Читать книгу Maggie - Bettina Reiter - Страница 7
2. Kapitel
Оглавление„Wie war eigentlich die Gala in London?“, erkundigte sich Dex und nippte am Wein, den man in dieser düsteren Kaschemme ausschenkte. Im Tetra Pak! Finley begnügte sich daher mit einem simplen Mineralwasser, wobei man in der abgestandenen Brühe vergeblich nach Kohlensäure suchte. Darum hatte er bislang auf jeglichen Schluck verzichtet. Auch im Hinblick auf Herpes oder irgendwelche Keime, die sich hier bestimmt pudelwohl fühlten.
„Wir haben eine Menge Geld für die Kinderkrebs-Stiftung gesammelt“, konzentrierte sich Finley auf Erfreulicheres und spürte gleichzeitig den allzu bekannten Stich im Herzen. „Allerdings überlässt mir Mister Hall mit jedem Jahr mehr Aufgaben. Wenigstens zeigt er sich in Sachen Spendenfreude von seiner großzügigen Seite. Nächstes Jahr möchte er übrigens ein zweitägiges Programm für mich zusammenstellen und sogar mein Hotel bezahlen. Immerhin verschaffe ich ihm viele lukrative Kunden, da kann er sich ruhig revanchieren.“
„Dieser Mister Hall kennt deinen erlesenen Geschmack?“, erkundigte sich Dex zweifelnd. „Du bist nicht leicht zufriedenzustellen.“
„Apropos zufrieden: Ich war bombastisch am Telefon!“, lobte sich Sam zum x-ten Mal selbst. „Der Tussi hat es glatt die Sprache verschlagen.“ Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. Die Gläser klirrten grell, doch das schreckte keinen der Gäste auf. Die meisten waren ohnehin besoffen oder spielten Pool-Billard auf eine Weise, dass Finley vom bloßen Hinschauen schlecht wurde. Die Kugeln platzierte man kurzerhand dorthin, wo man sie brauchte. Bierflaschen standen mitten im Spielfeld. Ein Mann in Ledermontur aschte trotz Rauchverbot in die linke Ecke, in welche sein Gegenüber die schwarze Kugel beim Anstoß versenkt hatte und sich von den anderen feiern ließ … „Du hörst mir ja gar nicht zu, Fin“, beschwerte sich Sam, die zum Bierglas griff. Ihre robuste Natur haute sicher so schnell nichts um.
„Weil du dich wiederholst.“
„Na und? Lydia bist du los. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.“ Ein paar ordentliche Schlucke wanderten in ihre Kehle, ehe sie das Glas lautstark abstellte. „Wobei ich an deiner Stelle das Festnetz abmelden würde.“ Schon komisch. Sonst hatte Lydia ständig am alten Handy angerufen. „Glaub mir, die hat es kapiert, sonst hätte sie nicht aufgelegt.“
„Lydia hat sich einen Tag nicht gemeldet. Warten wir’s ab.“
„Wow, dein Optimismus ist echt ansteckend“, rügte Dex ihn und fuhr sich durch die rote Lockenpracht, die wie ein zerrupftes Vogelnest aussah. Allerdings wie eins von einem Riesenvogel.
„Du bist so süß, wenn du dich aufregst“, raunte Sam seinem Freund zu und nahm dessen Hand. Himmel, mussten sie ständig flirten? Vor allem in seinem Beisein! Ohne Rücksicht auf seinen Liebeskummer! Da hatten sich wirklich zwei Elefanten im Porzellanladen gefunden. Bereits bei Dex’ Ankunft wirkten sie wie hypnotisierte Kaninchen. Eine Stunde später hatte die Luft zwischen ihnen zum Fremdschämen geknistert. Wiederum eine Stunde darauf war lautes Stöhnen aus dem Gästezimmer gedrungen, was mittlerweile zur normalen Geräuschkulisse in der Villa gehörte und Finley den letzten Nerv raubte. Abgesehen davon vernachlässigte Sam ihre Arbeit sträflich. Am meisten regte es ihn jedoch auf, dass die Liebe für alle anderen Menschen die natürlichste und unkomplizierteste Sache der Welt zu sein schien.
„Habe ich dir heute schon gesagt, wie wunderschön du aussiehst in diesem roten Holzfällerhemd und der weißen Leggins?“ Dex schenkte Sam einen schmalzigen Augenaufschlag. „Du hast übrigens ein tolles Lokal ausgesucht.“ Das grenzte allmählich an Hochverrat! Dex schätzte ebenfalls schönes Ambiente und gutes Essen, was man ihm deutlich ansah. Im Normalfall hätte er diesen Saftladen sofort wieder verlassen, der sich im hintersten Winkel von Berlin befand. Weiter hinten ging es gar nicht mehr. Selbstredend, dass die verstaubten Billig-Holzmöbel jeglichem Geschmack entbehrten, und auf dem langen Tresen zeigten sich haufenweise eingetrocknete Ringe nebst Fingerabdrücken. Vermutlich lebten einige Gäste gar nicht mehr, die welche hinterlassen hatten.
„Du weißt immer, was einer Frau schmeichelt“, Sam kuschelte sich an Dex.
„Nur in deiner Gegenwart“, mutierte Dex zum Romantiker und wischte sich mit dem Ärmelsaum über die schweißige Stirn. Sogar sein Haaransatz war feucht. „Liebe ist das schönste Gefühl und …“ Abrupt unterbrach sich Dex. „Du siehst blass aus, Finley. Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Wenn nicht Dex, wer sonst wäre prädestiniert für den Beruf des Psychologen?
„Mein Gott, der Junge kann was ab“, hielt sich Sams Mitleid in Grenzen. „Wir sollten ihn nicht ständig in Watte packen. Immerhin haben wir lange genug versucht, ihm zu helfen.“
„Ach ja? In den letzten fünf Tagen habe ich euch kaum zu Gesicht bekommen.“
„Glaubst du, uns fiel der Abstand leicht?“, wehrte sich Sam und lehnte sich zurück, da eine bis zum Hals tätowierte Kellnerin die Spaghetti brachte. Neben Burger die einzige Speise, die hier angeboten wurde. Eigentlich hatte Finley nichts bestellen wollen, wurde jedoch von Sam und Dex überstimmt. „Wir wollten dir eben nicht auf den Geist gehen. Du brauchst absolute Ruhe.“
„Stimmt. Man hört keinen Mucks von euch“, lästerte Finley.
„Tja, was man nicht alles für seinen besten Freund tut“, meinte Dex mit selbstzufriedener Miene, und seufzte. „Ich wünschte, dass ich dich schon früher in Berlin besucht hätte. Dann wären mir viele einsame Jahre erspart geblieben. Doch mit wem rede ich da? Von Einsamkeit verstehst du mehr als ich, Finley.“ Wehe dem, der tatsächlich einmal Dex’ Hilfe brauchen sollte! „Und jetzt lasst uns essen, ehe die Köstlichkeit kalt wird.“ Dex und Sam griffen zum Besteck. Finley dachte nicht im Traum daran, es ihnen gleichzutun und schaute angewidert auf die Pampe. Seine zwei todesmutigen Freunde saugten die Spaghetti hingegen in ihre hungrigen Münder. Leider in einem Höllentempo, weshalb die Soße in alle Richtungen spritzte. Entsetzt begutachtete Finley sein neues weißes Hemd, das binnen Sekunden mit roten Punkten besprenkelt war, als wäre er von einer Schlägerei in die nächste geraten.
