Читать книгу Scheidungskind Samantha - Bine Thunder - Страница 4
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ОглавлениеD iese sich tatsächlich zugetragene Geschichte beginnt mit dem Ende, wobei ein Ende auch einmal ein Anfang sein kann …
… Samantha, erinnerst Du dich noch an unsere wunderschöne Ferienreise im Sommer vor drei Jahren? Wir, das waren Dein Papa und Du, wir fuhren mit unserem Wohnmobil kreuz und quer durch Süd-Deutschland und ich erfüllte dir dabei Deinen Wunsch, viele Freizeit-Parks zu erkunden.
Wir kamen ins „LEGO-LAND“ in der Nähe von Günzburg bei Ulm, wo wir sehr viel Spaß und noch viel mehr Zeit mit einander hatten.
Erinnerst Du dich noch an unsere, doch so oft besuchte Holz-Wasserbahn, wo wir nach der Auffahrt im oberen Wasser-Labyrinth, mit Piter Thunder zum ersten Mal zusammen getroffen waren?
Drei Jahre und zwei Tage später beschloss „Piter Thunder“ für immer (?) aus Deinem, noch so jungen Leben zu verschwinden …
***
Piter Thunder
geb. 26.09.XX … gest. 12.07.XX
in Sorge um seine Tochter Samantha, die jedoch nichts damit anfangen konnte.
Von Beileids-Bekundungen ist Abstand zu nehmen, da diese sicherlich auch nur geheuchelt sind.
Auch zukünftige Handyanrufe sind zu unterlassen, denn in diesem Bereich wird nicht mehr kommuniziert!
***
Am Meisten hat Piter Thunder bereut, Dich nicht lange behalten zu dürfen, aber das Leben erzählt bekanntlich viele Geschichten, die eigentlich nur eine Geschichte ist …
Es war in der Mitte des Wonnemonats Mai, im einundzwanzigsten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.
Mein Papa „durfte“ wieder einmal zum Familiengericht nach Neker anreisen, da hier eine erneute Verhandlung, wegen des Umgangsrechtes an stand.
Mein Papa hatte hierzu mir einen Brief geschrieben und mir erzählt, dass er dem zusätzlich von meiner Mutter gestellten Antrag, zustimmen werde.
Toll, dachte ich, meine Eltern werden sich doch nicht mehr bekriegen und sie wollten, dass ich selbst bestimmen darf, wann und wo ich mit meinem Papa telefonieren darf.
Für was so alles die Erwachsenen ein Gericht benötigen, war mein Gedanke.
Papa wollte noch erreichen, dass ich über meine Ferien-Aufenthalte und deren Dauer selbst bestimmen darf, da er der Meinung war, dass ich seine Tochter, reif und alt genug war, hier für mich die richtige Entscheidung selbst zu treffen.
Ach ja, darf ich mich erst einmal vorstellen?
Ich bin Samantha, ein Mädchen von elf einhalb Jahren, geboren am 24. Dezember, wo die Welt noch in Ordnung war und sich meine Eltern noch sehr lieb hatten …
Man(n) oder Frau soll ja hin und wieder versuchen Anderen seine Meinung aufzuzwingen und so hatte ich den sehnlichsten Wunsch, Weihnachten, genauer schon den Hl. Abend mit Mama und Papa zu verbringen, aber bis dort hin war es noch eine schwere Zeitreise, bis ich das Licht der Welt erblicken durfte …
Meine Mama und mein Papa hatten am 23. Dezember, den Vorabend meiner Geburt, bei einer lieben ehemaligen Nachbarin verbracht. Diese liebe Frau hatte einen ganzen, ofenwarmen Brotlaib eingekauft und der Geruch strömte durch das Treppenhaus als meine zukünftigen Eltern nach Hause kamen.
Dies war doch ein Grund zum Läuten und meine Eltern in Spe, wurden herein gebeten. Meine Mutti konnte diesem schönen, warmen, knusprigen Mischbrot nicht widerstehen, allein der feine Geruch ließ jedes Genießerherz höher schlagen, einfach nur lecker und der Laib wurde angeblich komplett und gemeinsam „verputzt“, mir im Bäuchlein von Mama wurde es ganz schön eng …
Jeder Tag und auch jeder Abend musste einmal zu Ende gehen und so verschoben meine angehenden Eltern das Vorweihnachtliche Baumschmücken und das Aufstellen, auf den folgenden Hl. Abend, so dachten zumindest die angehenden Eltern, ha, ha. Der Verzehr des frischen, warmen und so lecker schmeckenden Brotes stellte nun die vorweihnachtliche Nacht total auf den Kopf.
