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3.2.1. Georg Lukács

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615 Georg Lukács

Georg Lukács wurde 1885 in Budapest in eine wohlhabende Familie des assimilierten jüdischen Großbürgertums hineingeboren. Er begann sein philosophisches Denken mit lebensphilosophischen Positionen – mit schwärmerischer Zuneigung zu Nietzsche und Dostojewskij – und wurde schließlich zu einem der wichtigsten marxistischen Kunstphilosophen. Obwohl er der Sozialistischen Internationale verpflichtet war und sogar den Begriff »Sozialistischer Realismus« benützte, fasste er diesen Begriff wesentlich weiter, als es die einschlägige Propagandaliteratur vorgab. Seine philosophischen Studien führten ihn von Budapest nach Berlin und Heidelberg, wo er mit Georg Simmel, Wilhelm Dilthey, Ernst Bloch und Max Weber in Kontakt kam und die Nähe zum George-Kreis suchte. Neben neukantianischen Positionen beeinflussten ihn der Deutsche Idealismus und schließlich Karl Marx.

1918 wurde Lukács Mitglied der Kommunistischen Partei Ungarns, die sich unter Béla Kun im gleichen Jahr konstituiert hatte. In der viermonatigen Räterepublik 1919 leitete er als (stellvertretender) Volkskommissar das Unterrichts- und Kulturwesen und begann mit umfangreichen Verstaatlichungen von einschlägigen Institutionen. Als politischer Kommissar der ungarischen Roten Armee soll er in Hinrichtungen in der Provinz verstrickt gewesen sein.

VIII.6.1.1.

Nach dem Ende der Räteregierung im August folgte faschistischer Terror, Lukács floh 1920 nach Wien, wo er zuerst verhaftet, dann nach europaweiten Solidaritätsadressen wieder freigelassen wurde. 1933 bis 1944 verbrachte er demütigende Jahre in der Sowjetunion in verschiedenen Funktionen. Dort hatte er auch Gelegenheit, die noch nicht publizierten Philosophisch-Ökonomischen Manuskripte von Marx einzusehen. Nach dem Ende des Faschismus kehrte er 1944 nach Ungarn zurück, übernahm dort eine Professur für Ästhetik und Kulturwissenschaften und wurde wieder politisch tätig, unter anderem 1956 als Kulturminister in der Regierung Imre Nagy. Bei der Intervention der Sowjets im gleichen Jahr wurde er verhaftet und nach Rumänien abgeschoben. Während Nagy umgebracht wurde, konnte Lukács, der den Sowjets rechtzeitig seinen Rückzug aus der Nagy-Regierung vermittelt hatte – von der Partei ausgeschlossen –, 1957 nach Budapest zurückkehren und ein Leben als zurückgezogener Intellektueller leben, wobei er sich unter anderem ästhetischen Themen widmete.

Die politische Haltung von Lukács war nicht ohne Inkonsistenzen. Einerseits neigte er zu einem demokratischen Sozialismus statt zur proletarischen Revolution (so in 1928 unter dem Pseudonym Blum verfassten Thesen), andererseits hatte er einen bewaffneten Aufstand für 1919 vorbereitet, der sich dann aber durch den Regierungswechsel von selbst erledigte. Ebenso schwankend war seine Haltung zu Lenin und zum Leninismus. Unter anderem stieß er sich an der Institutionalisierungstendenz der Revolution im orthodoxen Denken. Lukács, der Hegelianer, wollte die geistigen und nicht die politischen Eliten an der Spitze der Revolution sehen, die gleichsam die Steuerung des revolutionären Prozesses leisteten. Konstanter war seine Ablehnung des Stalinismus, auch wenn er sich dem Despoten gegenüber in den Moskauer Jahren devot zeigte.

Bell 1992, 77

In seinen zahlreichen Äußerungen zur Ästhetik standen neben systematischen Fragen die Theorie des Romans und literaturästhetische Fragen im Vordergrund. Anfangs finden sich Motive der Lebensphilosophie und eine an Croce erinnernde Ausdruckstheorie, inspiriert durch Diskussionen im Kreis um Stefan George. Dazu kamen Motive des Aufbegehrens des Subjekts gegen seine Vereinsamung und »Seelenlosigkeit« (daraus wurde in seiner marxistischen Phase Entfremdung) in der Literatur. Stets überlagerten gesellschaftliche und politische Interessen seinen Ästhetizismus. »In der kulturellen Orientierungslosigkeit dieser Generation wurde die Idee der Entfremdung für viele ihrer Angehörigen zur Initiation in die Mysterien, und ihre Schutzpatrone fanden sie in Autoren, die diese Leidenschaft in einer religiös geprägten Sprache ausdrückten – in Kierkegaard und Dostojewskij. Religiös war sie allerdings im Sinne einer Suche nicht nach Gott, sondern nach einer Gottheit, in der das Ich mit dem Absoluten verschmolz.«

Kunstphilosophie und Ästhetik

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