Читать книгу Courage. Im Schatten des Nanga Parbat 1934 - Bettina Hoerlin - Страница 26

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Nanga Parbat: Der höchste erreichte Punkt der Expedition 1934 am Silberplateau. Hinten v. l. n. r.: Hauptgipfel (8125 m), Schulter (8072 m), Bazhin-Scharte (7812 m), Vorgipfel (7910 m), Obere Diamirscharte (7840 m)

Als der Sturm aufzog, hatten die drei Bergsteiger im Lager 4 versucht, Nachschub in die höheren Lager zu bringen. Doch das schlechte Wetter hatte sie zurückgeworfen. Nachdem nun ihre erschöpften Kollegen zu ihnen gestoßen waren, wartete die Gruppe mit wachsender Sorge auf die anderen. Der Sturm tobte weiter, doch spät am nächsten Morgen rissen die Wolken kurz auf und sie erhaschten einen Blick auf eine ziemlich große Menschenkette. Sie befand sich noch beunruhigend weit oben am Berg, aber sie war im Abstieg. Ein einzelner Punkt folgte ihr.

Es war der Beginn einer Tragödie, die „mit ihren andauernden Qualen keine Parallele in der Bergsteigergeschichte hat“.185 Wieland, der später als der einsame Nachzügler identifiziert wurde, starb am 9. Juli kurz vor den Zelten von Lager 7186, Welzenbach zwischen dem 12. und 13. Juli in Lager 7 und Merkl mit seinem Sherpa Gaylay nahe Lager 6 zwischen dem 15. und 16. Juli. Am Morgen des 15. Juli lebten die letzten beiden noch, und ihre verzweifelten Hilferufe konnten im Lager 4 gehört werden. Fünf Sherpas konnten sich im Lauf der Tage mit schweren Erfrierungen ins Lager 4 hinabschleppen und lieferten schreckliche Berichte vom langsamen und qualvollen Sterben der einzelnen Expeditionsmitglieder. Alle Versuche zur Rettung der drei übrigen Sahibs und sechs Sherpas waren vergeblich. Der tobende Sturm und „grundlose Schnee“187 erstickte alle Vorstöße auf halbem Weg und hielt die Bergsteiger in Lager 4 fest. Es war ein fürchterlicher Albtraum, der eine Woche andauerte: geisterhafte Bilder der absteigenden Bergsteiger zwischen den Wolken; die Hilferufe in Hörweite; die Unsicherheit darüber, wer überlebt hatte und wer gestorben war; und die Qual völliger Machtlosigkeit. Damals war es die größte Katastrophe in der Geschichte des Himalaya-Bergsteigens.

Aufgrund der unvermeidlichen Verzögerung bei der Nachrichtenübermittlung hatte Käthe „Frau Dr.“ Schmid erst am 15. Juli Hoerlin nach Stuttgart geschrieben, dass die Expedition in ernsthaften Schwierigkeiten stecke. Sie schloss das Schreiben mit: „Aber es ist wohl an der Zeit, mit allen guten Wünschen an die Männer zu denken.“188 Am 18. Juli hatten die Münchner Neuesten Nachrichten einen Artikel abgedruckt, dessen Balkenüberschrift den Ernst der Lage unterstrich: „Schwere Sorgen um die deutsche Himalaja-Expedition: Merkl, Wieland und Welzenbach vermisst.“189 Niemand wusste, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits tot waren. Man klammerte sich an die leise Hoffnung, dass zumindest Merkl und Welzenbach irgendwie überleben würden, da sie ein bemerkenswertes Durchhaltevermögen gezeigt hatten, als sie 1931 in der Nordwand der Grandes Charmoz im Mont-Blanc-Gebiet 60 Stunden lang in einem Biwak einem Sturm trotzten.190 Diesmal ließ sie jedoch ihr Glück im Stich.

Courage. Im Schatten des Nanga Parbat 1934

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