Читать книгу Das Ende der Anweisung - Bernhard Cevey - Страница 19
Überzeugung durch Resonanz – ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag
ОглавлениеNehmen wir an, eine engagierte Mitarbeiterin bittet Sie per Mail, ihr ein gerade frei gewordenes Einzelbüro auf der Etage zu überlassen. Sie wollen der Bitte nicht nachkommen, weil Sie befürchten, dass sich das Klima im Team durch diese »Bevorzugung« verschlechtern würde. Andererseits möchten Sie Ihre Leistungsträgerin nicht demotivieren. Statt per Mail bedauernd, aber knapp abzulehnen, könnten Sie die Mitarbeiterin ansprechen und sie in Ihr Büro bitten: »Ich würde das gerne persönlich mit Ihnen besprechen.« Dort erklären Sie die Situation: »Ihre Mail bringt mich in ein Dilemma.« (Selbsteröffnung, vgl. Kapitel 1) Anschließend nehmen Sie sich Zeit für einen Austausch, bis Sie den Eindruck haben, die Mitarbeiterin kann Ihre Entscheidung tatsächlich nachvollziehen. Ihr eigenes Mindset (»Ich gehe davon aus, dass du offen bist«, »Ich möchte mich mit dir so lange auseinandersetzen, bis du die Hintergründe nachvollziehen kannst«, »Deine Initiative ist okay – wir besprechen das in aller Ruhe«) löst beim anderen neben der Sachinformation über das Resonanzphänomen eine Einstellung aus, die Ihrer konstruktiven Einstellung gleicht und das Finden einer gemeinsamen guten Lösung begünstigt: »Ich bin offen für Argumente«, »Ich bin interessiert, deinen Standpunkt zu hören«, »Wichtig ist es, eine abgestimmte Lösung zu erzielen«.
In diesem Resonanzrahmen wird Ihr Gegenüber sich eher bewegen und Ihre Position schließlich teilen können. Eine kurze Mailabsage dagegen würde schon qua Medium und Kürze von Ihrer Seite aus eine andere Stimmungslage transportieren: »Deine Forderung ist völlig unangemessen«, »Du möchtest dir offensichtlich Vorteile verschaffen«. Dies würde eine negative emotionale Resonanz (Unmut) beim Gesprächspartner erzeugen: »Wie konnte ich überhaupt das Thema ansprechen?«, »Es war doch klar, dass das nicht positiv ankommt«. Diese negative Grundstimmung verhindert dann die Akzeptanz von Argumenten und sachlichen Informationen.
Ohne diese »emotionale« Bereitschaft (Aktivierung der relevanten neuronalen Netzwerke) greifen die Argumente und die kommunizierten Informationen nur bedingt. Die Einstellung zu sich und anderen kann jeder von sich aus gestalten – indem er die Leadership-Tools anwendet und lebt.
Die Leadership-Tools in diesem Buch gehen daher von der Einsicht aus, dass die wirksamste Einflussnahme indirekt erfolgt und durch eine entsprechende Resonanzerfahrung beim anderen entscheidend begünstigt wird. Sie ersetzen das »Tue A« oder »Tue B« einer Anweisung durch Instrumente, die es dem anderen nahelegen, sich auf Ihre Position zuzubewegen, weil sie die Klärung von Sachfragen in eine positive Beziehung einbetten. Dazu müssen Sie nicht zu manipulativen Tricks greifen wie Cialdinis Verkäufer, wie das Beispiel auf der vorherigen Seite zeigt.