Читать книгу Yasirahs Erbe - Geheimnisse der Schatten - Bettina Lorenz - Страница 6
Tolle Aussichten
ОглавлениеAls Cyrus und Celina am Haus der Laurents ankamen, wurden sie bereits von Aaron erwartet.
Cyrus Anruf war nur kurz und wenig informativ gewesen. Dementsprechend sorgenvoll war Aarons Blick, als er die Beifahrertür öffnete und seiner Freundin aus dem Wagen half.
Als er sie genauer betrachtet hatte und sah, dass ihr nichts passiert war, schloss er Celina erleichtert in die Arme und geleitete sie anschließend in die Bibliothek, wo sie bereits von der restlichen Familie erwartet wurden. Celina ging zu einem der drei Sofas, die eine gemütliche Leseecke bildeten und setzte sich neben Liza. Diese legte sofort den Arm um sie und Celina ließ dankbar den Kopf auf ihre Schulter sinken.
Stillschweigend beobachtete sie die anderen. Sie warfen ihr verstohlene Blicke zu und die Situation im Raum war mehr als nur ein wenig angespannt.
Als Cyrus mit einer Lässigkeit, die in Celinas Augen einfach nur bewundernswert war, den Raum betrat, sahen ihn alle gespannt an und warteten auf seinen Bericht zu den Vorkommnissen des Abends.
Auch Celina musste sich eingestehen, dass sie darauf brannte zu erfahren, was genau da gerade vorgefallen war. Ihr Geist konnte zwar nicht genau erfassen, was sie gesehen hatte, aber ihr war klar, dass weit mehr hinter der Sache steckte, als sie hatte begreifen können. Nur wegen eines einfachen Mordes aus Eifersucht hätte Cyrus sicher nicht die komplette Familie zusammen getrommelt. Sie schienen ein wirklich ernsthaftes Problem zu haben!
Er berichtete detailliert, was vorgefallen war und wie schrecklich Tim Ruby zugerichtet hatte.
Bis zu diesem Zeitpunkt war Celina ruhig geblieben, aber dann unterbrach sie ihn:
«Das war nicht Tim! Ich kenn ihn zwar nicht so gut, aber so etwas würde er sicher nie tun. Hast du gesehen, wie er vor uns stand? Tim schien auch überhaupt nicht er selbst zu sein. Ich hab ihn noch nie so gesehen.»
Cyrus nickte, bevor er weiter sprach:
«Du hast Recht. Das war nicht dieser Tim. Es war ein Threq!»
Ein was?
Celina sah ihn verwirrt an und konnte spüren, dass Liza neben ihr erstarrt war und zitterte. Sie betrachtete die anderen, aber außer ihr schienen alle zu wissen, wovon Cyrus sprach.
Mehr noch: Die ganze Stimmung im Raum drückte kollektives Entsetzen aus.
Ihr war sofort klar, dass die Reaktion, die Cyrus hervorgerufen hatte, sicher nichts Gutes heißen konnte. Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, redeten alle wild durcheinander.
«Kann gar nicht sein...»
«Es wurden seit Jahren keine mehr gesichtet...»
«Du musst dich geirrt haben...»
Jetzt wurde Cyrus ungeduldig:
«Ich weiß genau, was ich gesehen habe und wenn ihr mir nicht glauben wollt, dann fragt doch einfach Celina!»
Auf einmal richtete sich die ganze Aufmerksamkeit auf sie. Keine Ahnung, was sie dazu sagen sollte. Sie verstand nicht, was da draußen passiert war und sah ihn deshalb nur resignierend an.
Nachdem ihr kein einziges Wort über die Lippen kam, forderte er sie auf:
«Erzähl ihnen, was du gespürt hast.»
Erst jetzt wusste sie, worauf er hinaus wollte. Bei der ganzen Sache hatte sie die ganze Zeit etwas gestört, aber egal wie sehr sie sich auch das Hirn zermartert hatte, wollte ihr einfach nicht einfallen, was es war.
Aber mit einem Mal fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie versuchte, ihre Eindrücke in Worte zu fassen.
«Als ich den Schrei gehört habe und nichts erkennen konnte, hab ich mein Umfeld abgetastet, aber da waren nur Cyrus und das schwächer werdende Licht von Ruby. Ich habe niemand anderes gespürt. Tim ist sogar durch mein Raster gefallen als er direkt vor uns stand. Wenn ich ihn nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, hätte ich nie geglaubt, dass außer uns noch Jemand da draußen ist. Erst als er zusammengebrochen ist, konnte ich sein Licht wieder wahrnehmen. Es war einfach nur merkwürdig!»
