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Kapitel 2
ОглавлениеBei der Arbeit im Supermarkt war Mira so unkonzentriert wie nie zuvor.
»Was ist heute nur mit dir los? So kenne ich dich gar nicht.«
Mira zuckte zusammen und hätte beinahe die Palette Pudding fallen gelassen, mit der sie wohl schon mehrere Minuten in Gedanken versunken vor dem Kühlregal gestanden hatte. Sie hatte die Filialleiterin nicht kommen sehen. Mira entschloss sich dazu, einfach die Wahrheit zu sagen. Denn was brachte es ihr, nach irgendeiner Ausrede zu suchen und diese vermutlich auch noch unglaubwürdig stammelnd vorzubringen? »Bitte entschuldigen Sie, Frau Winter. Ich war mit meinen Gedanken gerade ganz woanders. Denn möglicherweise gehe ich heute Abend auf meine allererste Party und bin deshalb ein wenig nervös.«
Frau Winters Gesicht hellte sich auf. »Ah, das verstehe ich. Vor meiner ersten Party war ich mehr als nervös. Ach, wie lange ist das jetzt schon her? Und vielleicht ist da ein süßer Typ, den du gern näher kennenlernen möchtest, hm?«
Prompt merkte Mira, wie ihr die Hitze zu Kopf stieg.
Frau Winter nickte lächelnd. »Du hast ja gleich Feierabend. Und für heute Abend wünsche ich dir auf jeden Fall ganz viel Spaß.
Mira hoffte sehr, dass sie den haben würde.
Kaum war ihre Schicht beendet, beeilte sie sich, nach Hause zu kommen und ihren Schminkkoffer zu holen. Den hatte sie nämlich nicht mit zur Arbeit nehmen wollen, aus Angst, dass ihn jemand klauen könnte. Sie packte noch ein paar Klamotten für sich selbst in ihren Rucksack, die sie anziehen könnte, wenn Susanne sie zu der Party mitnahm.
Danach machte sie einen kurzen Abstecher zum Café, das auf dem Weg lag und kam gerade noch rechtzeitig bei ihrer Freundin an.
Diese war wie immer vor einer Party total hibbelig. Diesmal kam sie Mira allerdings besonders aufgedreht vor.
»Was ist denn mit dir los?«
»Schau! Ich habe dieses Handy für mein gutes Zeugnis bekommen. Es ist das neueste Modell. Ist das nicht großartig?«
Mira rollte innerlich mit den Augen. Sie selbst bekam immer nur die abgelegten Handys von ihren Eltern, was ihr vollkommen ausreichte. Generell bekam sie für ein gutes Zeugnis ein Lob, aber niemals materielle Dinge. Das war für sie auch absolut in Ordnung.
Auf einmal schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass die Zeugnisausgabe erst vor wenigen Stunden stattgefunden hatte. Sie runzelte die Stirn. »Moment, du bist heute noch mit deinen Eltern losgegangen, um dir das Handy zu kaufen?«
Susanne lachte. »Aber nein. Das hatten sie natürlich schon vorher.«
»Was wäre denn gewesen, wenn dein Zeugnis nicht so gut ausgefallen wäre?«
Susanne zuckte mit den Schultern. »Dann hätte ich es erst zu meinem Geburtstag bekommen und noch ewig darauf warten müssen.«
Mira hob eine Augenbraue. »Du hast im August Geburtstag.«
»Sag ich doch, das ist noch ewig lange hin.«
Mira sparte sich eine entsprechende Antwort und hielt Susanne stattdessen einen der beiden Pappbecher hin. »Hier, hab ich uns mitgebracht. Caramel-Macchiato, wie immer.«
Susanne machte keine Anstalten, ihr den Becher abzunehmen. »Welche Milch wurde denn verwendet?«
»Keine Ahnung. Vollmilch, nehme ich an – ich hoffe es zumindest, fettarme schmeckt doch nicht.«
Angewidert verzog Susanne das Gesicht. »Dann kannst du das Zeug allein trinken. Das ist beides Kuhmilch und somit alles andere als vegan.«
Dass Susanne ab sofort auf tierische Produkte verzichten wollte, hatte Mira im Laufe des Tages glatt wieder vergessen. Sie zuckte mit den Schultern und stellte beide Becher auf den Schreibtisch.
