Читать книгу Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45 - Berthold von der Eltz - Страница 18

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Detmold, Donnerstag, den 15.1.1942

Liebe Eltern und Bringfriede,

soeben habe ich Euren Brief erhalten und möcht ihn auch sofort beantworten. Zunächst im Voraus meinen besten Dank für das Päckchen. Hoffentlich lässt es nicht lange auf sich warten, denn so eine Nebenkost ist doch immer sehr willkommen. Gestern zum Beispiel bekam ich ein Päckchen von Tante Lotte und am Abend war der Inhalt des Päckchens schon vertilgt. Auf das Gebäck und die Süßigkeiten ist man ja sozusagen wie versessen, da uns ja beim Militär solche Abwechslungen in der Kost nicht geboten werden. Bis jetzt hatten wir noch keinen Ausgang gehabt, und die Sonntage in der Kaserne verbraucht. Doch nächsten Sonntag, geht die Kompanie geschlossen zum Hermannsdenkmal, wo von der gesamten Kompanie eine Aufnahme als stete Erinnerung an unsere Rekrutenzeit gemacht wird. Der Tag wird noch verschönert, indem wir in ein Café einkehren und dort Kaffee und Kuchen erhalten. Dazu spielt natürlich unsere Hauskapelle und wo die erscheint, gibt es immer Stimmung. Heute erhielt ich ebenfalls noch eine erfreuliche Nachricht, dass Erna und Ewald mich am Sonntag besuchen wollen und ich will versuchen, an diesem Tag auch Ausgang zu bekommen. Wir können dann allein zum Denkmal hinauf gehen und sie werden dann auch mal meine Kameraden kennenlernen. Bei uns ist es zurzeit saukalt, die Temperatur ist ganz und gar nicht zum Exerzieren geeignet. Doch wenn es gar zu kalt ist, gehen wir auf die Stube oder Unterrichtsraum und kloppen dort unserer Griffe. Bei »Tempo 3« weicht sogar die grimmigste Kälte und wir beginnen dann so allmählich zu schwitzen wie die Affen. Bis der Griff endlich mal in der Einigkeit klappt, fließt noch mancher Schweißtropfen. Lieber Papa, Du weißt ja auch Lieder davon zu singen. Nun noch was Geschäftliches. Am 13.12.1941 hatte ich 14,- RM an die Bank abgeschickt, doch noch keinen Auszug darüber bekommen. Habt Ihr ihn vielleicht zu Hause? Wenn ja, dann schickt mir bitte ihn und den Jahresabschluss.

Seid nun alle recht herzlich gegrüßt

Arnold

PS: Ich habe kein Briefpapier mehr, deshalb kann ich nicht mehr schreiben.

Abmarsch vom Hermannsdenkmal am 18.01.1942 (2. Zug). Der Dritte von rechts ist Arnold.

Detmold, Samstag, den 24.1.1942

Liebe Eltern und Bringfriede!

Soeben erhielt ich Euren lieben Brief und möchte ihn gleich beantworten. Also, Hermann ist in Deutschland und welch eine Freude muss das doch für Bringfriede und Euch gewesen sein, als diese Nachricht ankam. Wie oft habe ich schon während meiner Soldatenzeit an Hermann gedacht und habe ihm oft gewünscht, aus diesem Russland rauszukommen, da ihm bestimmt die körperlichen Strapazen nicht leichtgefallen sind. Und, als ich den Brief gelesen hatte, kam mir unwillkürlich der Gedanke, ob ich ihn nicht mal besuchen kann, denn soweit wird das ja von hier nicht sein. Was wäre das eine Freude für Hermann und mich, wenn ich tatsächlich eines Tages zu ihm fahren könnte. Ihr glaubt ja gar nicht, wie auch ich mich freue, dass Hermann nicht mehr in Russland sein muss.

Liebe Eltern, nun möchte ich mich noch über das reichhaltige Päckchen bedanken, dass diese Woche angekommen ist, besonders der Kuchen hat mir viel Freude bereitet. Doch für einen hungrigen Soldaten ist ja so ein Kuchen viel zu klein und wenn man mich da nicht bremsen würde, wäre vom Kuchen in fünf Minuten nichts mehr da. Liebe Mutter, Du hast Dich daheim so oft über meinen guten Appetit gewundert, doch wenn Du mich hier essen sehen würdest, ständen Dir die Haare zu Berge. Vier Teller beim Mittag- und Abendessen sind an der Tagesordnung und diese Menge reicht oft doch noch nicht aus, um mich sattzubekommen. Na ja, nach dem einen Monat Ausbildung, beginnt ja der ruhigere Dienst und der Appetit wird dann doch etwas nachlassen.

