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Los geht‘s
ОглавлениеApril 2014: Schon wieder saß ich abends eingekuschelt in meiner Bettdecke vor dem Fernseher und musste durch die Nachrichten erfahren, dass Hunderte von Menschen auf der Flucht vor Hunger und Krieg im Mittelmeer ertrunken sind. Wie oft hatten die Medien schon davon berichtet? Und wie oft hatte ich mir schon gesagt, dass es nicht sein könne, dass wir Europäer tatenlos dabei zusehen, wie zigtausende bei der gefährlichen Überfahrt sterben?
Einmal mehr fühlte ich mich schuldig. Auch, weil ich von meinem sicheren Bett aus immer wieder aufs Neue das Leiden der anderen betrachtete und ein »Da muss doch etwas gemacht werden« vor mich hin murmelte, nur um dann schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen, anstatt das zu tun, was meiner sozialen Verantwortung und meinen politischen Ansichten entspräche: den Geflüchteten zu helfen, die es bis in meine Stadt – Berlin – schaffen.
Und so beschloss ich an diesem Abend, nicht länger tatenlos zuzusehen, sondern mich endlich selbst zu engagieren. Auch, um mein Gewissen zu beruhigen. Denn wer von uns fühlt sich nicht zumindest etwas schuldig, wenn er die Bilder der am Strand angeschwemmten toten Geflüchteten sieht? Menschen, die nicht weit von uns entfernt eines elendigen Todes sterben, während wir uns Gedanken darüber machen, wo wir den nächsten Urlaub verbringen …
Ja, natürlich haben wir ein Recht darauf. Und nein, es bringt nichts, wenn wir wegen ihres Leides den ganzen Tag weinend zu Hause sitzen. Am wenigstens den Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Aber wäre es nicht anständig, ein bisschen von unserem Glück an vom Schicksal weniger begünstigte Menschen abzugeben?