»Schau mal, ich habe schon ein paar Outfits rausgesucht. Was meinst du, ist etwas dabei, das ich anziehen könnte?« Susanne deutete auf die fünf Kombinationen auf ihrem Bett.
Beim Zusammenstellen der Kleidung folgte Mira keinem bestimmten Trend, sondern ließ sich stets von ihrem Bauchgefühl leiten, das sie bisher noch nie getäuscht hatte.
Sie ging hinüber zum Bett, nahm ein weißes, jedoch frech geschnittenes Oberteil von dem einen Outfit und kombinierte es mit der schwarzen Röhrenjeans eines anderen.
»Ist das nicht zu schlicht?«, warf Susanne ein, als Mira gerade weiße Sandalen hinzunahm.
»Warts ab.« Sie klaubte passenden Schmuck von der Kommode zusammen und bat Susanne, alles einmal anzuprobieren.
Als diese kurz darauf vor dem Spiegel stand und sich betrachtete, riss sie ihre Augen auf. »Wow! Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Es sieht total elegant aus.«
Nun konnten sich die Mädchen dem Make-up widmen. Mira zauberte ihr Smokey Eyes mit drei verschiedenen Brauntönen, die ihre blauen Augen zur Geltung brachten, und kombinierte sie mit einem roséfarbenen Lippenstift.
Susanne war wie immer zufrieden.
Als Mira gerade dabei war, ihren Schminkkoffer zusammenzupacken, holte sie noch einmal tief Luft. »Wer wird denn heute Abend alles auf der Feier sein und wo findet sie überhaupt statt?«
»Die Party ist in dem Jugendclub. Es ist zwar ätzend, dass wir nur bis Mitternacht feiern dürfen, weil wir noch nicht volljährig sind, aber ansonsten ist es cool da. Und sicherlich werden wieder die Üblichen dort sein. Einige von unserer Schule, die meisten kennst du nicht.«
»Meinst du, ich könnte vielleicht diesmal mitkommen? Ich habe meine Eltern schon gefragt. Sie haben nichts dagegen.« Dass sie um elf Uhr wieder zu Hause sein sollte, verschwieg sie lieber. Sonst würde Susanne möglicherweise der Meinung sein, dass sich das gar nicht lohnte. Aber auf die eine Stunde, die Susanne länger da war, kam es sicherlich nicht an.
Doch Miras Freundin hörte ihr überhaupt nicht zu. Sie plapperte weiterhin aufgeregt: »Auf der Party letzten Samstag habe ich einen super Typen kennengelernt. Und stell dir vor, heute Abend kommt er auch. Ich freue mich schon jetzt sehr darauf, ihn zu sehen, das kannst du dir nicht vorstellen.«
Langsam sank Miras Hoffnung wieder. Was interessierten sie Susannes Bekanntschaften? Stattdessen sollte sie lieber auf ihre Frage antworten und diese nicht einfach ignorieren. Sie wollte auf eine Party, wenigstens einmal in ihrem Leben. Deshalb wiederholte sie ihre Frage.
Susanne sah sie zum zweiten Mal an diesem Tag an, als hätte sie soeben ein Gespenst erblickt. »Du?!« Sie lachte aus voller Kehle. »Was willst du denn auf einer Party? Du würdest mit deinem Erscheinen doch nur alle vergraulen. Für eine Party muss man besser aussehen als du. Da, wo ich hingehe, verkehrt nur die Crème de la Crème. Schüchterne graue Mäuse sind da nicht gern gesehen. Das soll jetzt nichts gegen dich persönlich sein. Ich mag dich, das weißt du, sonst wären wir nicht befreundet. Aber ich weiß, wie gemein die anderen zu denen sein können, die nicht in ihrer Liga spielen.«
Mira war den Tränen nahe, versuchte jedoch, diese zu unterdrücken. Sie kannte sich mit Partys nicht aus, hatte nur einiges darüber gehört und gelesen. Wenn es eine Privatparty war, durfte ihre Freundin sie vielleicht gar nicht mitnehmen, weil sie nicht eingeladen war. Mira hatte schon oft von Susanne gehört, dass es im Jugendclub hin und wieder solche gab – zum achtzehnten Geburtstag zum Beispiel. Aber sie wusste, dass Susanne auch immer mal wieder zu öffentlichen Partys ging, bei denen man keine Einladung brauchte, sondern Eintritt bezahlte. Nun wusste sie natürlich nicht, wie es sich bei dieser Party verhielt. Auch war ihr nicht klar, wer die einzelnen Gäste waren. Vielleicht passte sie wirklich nicht hinein.