Arnold freut sich über den Inhalt eines Pakets von zu Hause – endlich Kuchen!

Heute hat es bei uns angefangen, zu schneien, und ein eisiger Wind fegt von Osten her, doch der wird uns heute nicht auf der Bude festhalten, denn heute haben wir Ausgang und wir werden uns mal Detmold ansehen. Schade, dass heute Erna nicht kommt. Diesmal wäre unsere Zeit nicht so knapp bemessen als vor acht Tagen und wir wären an niemanden gebunden. Ich werde jedenfalls versuchen, sobald als möglich nach Herford zu kommen. Vielleicht wenn Erna Hochzeit hat? So, jetzt ist es Zeit in die Stadt zu gehen, denn wir wollen uns noch viel von Detmold ansehen.

Herzliche Grüße sendet Euch

Arnold

PS: Schickt mir bitte im nächsten Brief etwas Stopfwolle mit, ich kann sie gut gebrauchen. Schreibt mir bitte auch etwas Genaueres über Hermann.

Detmold, Montag, den 26.1.1942

Liebe Eltern und Bringfriede!

Heute steht mir etwas mehr Zeit zur Verfügung, um Euch etwas ausführlicher zu schreiben. Um nochmals auf das Päckchen zurückzukommen, der Speck hat mir ganz prima geschmeckt. Doch möchte ich Euch bitten, mir so etwas nicht mehr zu schicken. Denn Ihr müsst Euch ja das Essen vom Mund absparen und das möchte ich ganz bestimmt nicht haben. Wir bekommen ja hier auch unsere Verpflegung. Ihr habt mich doch sicher richtig verstanden? In Eurem Brief schreibt Ihr auch, dass Erna nun bald heiraten will und wir uns bei dieser Gelegenheit vielleicht sehen werden. Eins kann ich Euch sagen, dass ich mir ein Wiedersehen schon oft im Stillen gewünscht habe, und auch sehr oft mit den Gedanken bei Euch verweile. Fast jede Nacht träume ich davon und oft meinte ich im Halbschlaf, wenn irgendein Kamerad im Dunkeln sich durchs Zimmer tastet, die Schritte von Papa zu hören.

Lieber Papa, wie gerne würde ich mich jetzt mal wieder mit Dir unterhalten und uns gegenseitig von Deiner und meiner Soldatenzeit erzählen. Auf diese Stunde freue ich mich schon heute ganz besonders. Vielleicht liegt diese Stunde nicht mehr fern, wenn Ihr zu Ernas Hochzeit kommt. Vorausgesetzt, dass diese noch vor dem 25. Februar ist, denn bis dahin ist unsere Ausbildungszeit zu Ende und wir werden dann sicher versetzt werden. Wie schnell wird auch dieser Monat vorüber sein, und wir Kameraden müssen wieder voneinander Abschied nehmen. Das wird uns alle bestimmt nicht leichtfallen, denn bei uns auf der Stube herrscht eine prima Kameradschaft. Das kommt ja auch daher, dass wir fast alle aus einer Gegend sind und denselben Dialekt sprechen. Saarländer und wir von der Nahe haben uns ja schon immer gut verstanden. Bei uns zeigt sich jetzt der Winter von seiner strengsten Seite mit Schneegestöber und einer saumäßigen Kälte und bei dieser Witterung ist es nicht gerade angenehm zu exerzieren. Doch unsere Vorgesetzten haben genug Mittel, um uns warm zu machen, bei –24 Grad Kälte ist ja so etwas auch unbedingt notwendig und es ist keine Seltenheit, dass wir trotz dieser Kälte anfangen zu schwitzen. Damit verbunden ist es ja auch Wunder, dass mein Appetit, wie schon im vorigen Brief erwähnt, so ungeheuer groß ist und manchmal die Brotration einfach nicht reicht. Dann beginnt meistens der Handel, dass die Zigarettenmarke gegen Brot oder Butter getauscht wird oder man verschafft es sich auf eine andere Art, aber keine Bange, ich rauche natürlich nicht. Jedenfalls lernt man beim Militär, sich in jeder Lage zu helfen.

Gestern waren wir zum ersten Mal allein in der Stadt. Doch die Kälte nahm uns die Lust, die Stadt anzusehen. So saßen wir denn auch bald in einem gemütlichen Café und ließen es uns bei Kaffee und Kuchen gut schmecken. Ist nächsten Sonntag wieder Ausgang, dann werde ich Erna frühzeitig in Kenntnis setzen, denn auf Sonntagsurlaub für Herford ist doch noch nicht zu rechnen.

