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Vorwort

Wer sich heute über US-Sport informieren will, hat es vergleichsweise leicht. Ein paar Klicks im Internet und schon öffnet sich eine Welt mit Texten, Statistiken, Fotos, Videos und Podcasts. Früher war das anders, da bekam man im alten Europa so gut wie nichts mit, was in den weltweit besten Ligen für Football, Baseball, Basketball und Eishockey passierte. So ging es auch mir mit der NHL. Gehört davon hatte ich immer mal wieder, seitdem mich mein Vater 1990 zum ersten Mal mit ins alte Eisstadion an der Düsseldorfer Brehmstraße schleppte. Natürlich hielt ich die DEG damals für die beste Mannschaft der Welt, sie gewann ja immer. Aber irgendwie schien es da noch etwas Besseres zu geben. Wenn wir mal wieder knapp zwei Stunden vor dem Spiel auf den vollbesetzten Stehrängen waren und auf das Einspielen und Einsingen warteten, beobachtete ich gern die Fans mit ihren rot-gelben Strickpullovern und den ganzen Aufnähern. Und hin und wieder gab es dort Wappen, die anders aussahen als die aus der Bundesliga. Moderner, cooler. Die seien aus der NHL, aus Amerika, erklärte mir jemand, den ich wohl zu auffällig angestarrt hatte. Da spielen die Besten der Besten, sagte er. Das beeindruckte mich irgendwie, auch wenn ich mir mit meinen neun Jahren nicht wirklich etwas darunter vorstellen konnte.

Als ich zwölf Jahre alt war, sah ich zum ersten Mal mit eigenen Augen, was damit gemeint war. Ich war bei einem Freund, wir schalteten durchs TV-Programm und fanden einen Sportsender, den ich nicht kannte. Und so kam es, dass ich am Nachmittag des 2. Juni 1993 mein erstes komplettes NHL-Spiel sah, die Wiederholung des ersten Final-spiels zwischen den Montréal Canadiens und den Los Angeles Kings aus der Nacht zuvor. Ich wusste zwar mittlerweile, was die NHL ist, ich kannte ein paar Namen wie Wayne Gretzky und Mario Lemieux, hatte die ersten Sammelkarten zu Hause und auf dem Game Boy „Blades of Steel“ gespielt, aber ein komplettes Spiel hatte ich noch nie gesehen. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, die Dynamik, das Tempo und die Härte hatten es mir angetan, es war vor allem die Präsentation. Die Halle, das Licht, die Trikots, die Reporter, das damals noch anders, irgendwie cremiger aussehende Bild im US-Fernsehen.

Die NHL hat mich seitdem nicht losgelassen. Ich habe wie verrückt Tradingcards gesammelt, Namen, Rückennummern und Statistiken auswendig gelernt, Wappen abgemalt. Mit Freunden habe ich stundenlang Tischeishockey (Stiga) oder Computerspiele gezockt. Hin und wieder habe ich all mein Taschengeld zusammengekratzt, bin zum Hauptbahnhof gefahren, um mir neben dem damaligen „Eishockey Magazin“ eine „USA Today“ zu kaufen. Ich verstand zwar maximal die Hälfte, aber ich schaute einfach Bilder an und lernte Statistiken. Dazu verschlang ich die leider nur kurzen Kapitel zur NHL in meinen ersten Eishockey-Büchern. Ein ganzes Buch über die NHL auf Deutsch, das wäre es doch, dachte ich mir. Immer wieder ging ich in Buchhandlungen und fragte nach, aber es gab nichts. Bis Klaus Zaugg seine „Liga der Titanen“ veröffentlichte.