Sie hoffte, dass es das war, was Cyrus hören wollte und er schien tatsächlich zufrieden zu sein. Samuel, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte, trat hervor und sah Cyrus durchdringend an.
«Habt ihr es geschafft ihn zu töten?»
Seine Stimme war leise und klang wenig hoffnungsvoll.
Cyrus sah zu Boden und schüttelte stumm den Kopf.
Wieder einmal wurde der Raum von der Stille beherrscht, bis Celina es nicht mehr aushielt und es aus ihr herausplatzte:
«Kann mir mal bitte einer erklären, was hier los ist und was zur Hölle ist eigentlich ein Threq?»
Aaron räusperte sich und kniete sich vor sie.
«Was zur Hölle trifft es ziemlich genau. Ein Threq ist ein Dämon. Weil er körperlos ist, braucht er einen Wirt. Vorzugsweise nistet er sich in Menschen ein. Normalerweise hat er keine Chance, es sei denn er erwischt jemanden in einem schwachen Moment. Dazu muss derjenige aufgebracht sein und düstere Gedanken haben. Der Threq wird davon angezogen und wenn er erst einmal einen Wirt gefunden hat, legt er sich wie eine schwarze Masse um die Seele seines Opfers und bemächtigt sich dessen Körpers. Er tötet dann alles, was ihm in den Weg kommt, um sich von dem Grauen des Wirtes zu nähren, der zwar genau sieht, was er tut, sich aber nicht dagegen wehren kann. Wenn wir jemanden orten, dann sehen wir das Leuchten seiner Seele und bei Tim konntest du es nicht wahrnehmen, weil sie verhüllt war. Er war nur eine Marionette des Threqs.» Celina verstand sofort.
Noch mehr Höllenviecher, die mein Leben zerstören wollen. Klingt ja prima!
Aaron hatte natürlich gehört, was sie dachte und als ob ihre Laune nicht schon genug in den Keller gesunken war, setzte Aaron noch einen obendrauf. Auch wenn man ihm zu Gute halten musste, dass er sich genau überlegte, wie er es ihr am Schonendsten beibringen sollte.
«Als ob das allein nicht schlimm genug wäre, haben wir jetzt noch ein weitaus größeres Problem. Wir dachten eigentlich, dass wir alle Threqs vernichtet hätten. Sie wollten damals in Ammons Gunst steigen und wurden seine Späher. Nahmen Menschen in Besitz, nur um uns auszukundschaften und rannten dann zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles. Als wir es erkannten, haben wir sie alle getötet. Zumindest haben wir das bis heute geglaubt.»
Celina ahnte Schreckliches, aber sie versuchte ihm und sich selbst gut zuzureden:
«Vielleicht hat er ja gar nicht erkannt, was ich bin. Er hatte einfach nur seinen Job erledigt und wollte gehen. Es ist sicher nicht so schlimm.»
Aaron sah sich hilfesuchend um und auf einmal stand David neben ihr. Seine Stimme war ruhig und sachlich.
«Du solltest dir nicht allzu große Hoffnungen machen. Wenn er nicht erkannt hätte, was ihr seid, dann wär er nicht geflohen. Du hast doch gehört, dass sie immer weiter töten. Sie legen sich nur nicht mit uns an, weil sie dafür zu schwach sind. Wenn er allerdings direkt zu Ammon gerannt ist, können wir froh sein, wenn wir überhaupt vierundzwanzig Stunden haben, um die Stadt zu verlassen. Die Entscheidung, wann wir gehen, wurde uns soeben abgenommen.»
Bei diesen Worten legte er ihr die Hand auf die Schulter und verließ dann mit den Worten Ich geh dann mal packen den Raum. Celina sah Aaron verzweifelt an und als sie in sein Gesicht sah, wusste sie, dass David die Wahrheit gesprochen hatte. Er umarmte Celina und sie erkannte, dass sie ihre Abreise nur deshalb so lange heraus gezögert hatte, weil sie es nicht geschafft hatte, sich von ihrem früheren Leben zu verabschieden. Doch jetzt würde ihr wohl nichts anderes mehr übrig bleiben.
Ihnen blieb nur noch die Flucht!