Herzliche Grüße sendet Euch, liebe Eltern und Bringfriede

Euer Arnold

Detmold, Sonntag, den 1.2.1942

Liebe Eltern und Bringfriede!

Schon wieder sind nun acht Tage vergangen, seit ich Euch das letzte Mal schrieb, und in ungefähr drei Wochen wird unsere Ausbildung zu Ende sein. Jeder ist nun gespannt, wohin er versetzt wird. Ich habe gehört, dass die Bombenschützen auf der Insel Rügen ausgebildet werden. Die Entfernung zwischen mir und Euch wäre dann noch größer. Doch damit wäre die Freude auf den ersten Urlaub umso größer. Durch diese Versetzungen lernen wir ja auch unser Heimatland kennen, und als junger Mensch wünscht man sich ja gerade weit in der Welt herumzukommen.

Es steht als nun endgültig fest, dass ich als Bombenschütze zum fliegenden Personal komme und meine Freude hierüber stieg um so mehr als ich hörte, dass nun ungefähr ein Fünftel der gesamten Kompanie zum fliegenden Personal kommen. Ein Stubenkamerad von mir, ein Saarländer aus Neunkirchen, wird auch Bombenschütze und wir freuen uns nun schon darauf, zusammen auf eine Schule versetzt zu werden, da gerade wir beide uns gut verstehen. Ich kann es manchmal gar nicht fassen, wie schnell die Zeit vergeht und dass unsere Rekrutenzeit nun bald zu Ende sein soll. Das rührt ja auch zum größten Teil daher, dass die Tage fast ganz mit Dienst ausgefüllt sind und die Zeit dadurch wie im Fluge vergeht. Ich glaube, dass auch niemand der verflossenen Zeit nachtrauern wird, wohl aber gern an seine Rekrutenzeit denken wird, da doch jeder wehrfähige junge Deutsche mitmachen muss. Wenn ich das erste Mal auf Urlaub komme, werde ich Euch viel zu erzählen haben und gerade mit Dir, lieber Papa, möchte ich mich dann gern unterhalten.

Liebe Mutter, nun hätte ich noch eine »kleine« Bitte an Dich. Wenn Du Zeit hast, schicke mir doch bitte mal wieder einen Kuchen oder Brot, denn der Dienst entwickelt ja immer so einen guten Appetit, sodass meine Brotration fast nie ausreicht. Also sei doch bitte so gut, und erfülle mir diesen Wunsch. Das Päckchen mit dem Gelee habe ich mit vielen Dank erhalten. Allerdings war es vierzehn Tage unterwegs, doch ist es samt Inhalt heil angekommen. Heute Mittag gehen wir wieder in die Stadt und werden dann versuchen, zu einem Fotografen zu gehen.

In der Hoffnung, bald wieder etwas von Euch zu hören, grüßt Euch vielmals

Arnold

Detmold, Samstag, den 7.2.1942

Liebe Eltern, liebe Bringfriede!

Nach glücklich überstandenem Stubendurchgang beginnt nun unser freier Samstagnachmittag, den ich dazu ausnutze, Briefe zu schreiben, während andere Kameraden ausgehen und sich Detmold bis halb neun abends ansehen können. Der Nachmittag brachte für mich während des Revierreinigens, eine freudige Nachricht. Ich wurde plötzlich ans Telefon gerufen. Das kann ja nur Erna sein, dachte ich und stürzte im schnellsten Tempo zur Schreibstube. Endergebnis: Erna und Ewald kommen mich morgen besuchen. Das wird ja ein schöner Ausgang morgen für mich werden. Für nächsten Sonntag will ich noch mal versuchen, Sonntagsurlaub nach Herford zu bekommen. Hoffentlich stellen sich mir keine Schwierigkeiten in den Weg, denn Mittwoch in acht Tagen, als am 18. Februar, ist unserer Besichtigung und bis dahin haben wir noch viel zu lernen. Was nach der Besichtigung kommt, wissen wir noch nicht. Ich jedoch werde jedenfalls auf eine Bombenschützenschule versetzt werden und wenn es gut geht, kommen Walter Schmitz und ich auf eine Schule. Denn, er hat sich nun auch als Bombenschütze gemeldet. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit einem Sobernheimer zusammenkäme, besonders noch mit Walter Schmitz, der mir immer ein guter Freund war.

