Читать книгу Feinde auf dem Raumschiff Starfire: Die Raumflotte von Axarabor - Band 212 - Bernd Teuber - Страница 6

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Ein lautes Poltern ertönte und durchbrach für einen Augenblick das eintönige Brummen der Triebwerke. Kay-La-Tek blieb kurz stehen und versuchte herauszufinden, in welchem Bereich des Schiffes der Schaden entstanden war. Er bedauerte, dass das computergestützte Diagnose-System seit einiger Zeit nicht mehr funktionierte. Es hätte die Fehlerquelle sofort angezeigt.

Als er sich umwandte, sah er einen Artgenossen, der mit beiden Fäusten eine Wand abklopfte. Er war so in seine Arbeit vertieft, dass er den Kommandanten überhaupt nicht bemerkte. Als er näherkam, erkannte Kay-La-Tek, dass es sich um Xi-Fai-Do handelte. Er gehörte zum Reparatur-Kommando, das ständig damit beschäftigt war, nach schadhaften Stellen zu suchen. Xi-Fai-Dos klopfen lenkte Kay-La-Tek von seinen Gedanken ab.

„ Was suchst du da?“, schnauzte er Xi-Fai-Do an.

Erschrocken fuhr der andere herum. Aufgrund der schlechten Beleuchtung dauerte es einige Sekunden, bis er Kay-La-Tek erkannte.

„ Materialermüdung“, erklärte Xi-Fai-Do. „Ich untersuche das Schiff nach Rissen.“

„ Risse?“, wiederholte Kay-La-Tek aufgebracht. „Natürlich gibt es überall Risse. In den Decken, in den Böden, in den Verkleidungen der Maschinen und in den Maschinen selbst. Das gesamte Schiff wird von Rissen durchzogen. Was sollten ein paar Risse in den Wänden da noch ausmachen?“ Bevor Xi-Fai-Do antworten konnte, schrie Kay-La-Tek ihn an: „Nein! Schweig! Du bist zu dämlich, um etwas davon zu verstehen.“

„ Dämlich?“, wiederholte Xi-Fai-Do, während er die Hände zu Fäusten ballte. „Pak-Uh-Sun ist dämlich, denn er gab mir schließlich den Befehl. Er ist der Leiter des Reparatur-Kommandos und hat das Recht, mir Anordnungen zu erteilen.“

„ Pak-Uh-Sun ist genauso dämlich wie du“, sagte Kay-La-Tek. „An Bord dieses Schiffes, mit dem wir den Weltraum erobern wollen, gibt es nur einen, der wirklich nachdenkt, und das bin ich.“

Von Weitem ertönte ein lauter Knall.

„ Was war das?“, fragte Kay-La-Tek.

„ Es hörte sich an wie eine Explosion“, erwiderte Xi-Fai-Do.

Kay-La-Tek ließ ihn stehen und rannte über den schmutzigen, von Rost zerfressenen Boden zum nächsten Schacht. Vor dem Einstieg zögerte er, weil einige Sprossen abgebrochen waren. Es gehörte viel Übung dazu, in den Schacht zu klettern, ohne abzustürzen. Kay-La-Tek blickte nach unten. Aus der Tiefe drang stickige Luft zu ihm herauf. Die Frischluftgeneratoren waren schon seit einiger Zeit ausgefallen. Kay-La-Teks Füße berührten die erste, noch intakte Sprosse. Langsam kletterte er nach unten. Eine weitere Sprosse brach in dem Moment, als er drauf trat. Beinahe wäre er abgestürzt. Im letzten Moment fand er wieder Halt und hangelte sich in die Tiefe.

Seine schlechte Laune hatte sich währenddessen nicht gebessert. Wenn die Angehörigen des Reparatur-Kommandos nur etwas Ahnung von ihrer Arbeit hätten, würden sie dafür sorgen, dass wenigstens einer der Lifte funktionierte. Aber vielleicht glaubte Pak-Uh-Sun, dass Kay-La-Tek sich auch noch um dieses Problem kümmern sollte, dabei hatte er als Kommandant dieses Unternehmens schon genug Verantwortung zu tragen. Kay-La-Tek verließ den Schacht und stolperte über einen Teil des Bodenbelags, der sich gelöst hatte. Stöhnend richtete er sich auf. Gab es auf diesem Schiff überhaupt noch irgendetwas, das intakt war?

Wenige Minuten später betrat er die Antriebssektion. Eine Wolke feuchtheißen Nebels schlug ihm entgegen und versperrte ihm die Sicht. Er glaubte, vor sich einige helle Lichtpunkte zu sehen. Mit vorgehaltenen Händen ging er darauf zu. Der Nebel wurde immer dichter. Irgendwo zischte etwas. Wahrscheinlich war es die defekte Maschine, die diese Dampfwolken in den Raum stieß. Warum kümmerte sich niemand darum? Wollten diese Volltrottel warten, bis das ganze Schiff in die Luft flog?