Susanne hingegen kannte sicher die meisten Gäste, die auf der Party anzutreffen war. Folglich musste Mira ihr glauben, dass es keine Feier für sie war. Aber hätte Susanne das nicht netter formulieren können?
Klar, Mira war sich durchaus bewusst, dass sie nicht gerade dem Schönheitsideal entsprach. Allerdings wollte sie auch kein Model werden. Sie hatte aschblonde Haare, aber nicht, wie es gerade modern war, in Graublond gefärbt. Miras Mutter nannte diese Haarfarbe auch gern Straßenköterblond. Ihre Nase war einen Tick zu breit und ihre Lippen sehr schmal. Mit einer Körpergröße von gerade mal 1,61 Metern gehörte sie zu den Kleinsten in ihrer Klasse und musste zu jedem aufschauen – oder sie schauten auf sie herunter, wie auch immer man es sehen wollte. Bei Susannes Worten hatte es ihr die Sprache verschlagen. Sie hatten Mira verärgert. Mit großen Augen starrte Mira ihre Freundin an und versuchte, nicht wie ein kleines Kind loszuheulen.
Susanne betrachtete sich im Spiegel und zupfte ein paar Haarsträhnen zurecht. »Du solltest jetzt besser gehen. Sabrina kommt gleich, um mich abzuholen«
Mira hatte sich schon oft gefragt, warum Sabrina Susanne nicht beim Styling half. Immerhin war sie ihre beste Freundin. Die beiden kannten sich, soweit sie wusste, seit der Grundschule und sie besuchten immer gemeinsam die Partys. Einmal hatte Mira Susanne direkt danach gefragt, warum sie sich nicht zusammen mit Sabrina für die Feier fertig machte, doch sie war ihr ausgewichen.
Ohne ein weiteres Wort raffte Mira ihre Sachen zusammen, schnappte sich sowohl Rucksack als auch Schminkkoffer und verließ schnellen Schrittes das Einfamilienhaus.
Endlich konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen, was allerdings dazu führte, dass sie von ihrer Umgebung kaum noch etwas wahrnahm. Instinktiv schlug sie den Weg zum Stadtpark ein.
Diesen durchquerte sie immer, weil er die beste Abkürzung zwischen ihrem und Susannes Zuhause bildete. Doch noch wollte sie nicht heim, nicht in ihrem derzeitigen Zustand. Deshalb steuerte sie eine Parkbank an, die versteckt in einer Ecke am Ententeich stand. Auf dieser ließ sie sich nieder, schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte. Warum musste ihr so etwas passieren? Sie konnte Susanne die verletzenden Worte kurz vor ihrem Rausschmiss nicht verzeihen, dafür hatten diese sie viel zu tief getroffen. Für Mira war ihre Freundschaft beendet. Ein solches Verhalten musste sie sich nun wirklich nicht gefallen lassen. Lieber bleib sie allein, als von einer angeblichen Freundin so beleidigt zu werden. Unter Freundschaft verstand sie etwas vollkommen anderes. Erst in diesem Moment fiel ihr auf, dass Susanne immer nur nahm, aber nie etwas zurückgab. Keinen einzigen Gefallen hatte sie Mira bisher getan. Immer hatte sie ihr irgendwelche Ausflüchte entgegengebracht.
Auf einmal spürte Mira etwas Feuchtes an ihrem Arm und zuckte zusammen. Sie nahm die Hände vom Gesicht und blinzelte, um besser sehen zu können.
Vor ihr stand ein Schäferhund, der den Kopf zur Seite legte.
»Na, wer bist denn du?«, fragte sie mit belegter Stimme.
Der Hund bellte kurz auf.
»Du bist ja ein ganz Lieber. Aber sag mal, du bist doch sicherlich nicht allein unterwegs, oder? Wo ist denn dein Herrchen oder Frauchen, hm?«
Wieder bellte der Hund einmal.