Hier bei uns herrscht nach wie vor strenger Winter, wie ich ihn mir früher daheim immer gewünscht hatte, mit viel Eis und Schnee. Doch hier wünsche ich ihn zum Teufel, denn bei diesem Wetter ist es bestimmt nicht angenehm Dienst zu machen, besonders dann, wenn es ins Gelände geht und der Schnee durch sämtliche Knopflöcher dringt. Doch wir wären ja keine Soldaten, wenn uns ein Angriff mit MG und Platzpatronen keinen Spaß machen würde, besonders das Hinlegen klappt ja bei dem hohen Schnee wunderbar.

Heute habe ich mal leere Pakete nach Hause geschickt und ein Geleeglas, damit Ihr wieder mal etwas Verpackung habt. Ebenso habe ich RM 20,-, heute auf mein Bankkonto eingezahlt, also sogar beim Militär kann man mit einer Mark pro Tag sparen. Das hat natürlich von der Stubenbelegschaft bisher nur einer fertig gebraucht, und das war ich. Na ja, das hängt natürlich mit der guten Erziehung von zu Hause zusammen. Ich sage Euch, beim Militär kann man feststellen, wer eine gute Kinderstube hatte oder nicht und wer von zu Hause an Ordnung gewöhnt war. In dieser Beziehung bin ich bis heute noch nicht aufgefallen.

Liebe Eltern, mit viel Freude habe ich natürlich die Nachricht aufgenommen, dass ein Kuchen für mich unterwegs ist und hoffentlich keine vierzehn Tage wie der andere braucht. Meine Dankbarkeit kann ich ja leider immer nur dadurch ausdrücken, dass ich Euch regelmäßig einen Brief schreibe, auf den Ihr Euch bestimmt immer freut.

Nun, liebe Bringfriede, möchte ich Dir noch recht herzlich für Deinen lieben Brief danken und glaube mir, wenn Du mir den kleinen Jürgen so drollig schilderst, dann habe ich direkt Sehnsucht ihn mal wieder zu sehen. Seine Schwester Gisela und er, werden wohl gewachsen sein und ich sie kaum wieder erkennen werde, wenn ich zum ersten Mal auf Urlaub komme. Du schreibst, dass Du Hermann mal besuchen willst und bei dieser Gelegenheit auch zu mir kommst – nur glaube ich, Du wirst mich hier nicht mehr antreffen, denn bis dahin wurde ich sicher versetzt. Ich wünsche Dir nur noch von Herzen, dass Du Hermann sehr bald besuchen kannst, denn das wird doch Dein brennender Wunsch sein. Glaube mir, an diese Spielereien mit Hermann, die Du in deinem Brief erwähnst, habe ich auch schon sehr oft gedacht und mir ebenso gewünscht, dass sich diese Stunden nicht noch mal wiederholen werden, doch das wird wohl leider nur ein Wunschtraum bleiben.

In der Hoffnung, bald wieder von Euch etwas zu hören, grüßt Euch herzlichst

Euer Arnold

Detmold, Samstag, den 14.2.1942

Liebe Eltern und Bringfriede,

zunächst recht herzlichen Dank für das Päckchen, das diesmal nur eine Woche unterwegs war. Der Kuchen, liebe Mutter, hat ja wieder ganz prima geschmeckt. Übrigens, es schmeckt ja alles doppelt so gut, was von daheim kommt.

Letzten Sonntag habe ich mit Erna und Ewald einen schönen Tab verlebt. Um zwei Uhr nachmittags holte ich beide vom Bahnhof ab. Anschließend gingen wir in ein gemütliches Lokal um dort ungestört bei Kaffee und Kuchen, den Erna mitgebracht hatte, zu unterhalten. Zum Abschluss des Tages gingen wir in ein Kino. Doch allzu schnell verging die Zeit und wir mussten bald wieder voneinander Abschied nehmen, ohne ihnen zu versprechen, sie nächsten Sonntag zu besuchen. Doch kaum zurück im Horst, erwartete mich eine teils freudige, teils traurige Nachricht. Kurz nachdem ich den Horst verlassen hatte, wurde wegen »Scharlach« Horstsperre angeordnet. So werde ich Erna und Ewald am Sonntag zum letzten Mal gesprochen haben, denn wenn die Horstsperre aufgehoben wird, wann kann ja niemand wissen, wird sich auch unsere Versetzung zur Schule verschieben, wie uns schon angekündigt wurde. Wir aber hoffen alle, dass diese Krankheit bald überstanden ist.