Der Gedanke, dass ich selbst ein NHL-Buch schreiben möchte, reifte immer weiter in mir. Aber irgendwie traute ich es mir nicht zu, also fing ich gar nicht erst an. Und auch, wenn ich immer mehr Bücher aus Nordamerika hatte und schon lange Texte und Links auf meinem Computer sammelte, konnte ich mich nicht dazu aufraffen. Stattdessen startete ich 2014 meinen eigenen NHL-Blog „hockeynight.de“. Ich hielt es knapp zwei Jahre durch, fast jeden Tag etwas zu schreiben: reine News, aber auch aufwändige Analysen und historische Stücke. In dieser Zeit erschienen mehr als 600 Artikel auf dem Blog. Das Problem war nur: Es las fast niemand. Weil ich mit ein paar Freunden parallel den Videoblog „Shorthanded News“ ins Leben rief, wurde das alles neben meiner regulären Arbeit als Journalist zu viel. Also entschieden wir uns, alles neu zu bündeln. Ich stellte hockeynight.de ein, wir begruben den alten Videoblog, vergrößerten den Kreis und gründeten etwas Neues: „Shorthanded News“ als Podcast und Blog für das gesamte Eishockey. Und seitdem funktioniert es. Zudem veröffentlichte ich mit Christoph Ullrich mein erstes Buch, eins über die DEG. Eines Tages schrieb mich unser Agent (ja, ich habe nun einen Agenten!) an, ob ich nicht noch eine Idee für ein Eishockey-Buch hätte. Natürlich hatte ich die. Das Ergebnis davon haltet ihr gerade in euren Händen.

Also habe ich knapp zwei Jahre recherchiert, Bücher und Zeitschriften gekauft, sie und weitere Texte gelesen, Videos und Filme gesehen, Podcasts gehört, Hintergrundgespräche und Interviews geführt sowie Reisen organisiert. Ich habe NHL-Spiele in den USA, in Schweden sowie Deutschland besucht und bin zu Weltmeisterschaften geflogen, um Spieler, Funktionäre und andere Journalisten zu treffen. Und ich habe geschrieben. Tagelang. Nächtelang. Immer wieder neue Kapitel. Manche sind direkt im virtuellen Papierkorb gelandet, andere habe ich mehrmals umgeschrieben, wieder andere funktionierten gleich beim ersten Mal, ein paar Ideen ließen sich leider nicht umsetzen.

Herausgekommen ist nun ein dreiteiliges Buch. Es beginnt mit der Historie der NHL, von den ersten organisierten Eishockey-Spielen bis zum Sommer 2018, mit all den großen Namen, Vereinen und Geschichten. Und vor allem den Schwierigkeiten. Die NHL, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit knapp 30 Jahren, andere sagen: seit dem Lockout 2004. Im zweiten Teil folgen einzelne Kapitel zum „System NHL“: Wie funktioniert die Liga heute? Wie kommt man überhaupt rein? Wie laufen Trades ab? Welche anderen Ligen gibt es im nordamerikanischen Eishockey? Wie berichten die Medien? Wie vermarktet sich die NHL international? Hier werden auch dunkle Seiten thematisiert: Gewalt, Doping, Rassismus. Zum Abschluss gibt es ein paar Kurzporträts der berühmtesten deutschen Spieler. Die spielten zwar selten Hauptrollen, haben aber ihre Spuren hinterlassen.

Was macht man zum Abschluss eines Vorworts? Man dankt, also: Vielen Dank an all die Historiker, deren Bücher ich gelesen und Filme ich gesehen habe. Auch wenn ich diverse Reisen und Dutzende Gespräche selbst geführt habe, ohne die großartige Vorarbeit anderer hätte ich dieses Buch nicht schreiben können. Exemplarisch stehen dafür D’Arcy Jenish, Jonathan Gatehouse und Stan Fischler. Dann bedanke ich mich beim Literaturagenten Martin Brinkmann, der mich bestärkt hat, das Buch auch wirklich zu schreiben. Natürlich gebührt mein Dank auch dem Verlag Die Werkstatt, der das Risiko eingeht, ein NHL-Buch zu veröffentlichen, besonders Lektor Simon Kraßort, der den Text akribisch durchgearbeitet und verbessert hat. Ebenfalls möchte ich mich bei Craig Campbell von der Hall Of Fame in Toronto bedanken, der mir in Sachen Fotos geholfen hat, dasselbe gilt für all die Leute, die ihre Bilder zur freien Verwendung ins Netz gestellt haben. Nicht zu vergessen sind natürlich die Menschen in meinem Umfeld, die mich und meine Launen in den vergangenen Monaten ertragen haben. Ein Buch zu schreiben, gerade ein solches, bedeutet einen ungeheuren Aufwand. Und zu guter Letzt: Vielen Dank an euch, liebe Leserinnen und Leser, sorgt dafür, dass sich all die Mühen gelohnt haben. Kommt gern mit mir ins Gespräch, widersprecht, wenn euch etwas nicht passt. Ihr erreicht mich über die Kanäle der „Shorthanded News“. Und nun: Viel Spaß beim Lesen.

Bernd Schwickerath im September 2018

Die stärkste Liga der Welt

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