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1.2.4 Antithesen zum »Sei-perfekt-Antreiber«
ОглавлениеIn der Transaktionsanalyse wurde die Intervention der »Erlauber« entwickelt. In der Coachingbeziehung wird eine Haltung eingenommen, die es dem Gegenüber ermöglicht, bestimmte Glaubenssätze (z.B.: Ich muss Perfektes leisten) aus einer fürsorglichen Position heraus aufzulösen. Die Glaubenssätze des »Sei-perfekt-Antreibers« lauten: »Ich bin nur dann OK, wenn ich perfekt bin« oder »Ich muss perfekt sein«, statt »Ich darf mein Bestes geben und das ist OK« oder »Nur durch meine Leistung kann ich wertvoll sein«, »Ich bin wertvoll durch das, was ich bin«.
Aus systemischer Perspektive handelt es sich bei Erlaubern um Botschaften, die diese Logik und ihre Verknüpfungen umkehren. Sie stellen damit Lösungen 2. Ordnung der Antreiberlogiken dar. Für den »Sei-perfekt-Antreiber« lautet die Umkehrung der Antreiber-Glaubenssätze: »Du bist wertvoll und liebenswert und ich schätze auch, dass du etwas leistest und dich bemühst, das Beste zu geben.« Eine erleichternde Botschaft an sich selbst lautet: »Ich darf auch Fehler machen und daraus lernen.«
Ein Problem ist, dass oft Mitmenschen die »erlösende« Botschaft ahnen, aber nicht realisieren, was an Tugenden in der »Sei-perfekt«-Dynamik enthalten ist. Der Perfektionist, dem die Einstellung »Lass doch mal Fünfe gerade sein« empfohlen wird, fühlt sich in seinem Sinn für Komplexität und seinem Streben nach Vollkommenheit nicht verstanden. Beides ist für ihn aber wesensgemäß und daher wichtig für das Gefühl, angemessen anerkannt zu werden. Es zeigt sich zwar als übertriebene Tugend, die damit zum Laster wird, entspricht aber dennoch einer wesensgemäßen Haltung. Allein die Erlaubnis zu geben, »Du brauchst nicht so perfekt zu sein« wäre daher keine hilfreiche Beziehungsantwort für Perfektionisten. Leicht ankoppeln können dagegen Mitmenschen, die aus einer Wertschätzung heraus das Bemühen um Genauigkeit als Dienst am Menschen und einer besseren Welt würdigen können.
Im Kontakt mit dem Perfektionisten entsteht aber eben leicht ein Nicht-OK-Gefühl, aus dem heraus man nicht die Souveränität hat, ihn in seiner – wenn auch unerlöst erscheinenden – Tugend zu würdigen. Im eigenen OK-Gefühl angekratzt, versucht man, ihn den eigenen Vorstellungen von Beziehung zu unterwerfen oder zumindest in der vorgetragenen Überlegenheit zu demontieren. Notwendig ist aber eine liebende Haltung und die Würdigung der Wesensart des Perfektionisten.