Nun sind es nur noch vier Tage bis zur Besichtigung, und dass bedeutet, das unsere Rekrutenzeit nun bald zu Ende ist. Ich kann Euch sagen, dass ihr keiner hier nachtrauern wird. Denn es waren manchmal Tage darunter, an denen uns »das Wasser im Arsch kochte« auf Soldatenart ausgedrückt. Doch gerade diese Stunden haben uns hart gegen uns selbst und uns so halbwegs zu Soldaten gemacht. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, hat mir auch das nicht viel ausgemacht, solange man nicht vor Müdigkeit umfällt – ist ja alles halb so schlimm. Auf der Schule später, werden wir diesen Dienst ja nicht mehr haben, doch dafür wird unser Geist etwas mehr in Anspruch genommen werden. Bis zum fertigen Bombenschützen ist es immer noch ein weiter Weg.

Liebe Eltern, heute komme ich mal wieder mit einer Bitte. Wenn Ihr Zigaretten bekommen könnt oder Tabak, so wäre ich Euch sehr dankbar. Wenn Ihr mir das schicken würdet, die Kosten könnt Ihr ja von den RM 50.- abziehen, die Ihr noch von mir habt. Und nun zur Aufklärung weshalb. Meine Kameraden sind fast alle starke Raucher und ich könnte ihnen mit den Zigaretten viel Freude. Die Hauptsache ist natürlich, dass ich als Gegenleistung von ihnen Brot bekomme, das mir lieber ist wie vieles andere. Ebenso könntest Du, liebe Mutter, mir mal wieder blaue und graue Stopfwolle für Pullover und Strümpfe schicken, den Kuchen möchte ich nur so nebenbei erwähnen. Zum Schluss möchte ich Euch noch bitten, mir zur Besichtigung am Mittwoch beide Daumen zu drücken.

In der Hoffnung, bald wieder etwas von Euch zu hören (und zu bekommen), grüßt Euch vielmals

Arnold

Detmold, Donnerstag, den 19.2.1942

Liebe Eltern, liebe Bringfriede!

Gestern, am Tage unserer Besichtigung, erhielt ich Euer reichhaltiges Paket und heute Euren lieben Brief mit der Ankündigung von neuen Paketen. Ja, liebe Eltern, wenn das so weiter geht, hole ich meinen Kameraden in dieser Beziehung auch noch ein, denn ich habe manchmal gestaunt, was diese an Paketen so bekommen. Doch das hängt natürlich damit zusammen, dass es Bauern sind oder wenigstens Beziehungen haben. Liebe Mutter, wenn das mit dem Schinken klappen würde, würdest Du mir eine große Freude bereiten, denn die seltenen Dinge sind ja heutzutage am meisten begehrt. Hoffentlich bleibt der Kuchen nicht so lange unterwegs, denn ich habe nämlich schon mächtigen Hunger!

Nun zu unserer Besichtigung. Was hatten wir uns vorher unnötige Sorgen darüber gemacht und wie verlief sie doch so glatt und reibungslos. Danach fragten wir uns, war das nun eine Besichtigung oder keine? Besonders unser Gruppenführer hatte uns in dieser Beziehung viel vorgemacht: »Mit so einer beschissenen Gruppe ginge er nie zu einer Besichtigung«, war seine tägliche Drohung und die Folge davon wäre natürlich eine Wiederholung des Lehrgangs gewesen. Übrigens, unser Gruppenführer ist ein prima Kerl. Ihr werdet ihn ja auf den Bildern, die ich Euch schicke, kennenlernen. Er war zu jeder Zeit gerecht und wir haben ihn nur als grundanständigen Vorgesetzten kennengelernt, ebenso unseren Zugführer. Mit solchen Vorgesetzten mach man auch gerne Dienst und führt freudig jeden vernünftigen Befehl aus. Heute hatten wir einen ganz faulen Tag gehabt. Man merkt sofort, dass der Lehrgang nun zu Ende ist. Doch heute hat uns der Hauptfeldwebel bei der Parole noch mitgeteilt, dass wir uns die nächsten Tage wundern werden und uns die Tage bis zu Versetzung im Gedächtnis bleiben würden. Aber so was kann uns als »alte Soldaten« nicht mehr erschüttern, dafür haben wir das schon so oft mitgemacht, sodass man allmählich stur wird und unsere Bewegungen mit der einer Maschine vergleichbar sind – nie im Tempo schneller werden, mag der Vorgesetzte noch so toben – es geht einfach nicht schneller. Was sind wir in den ersten Tagen gelaufen, sodass unsere Socken anfingen zu qualmen. Doch mit der Zeit lernten wir auch das Einheitstempo. Lieber Papa, in Deiner Ausbildung als Soldat, wird es genauso gewesen sein, denn damals wie heute bleibt doch die Ausbildung gleich. Unsere Versetzung wird sich leider wegen des blöden Scharlachs noch etwas verschieben, vielleicht bietet sich mir dadurch doch noch einmal die Gelegenheit, Erna zu besuchen. Nur wäre mir lieber, liebe Eltern, wenn wir bald versetzt werden würden.