„Spinnt ihr?“, erboste sich Finley, dessen Laune sowieso auf dem Gefrierpunkt war. „Das gute Stück habe ich erst gestern gekauft! Wenn sich dieser Mist nicht rauswaschen lässt, werdet ihr mir das Hemd ersetzen. Immerhin ist es von einem Designer.“
„Kein Problem“, versicherte Dex tief über den Teller gebeugt, und saugte wieder los. Dann drückte er Sam einen Kuss auf die Wange und hinterließ einen roten Abdruck. Als hätte sie nicht schon genug Soße im Gesicht! „Das mit dem Hemd erinnert mich übrigens an Maggie.“ Dex lachte leise. „Sie hat sich auf deine Markenschuhe erbrochen, weißt du noch? Sofern ich mich entsinne, hast du ihr nie etwas in Rechnung gestellt.“
„Musst du Maggie erwähnen?“ Unwillig schob Finley den Teller beiseite.
„Das nennt man Konfrontations-Therapie. Aber gut“, zeigte Dex endlich ein Einsehen. „Dann reden wir über Sam und mich.“ Er machte eine feierliche Miene. „Finley, Sams Einladung zum Essen hat einen Grund und du sollst ihn als Erster erfahren: Wir wollen heiraten.“
„Was?“, entsetzte sich Finley. Wo war ein Loch, wenn man es brauchte? Gut, er saß in einem, doch jetzt wäre er gern eine winzig kleine Maus gewesen, um sich zu verkriechen. Weil er plötzlich unendlichen Neid auf seinen Freund verspürte, obwohl er sich für ihn und Sam freuen müsste. „Äh, ist das nicht ein wenig übereilt?“ Egal, ob zu früh oder nicht, Liebe kam einfach. Nur um ihn machte sie einen riesigen Bogen, als wäre er es nicht wert. Oh ja, er hatte verdammtes Selbstmitleid. Aber irgendjemandem musste er schließlich leidtun!
„Übereilt kann man das nicht nennen. Bislang steht nur die Einladungsliste“, informierte Sam ihn glücksstrahlend. „Die Sitzordnung haben wir gestern fertiggestellt und jetzt halte dich fest: Das Standesamt hat unseren Wunschtermin frei!“ Nein, von übereilt konnte man wahrlich nicht sprechen. Eher von einem Höllentempo … „In zwei Monaten werde ich Mrs. Dexter heißen.“ Sie ließ die Gabel auf die Nudeln fallen, klatschte aufgeregt wie ein Teenager in die Hände und quietschte ohrenbetäubend, was nur Frauen zustande brachten. „Eine Hochzeit auf St. Mary’s, ist das nicht klasse?“
„Du bist natürlich eingeladen.“ Dex schleckte die Gabel ab. „Als mein Trauzeuge, versteht sich. Allerdings solltest du bessere Laune mitbringen.“
Nein, nein und nochmals nein! Das war zu viel. Es war einfach zu viel. Hochzeiten hatte Finley schon immer verabscheut und angesichts seiner aussichtslosen Liebe tat er es noch mehr. „Könnt ihr nicht warten, bis ich Maggie halbwegs vergessen habe?“
„Sorry, mumifiziert wollte ich nun wirklich nicht vor den Altar treten“, zeigte sich Sam bockig. „Zumal Dex der erste anständige Mann in meinem Leben ist. Den lasse ich sicher nicht mehr vom Haken. Von Arschlöchern, die eine Frau nur in die Kiste bringen wollen, habe ich die Nase gestrichen voll. Dazu zähle ich im Übrigen auch dich. Ohne deine verlogenen Komplimente hätte ich mich niemals auf dich eingelassen.“
Unangenehm berührt wagte Finley einen Seitenblick zu Dex, der sich die Gabel vor das Gesicht hielt und an einigen Strähnen herumzupfte. „Du weißt davon?“, kombinierte er, weil sich diese Gelassenheit ansonsten nicht erklären ließ.
„Wir haben keine Geheimnisse voreinander“, antwortete sein Freund, legte die Gabel neben den Teller und nahm Finley in Augenschein. Mit einem altersmilden Lächeln, als säße ihm ein tattriger Greis gegenüber. „Gegen mich warst du ein blutiger Anfänger, hat Sam gesagt.“ Wer’s glaubte! „Also nicht der Rede wert, dennoch werde ich Sam sicherheitshalber übermorgen mit nach Cornwall nehmen.“ Er zwinkerte Finley zu, der nicht fassen konnte, was ihm das Leben von heute auf morgen noch alles wegnahm. Sam war nicht nur eine Hausangestellte, sondern eine Freundin. Zwar keine, bei der er sich ausheulte oder deren Rat er suchte, aber sie war seit Jahren da. In seiner Nähe, um ihn herum. Im Haus, im Garten oder in der Küche. Scheinbar verließ ihn jeder Mensch, der ihm wichtig war.
„Entschuldigt. Ich … freue mich natürlich für euch“, riss er sich um beider willen zusammen.
Mit einem liebenswürdigen Lächeln auf den soßenverschmierten Lippen legte Sam ihre Hand auf Finleys, als würde sie ahnen, was in ihm vorging. „Ich wünsche dir von Herzen, dass auch du bald das ganz große Glück findest. Und ich bin ja nicht aus der Welt.“ Sie tätschelte seine Hand, ehe sie ihre zurückzog. „Du kommst doch zur Hochzeit, oder?“
„Natürlich“, entgegnete er hastig und ahnte gleichzeitig, dass er sein Versprechen nicht würde halten können. Denn abgesehen von der Hochzeit, müsste er nach Cornwall zurück …
Plötzlich hatte Finley die Klippen vor Augen. Maggie, wie sie in der Trevaunance Bucht bei den Felsen saß und gedankenverloren auf das Meer blickte. Er spürte ihre Lippen. Die Wärme ihres Körpers, der sich an seinen drängte. All diese Erinnerungen erfüllten Finleys Herz mit so viel Schwere, dass jeder Atemzug seine Lunge quälte.
„Ich wüsste übrigens eine Nachfolgerin für mich“, informierte Sam ihn „Ihr Name ist Evelyn. Sie ist fünfundfünfzig und stammt ursprünglich aus Wales.“
„Ja … ich“, stammelte Finley, „hat sie Erfahrung in dem Job?“
„Ihre Kochkunst ist legendär“, versicherte Sam.
„Und sonst? Ist sie umgänglich?“ Maggies Bild ließ sich einfach nicht verscheuchen.
