Cost you 30 $. <

Ach was?

> I payed already 30 $. <

> The cart cost 30 $ and than you can phone for 30 $. <

Werde ich mich mit ihr herumschlagen? Also zahle ich noch mal 30 $.

Der Dialekt schlägt wieder zu.

> You want international or only Neuseeland? <

> International <

Es könnte ja sein, dass die Kinder mich dringend erreichen müssen.

> This cost more <

Na dann!

Ich verstehe, dass sie nun 50 $ geladen hat.

Ich kann aber nur für 30$ telefonieren

Und Freiminuten gibt sie mir.

Wie nett.

> The price for the minute is very cheep. <

> realy? <

Ist doch eh wurscht.

Mach hinne, Madam, zeig mir, ob das Ding nun endlich funktioniert. Alles sehr freundlich, aber verwirrend.

Warum, in Gottes Namen, tut man nicht einfach eine andere Karte rein und fertig.

Halleluja, es tut!

Nun muss ich einen Internetzugang finden, um meinen Kindern und Kurt die neue Nummer mitteilen zu können.

Ich gehe fragen.

Ein Reisebüromensch springt hinter seinem Schalter auf. Schnappt mich am Ellenbogen, schiebt mich vor die Tür und erklärt, wo ich überall hin gehen könnte.

Am besten gefiel mir Library. Dort soll es am Billigsten sein.

2 $ für 30 Minuten Internet. Von wegen billig.

Ehe ich weiterfahre, sollte ich noch einkaufen.

Brot, Spüli, Wein und Fleisch oder Fisch und Klopapier.

Viele Waren sind hier teurer als bei uns.

Kartoffelsalat mit Ei 500 gr. 9,76 $. Shrimps 500 gr. gekocht 5,48 $. Wer sagt, ich müsse Kartoffelsalat essen. Shrimps frisch aus Thailand tun es auch.

Auch Wein ist teuer. 3 Liter für 29 $. Darunter gibt es nur Fusel.

Und das muss ja nun auch nicht sein.

Schnell noch etwas Geld wechseln. Die Konditionen sind miserabel. Die Kiwis wissen mit Touristen umzugehen. Warum sollte das hier anders sein, als sonstwo in der Welt.

Die Orte sind klein und übersichtlich. Die Straßenschilder gut zu erkennen. Kurz hinter Whangarei geht es ab durchs hügelige Land zur Küste nach Whananaki.

Kurt meinte, mit einem Tank könne man ca 400 km fahren. Ich bin schon bei 450 km und der Tank zeigt noch immer ¼ voll an.

Gerade mal 20 Kilometer weiter kurz vor Whangarei zeigt der Anzeiger plötzlich nur noch die Hälfte des letzten Viertels an.

Mann o Mann, was machen die Japaner mit mir?

Ich muss zurück zur Hauptstraße, da es an der Küste kein Durchkommen und auch keine Tankstellen gibt.

Bergauf-Anzeige E= empty. Bergab ist noch was drin.

Inzwischen bin ich bei Kilometer 500 mit einem Tank.

Ob ich noch eine Tankstelle erreiche?

Die Hauptstraße führt links zurück nach Whangarei. Dort gibt es Tankstellen, die habe ich gesehen.

Rechts geht es nach Kawakawa.

26 km zurück oder 36 km nach rechts?

Links.

Ich fahre nach links zurück, denn dort hatte ich Tankstellen gesehen.

Was rechts kommt, weiß ich nicht.

Geschafft!

Ich tanke 58 Liter. Der Tank muss wirklich fast leer gewesen sein.

Der Japaner schluckt 10 Liter auf 100 km, obwohl ich mäßig zwischen 80 – 90 kmh fahre, wenn überhaupt. Wahrscheinlich kostet mich das völlig unnötige Hochdach mehr Sprit als normal.

Puh. Zukünftig tanke ich besser nach 400 Kilometern, wie Kurt es empfohlen hat.

Ich will heute noch wieder zurück zur Küste. Weg vom Verkehr.

Nach Oakura.

Mann Gottes, diese Namen. Wer kann sich solche Namen merken. Was kann ich tun, so heißen die Örtchen nun mal. Das sind maorische Namen. Ich muss mich halt daran gewöhnen. Schon bei der Vorbereitung im letzten Jahr hatte ich Schwierigkeiten, mir diese Namen zu merken. Ich habe daher beschlossen, mich von Tag zu Tag vorzubereiten. Die im Führer aufgeführten Highlights bilden den Rahmen der Reiseroute.

Eine schöne Bucht zum Mittagessen ist bald gefunden. Grünblaues Wasser. Klippen und Felsen rundrum. Weißer Sand.

Bier mit Kartoffelsalat. Die Shrimps gibt es am Abend.

Ich stehe im Schatten, mache ein Schläfchen und gehe schwimmen.

Die Karte zeigt ein Sträßchen an der Küste entlang nach Oakura.

Seit ca. 10 km fahre ich auf Schotterpisten.

Dann wird’s zum Feldweg. Ein ausgewaschener, löcheriger Pfad.

Nach ca 30 Minuten mitten in der Pampa ein eisernes Tor:

„Privat Property. Keep out.“

Scheiße. Den ganzen Weg wieder zurück.

Am Nachmittag tuckere ich mit 50-60 Km/h in Richtung Sandy Bay, als ein Vögelchen, etwa ein Star, aber etwas schlanker und kleiner, vor mir die Straße quert. Er stiefelt vor sich hin und macht keine Anstalten, wegzufliegen.

Ein wenig abbremsen. Dann wird er schon.

Nichts da. Er schaut nicht links, nicht rechts. Tapert einfach weiter. Als ich ihn erreiche, quert er gerate mal 1 ½ m vor mir die Straße, gelangt in die rechte Hälfte und tippelt einfach weiter.

Keine Eile.

Alle Zeit der Welt.

Warum hektisch werden.

Schließlich öffnet sich vor mir die Sandy Bay.

Eine traumhafte Bucht.

Ein fast leerer Campingplatz. 18 $. Meckern gilt nicht.

Und nun Shrimps mit Weichbrot und Rotwein.

In Neuseeland ißt man wieder mal, wie in vielen Ländern, nur „Kuchenbrot“.

18.178,182 Kilometer to Paradise

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