Liebe Mutter, wenn es Dir Umstände bereitet mir Rauchwaren zu besorgen, so verzichte ich gerne darauf, denn ich habe ja direkt kein Interesse daran und wenn ich mal Brot brauchen sollte, bekomme ich es auch auf eine andere Art, ansonsten schickst Du mir ja größtenteils das, was mir so fehlt. Liebe Eltern, für heute muss ich Schluss machen, denn gleich ist Zapfenstreich.

Herzliche Grüße sendet Euch

Euer Arnold

PS: Viele Grüße an Hermann und schreibt ihm, dass ich sehr oft an ihn denke!

Detmold, Sonntag, den 22.2.1942

Liebe Eltern, liebe Bringfriede!

Wie ich schon im vorigen Brief erwähnte, haben wir nun nach der Besichtigung mehr Freizeit und ich kann Euch mal wieder schreiben.

Wir haben nun schon ein paarmal aus erfahrener Quelle gehört, unser Spieß hat es auch schon angedeutet, dass sehr wahrscheinlich diese Woche unsere Versetzung stattfinden wird. Einerseits habe ich mich darüber sehr gefreut, denn dieses Leben hier gefällt mir auf die Dauer doch nicht, da es verlorene Zeit ist die wir hier noch verbringen. Vor der Versetzung hätte ich aber gerne noch mal mit Erna gesprochen. Ich hatte mir ja fest vorgenommen, sie nach der Besichtigung mal unverhofft zu besuchen, doch wurde bis jetzt die Horstsperre noch nicht aufgehoben. Diese Woche soll sie erst vorüber sein, und deshalb ist es zu spät für einen Besuch. Liebe Mutter, hoffentlich kommen noch vor meiner Versetzung die beiden Pakete an. Pakete die per Express geschickte werden, sind in zwei Tagen hier. Doch die Post ist in dieser Beziehung ja etwas langsam. Jedenfalls möcht ich mich vorher wieder recht herzlich bedanken.

Liebe Eltern, ich glaube, ich musste erstmal zum Militär kommen, um Vater und Mutter so richtig schätzen zu lernen. Denn an den zahlreichen Paketen erkennt man erst richtig die Fürsorge und Liebe, die Ihr mir entgegenbringt. Ich frage mich manchmal, wie ich nur daheim immer darüber hinwegsehen konnte, denn da empfand ich das alles doch als eine Selbstverständlichkeit. Darüber habe ich mir hier sehr viele Gedanken gemacht. Glaubt mir, ich freue mich schon heute riesig auf den ersten Urlaub, wenn ich Euch mal wieder sehen und sprechen kann. Doch ich werde mich wohl noch mehrere Monate gedulden müssen und erstmal was bei den Soldaten geleistet haben, ehe ich mit Urlaub kommen kann. Jedenfalls sind ja die ersten drei Monate so schnell vergangen und ich glaube, die kommende Zeit vergeht genauso schnell.

Liebe Bringfriede, Du wirst nun Hermann nach langer Trennung mal wieder sehen. Auch mich freut es außerordentlich, dass Hermann Dich bat, ihn zu besuchen. Ich wünsche Dir nur, dass Du ihn gesund und kräftig antriffst und ihm vielleicht auch den Gedanken austreibst, sich so schnell wie möglich wieder an die Front zu melden. Ich wünsche Hermann nur alles Gute und hoffe, dass ihn auch weiterhin sein Glück so begleiten wird wie bisher. Liebe Eltern, ich möchte meinen Brief schließen in der Hoffnung, bald wieder was von Euch zu hören.

Viele Grüße sendet Euch

Euer Arnold

PS: Liebe Mutter, schicke mir doch bitte so schnell wie möglich, mal wieder ein ­Messer. Bei meinem alten Messer ist der Griff abgebrochen. Schicke mir doch diesmal ein Messer mit Metallgriff.

Detmold, Dienstag, den 24.2.1942

Liebe Eltern und Bringfriede!