„Nun, sie hat den Charme einer Wand, flucht wie ein Berserker, macht schlechte Witze und ist auch ansonsten eher ein Rohdiamant. Aber sie hat das Herz auf dem rechten Fleck.“ Flugs holte Sam einen Zettel aus ihrer Handtasche, den sie zu Finley schob. Wie es aussah, war sie im Gegensatz zu ihm bestens auf alles vorbereitet. „Hier ist ihre Nummer. Evelyn würde sich bestimmt freuen. Die Arme lebt momentan von Hartz IV. Leider ist sie in einem Alter, in dem man gerne aussortiert wird.“ Finley starrte auf Sams krakelige Schrift. „Für mich ist Evelyn wie eine Oma. Immerhin wohnen wir seit Jahren Tür an Tür und haben stets aufeinander aufgepasst. Ich wäre froh, sie in guten Händen zu wissen. Denn obwohl ich dir das nie gesagt habe, Finley: Du bist ein toller Freund.“ Ihre Aussage berührte ihn zutiefst. So sehr, dass er ein Brennen in den Augen spürte, woher auch immer es rührte. Und eines war gewiss: Sam würde ihm unendlich fehlen!
♥♥♥
In den nächsten Wochen lernte Maggie alle Abteilungen sowie einige Aktionäre vom Aufsichtsrat kennen, da sie dazu verdonnert wurde, bei Konferenzen Kaffee zu servieren. Gab Grace ansonsten den Ton an, führte Angus McCloud bei diesen Gelegenheiten das Wort. Er war Hauptaktionär, Vorsitzender des Aufsichtsrates und leitete den Prüfungsausschuss.
Grace zeigte sich bei solchen Meetings von ihrer charmantesten Seite, schließlich bildete der Aufsichtsrat das Kontrollorgan des Vorstandes – somit auch von ihr. Dabei hasste sie es wie die Pest, wenn ihr auf die Finger geschaut wurde. Das verstand Maggie gut, die nach Dienstschluss über das Finanzwesen recherchierte, Fortbildungen besuchte, sich mittels Börsenzeitungen auf dem Laufenden hielt und jeden noch so kleinen Schnipsel über die Citizen-Bank las.
Leider gelang es ihr nur mäßig, Kontakt mit den Mitarbeitern aufzubauen, da das Gerücht umging, sie würde von Grace protegiert werden. Dabei forderte sie weit mehr von Maggie, als von den anderen.
Es lag nahe, wer diese Halbwahrheiten in Umlauf brachte. Entweder Iris oder Humpie, vielleicht beide zusammen. Die spürbare Ablehnung machte es Maggie schwer, Freude an einer ohnehin anspruchslosen Tätigkeit zu finden. Manchmal fühlte sie sich unsichtbar wie das Postmädchen aus dem Film Was Frauen wollen mit Mel Gibson, der in dieser Rolle die Gedanken von Frauen lesen konnte. Aber selbst wenn einer wie Graces Sohn dazu fähig gewesen wäre, hätte es ihn kaltgelassen. Zumindest was sie betraf. Bei Iris ergriff er regelmäßig Partei, sobald Grace den T-Rex zur Schnecke machte. Nebenbei gab es durchaus Kollegen, die mit Maggie flirteten. Männer interessierten sie allerdings keinen Deut. Alles, was sie wollte, war eine Karriere. Darum murrte sie nicht, wenn sie Zusatzaufgaben aufgebrummt bekam, und arbeitete oft bis spät in die Nacht. Grace war ihr Vorbild und Maggie beobachtete sie minuziös. Hörte ihr aufmerksam zu, wenn sie mit den Angestellten sprach oder Anweisungen gab. Dabei duldete ihre Stimme keinen Widerspruch. Ein Lächeln suchte man vergeblich und alle – sie eingeschlossen – fügten sich wie programmierte gefühllose Roboter.
Nur abends fiel dieser Panzer von Maggie ab, wenn sie schluchzend im Bett lag und an Finley dachte. An seine Liebesschwüre, die leider bedeutungslos waren. Trotzdem träumte sie von ihm und wachte nicht nur einmal weinend auf. So auch in einer kalten Herbstnacht. Regen prasselte gegen die Fensterscheiben und der Wind fegte durch Dublins Straßen. Maggie war es, als stünde sie wieder vor dem Cottage …
Im selben Augenblick, als sie das Licht anknipste, piepste ihr Handy. Noch gefangen inmitten ihrer Gefühle, starrte sie Sekunden später auf die WhatsApp-Nachricht.
Hi Maggie, ich kann nicht anders, als dir zu schreiben. Du gehst mir einfach nicht aus dem Kopf und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich lächerlich mache, wollte ich dir sagen, wie sehr ich dich vermisse und mich nach dir sehne. So sehr, dass ich es kaum aushalte und in Nächten wie diesen keinen Schlaf finde. Denn draußen regnet es, der Wind heult um das Haus und ich wünsche mich mit jeder Faser meines Herzens zum Cottage. Um diesen einen Moment zwischen uns noch einmal erleben zu dürfen. Bitte, sag mir, ist wirklich alles verloren zwischen uns? Finley
Wut stieg in ihr hoch und verdrängte das warme Gefühl, das kurz aufgeflackert war. Seine Verlobte konnte einem nur leidtun! Fahr zur Hölle, Finley McGarret, und wage es nie wieder, dich bei mir zu melden, schrieb sie zurück, schleuderte das Handy aufs Bett und verließ es, um vom Fenster aus in den in den verhüllten Nachthimmel zu blicken.
Wenigstens wohnte sie mittlerweile in einer WG. Fünfzehn Quadratmeter im Arbeiterviertel Cabra, wo sich kleine Backsteinhäuser aneinanderreihten. Eines davon teilte sie sich mit zwei jungen Frauen, die Maggie kaum zu Gesicht bekam. Sie arbeiteten nachts und kamen heim, wenn sie längst in der Bank war. Da ihre Mitbewohnerinnen an den Wochenenden bis in die Puppen schliefen, wusste Maggie selbst nach Monaten nichts weiter als deren Namen, woher sie stammten und wo sie ihr Geld verdienten. Somit suchte sie auch hier vergeblich Anschluss, und um alleine auszugehen war sie zu feige.
Im Gegensatz zu ihrer Mom, die regelrecht aufblühte, seitdem sie Cornwall verlassen hatte. Wie meistens an den Wochenenden telefonierten sie auch am folgenden nach Finleys dreister Nachricht miteinander. Wiederum war ihre Mom seltsam aufgekratzt, die neuerdings Nähkurse gab. Als sie unvermittelt Donald McGarret erwähnte und stockend erzählte, dass sie ihn wieder als Hausarzt konsultieren würde, unterbrach Maggie ihre Mutter sofort. „Ich will nie wieder etwas von einem McGarret hören, Mom!“ Langes Schweigen folgte, als hätte sie ihre Mutter damit getroffen. Aber Finleys Dad war lediglich ihr Arzt, nicht ihr Geliebter. Ihre Mutter würde es verkraften. Allerdings kam kein rechtes Gespräch mehr in Gang und Maggie war froh, als sie auflegten. Noch erleichterter war sie, dass sie am Montagmorgen zur Arbeit gehen konnte.
