Читать книгу Die Kreaturen von Xorum: Die Raumflotte von Axarabor - Band 219 - Bernd Teuber - Страница 11

6

Оглавление

Symont Nyssa gehörte zu den zahlreichen Farmern, die auf Xorum eine neue Heimat gefunden hatten. Doch seine große Leidenschaft galt der Jagd . Wann immer er Zeit hatte, fuhr er mit seinem Landgleiter hinaus in die Wildnis, um einige Tiere zu erlegen. Dabei ging es ihm weniger um das Fell, sondern um das Fleisch. Seiner Ansicht nach schmeckte es besser, als die synthetische Nahrung, die in den Labors hergestellt wurde. Doch heute schien ihn das Glück verlassen zu haben. Er war schon seit vier Stunden unterwegs, ohne auch nur ein Tier vor die Mündung seines Lasergewehrs zu bekommen. Irgendetwas schien sie verschreckt zu haben.

Nyssa beschloss, in einer kleinen Senke sein Lager aufzuschlagen und am nächsten Tag noch einmal sein Glück zu versuchen. Er stoppte den Gleiter, schaltete den Antrieb ab und stieg aus. Es war ein altes Mode ll, das schon so manchen Sturm erlebt und mittlerweile Rost angesetzt hatte. Trotzdem war er Nyssas ganzer Stolz. Er bot wahnsinnig viel Platz und erregte überall im Ort Aufsehen. Gleiter dieser Art gab es nur noch sehr wenige. Dass er sehr laut war, störte Nyssa üb erhaupt nicht.

Trockenes Holz gab es mehr als genug. Er sammelte ein wenig und entzündete das Feuer. Dann holte er ein paar Streifen getrocknetes Fleisch aus seinem Rucksack und biss ein Stück ab. Während er kaute, ließ er seinen Blick umherschweifen. Im Norden war eine Gebirgskette zu erkennen, weil sie die Sterne verdeckte. Von dort kam auch der kleine Fluss, an dem er sein Lager aufgeschlagen hatte. Das Wasser war nicht sehr kalt, aber trotzdem glasklar und erfrischend.

Nyssa stieß einen leichten Seufzer aus. Die Ruhe tat ihm gut. Es war nichts zu hören, wenn man vom leisen Dahinrauschen des Wassers absah. Irgendwo raschelte es in den Zweigen der Bäume, die den Fluss säumten. Aber plötzlich waren da noch andere Geräusche. Er konnte sie nicht richtig einordnen, aber es klang wie das Tapsen von Pfoten. Vollkommen unmöglich , dachte er. Auf Xorum gibt es keine großen Tiere, die solche Geräusche erzeugen. Entlaufene Schafe konnten es auch nicht sein. Die hörten sich anders an. Aber wer oder was schlich dann dort draußen herum?

Nyssa blickte sich in alle Richtungen um. Er nahm das Gewehr, dass neben ihm lag, und erhob sich. Aber er kam nicht sehr weit. Nach wenigen Schritten sah er die Umrisse von mehreren Tieren, die zwischen den Baumstämmen auftauchten. Ihr Fell wirkte struppig und verwildert. Rote Augen leuchteten ihm aus der Dunkelheit entgegen. Nyssa trat den Rückzug an und versuchte, zu seinem Gleiter zu kommen. Aber die Tiere durchschauten sein Vorhaben, oder es gab noch ein zweites Rudel.

Nach wenigen Metern versperrte ihm erneut eine Meute den Weg. Das Verhalten der Tiere war eindeutig feindselig. Nyssa versuchte es mit einer Methode, die er in einem Programm des Multimediageräts gesehen hatte, und hoffte, dass sie erfolgreich war. Er stieß halblaute, lockende Rufe aus. Aber der Erfolg stellte sich nicht ein. Wahrscheinlich habe ich mir einen schlechten Tag ausgesucht , überlegte Nyssa. Er glaubte daran, dass es so etwas gab: schlechte und gute Tage. An schlechten Tagen hatte es wenig Sinn, sich anzustrengen. Einen Erfolg würde es auf keinen Fall geben.