Will Euch kurz ein paar Zeilen schreiben. Es steht nun endgültig fest, dass wir diese Woche versetzt werden. Wohin? Das wissen wir bis jetzt noch nicht. Jedenfalls freue ich mich endlich von hier wegzukommen, denn dann wird der zweite Teil meiner soldatischen Ausbildung kommen. Wir werden ab dann das lernen, was wir später bei der Luftwaffe auch verwerten können. Nun möchte ich Euch bitten, mir nicht eher zu schreiben, bis ich Euch meine neue Adresse mitgeteilt habe. Hoffentlich kommt Euer Paket noch vor meiner Versetzung an – sonst wird es wieder an Euch zurückgeschickt.

Liebe Eltern, für heute sendet Euch die herzlichsten Grüße

Euer Arnold

Detmold, Sonntag, den 1.3.1942

Liebe Eltern und Bringfriede!

Nun ist es doch anders gekommen, als ich gedacht habe, nämlich, ich sitze noch immer in Detmold. Zwar sind nun schon viele Kameraden versetzt werden oder werden in den nächsten Tagen versetzt, doch wann die Bombenschützen wegkommen, ist noch nicht bekannt. Dieses faule Leben hier wird mir so langsam unerträglich. Lieber mache ich doch Dienst, als auf der Stube herum zu sitzen. Es ist doch ein komisches Gefühl, wenn jetzt ein Kamerad nach dem anderen uns verlässt, um ihn im Leben nie wieder zu sehen. Dann erkennt man auch erst, wie tief die Kameradschaft schon in diesen drei Monaten gewurzelt hat. Wer weiß, ob man auf der neuen Dienststelle noch mal mit solchen Kameraden zusammenkommt. Dass wir keinen Dienst mehr machen, beginnt sich so allmählich an der Kleidung bemerkbar zu machen. Die Hose will plötzlich nicht mehr passen, denn da, wo früher eine Hand bequem Platz hatte, geht kaum noch eine Stecknadel hin und trotzdem will die Verpflegung manchmal doch nicht reichen. Trotzdem sich mein Küchenzettel vergrößert hat und ich die in der Küche beim Mittagessen organisierten Kartoffeln, jeden Abend auf unserem Ofen brate. Diese selbst gemachten Bratkartoffeln schmecken doch besser als alles andere. Diese Woche konnte ich meine Kartoffeln mit Eurem Speck noch schmackhafter machen und ich sage Euch, es schmeckt wie daheim. Ja, so ist das, liebe Eltern, ein Soldat weiß sich immer zu helfen. Zum Beispiel wie die Bratpfanne auf unsere Stube kam, ist mir immer noch ein Rätsel – die Hauptsache ist, dass eine da ist.

Liebe Eltern, gestern erhielt ich Euer Päckchen mit dem Kuchen, der Wurst und der Milch. Herrlich war das, wieder mal am Sonntagmorgen weißen Kaffee und Kuchen zu haben. Ich glaube, meine Kameraden haben mich alle darum beneidet.

In Deinem letzten Brief schreibst Du, liebe Mutter, das Papa mit Bringfriede Wein holen war – ich möchte, Papa, nur sagen, dass wir beide dann auf meinem ersten Urlaub mal gemeinsam die Gegend bereisen/bewandern und die bekannten Wirtschaften aufsuchen werden. Ich habe gerade furchtbare Lust auf ein Glas Nahewein. Also, lieber Papa, daran gibts heute nichts mehr zu zweifeln. Ich sehe Euch heute im Geiste mit Erna nach Monzingen oder Meddersheim wandern und beim Wein sitzen und Euch gemütlich unterhalten und lachen. Was gäbe ich darum, wenn ich mal wieder dabei sein könnte!

Das heutige Wetter muss ja zu einem Spaziergang geradezu verlockend gewesen sein. Endlich beginnt es doch mal zu tauen und es wird wieder wärmer. Das sind doch die ersten Anzeichen des nahenden Frühlings, den ich mir noch nie so herbeigesehnt habe, wie dieses Jahr. Nun kann auch Bringfriede zu Hermann fahren und sich persönlich nach seiner Krankheit erkundigen – war sie vielleicht schon bei ihm? Ich wünsche Hermann nochmals alles Gute und hoffe, dass er sehr bald Genesungsurlaub bekommt, damit er mal wieder seine Familie sehen kann. Was machen denn eigentlich Gisela und Jürgen? Macht Gisela noch fleißig ihre Schularbeiten? Sie soll doch mal einen Brief an mich schreiben, denn ich bin doch mal gespannt, ob sie das schon fertigbringt. Jürgen wird sich auch in den drei Monaten sehr verändert haben. Wenn ich ihn mal wieder sehe, werde ich ihn kaum noch erkennen. Er wird sich bestimmt nicht mehr an mich erinnern können.