Ein hektischer Tag reihte sich an den nächsten. Maggie begrüßte den Stress, der jeden schmerzvollen Gedanken wohltuend zudeckte. Bis gegen Jahresende die Feiertage vor der Türe standen, doch sie arbeitete durch, womit auch Weihnachten vorbeiging. Das Päckchen von ihrer Mom öffnete sie erst Tage danach. Aß die Kekse, verstaute den selbstgestrickten roten Schal und die dazu passende Haube im hintersten Winkel des Kleiderschrankes und legte das braune Leder-Armband mit dem silbernen Anhänger in Form des keltischen Lebensbaumes in die Schmuckschatulle. In der Bank trug niemand unechten Schmuck oder selbstgestrickte Sachen. Nicht einmal privat würde sie das tun. Man weiß nie, wen man auf der Straße trifft, pflegte Grace zu sagen. Dennoch bedankte sich Maggie betont überschwänglich bei ihrer Mom, als sie kurz vor Silvester miteinander telefonierten. Im Gegensatz zur eigenen schien die Freude ihrer Mutter echt zu sein, die sich gefühlte tausendmal bei Maggie für das Näh-Set und die Limited Edition-CD von ABBA bedankte.
An Silvester jährte sich Alecs Todestag zum ersten Mal und Maggie beschloss, den freien Nachmittag am Hafen zu verbringen. Auf der Promenade, mit Blick auf das Meer, brachen sich all die verdrängten Erinnerungen Bahn. Da waren Alec und ihr kleiner Sohn, den sie gedanklich in den Armen wiegte. Und während ihr Tränen über die kalten Wangen liefen, kamen ihr Polly und Hank in den Sinn. Natürlich auch Finley und letztendlich blieb die Tatsache, dass sie versagt hatte. In vielerlei Hinsicht.
Umso mehr kniete sich Maggie im neuen Jahr in die Arbeit hinein, wechselte Ende Jänner von der Poststelle in die Marketingabteilung und durchlief im Laufe der nächsten Monate weitere Abteilungen im Schnelldurchgang. Im darauffolgenden Jahr wickelte sie Ende Mai bereits selbstständig ein kleines Geschäft mit einem Pferdezüchter nahe Galway ab und schlug auch im Sommer die Einladung ihrer Mom aus, sie in Cornwall zu besuchen. Allerdings mit dem Hinweis, ihre Mutter könne genauso gut zu ihr nach Dublin kommen, was diese auch tat.
Maggie überließ ihr das Zimmer und schlief auf der Couch. Es waren nette zwei Wochen, in denen sie ihre Mom um sich hatte, obwohl sie deshalb nicht weniger arbeitete. Aber wenn sie irgendwo zu Abend aßen oder einen Spaziergang durch Dublin machten, war es fast wie früher. Allerdings sparten sie gewisse Themen aus. Finley, die Campells oder Lydia. Wobei ihre Mom inzwischen von Alecs Affäre wusste, sogar von Jerrys One-Night-Stand. Maggie war es leid, andere zu schützen, denn wer hatte sie geschützt?
„Bist du wirklich glücklich?“, fragte ihre Mom am letzten Abend, als sie nach einem Einkaufsbummel in der Grafton Street und einer großen Portion Eis in der kleinen Konditorei auf der Half Penny Bridge standen. Einträchtig blickten sie auf den Fluss, während viele Menschen plaudernd an ihnen vorbeigingen.
„Wieso fragst du mich das ständig?“ Maggie lag das Eis plötzlich schwer im Magen.
„Weil du dich verändert hast.“ Sie musste sich einem prüfenden Blick von ihrer Mom unterziehen. „Eigentlich wollte ich meine Klappe halten, aber leider schaffe ich es nicht.“
„Oh, Mom, jeder verändert sich im Laufe der Zeit. Du tust es ja auch.“ Das stimmte. Rein äußerlich war sie zwar die Alte geblieben, doch eine gewisse Leichtigkeit umgab sie und ein ganz eigener Glanz lag in ihren Augen. Sie wirkte jünger und lebendiger.
„Nun ja“, erwiderte ihre Mom und lächelte versonnen, „liegt vielleicht an meinem Freund.“
Das klang beinahe so, als hätte sie eine Beziehung! „Ein netter Freundeskreis ist nie verkehrt.“ Das ausgerechnet aus ihrem Mund, denn mittlerweile pfiff Maggie sogar darauf. Man konnte sich ohnehin nur auf sich selbst verlassen. Grace vertrat dieselbe Ansicht.
„Mit besagtem Freund habe ich auch Sex.“
Maggie starrte ihre Mutter an. „So einen Freund hast du?“
„Ja, genau so einen Freund habe ich.“
„Ist es ernst zwischen euch?“
Das erneute Lächeln ihrer Mom war Antwort genug. „Wir lieben uns. Schon lange.“
„Wieso platzt du erst jetzt damit heraus?“
„Ich hätte dir gerne eher davon erzählt, aber du wolltest ja nichts von ihm hören.“
In Maggie begann es zu arbeiten. „Wir reden von Donald McGarret, oder?“ Als ihre Mom nickte, wäre Maggie am liebsten in den Fluss gesprungen. „Wie konntest du dich bloß auf ihn einlassen? Du kennst meine Einstellung zu Finley. Ich bin froh, dass es keine Verbindung mehr zu ihm gibt. Und nun muss ich hören, dass sich ausgerechnet unsere Eltern aufeinander eingelassen haben!“
„Hätte ich dich um Erlaubnis bitten sollen?“, erkundigte sich ihre Mom spitz. „Donny und ich sind lange genug für euch Kinder dagewesen. Jetzt sind wir an der Reihe. Davon abgesehen habe ich keine Ahnung, was dir Finley getan hat. Der Junge ist in Ordnung. Deswegen hattest du keinen Grund, ihn derart mies zu behandeln.“
„Ich ihn? Sag mal geht’s noch? Der lügt, sobald er den Mund aufmacht.“
„Dasselbe dachte ich auch von Donald. Dabei war es nur ein Missverständnis, das uns getrennt hat. Aber weißt du, was das Schlimmste ist?“, sie sprach sofort weiter, als hätte sie Angst, dass Maggie sie daran hindern würde: „Dass wir viel kostbare Zeit verloren haben.“
„Die habe ich ebenfalls verloren, indem ich diesem Mistkerl hinterhertrauerte.“
„Und du tust es noch“, erriet ihre Mutter.
„Hör bitte auf, mir etwas zu unterstellen.“
„Gern. Sobald du aufhörst, dir etwas vorzumachen“, wurde ihre Mom energisch. „Das bist doch nicht du, Maggie.“ Sie deutete an ihr herunter. „Allein diese Business-Outfits, die du sogar in deiner Freizeit trägst. Die lackierten Fingernägel, das geschminkte Gesicht und die harten Züge. Wo ist dein zauberhaftes Lächeln geblieben? Nichts scheint dir mehr Freude zu bereiten. Nicht einmal mein Besuch, denn ich hatte ständig das Gefühl, dir nur lästig zu sein.“
„Das stimmt nicht“, wandte Maggie halbherzig ein, weil ihr Vorwurf nicht aus der Luft gegriffen war. Sie musste sich auf die Arbeit konzentrieren. Stattdessen plagte sie sich mit einem schlechten Gewissen herum, dass ihre Mutter zu kurz kam.