Er kehrte um und wollte zum Lagerfeuer zurückkehren, weil er hoffte, dass die Tiere Angst vor den Flammen hatten. Aber seine Rechnung ging nicht auf. Abermals versperrten ihm die Tiere den Weg. Sie hatten es darauf angelegt, ihn zu fassen. Er war jetzt fast ringsum eingekreist. Nur zur rechten Hand, den Hügel hinauf, gab es noch einen Ausweg. Kühl, wie er manchmal ein konnte, berechnete er seine Chancen. Seine Finger umklammerten das Gewehr, aber noch zögerte er, die Waffe zu gebrauchen.

Dafür gab es zwei Gründe. Der erste war praktischer Art: Ein einzelner Mann konnte sich immer nur nach einer Seite hin verteidigen. Hier aber hatte er es mit einer Übermacht zu tun. Wenn sie von allen Seiten auf ihn eindrangen, konnte er zwar ein paar von ihnen töten, aber schließlich würden sie ihn überwältigen. Er war zu schwach, um es mit allen Tieren aufzunehmen. Also blieb ihm nur die Flucht.

Er lief den Hügel hinauf. Oben, auf der Kuppe, hatte er freien Überblick. Auf seinem Weg kam er an einer Gruppe Krüppelkiefern vorbei. Die Gefahr, die ihm von dorther drohte, erkannte er erst im allerletzten Augenblick. Ein scharfes, zischendes Knurren machte ihn aufmerksam. Fast im gleichen Augenblick schoss aus dem Gestrüpp ein schwarzer Körper hervor und prallte ihm gegen die Schulter. Nyssa griff sofort zu, aber das wütende Tier hatte sich in seine Kleidung verkrallt und ließ sich nicht abschütteln. Aus dem Dickicht kamen immer mehr Tiere hervor, sprangen Nyssa an und krallten sich an ihm fest. Ihr Ziel war seine Kehle.

Er zweifelte keine Sekunde daran, dass dieser Überfall geplant gewesen war. Voller Wut wehrte er sich gegen die Angreifer. Er bekam ein paar Kratzer ins Gesicht, aber an anderen Stellen gelang es den Tieren nicht, die Kleidung zu durchdringen. Schließlich schaffte er es, den Abzug seines Gewehrs zu betätigen. Eines der Tiere sank getroffen zu Boden, als der Energiestrahl den Körper durchdrang. Die anderen wichen zurück. Nyssa nutzte seine Chance. Er sprang auf und lief weiter den Hügel hinauf.

Auf der Kuppe fand seine Flucht ein jähes Ende. Dort versperrte ihm eine weitere Kreatur den Weg. Sie war weitaus größer als die anderen. Noch niemals zuvor hatte Nyssa ein solch grässliches Geschöpf gesehen, dessen Laute an das dreifach verstärkte Fauchen und Kreischen eines in die Enge getriebenen Raubtiers erinnerten. Sein Leben musste eine Strafe sein. Was dort vor ihm stand, war nicht mit dem schlimmsten Alptraum eines lebenden Wesens in Verbindung zu bringen.

Die dichten, zwanzig Zentimeter langen, borstigen Haare, die überall von dem grotesken Körper herunterhingen und irgendwie störend wirkten, erinnerten an eine Laune der Natur, die noch kein Mensch gesehen hatte. Aber irgendwie wirkte die ganze Gestalt störend. Nyssa, dessen Blut scheinbar zu eiskaltem Blut geworden war, hatte den Eindruck, als würde diese Kreatur eine Art Anzug oder ein anderes Kleidungsstück tragen. Doch der gedungene Körperbau, nicht unähnlich einer schroffen, übertriebenen, aus hartem Granit gemeißelten Skulptur, schien sämtliche Gesetze und Konturen zu verwischen.