Meine Mama schlief in dieser Nacht besonders unruhig, was sich natürlich auf mein immer enger werdendes Zuhause derart auswirkte, dass ich mich mit kleinen Fußtritten bemerkbar machen musste.
Ich konnte damals noch nicht zählen, aber Mama ging in dieser Nacht mehr als einmal zum „Pullern“, Papa hatte dagegen schon immer einen guten und festen Schlaf.
Gegen Morgen, naja sagen wir einmal, wenn die Bäcker normal in der Backstube stehen, wurde meine Mama sehr unruhig und sehr hektisch, etwas „feuchtes“ entfleuchte ihr und nun wollte Mama vehement ins Krankenhaus. Papa versuchte noch etwas Zeit zu schinden und er wollte erst die regelmäßigen Wehen abwarten, aber Mama setzte sich mit ihrem Dickkopf durch und so fuhr Papa seine kostbare Fracht in das bereits seit langen feststehende Krankenhaus, gute fünfunddreißig Kilometer von unserem Wohnort entfernt.
Die Nachtschwester erledigte die Aufnahme-Formalitäten und führte die erforderlichen Eingangs-Untersuchungen durch, danach wurde meinen werdenden Eltern ein wunderschön, eingerichtetes Doppelzimmer, schöner als in so manchen Hotel, zugeteilt.
Das lange, nervenaufreibende Warten auf die bevorstehende Geburt konnte fortgesetzt werden, aber lange hat es meine Mutti mit mir nicht ausgehalten, irgend etwas Beunruhigendes lag in der Luft, besser in meinem Fruchtwasser, jemand hatte so schien es mir den Stöpsel gezogen …
Die Nachtschwester wollte meiner Mama etwas Entspannung und Ablenkung zu kommen lassen, also erst einmal in das warme Wasser der Unterwasser-Geburtswanne. Ich fand die anfängliche Ruhe schon sehr angenehm, aber mich befragte in diesen Moment keiner, wie sollte er auch mich erreichen? Meine Mama fand dies echt ätzend, nach ein paar Minuten war die doch so beruhigende Lage für mich, schlagartig vorbei. Also wieder raus aus der Wanne und ab zu X-ten Male zum „Pullern“. Mein zukünftiger Papa, noch die Ruhe selbst, konnte einem leid tun, er machte alles ohne Murren mit, sogar auf die Toilette begleitete er die Mama, er meinte es sei besser so, falls das Baby und das war ich, doch noch früher heraus wollte. Nach dieser unfreiwilligen Pflichtübung wurde die Wasserkür fortgesetzt, aber so beruhigend, wie die Schwester einst meinte, so wurde es leider nicht.
Mit einer Unterwasser-Geburt sollte es nun nichts mehr werden, ich legte auch keinen großen Wert mehr darauf und außerdem wurde ich auch nicht gefragt, ich musste oder „durfte“ zum ersten Mal die Unruhe und die Hektik meiner Mutter ertragen, sollte dies mein erster negativer Eindruck von der „lieben“ Welt da draußen sein?
Sicherlich war es auch eine gute Idee darauf zu verzichten, mit dem Wasser hatte ich so meine liebe Not, schwimmen und wohlfühlen im kalten oder warmen Nass, dafür hatte ich erst mit neun Jahren mein Glücksgefühl.
Bei all dieser Aufregung verging die Zeit wie im Fluge, für mich war es zwar dunkel wie immer, aber ich konnte verspüren, dass Heute noch ein besonderes Ereignis in der Luft lag, nun ging es in den berühmt, berüchtigten Kreißsaal, wo aller „Beschiss“ im Leben anfängt …
Papa erzählte mir später, dass dieser Saal nicht kreisförmig, sondern rechteckig war und so beginnt in fast jeden Leben, das Dasein mit einem kleinen Schwindel. Dieser „hübsche“ Saal war mit Paravents unterteilt und je nach Nachfrage oder Frequentierung, erledigten einige Mütter ihr „Geburts-Geschäft“.
Als wir noch als „Doppelpack“ dorthin gebracht wurden, da war bereits eine andere Mama mit ihrer Schwerarbeit beschäftigt. Die Tonleiter wurde rauf und runter gestöhnt und geschrien, manchmal wie ein Wehklagen, langgezogen, schrill bis an die Trommelfell-Schmerzgrenze, das konnte ja noch heiter werden.