In dem Moment hörte sie jemanden rufen. »Booser, wo steckst du? Booser! Komm sofort hierher!«
Bellend rannte Booser um den Busch hinter der Bank herum.
»Da bist du. Einfach weglaufen, also wirklich. Hey, Moment, was ist denn los? Wo willst du hin? Warte! Bleib hier! Booser!«
Kurz darauf kam der Hund auch schon wieder um die Ecke geschossen. Dicht hinter ihm folgte niemand anderes als Marcel.
Mira riss die Augen weit auf und brachte keinen Ton heraus. Das konnte doch nicht wahr sein! Ausgerechnet ihm musste sie in diesem fürchterlichen Zustand begegnen. Der Abend wurde ja immer besser!
»Oh, hi! Ich hoffe, mein Hund hat dich nicht belästigt. Er ist sonst nicht so, wirklich. Aber keine Angst, er tut niemandem was zuleide. Booser, komm sofort hierher!«
Doch Booser dachte nicht daran. Stattdessen setzte er sich direkt vor Mira ins Gras und blickte sie erneut mit schiefem Kopf an. Er winselte leise.
Marcel grinste verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. »Okay, normalerweise hört er allerdings auch deutlich besser. Booser, du Schlingel! Sorry!«
Mira schüttelte den Kopf. »Er belästigt mich nicht. Alles gut.« Sie wischte sich über die Augen, obwohl sie damit ihre Wimperntusche sicherlich noch mehr verschmierte. Immer stärkerer Groll auf Susanne wuchs in ihr.
Marcel betrachtete sie genauer. »Hey, was hast du denn? Ist etwas passiert? Du bist ja völlig fertig.« Seine braunen Wuschelhaare bewegten sich in dem leichten Wind. Mit seinen eisblauen Augen sah er sie mitleidig an.
Mira war sich nicht sicher, ob sie ihm von Susanne erzählen sollte. Sie konnte gerade keinen klaren Gedanken fassen. Ihr Herz klopfte so laut, dass Mira schon befürchtete, Marcel könnte es hören.
Booser legte Mira eine Vorderpfote auf das Knie und blickte sie mit seinen treuen Hundeaugen an.
Marcel trat näher und tätschelte seinem vierbeinigen Freund den Kopf. »Schau, Booser möchte auch wissen, was mit dir los ist und wie wir dir helfen können.«
Mira stockte abermals der Atem, als sich Marcel neben sie setzte. Sie hatte nichts zu verlieren. Deshalb erzählte sie ihm in groben Zügen, was sie so sehr aufwühlte. Sie versuchte auszublenden, dass es ausgerechnet Marcel war, dem sie ihr Herz ausschüttete. Nie hätte sie für möglich gehalten, dass sie jemals ganz normal und ohne Stottern mit ihm reden konnte – schon gar nicht über ein solches Thema. Aber erstaunlicherweise funktionierte es.
Marcel war ein guter Zuhörer. Nicht einmal unterbrach er ihren Redeschwall und anschließend schwieg er einen Moment nachdenklich. »Das klingt wirklich nicht schön.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich habe heute leider keine Zeit mehr, weil ich verabredet bin. Das, was diese Sabine mit dir gemacht hat, ist alles andere als nett.«
Sie schmunzelte. »Susanne. Sie heißt Susanne. Und ich bin übrigens Mira.«
»Von mir aus heißt sie Susanne. Hi, Mira. Ich bin Marcel.«
Verlegen blickte sie zu Boden. »Ich weiß. Du gehst auch auf das Goethegymnasium.«
Nun weiteten sich Marcels Augen. »Du kennst mich? Warum wusste ich dann bis eben noch nicht, wer du bist?«
Mira zuckte mit den Schultern. »Kennen ist vielleicht zu viel gesagt. Ich habe nur mal mitbekommen, wie dich jemand mit deinem Namen angesprochen hat, als ich gerade in der Nähe war. Mehr nicht.« Dass sie ihn oftmals auf dem Schulhof heimlich beobachtete, verschwieg sie ihm wohlweißlich.
Es schien, als hätte Marcel erleichtert aufgeatmet. Aber sie konnte sich auch geirrt haben.