Er wirkte klobig und zugleich unglaublich geschmeidig, muskulös und drahtig. Die gekrümmten, sehnigen Beine tänzelten aufgeregt auf dem Boden herum. Die Klauen der Kreatur waren mit Rissen und Schwielen bedeckt, deren Enden aus zehn Zentimeter langen, gebogenen Krallen bestanden. Am widerlichsten sah jedoch der Kopf aus. Er besaß in abstoßender Weise die Form eines Raubtierschädels mit einer pergamentartigen Haut. Hier war der Haarwuchs kürzer, aber im Gegensatz zum restlichen Körper fast schwarz. Das braune Fell umspielte in dem plötzlich einsetzenden Wind die Beine der Bestie.

Doch die tiefliegenden Augen, die inmitten irisierender Dunkelheit eine glühende Pupille erkennen ließen, musterten den in angstvoller Lähmung verharrenden Mann mit ausgewählter Mordlust. Die buschigen Ohren bewegten sich unablässig, und die breite, runzlige Nase blähte sich in ansteigender Erregung. Der gewaltige Rachen des Untiers öffnete sich. Ein gutturales, dumpfes Knurren drang aus der Kehle und ließ Nyssa handeln. Aber er war keines vernünftigen Gedankens fähig. Mit Schrecken erfasste er die entblößten, drei Zentimeter langen Eckzähne, die unter der kaum vorhandenen Oberlippe hervorragten.

Das Grollen schwoll an. Unruhig pendelte der Kopf hin und her. Langsam näherte er sich Nyssa. Die anderen Tiere blieben einige Schritte zurück. Sie wussten, dass ihr Anführer diesen Menschen für sich haben wollte. Während das Knurren immer lauter wurde, bewegte sich das Monstrum mit einer Geschwindigkeit und Eleganz, die man dem unwirklichen Körper gar nicht zugetraut hätte. Nyssa brachte sein Gewehr in Anschlag, doch bevor er einen Schuss abgeben konnte, hatte ihn der Gegner bereits gepackt.

Die Vorderpfoten mit den spitzen Krallen wirbelten durch die Luft und fetzten durch den Leib des Mannes. Nyssa wurde rückwärts in ein Gebüsch geschleudert. Die Waffe rutsche ihm aus der Hand. Schmerz und Wut mischten sich in den Schrei des Mannes. Taumelnd rappelte er sich wieder auf. Doch er kam gar nicht dazu, nach seiner Waffe zu greifen, um einen Schuss abzufeuern. Das Monstrum näherte sich dem torkelnden Mann und schnappte zu.

Die Zähne drangen in Nyssas Kehle. Ein hässliches Schmatzen ertönte, als die Kreatur zubiss. Nyssa stieß ein gurgelndes Geräusch aus. Die Bestie ließ von ihm ab. Er stolperte rückwärts und prallte auf den Boden. Blut floss aus der Wunde am Hals. Die wütend grunzende Kreatur ließ noch immer nicht von ihm ab. Sie packte den Mann, dessen Schmerzen ihn fast bis zum Wahnsinn trieben und vollkommen kampfunfähig machten, und biss abermals zu. Ein gequältes Jaulen kam aus Nyssas Kehle. Man hörte Knochen krachen. Blutfontänen schossen aus der Nase und dem Mund des Mannes. Die Augen quollen aus den Höhlen und brachen. Sekunden später ließ der Anführer des Rudels von Symont Nyssa ab. Doch im Gras lag kein Mensch mehr, sondern nur noch ein blutverschmierter Klumpen Fleisch.

Das Fauchen der Kreatur erstarb. Lauschend hob sie den Kopf und stieß schließlich ein leises Knurren aus. Dann wandte sie sich um und verschwand mit fliegenden Sätzen zwischen den Bäumen, schneller als sie erschienen war. Das Rudel folgte seinem Anführer. Noch lange war das Brechen und Knacken der trockenen Zweige zu hören.

Die Kreaturen von Xorum: Die Raumflotte von Axarabor - Band 219

Подняться наверх