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1. Rechtskraft im engen Sinne
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Dogmatische Schwierigkeiten bereitet die Bindungswirkung der Urteile des EuGH. Nach wohl h.A. muss zwischen der Rechtskraft im engen Sinne und der Bindungswirkung der Entscheidungen des EuGH unterschieden werden.[186] Eigentliche Rechtskraft kommt den Urteilen des EuGH nach dieser differenzierenden Auffassung nur in dem Verfahren zu, in welchem die Vorlage erfolgt. In diesem Verfahren und in weiteren Verfahren über den gleichen Streitgegenstand sind die Gerichte an die Entscheidung des EuGH gebunden.[187] Soweit der Blickwinkel der Parteien betroffen ist, kommt dem Gegenstand des Verfahrens beim EuGH gegenüber dem Gegenstand des Verfahrens bei dem nationalen Gericht, welches die Vorlagefrage gestellt hat, ohnehin keine eigenständige Bedeutung zu.[188]
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Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass die Urteile des EuGH keine andere – und zwar insbesondere keine weiterreichende – Wirkung als die Urteile deutscher Obergerichte hätten.[189] Ein so enges Verständnis der Bindungswirkung der Urteile des EuGH kann allerdings nur mühsam und wenig überzeugend prozessrechtsdogmatisch begründet werden.
Zwar könnte man versuchen, zu argumentieren, dass der Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH doch über den Gegenstand des Ausgangsverfahrens hinausgehe. Der Gegenstand des Verfahrens müsste dann als abstrakte Auslegungsfrage begriffen werden. Ginge man so vor, wäre es konsequent, eine echte Bindungswirkung der Auslegung anzunehmen.[190] Dagegen spricht aber, dass eine solche am Gegenstand des Verfahrens orientierte Rechtskraft zumindest dem deutschen Recht völlig fremd ist. Die Rechtskraft ist an die Parteien gebunden. Ob der EuGH diese Sichtweise in jedem Fall teilt, unterliegt zwar Zweifeln.[191] Eine allgemeine Rechtskraftwirkung seiner die Richtlinien auslegenden Urteile hat er aber bisher nicht bestätigt. Dazu besteht auch keine Notwendigkeit, da sich die Bindungswirkung, wie im Folgenden gezeigt wird, aus anderen Erwägungen ergibt.