Liebe Eltern, zum Schluss möchte ich Euch bitten, mir doch mal ein paar Bilder von Euch, von Bringfriede und von den Kindern zu schicken. Ich hatte als Einziger keine Bilder von daheim im Spind hängen. Ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit zu einem Fotografen zu gehen.

Seid nun alle nochmals recht herzlich gegrüßt von

Arnold

PS: Liebe Erna, nun kannst Du mich vielleicht doch noch einmal besuchen – rufe mich dann einmal an, wenn Du wieder von Sobernheim zurückkommst!

Liebe Mutter, das Messer habe ich mit vielem Dank erhalten. Du kannst mir ja noch mal schreiben, vielleicht erreicht mich der Brief noch.

Detmold, Donnerstag, den 5.3.1942

Liebe Eltern und Bringfriede,

Habe heute Mittag den Brief von Papa erhalten und möchte ihn auch gleich beantworten. Dass Bringfriede und Tante Lotte bei Hermann waren, habe sie mir beide von dort geschrieben. Wird das eine Freude für Hermann und Bringfriede gewesen sein, sich nach der monatelangen Trennung endlich mal wieder gesehen zu haben. Schade, dass Gisela und Jürgen nicht mitfahren konnten. Hermann hatte doch bestimmt Sehnsucht auch nach seinen Kindern.

Onkel Ernst will mich wahrscheinlich also hier mal besuchen? Er würde mir damit eine sehr große Freude machen. Doch leider könnte ich ihn nur an der Wache sprechen, denn an Ausgang ist ja nicht zu denken, wegen der ewigen Horstsperre. Dass die ausgerechnet jetzt kommen musste! Sie hat so viele Illusionen von mir zerstört, die ich mir, bevor ich überhaupt Soldat wurde, gemacht hatte. Auch hätte ich ja nie gedacht, dass ich nach 15 Tagen nach der Besichtigung, immer noch in Detmold sitzen würde. Es sind nun schon so viele Kameraden versetzt worden, sodass die Kompanie auf über die Hälfte zusammengeschrumpft ist. Es ist tatsächlich zum Verzweifeln, dass wir Bombenschützen von unserer Versetzung noch nichts gehört haben. Dieses Leben ist, wie ich ja schon so oft geschrieben habe, auf die Dauer doch zu ruhig und ganz und gar nicht nach meinem Geschmack. Es dürfte nicht vorkommen, dass ich mich fragen muss: »Bin ich eigentlich ein Soldat oder keiner« bei dem täglichen Dienst, der ja nur aus Arbeitsdienst und der Hauptbeschäftigung besteht, den Schnee wegzuräumen, könnte man das fast vergessen. Diesen Brief zum Beispiel, schreibe ich Euch bei einer Arbeitspause in einer großen Heizung, zu der ich mit drei Kameraden zum Arbeitsdienst eingeteilt bin. Die Hauptarbeit besteht auch hier zum größten Teil aus Faulenzen (Also entschuldigt bitte daher die Schrift, hoffentlich könnt Ihr alles lesen).

In meinem vorigen Brief erwähnte ich, dass bei uns hier Tauwetter herrscht, und wir hofften alle, dass jetzt endlich der Frühling kommen würde. Diese Hoffnung wurde uns heute gründlich genommen, denn heute hielt der Winter nochmals mit kaltem Ostwind und Schneegestöber Einzug. Wann wird denn endlich der Frühling kommen? Wir hatten ja in Bezug auf die Witterung eine sehr harte Ausbildung und daher ist ja unsere Freude auf den kommenden Frühling leicht verständlich.

Nun, liebe Eltern, belästige ich Euch schon wieder mit einer Bitte. Wenn Ihr einen Koffer übrighabt, in der Größe ungefähr wie der blaue, schickt ihn mir bitte sofort als dringend. Hier bekommt man ja keine Kartons, in die unserer ganzen Habseligkeiten hinein gingen. Andernfalls müsste ich drei oder vier kleine Päckchen zurecht schnüren und das soll nach Möglichkeit vermieden werden, denn dabei lässt man garantiert die Hälfte liegen. Ihr habt mir ja schon so viele Wünsche erfüllt, dann wird es in diesem Falle wohl auch gehen. Der Koffer muss aber so schnell wie möglich hier sein, denn unsere Versetzung kann ja schon Anfang nächster Woche sein – vielleicht auch früher. Wir wissen ja selbst nichts Genaues.

Es grüßt Euch nun recht herzlich

Euer Arnold

Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45

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