Aufgeregte Stimmen ertönten, vermischten sich mit Schmerzensschreien. Dann taumelte jemand aus dem Nebel heraus und stieß gegen Kay-La-Tek.

„ Was ist passiert?“, fragte er mit scharfer Stimme.

Der andere klammerte sich an seinem Kommandanten fest und wollte ihn mit zum Ausgang zerren. Kay-La-Tek löste die zupackenden Hände gewaltsam von seiner Kleidung.

„ Ich bin Kay-La-Tek!“, rief er.

Die kaum sichtbare Gestalt wollte sich wieder in den Nebel zurückziehen, doch diesmal war es Kay-La-Tek, der zupackte und den anderen festhielt.

„ Was ist passiert?“

„ Die Kühleinheit“, sagte der andere.

„ Kühleinheit?“, fragte Kay-La-Tek. „Was bedeutet das?“

„ Sie kühlt den Antrieb, damit er nicht überhitzt. Aber sie ist ausgefallen. Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, bis sich der Antrieb überhitzt und ...“

„ Beim heiligen Kutzak“, stöhnte Kay-La-Tek.

Bevor er etwas unternehmen konnte, ertönte aus dem Lautsprecher ein lautes Knacken. Dann rief jemand seinen Namen. Kay-La-Tek wunderte sich sowieso, dass die interne Kommunikationsanlage noch funktionierte.

„ Kommandant Kay-La-Tek in die Zentrale“, sagte die Stimme. Wieder ertönte ein lautes Knacken, gefolgt von einem durchdringenden Pfeifton, dann herrschte Stille.

Sofort verließ Kay-La-Tek die Antriebssektion. Diesmal nahm er einen anderen Weg. So schnell er konnte, rannte er durch die Gänge und stand wenige Minuten später vor der Tür, die zur Kommandozentrale führte. Normalerweise öffnete sie sich automatisch, sobald man sich ihr näherte. Doch diesmal blieb sie geschlossen. Kay-La-Tek wäre beinahe dagegengeprallt. Im letzten Moment konnte er seine Geschwindigkeit abbremsen. Kay-La-Tek betätigte den manuellen Öffnungsmechanismus, der sich rechts neben dem Rahmen befand, und schob die Tür auf.

Er stolperte beinahe ins Kampfgetümmel hinein. Eine wilde Masse füllte die Zentrale und kämpfte in verbissener Wut. Arme und Beine zuckten hektisch hin und her. Köpfe wippten heftig auf und ab. Zwanzig Bogosianer waren in eine Schlägerei verwickelt und veranstalteten einen Höllenlärm. Dazwischen hörte Kay-La-Tek die wütende Stimme seines Stellvertreters Da-Kyl-Ra, der versuchte, dieses Chaos zu beenden.

Er duckte sich, als ein kleiner Bogosianer mit einem bösartigen Gesicht aus der wogenden Menge heraussprang, einen Gegenstand packte und ihn mit aller Kraft herüberschleuderte. Das Wurfgeschoss verfehlte sein Ziel. Da-Kyl-Ra stieß einen wilden Schrei aus und stürzte sich auf den kleinen Bogosianer, riss ihn zu Boden und begann, mit seinem Kopf auf den Boden zu hämmern. Beide kreischten aus Leibeskräften, doch ihr Geschrei ging unter in dem ohrenbetäubenden Lärm, der die Zentrale erfüllte.

Kay-La-Tek stand da und starrte auf die Szene. Das war ein Fehler. Ein sehr großer Bogosianer tauchte aus dem Haufen auf, packte ihn bei den Beinen und schleuderte ihn von sich. Das erschrockene Projektil segelte durch die Zentrale, prallte gegen etwas, das „Aua!“ schrie und dann wälzte sich ein Knäuel aus Armen und Beinen über den Boden. Kay-La-Tek stand auf und stellte fest, dass er mit dem Bordarzt zusammengestoßen war. Er lag reglos und ohnmächtig da. Kay-La-Tek tastete seinen Körper ab. Offenbar war er unverletzt. Bogosianer konnten einiges vertragen.

Dann war der Kampf vorbei. Kay-La-Tek sah, dass sich die Bogosianer ringsum aufrappelten und wieder ihrer Tätigkeit nachgingen. Rücksichtslos stieß er einige Artgenossen zur Seite und arbeitete sich zu seinem Sitzplatz vor. Dabei erkannte er, dass der Stuhl dringend einer Reparatur bedurfte. Einige Schrauben der Bodenverankerung hatten sich gelöst und waren notdürftig durch Metallstifte ersetzt worden.

Nur mit Mühe gelang es ihm, das Podest zu erreichen. Sein Blick glitt über die Konsolen und Bildschirme innerhalb der Zentrale. Die Hälfte davon war erloschen und diejenigen, die noch funktionierten, zeigten falsche Werte an. Zumindest funktionierten die Kameras noch, sodass wenigstens eine Außenbeobachtung möglich war. Der Panoramabildschirm zeigte die Schwärze des Weltraums, in dem unzählige Sterne leuchteten.