„Doch, und das wissen wir beide. Du gehst so in deinem Job auf, dass du sogar die Freizeit als Feind betrachtest. Was haben die mit dir gemacht? Gehirnwäsche? Liebe oder Karriere, du hattest einmal die Wahl, Kleines. Leider scheinst du die falsche getroffen zu haben und ich bereue nichts mehr, als dass ich dich nicht vor diesem Fehler bewahren konnte.“
„Es war keiner“, beharrte Maggie, deren Finger sich schmerzhaft um das Geländer spannten. „Und nein, ich hatte keine Wahl, weil Alec gestorben ist.“
„Du weißt genau, dass ich von Finley spreche.“
Warum in Gottes Namen schien es, als ob ihr die Mutter diesen Kerl einreden wollte? Es war Sommer. Demnach müsste er seit einem Jahr verheiratet sein. Sollten sie doch alle auf heile Familie machen, aber ohne sie! „Lass mich endlich mit diesem Casanova in Ruhe.“
„Finley geht es ebenfalls nicht gut.“
Beinahe hätte Maggie laut aufgelacht. Gingen ihm die Lügen aus? Plagten ihn die Daumenschrauben seiner Ehe? „Dann hast du ja jemanden zum Bemuttern. Ich stehe dafür jedenfalls nicht mehr zur Verfügung, da ich erwachsen bin, falls du es übersehen haben solltest.“ Mit jedem Wort war ihre Mom blasser geworden und Maggie dachte an Grace. Daran, dass sie ihrer Mom gegenüber einen ähnlichen Ton anschlug, wie ihn ihre Chefin bei den Angestellten an den Tag legte. „Ich will mich nicht mit dir streiten, Mom“, lenkte Maggie ein, der plötzlich zum Weinen zumute war. „Und ich gönne dir dein Glück. Aber ich will weder daran teilhaben noch etwas darüber hören. Bitte respektiere das.“
„Mit anderen Worten: Donald oder du, willst du mir das damit sagen?“, erkundigte sich ihre Mom mit einem bitteren Zug um die Lippen.
Ihre Aussage klang schrecklich. „Wenn du mit Mister McGarret glücklich bist, dann genieße es. Doch erwarte nicht von mir, dass ich nach Cornwall komme, um mit euch gemeinsam an einem Tisch zu sitzen. Zumindest nicht in nächster Zeit, denn du hast recht: Ich empfinde noch etwas für Finley“, gab Maggie zu. „Deswegen fühle ich mich einer Konfrontation nicht gewachsen. Irgendwann vielleicht, jedoch nicht heute oder morgen. Ist das okay für dich?“
„Natürlich“, zeigte sich ihre Mom erleichtert. „Damit kann ich leben. Bis dahin reise ich eben zu dir nach Dublin.“ Sie zog Maggie in ihre Arme. „Und irgendwann kommst du nach Cornwall, versprochen?“
♥♥♥
Natürlich war ihre Mutter zutiefst enttäuscht, dass Maggie dieses Versprechen auch in den nächsten Jahren nicht einlöste. Als sie an einem kalten Januartag ein Bild von ihr erhielt, auf dem auch Donald und Finley neben dem geschmückten Weihnachtsbaum zu sehen waren, geriet sie nahe daran, ihre Mom voller Wut anzurufen, unterließ es jedoch.
Danach weinte sie bitterlich und verbannte anschließend das Foto in die grüne Plastikbox, worin mittlerweile ihr ganzes Leben von Cornwall lagerte. Das Album, die Muschel, der Bootsanhänger, der Quilt, selbst das Ultraschallbild. In dieser unscheinbaren Kiste, über die sie den Deckel geschoben hatte wie über ihre Vergangenheit.
Als Minnie Maggie vorwarf, ihrer Mom gegenüber undankbar zu sein, brach sie jeglichen Kontakt mit ihr ab. Danach ging sie längere Zeit nicht ans Handy, wenn ihre Mutter anrief. Bis sie es irgendwann doch tat. Ein Wort ergab das andere, denn Maggie machte ihr bittere Vorwürfe und fühlte sich missverstanden. Es war schließlich ihre Sache, ob sie nach Cornwall reisen wollte oder nicht. Zumal die Arbeit vorging. Das sah ihre Mom letztlich ein. Allerdings wurden die Abstände bis zum nächsten Telefonat immer größer. Wie die Besuche ihrer Mutter.
Bald gehörte Cornwall zu einer schemenhaften Erinnerung, als hätte Maggie vor langer Zeit ein Buch gelesen, an dessen Inhalt sie sich nur noch bruchstückhaft erinnern konnte. Umso mehr konzentrierte sie sich auf ihr Ziel, irgendwann in Graces Vorzimmer zu sitzen, und konkurrierte weiterhin mit Humphrey um deren Gunst. Allerdings fragte sie sich oft, warum er in dem Unternehmen tätig war, oder weshalb Grace ihn beschäftigte. Sie waren wie Hund und Katze.
Mit der Zeit wurde er sogar fettleibig, als würde er jeglichen Frust in sich hineinfressen. Iris blickte ihn oft sorgenvoll an, die nach wie vor ständig mit ihm zusammenklebte. Maggie hingegen erklomm davon unberührt die Karriereleiter. Mit jedem Schritt fiel es ihr leichter, harte Entscheidungen zu fällen, Personal auf die Straße zu setzen und immun gegen Tränen zu sein. Wer keine Leistung brachte, wurde gefeuert. So einfach war das.
Freundlichkeiten kosteten ebenfalls Zeit, und Zeit wiederum Geld. Das sagte sie irgendwann auch ihrem Fahrer Alfonso, nachdem er anfangs stets ein paar freundliche Worte an sie gerichtet hatte. Er durfte sie grüßen, ihr die Tür der Limousine öffnen und das war’s.
Die einzige Person, die Platz in ihrem Leben hatte, war Grace. Manchmal begleitete Maggie sie in die Oper, zu Geschäftsessen oder langweiligen Partys, bei denen oft Aktionäre anwesend waren. Unter ihnen Konrad Dough, der Maggie ziemliche Avancen machte. Sicher, der Mann war nicht unattraktiv, aber noch fühlte sie sich nicht einsam genug, um sich auf ihn oder einen anderen Verehrer einzulassen. Dem ungeachtet lernte Maggie weiterhin unablässig von Grace, und als Humphrey an einem kalten Oktobermorgen zweitausendsechzehn einem Herzinfarkt erlag, war sie ebenfalls an der Seite ihrer Mentorin. Ohne jegliches Gefühl schaute sie auf das Grab und dachte ähnlich emotionslos an St. Agnes. Eine Stunde nach dem Begräbnis flog sie mit Grace nach Athen. Die Geschäfte kannten keinen Tod und Maggie war endgültig in der Citizen-Bank angekommen, die ihr vertrauter war, als die Welt da draußen.
„Sie wollen mich kündigen?“ Entsetzt sank Iris auf den Stuhl vor Maggies Schreibtisch. Regen peitschte gegen die Fenster und wusch den Staub vom Glas.
„Habe ich gesagt, dass Sie sich setzen dürfen?“
Wie von der Tarantel gestochen schoss Iris hoch. „Ich habe nur noch wenige Jahre bis zur Pensionierung. In meinem Alter werde ich keinen Job mehr finden und wie soll ich die Hypothek für mein Haus abbezahlen? Noch dazu habe ich ein Kind, das ich unterstützen muss.“ Nie zuvor hatte Maggie sie so aufgelöst gesehen. Die Frau, deren Fürsprecher tot war. Ohne ihn war es ein Leichtes, Iris einige Fehler anzudichten, die eine Kündigung rechtfertigten. Zu lange hatte Maggie auf die Gelegenheit gewartet, eine weitere Feindin loszuwerden.