»Pass auf, wir treffen uns morgen Nachmittag gegen drei Uhr wieder hier. Vielleicht fällt mir bis dahin etwas wegen dieser Sandra ein.«
»Namen sind nicht wirklich deine Stärke, was?«
»Ich merke mir grundsätzlich nur Namen, die sich zu merken lohnen. Deinen zum Beispiel, Mira.«
Ihr Herz stolperte. Seine unbeschwerte Art besserte ihre Laune ungemein. Außerdem wurde er ihr dadurch noch viel sympathischer. Dennoch irritierte sie eine Sache. »Weshalb möchtest du dir eigentlich etwas wegen Susanne einfallen lassen? Immerhin kennst du mich doch gar nicht.«
»Dafür, dass wir tatsächlich auf dieselbe Schule gehen, finde ich es ehrlich gesagt sogar sehr schade, dass du mir nicht schon vorher aufgefallen bist. Aber davon einmal abgesehen, gefällt mir nicht, was deine angebliche Freundin die ganze Zeit mit dir abgezogen hat. So sollte man nicht miteinander umgehen. Freunde ziehen am selben Strang und nicht an zwei verschiedenen Enden.«
Etwas betrübt beobachtete Mira den Sonnenuntergang über dem Ententeich. »Im Endeffekt bin ich ja selbst daran schuld. Ich hätte mich schon viel früher von ihr abwenden sollen. Aber dann wäre ich wieder ganz allein.« Eine einsame Träne kullerte über ihre Wange, was sie aber nicht bemerkte.
Ruckartig stand Marcel auf, sodass nicht nur Mira zusammenzuckte, sondern auch Booser. »Sag doch so was nicht. Klar, du hättest ihr schon längst den Rücken zukehren sollen. Aber es ist verdammt noch mal nicht deine Schuld, ganz sicher nicht. Ich kann mir vorstellen, wie diese Stefanie tickt. Erst einen auf freundlich machen und wenn sie bekommen hat, was sie wollte, holt sie das sprichwörtliche Messer raus und rammt es dir zwischen die Rippen.«
Mittlerweile glaubte Mira, Marcel verwendete absichtlich andere Namen für Susanne, und musste schmunzeln. Dass er so außer sich war, irritierte sie dennoch sehr.
Erneut sah der Junge auf seine Uhr. »Sorry, nun muss ich wirklich los, sonst komme ich zu spät. Treffen uns morgen um fünfzehn Uhr hier?«
Mira konnte nur nicken, und sah Marcel und Booser hinterher. Sie blieb noch eine Weile sitzen, ehe sie sich ebenfalls auf den Heimweg begab.
Es beschäftigte sie, dass Marcel ihr, in welcher Hinsicht auch immer, helfen wollte, obwohl er sie überhaupt nicht kannte. Sie hoffte sehr, dass er es im Gegensatz zu Susanne ehrlich mit ihr meinte. Trotz aller Schwärmerei für ihn würde sie auf der Hut sein.
Als Mira die Tür ihres kleinen Reihenhauses aufschloss, kam ihre Mutter neugierig aus dem Wohnzimmer. »Mira? Mit dir haben wir so früh nicht gerechnet. War die Party nicht schön?« Ihre Mutter blickte sie mit geweiteten Augen an und schlug die Hand vor den Mund. »Oh mein Gott, wie siehst du denn aus? Was ist auf der Feier passiert? Hat dir jemand wehgetan?«
»Ich war gar nicht erst auf der Party, Mama. Susanne wollte mich nicht mitnehmen.« Einzelheiten ersparte sich Mira. Sie hatte keine Lust, die Erinnerungen an Susannes fiese Worte noch ein weiteres Mal aufleben zu lassen.
»Was? Aber warum das denn nicht? Ich dachte, es war bereits geplant, dass ihr gemeinsam dorthin geht.«
Mira winkte ab. »Bitte, Mama, ich möchte nicht darüber sprechen. Ich werde einfach ins Bett gehen. Bin sehr müde.« Sie rieb sich die über Augen. Dass sie dadurch noch schlimmer aussah, war ihr in dem Moment vollkommen egal.
Ihre Mutter warf einen Blick auf die Wanduhr im Flur. »Was denn, jetzt schon? Es ist gerade mal kurz vor neun.«
Mira zuckte nur mit den Schultern und stieg die Treppe hinauf.