„ Was ist passiert?“, wollte Kay-La-Tek wissen.

„ Der Antrieb läuft nur noch mit zwanzig Prozent seiner Leistung“, rief sein Stellvertreter Da-Kyl-Ra.

„ Zwanzig Prozent?“, fragte Kay-La-Tek. Er lehnte sich zurück, wich jedoch sofort wieder nach vorn, als die Rückenlehne unter seinem Gewicht nachzugeben drohte. „Gibt es eine Möglichkeit, ihn zu reparieren?“

„ Sämtliche Ersatzteile wurden bereits verbaut. Wir haben keine mehr.“

„ Dann werden wir unsere Mission wohl aufgeben müssen“, mischte sich der Navigator Hata-Mi-Je ein.

„ Aufgeben?“, schrie Kay-La-Tek. „Wir geben nicht auf. Wir haben etwas geschafft, das vor uns noch kein anderes Sternenvolk vollbracht hat.“

„ Das wissen wir alle. Aber die meisten elektronischen Anlagen sind ausgefallen. Wir haben keine Chance mehr.“

„ Oh doch. Wir haben eine Chance. Und wir werden nicht ...“

Seine letzten Worte erstarben in einem Donnern, das die Zentrale erschütterte. Kay-La-Tek wandte sich langsam um. Seine Augen blickten auf das erwartete Unheil. Ein Monitor war explodiert. Sekunden später stürmte ein Reparatur-Kommando durch die offene Tür und versuchte, den Brand mit Decken zu löschen.

„ Bedarf es noch eines Beweises?“, fragte Da-Kyl-Ra. „Was unterscheidet dieses verlotterte Wrack von einem Gefängnis?“ Der Stellvertreter kam allmählich in Fahrt. „Ich will es dir sagen – gar nichts!“, brüllte er wütend. „Der Fraß ist erbärmlich, die Schlafplätze so eng, dass das Ungeziefer Platzangst bekommt und über die sanitären Anlagen brauche ich ja wohl kein Wort zu verlieren.“

„ Du übertreibst“, meinte Kay-La-Tek zaghaft.

„ Ich übertreibe?“, polterte Da-Kyl-Ra weiter. „Ich übertreibe?“ Wutentbrannt beugte er sich nach vorn, sodass sein Oberkörper fast über dem Geländer hing. „Ich übertreibe? Zeige mir die Schraube, die vereinsamte Platte, die noch nicht verrostet ist. Nenne mir den Tag, an dem wir in den letzten Monaten nicht Notararm geben mussten, weil die Belüftung ständig ausfällt. Der einzige Vorteil ist, dass keine Messerstechereien mehr stattfinden – es gibt nämlich keine Klinge mehr, die spitz oder scharf wäre!“

Kay-La-Tek hatte sich inzwischen an seinen Stellvertreter gewöhnt. Er wusste, dass er stets unzufrieden war. Und er wusste auch um den schlechten Zustand des Schiffes. Es war nur dem aufopfernden Einsatz der Reparatur-Kommandos zu verdanken, dass es noch nicht als glühende Wolke im All trieb.

„ Wir haben eben Pech gehabt!“, versuchte er einzulenken.

Da-Kyl-Ra stöhnte gequält auf „Für diesen Zustand gibt es überhaupt kein passendes Wort. Soll ich dir sagen, was wir in den letzten Monaten erreicht haben?“

„ Nein, das brauchst du nicht.“

„ Ich sage es dir trotzdem. Unsere Eroberungspläne sind gescheitert. Wir werden niemals den gesamten Weltraum beherrschen und andere Völker unterjochen.“

„ Oh, doch, unsere Stunde wird kommen!“, rief Kay-La-Tek theatralisch. „Und zwar schon sehr bald. Wir sind das hervorragendste Volk, das jemals den Weltraum durchflogen hat. Wir sind unvergleichlich. Keiner kann uns besiegen. Bald werden wir alle Planeten besitzen, die es innerhalb dieses Raumes gibt.“

Kay-La-Tek hatte keine Ahnung, woher er seine Zuversicht nahm, aber irgendwann mussten sie schließlich mal Glück haben. Er wusste aber auch, dass die Zeit gegen sie arbeitete. Allzu lange konnten sie nicht mehr auf diesem Schiff bleiben. Es war ein fliegender Schrotthaufen. In diesem Punkt musste er seinem Stellvertreter recht geben. Da-Kyl-Ra war kein Dummkopf, sondern einer der wenigen Bogosianer an Bord, der über einen halbwegs normalen Intelligenzquotienten verfügte.

Feinde auf dem Raumschiff Starfire: Die Raumflotte von Axarabor - Band 212

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