„Das interessiert mich einen feuchten Kehricht.“
Iris betrachtete sie mit einem beinahe mitleidigen Blick. „Was ist bloß aus dem jungen Mädchen geworden, das einst so unschuldig vor mir stand?“
„Tun Sie nicht so, als hätte Sie das beeindruckt. Ich war Ihnen nur einen Rauswurf wert.“
„Was Sie mir jetzt heimzahlen möchten?“ Iris warf einen Blick zu Graces leerem Büro.
„Mrs. Lynch wird Ihnen nicht helfen, falls Sie das hoffen. Ich habe bereits mit ihr gesprochen. Fehler am laufenden Band sind für unser Unternehmen untragbar. Von den Beschwerden über Ihre Unfreundlichkeit ganz zu schweigen, wovon ich selbst ein Lied singen könnte.“
„Ich handle exakt nach Anweisung. Darum wissen Sie genau, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe. In keinerlei Hinsicht.“
„So, so. Weiß ich das?“ Maggie lehnte sich im Stuhl zurück und genoss den Moment. Das Gefühl, alles erreicht zu haben und alles erreichen zu können, denn ihr Traum hatte sich erfüllt. Sie saß in Graces Vorzimmer, und jetzt wollte sie an die Spitze der Bank. Wie ein Bergsteiger, der das Gipfelkreuz vor Augen hatte. „Ihre Verschwiegenheitspflicht endet übrigens nicht mit der Kündigung. Sollten Sie zum Plaudern neigen, mache ich Sie fertig, haben Sie mich verstanden?“
„Tun Sie das nicht bereits jetzt?“ Iris lachte verächtlich. „Wussten Sie eigentlich, dass Humphrey Ihretwegen gelitten hat? Nein, wohl eher nicht. Sie sind zu sehr damit beschäftigt, seiner Mutter in den Hintern zu kriechen, als dass Sie noch irgendetwas um sich herum registrieren.“ Sie machte eine angewiderte Miene. „Der arme Bursche musste in absoluter Kälte aufwachsen, da Mrs. Lynch ihn als ihren größten Fehler betrachtete. Er mag kalt gewirkt haben, in Wahrheit sehnte er sich nach Liebe und hatte ein gutes Herz.“
„Ein bisschen makaber, finden Sie nicht? Letztendlich starb er daran.“
„Ja, weil ihm das Herz gebrochen wurde. Wieder und wieder. Aber was rede ich mit einer völlig Unbeteiligten. Humphreys Mutter scheint in Ihnen gefunden zu haben, wonach sie bei ihm vergeblich suchte. Einen Menschen, den sie völlig von sich abhängig machen kann. Und Sie tun ihr auch noch den Gefallen.“
„Grace nannte Humphrey eine Wanze. Ich denke, das sagt alles“, blieb Maggie äußerlich gelassen, obwohl dieses Gespräch eine unangenehme Wendung genommen hatte. Sie war bestimmt keine Marionette! „Und im Übrigen wäre es für Grace sicherlich interessant, wie Sie über sie reden. Allein das ist Grund genug, Sie zu feuern und jetzt holen Sie sich gefälligst Ihre Papiere aus dem Personalbüro. Danach will ich Sie nie mehr sehen. Sollten Sie dennoch einen Fuß in unsere Bank setzen, wird Sie der Sicherheitsdienst hinauswerfen.“ Maggie lächelte spöttisch. „Sie wissen ja, hier laufen die Uhren anders. Vor allem in einem renommierten Haus wie dem unseren, in dem man ohne Termin nicht einmal bis zum Lift kommt.“
„Eines Tages werden Sie in den Spiegel schauen und das alles bitter bereuen“, stieß Iris aus. „Womit ich nicht meine Kündigung meine, sondern den eiskalten Menschen, der vor mir sitzt.“ Sie machte kehrt und eilte aus dem Büro. Verfolgt von Maggies Lachen, die selbst hörte, dass es unecht klang. Doch dann widmete sie sich ihrer Arbeit und fünf Minuten später hatte sie Iris vergessen, da ihre Mom anrief und ihr unter anderem erzählte, dass sich Theresa von Jerry scheiden lassen wollte, weil sie hinter seinen One-Night-Stand mit Lydia gekommen war.
Was für ein wunderbarer Abschluss dieses Tages!
♥♥♥
Finley verließ das Büro von Rechtsanwalt Dr. Fuchs, welcher der Fakultät beratend zur Seite stand. Einer der Labor-Mitarbeiter hatte Mist gebaut und nun drohte ihnen eine Anzeige. Laut dem Anwalt mussten sie allerdings wenig befürchten, was ihn beruhigte.
„Alles erledigt?“, erkundigte sich die aparte Sekretärin lächelnd, die er heute zum ersten Mal gesehen hatte. Eine hübsche Frau mit schulterlangem blondem Haar. Tolle Figur, gepflegtes Äußeres, kein Ehering.
„Soweit ja.“ Finley blieb vor ihrem Schreibtisch stehen. Aufgrund der guten Nachricht war er zwar in Flirtlaune, doch als er sich die letzten Pleiten mit diversen Frauen vor Augen führte, verging ihm die Lust. Sicher, es sprach nichts gegen einen One-Night-Stand, aber diese Frau war keine von der billigen Sorte. Das sagte ihm sein Instinkt. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“, verabschiedete er sich und eilte aus dem Büro.
Überraschenderweise rief die Sekretärin abends an und fragte ihn nach einem Date. Seine Handynummer hatte sie vermutlich dem Akt entnommen. Aber wie auch immer, ihr Mut imponierte Finley, dennoch schob er Arbeit vor. Dem ungeachtet sprachen sie eine Weile miteinander und so erfuhr er, dass sie Katrin Harrison hieß, geschieden und kinderlos war.
Am nächsten Tag erhielt Finley ein altmodisches Telegramm. Darin bat sie ihn, um achtzehn Uhr ins Hotel Crystell zu kommen, wo sie gerne mit ihm essen wollte. Warum eigentlich nicht?, dachte Finley bei sich, zumal das Crystell für seine Spitzenküche bekannt war. Außerdem fand er Katrin sympathisch und scheinbar verfügte sie über einen ausgezeichneten Geschmack. Also, was hatte er zu verlieren? Auch eine nächste Pleite würde er überleben. Schließlich war der Mensch ein Gewohnheitstier.
Ohne jegliche Erwartung traf Finley pünktlich zur vereinbarten Zeit im Crystell ein. Kaum, dass er am letzten freien Tisch Platz genommen hatte, zog Katrin seine Aufmerksamkeit auf sich, die den Raum betrat und lächelte, als sie Finleys Blick auffing. Sofort erhob er sich und rückte ihr einen Stuhl zurecht, während sie quer durch den Raum auf ihn zuschritt.
Sie sah bezaubernd aus in ihrem hübschen, knielangen Kleid aus veilchenblauer Seide, wozu sie High-Heels in derselben Farbe trug. Das Haar hatte sie hochgesteckt. Die Perlenohrringe unterstrichen ihre elegante, dennoch zurückhaltende Erscheinung. „Guten Abend, Mister McGarret“, hauchte Katrin, ehe sie sich setzte. „Schön, dass Sie gekommen sind.“ Sie klang beinahe schüchtern. Scheinbar hatte sie nun doch ein wenig Respekt vor ihrer eigenen Courage und das weckte Finleys Beschützerinstinkt.