Nun wurde bei uns Beiden die Vorbereitung getroffen, mein Papa war selbstverständlich mit von der Partie, er wollte dabei sein wenn ich das Licht der Welt erblickte. Schon während der Schwangerschaft war Papa zu allen Arztterminen mit gekommen, hatte mich schon auf den Ultraschall-Bildern, vorab zu Gesicht bekommen, meine kleine Stupsnase war damals schon als Erkennungszeichen ausfindig zu machen. Er war dabei, als bei meiner Mutti eine Fruchtwasser-Untersuchung anstand. Papa erzählte später einmal, wie man auf dem Monitor genau sehen konnte, wie ich im Fruchtwasser im Mutterleib, um die Injektionsnadel ausgewichen war und mich dabei davon bewegte.
Ein besonderes Vergnügen bereitete meinen Papa der wöchentliche Besuch, in den letzten Schwangerschafts-Wochen des Geburts-Vorbereitungs-Lehrganges, er war einer der wenigen Väter, die daran teilnahmen. Aber Papa war schon immer etwas anders als die üblichen Väter und das war sicherlich nicht verkehrt …?
Die Geburts-Wehen und das im Kurs erlernte „Hecheln“ hat Papa beherrscht wie kein Anderer und dieses Hecheln, das Unterstützen bei der Geburt, sollte noch von ganz großer Hilfe sein.
Die Wehen-Abstände wurden nun immer kürzer und erhielten eine gleichmäßige Resonanz, mit anderen Worten, „ich wollte nun endlich hinaus, ich hatte jetzt die Faxen meiner Mutter satt“.
Mit dem „Fahrstuhl“ ging es mehr schlecht als recht durch den Geburtskanal und dann war erst einmal große Pause angesagt, nix ging mehr, Mutti war fix und alle, Bock hatte sie auch keinen mehr, sie wollte ihre Klamotten zusammen packen und nach Hause …
Super … und wie es mir dabei ging, wer interessierte sich dafür?
Die Wehen waren weg, ich lag vor dem Licht der Welt, Papa konnte meinen Haarschopf schon sehen, aber nichts rührte sich, ich hing hilflos fest, nun war guter Rat teuer und es sollte nachgeholfen werden.
Mutti bekam erst einmal eine Standpauke von der Hebamme, was sicherlich angebracht war, sie sollte gefälligst intensiver mitarbeiten, denn schließlich ginge es ja um MICH!
Manchmal hilft bei störrischen Menschen nur eine Radikalkur, also einen „Pickser“ in Muttis Po und die nicht überhörbare Aufforderung noch einmal alle Kräfte für den Endspurt zu mobilisieren. Mit der nächsten Wehe schaffte ich den „Flutsch“ nach Draußen, aber nur mit meinem Köpfchen und meiner kleinen Stupsnase.
Ich hing zum ersten Mal in meinem noch sehr jungen Leben fest, vorher war alles noch schön warm, gedämpftes Licht, Zimmerlautstärke und nun pfiff der erste raue Wind um mein feuchtes Wuschel-Köpfchen, laut und voller Unruhe nahm ich meine Umgebung wahr und ich steckte in der Klemme, fest zwischen den Beinen meiner Mutter.
Kein Vor und kein Zurück, halb da, halb drinnen, noch nicht richtig auf der Welt, wie sollte dies wohl weiter gehen?
Die nächste Wehe sollte nun die Entscheidung bringen, noch einmal alle Kräfte gebündelt, ein kräftiger Ruck und ich war da, ein echtes
Christkind,
geboren am Hl. Abend und ich hatte dies doch bestens hinbekommen oder …?
Mein erster Geburtstag konnte gefeiert werden, ich war angekommen in der reellen Welt, ich war geboren …!
Wenn das kein Glückstag war?
Papa hatte dann seinen großen Auftritt, mit einer OP-Schere trennte Papa mich von meiner Mama, er zerschnitt das Band, das uns neun Monate verband. Ein kleiner Schnitt, aber ein ganz großer Schritt in mein neues Leben, dass noch sehr viele Überraschungen für mich bereit halten sollte.