„Wenn man auf so einfallsreiche Art gefragt wird, kann man nicht anders“, sagte Finley und nahm ihr gegenüber Platz. „In Zeiten von E-Mails haben Telegramme Seltenheitswert. Ich mag so was.“ Ob er sich damit einen Gefallen tat? Seine letzte Verflossene bezeichnete ihn als altmodisch und langweilig. Gut, sie war erst neunzehn gewesen …
„Ich auch“, hauchte Katrin errötend. „Meine Eltern schwelgen oft in alten Zeiten und hören sich noch heute Musikkassetten an.“ Im Nu waren sie in ein Gespräch über frühere Zeiten vertieft. Sprachen über die Welt im Allgemeinen und fachsimpelten, wie Donald Trump die Wahl zum amerikanischen Präsidenten gewinnen konnte. Zwischendurch ließen sie sich das ausgezeichnete Sechsgangmenü schmecken. Vom Beefsteak Tatar bis hin zu den Langusten oder der Eiscreme mit Nüssen, Nougatschokolade und Passionsfrüchten.
Als Gentleman beglich Finley natürlich die Rechnung, obwohl Katrin dagegen war. Schließlich habe sie ihn eingeladen, beharrte sie, was er lachend überging, bis sie plötzlich beide schwiegen und sich im Kerzenschein tief in die Augen schauten. Das taten sie auch in der intimen Weinbar zwei Straßen weiter, wo sie den Abend ausklingen ließen. Und als sie zum Evergreen It’s Impossible von Perry Como miteinander anstießen, war es tatsächlich unmöglich, sich dem Zauber dieser Frau zu entziehen.
Das war der Beginn ihrer Romanze. Zum ersten Mal seit Langem hatte Finley das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Katrin teilte viele seiner Interessen und Ansichten, vor allem konnte sie zuhören. Das hatte er selten erlebt. Ferner lachten sie viel und genossen in den Abendstunden die Ruhe am Steg, wo sie sich an den Händen hielten und gemeinsam schwiegen. Auch Katrin brauchte kein pulsierendes Leben, sondern zog Spaziergänge vor, ein gutes Gläschen Wein und ein nettes Gespräch. Vor allem ihre Tiefgründigkeit gefiel ihm und dass sie sich für ihn interessierte. Nicht für sein Geld oder die Villa. Sie passten wunderbar zusammen, dennoch dauerte es einige Wochen, bis sie auch im wahrsten Sinne des Wortes ein Liebespaar wurden. Katrin war sehr verletzlich, erzählte nur wenig aus ihrer Vergangenheit oder von ihrer Scheidung, die kein Jahr zurücklag. Wenn sie das Thema dennoch anschnitten, spürte man deutlich, dass sie ziemlich gelitten hatte. Irgendwann erfuhr er, dass es ihr kanadischer Mann mit der Treue nicht so genau genommen hatte. Unzählige Male betrog er sie, bevor sie sich von ihm trennte. Ja, auch das einte sie. Eine unglückliche Liebe, die viele Wunden hinterlassen hatte.
Daran musste Finley denken, als er mit dem Laptop auf dem Schoß im Wohnzimmer saß und selbstvergessen auf die vertrauten Bilder Dublins schaute. Müde rieb er sich die Augen, hob den Blick und ließ ihn durch den Raum schweifen, den er vor kurzem neu eingerichtet hatte. Im Stil des Mid-Century Modern. Banausen wie seine Haushaltshilfe Evelyn hielten das für Altholz oder billigen Plunder. Finley hingegen mochte die klaren Linien und die Funktionalität. Insbesondere verehrte er den dänischen Designer Jacobsen, von dem er sogar einige Originale wie den roten Egg-Chair besaß. Das dazugehörige Sofa erstand Finley ebenso. Aufgrund der geringen Stückzahl lag dessen Marktwert momentan bei fünfzigtausend Euro. Aber das musste er keinem erzählen. Auch nicht, dass er sich wie jetzt manchmal virtuell durch Dublin schlich und sich fragte, ob Maggie oft auf der Half Penny Bridge stand oder beizeiten über die Hafenpromenade schlenderte. Wo sie wohnte oder ausging. Sogar die Citizen-Bank hatte er gefunden und auch dieses Bild im Ordner abgespeichert, den er vor Jahren angelegt hatte.
„Das Essen ist gleich fertig, Boss“, verkündete Evelyn in gewohnt launiger Art und schlurfte zur Tür herein. Sam hatte nicht zu viel versprochen. Diese Frau müsste einen Michelin-Stern für ihre Kochkunst bekommen. Auch beim Rest war Sam nahe bei der Wahrheit geblieben. Evelyn hatte eine rustikale Art, was sich auch an ihrer Kleidung zeigte. Kopftuch, Kittelschürze und stets rote Backen erinnerten stark an eine historische Bauersfrau, die gerade vom Kartoffelfeld kam. Nebenbei war sie tiefgläubig und ging jeden Sonntag zur Messe.
„Was gibt es denn?“
„Gulasch und Klöße.“ Mit verkniffenem Gesicht schaute sie zum neuen Sofa. „Wie jeden Samstag. Das müssten Sie inzwischen wissen.“ Abgesehen von einigen Abstrichen durfte sich Finley nicht beklagen. Evelyn verwöhnte ihn nach Strich und Faden, obwohl sie das nicht einmal unter Folter zugeben würde. Ebenso wenig, dass sie ihn mochte. Das spürte er jedoch, wie den weichen Kern unter ihrer rauen Schale. Vielleicht betrachtete sie ihn als den Sohn, den sie nie hatte, da ihr keine eigene Familie vergönnt gewesen war. Ihr Mann starb nach nur sechs Jahren Ehe. Seitdem war sie alleingeblieben und bewohnte nunmehr das Souterrain seiner Villa.
„Ich wollte mich bloß mit Ihnen unterhalten, Evelyn“, zog er sie auf.
„Über Gulasch!“, raunzte sie und schielte an ihm vorbei. Vermutlich zu Zeus. Als sie die Statue zum ersten Mal erblickt hatte, waren ihr kurz die Gesichtszüge entgleist. „Genug geplaudert. Sie sollten etwas essen, schließlich haben Sie heute nichts gefrühstückt.“ Und da war sie, eine dieser versteckten Liebenswürdigkeiten …
Finley schaute auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor zwölf. Seufzend warf er einen letzten Blick auf die Half Penny Bridge, schloss den Laptop, stellte ihn auf den Tisch und erhob sich. „Ich möchte auf Katrin warten. Sie wollte nach dem Einkaufsbummel vorbeikommen.“ Samstags unternahm sie gerne etwas mit ihren Freundinnen.
„Wie Sie wünschen. Aber wenn die Klöße versteinern wie diese schrecklichen Weihnachtskekse von Ihrer Tante Minnie, bin ich zuletzt schuld, Mister McGarret“, verteidigte Evelyn ihren guten Ruf als Küchenfee. „Sie wissen, wie ich es hasse, wenn mein Essen nicht pünktlich auf den Tisch kommt.“
„Natürlich.“ Finley schloss grinsend das gekippte Fenster. Sonnenlicht flutete über den Garten, der nicht einmal unter Sams Fittichen ein solches Blütenmeer gezeigt hatte. Evelyn schien mit einem grünen Daumen geboren zu sein. „Sie sind mir eine große Hilfe, wissen Sie das eigentlich?“ Lächelnd wandte er sich zu ihr um.
„Haben Sie Pott geraucht?“, fragte Evelyn postwendend und runzelte die Stirn. „Schließlich sind Sie im Gegensatz zu mir nicht gerade für Gefühlsduseleien berühmt.“ Diese Frau war ähnlich gepolt wie Minnie, die sich auch gerne mit Attributen schmückte, die man mit der Lupe suchen musste.
„Ich schätze, dass Katrin einen guten Einfluss auf mich hat.“
Evelyn schob die faltigen Hände in die Schürzentaschen. Auf ihrer schmalen Nase zeigte sich ein kleiner roter Fleck, da sie im Normalfall eine Brille trug. „Haben Sie deshalb dieses schreckliche Sofa gekauft, auf dem ich nicht einmal sitzen darf?“ Die kleine, aber feine Kollektion, stand wie ein Museumsstück in der Ecke. Genauso wollte Finley seine Errungenschaft auch behandelt wissen. Anschauen, jedoch nicht anfassen, weswegen er seine alte Couch behalten hatte.
„Dazu ist das Sofa auch nicht gemacht, Evelyn.“
„Das predigen Sie ständig, aber dann sollte das Ding nicht aussehen wie eins. Ich will’s nur noch einmal gesagt haben. Für mich ist und bleibt es Krempel.“
„Katrin gefällt das Sofa, und mir ebenfalls.“
Evelyns buschige Augenbrauen wurden beinahe zu einem Strich. „Sie mögen die Kleine.“
„Natürlich. Sonst würde ich sie kaum bitten, bei mir einzuziehen.“
Seine Haushälterin nickte, als hätte sie diese Antwort erwartet. „Trotzdem …“, Evelyn räusperte sich, zog die Hände aus den Kitteltaschen und zeigte auf den Laptop, „ertappe ich Sie manchmal dabei, dass Sie mit den Gedanken weit fort sind. Genau genommen in Dublin, sofern ich die Bilder richtig zuordne. Wer ist die Frau, an die Sie beizeiten denken müssen?“ Evelyn hatte mehr mit Minnie gemeinsam, als angenommen. Insbesondere in Sachen Neugier! „So wie gerade eben. Als ich hereinkam, waren Sie wieder in die Fotos vertieft.“
„Schnüffeln Sie mir etwa nach?“, fuhr Finley sie an, weil er sich angegriffen fühlte.
„Ertappen heißt nicht schnüffeln, Mister McGarret“, stellte Evelyn klar. „Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass Sie einer großen Liebe hinterhertrauern.“
„Stopp!“, fiel Finley ihr verärgert ins Wort. „Sie sind lediglich meine Haushaltshilfe. Nicht mehr und nicht weniger. Darum haben Sie kein Recht, sich in meine Privatangelegenheiten einzumischen. Davon abgesehen messen Sie dem zu viel Bedeutung bei. Es ist normal, dass man hin und wieder an jemanden denkt, der einem irgendwann wichtig war. Mit Betonung auf irgendwann.“ Eigentlich brauchte er nichts zu erklären und tat es trotzdem.
„Reden Sie sich das nur weiterhin ein“, zeigte sich Evelyn unbeeindruckt. „Ihre Rechtfertigung bestätigt mich nur noch mehr.“
Finley wandte sich zum Fenster. „Meine Güte, das mit Maggie ist über ein Jahrzehnt her. Keiner trauert einer Liebe so lange Zeit nach.“ Hart klopfte sein Herz gegen die Brust.
Evelyn trat neben ihn. „Doch, eine solche Liebe gibt es.“
„In Märchen, nicht in der Wirklichkeit.“
„Ich liebe Jeff bis heute“, bekannte Evelyn, was ihn verwundert zu ihr blicken ließ. Seit wann öffnete sie ihre Seele? „Er hat mir alles bedeutet, was nicht heißen soll, dass es nach seinem Tod keine Männer gab, die ich nicht geliebt habe.“ Sie seufzte. „Aber da ist diese eine Liebe, an die wir uns stets erinnern. Diese eine Liebe, die uns nicht loslässt. Egal, wie viele Jahre vergehen oder mit wem wir zusammen sind.“ Ihre Augen verschleierten sich. „Natürlich liebt man öfter im Leben, Mister McGarret, allerdings nur einmal so intensiv.“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Und jetzt muss ich Sie erschießen, weil Sie zu viel von mir wissen.“ Ihr Grinsen schaffte es nicht, die Schwermütigkeit aus ihrem Gesicht zu vertreiben. „Rufen Sie mich, wenn Sie essen wollen“, schob sie nach, straffte die knochigen Schultern und verließ das Wohnzimmer.
Nachdenklich blieb Finley zurück und hörte näherkommendes Motorgeräusch. Vermutlich Katrin. Die Frau, mit der er seine Zukunft plante, denn sie wollten zusammenziehen und bald heiraten. Sicherlich, sie legten ein rasantes Tempo vor, doch Sam und Dex hatten das einst ebenfalls getan und waren nach wie vor glücklich. Umso heftiger verdrängte Finley die Schatten der Vergangenheit. Maggie hatte keinen Platz mehr in seinem Leben. Schon lange nicht mehr. Genau genommen, seitdem sie ihn mit ihrer Nachricht zum Teufel geschickt hatte. Nicht zum ersten Mal. Dennoch, wieso beherrschte diese Frau weiterhin seine Gedanken?
Finleys Blick fiel auf den Laptop. Bei nächster Gelegenheit würde er den Ordner löschen, denn damit tat er sich nur selbst weh, obwohl es unfassbar war, dass Maggie immer noch diese Wirkung auf ihn hatte. Dass nur der bloße Gedanke an sie reichte, damit sein Herz schneller klopfte, obwohl sie meilenweit entfernt ein völlig anderes Leben lebte. Dennoch war sie ihm unendlich nahe. So nahe, dass es ihn zutiefst schmerzte. Aus verschiedenen Gründen. Vielleicht konnte er deswegen nicht loslassen, weil er sie nicht losließ? Oder hatte sie diese Macht über ihn, weil ihre Liebe nie eine richtige Chance gehabt hatte? Wie sagte Dex einst?
Man will immer das, was man nicht haben kann.
„Da bist du ja.“ Lächelnd kam Katrin auf ihn zu und seufzte wohlig, als er sie fest in seine Arme zog. „Oh, da hat mich scheinbar jemand vermisst“, flüsterte sie lächelnd und gab ihm einen liebevollen Kuss. In diesem Moment schwor sich Finley, dass er alles tun würde, um sie glücklich zu machen. Denn Katrin hatte es verdient, dass er nur an sie dachte, wenn sie sich küssten. Dass er sie berührte, wenn sie miteinander schliefen und sie sollte es sein, die er in seinen Armen hielt. Deren Duft er wahrnahm, die er zärtlich ins Haar küsste, mit der er gemeinsam einschlief und aufwachte.