Kurz danach wurde ich noch vermessen und gewogen, ach ja mein weibliches Geschlecht wurde auch noch festgestellt, aber das wussten meine „neugierigen“ Eltern schon seit der Fruchtwasser-Untersuchung. Der erste Check verlief zufrieden stellend, ich wurde meiner Mutti an die Brust gelegt, aber Fehlanzeige, ich hatte nach dieser Tortour und all den Anstrengungen, dem Festsitzen, und dem Abnabeln, keinen Bock auf Essen und war es in noch so schöner Form angeboten, wie bei Mamas Brust.
Mutti ging es nicht ganz so „lecker“, sehr starke Blutungen stellten sich ein und hörten nicht auf zu bluten, ein Ärzteteam wurde in den rechteckigen Kreißsaal gerufen, der Geburtsstuhl wurde im Handumdrehen, mit wenigen Griffen, in einen OP-Tisch umgewandelt, zuerst erfolgte eine Akupunktur, danach eine Vollnarkose mit lebensnotwendiger OP.
Ich wurde mit Papa hinausgeschickt, nur eingewickelt in eine leichte Decke, hinaus in die noch ungewohnte, grausame kalte Welt der Krankenhausflure. Das Leben meiner Mutti war nun viel wichtiger, es hing am berüchtigten seidenen Faden, ich war gut aufgehoben und war bei meinem Papa.
Papa versteckte mich unter seinem aufgeknöpften Hemd, ich verspürte Geborgenheit, hier war es schön kuschelig und warm. Ich stellte mir vor, dass es ein Leben lang so bleiben könnte, das wäre sicherlich Super.
Später erzählte Papa mir, dass ich nun Hunger bekommen hatte und mich schmatzend, unter dem Hemd auf Nahrungssuche begab, aber leider fand ich nichts, wo Milch und Honig floss, ich hatte Brand …
Eine vorbeikommende Schwester versorgte mich mit dem ersten Willkommens-Trunk …
Prost meine Lieben, Fröhliche Weihnachten, ich bin endlich da … angekommen in meiner Familie.
***
28. Dezember in meinem noch so jungen Leben, ganz schön anstrengend, was so auf mich zugekommen war, wie schön war es doch in Mamas Bauch, keine Termine, mollig und kuschelig und nun der Rhythmus des Krankenhaus-Alltages mit Wecken, Windel wechseln, Waschen, Abtrocknen, An- und Ausziehen und ab und zu zur Mutti an die Brust, danach „Bäuerchen“, abglucksen, Abholen der Streicheleinheiten und so KO sein, auf was hatte ich mich nur eingelassen?
Papa verbrachte jeden Tag im Krankenhaus, stolz wie ein „Gockelhahn“ ging er auf der Säuglingsstation den Schwestern zur Hand, es war abgeminderter Feiertags-Dienst.
Aber Heute sollte es nun endlich nach Hause gehen, aber zuvor noch eine Hiobs-Botschaft, die Ärzte wollten mich im Krankenhaus behalten. Mutti hatte sich angeblich in der Schwangerschaft eine Art der Blutvergiftung zugezogen, wahrscheinlich eine Infektion mit Katzenkot bei der Gartenarbeit, Dinge gibts, die gibt es gar nicht!
Die Ärzte machten darauf aufmerksam, dass diese Vergiftung bei mir später böse Folgeschäden, wie Schäden am Gehirn auslösen könnten.
Eine Entscheidung musste nun gefällt werden, auf der einen Seite freuten sich meine Eltern mich mitnehmen zu können, andrerseits wollten sie auch kein Risiko eingehen und die Bedenken der Ärzte in Frage stellen.
Guter Rat war teuer oder besser gefragt …
***
Ein junger Assistenzarzt brachte als Alternative das Kinderkrankenhaus am Rande der Stadt in die Gesprächsrunde, hier könnte der Aufenthalt des Kindes sehr minimiert werden. Er stellte in Aussicht, dass einige Tage mit Übernachtungs-Möglichkeit für einen Elternteil und eine ambulante Beobachtung mit erforderlicher Therapie bestehen würde.
***
Meine Eltern entschieden sich für dieses Modell, dass bedeutete, Packen und nichts wie nach Hause, wollte nun endlich mein neues Zuhause kennen lernen.
Das war eine große Freude, denn meine Mama hatte auch noch Geburtstag und den wollte sie schon mit mir zu Hause feiern.
Ein kalter Wintertag mit Schneegestöber und Minus-Temperaturen erwartete uns vor der Kinderklinik, Papa fuhr mit dem vorgeheizten Auto vor und schnell war seine kostbare Fracht eingeladen. Wir begaben uns auf den Heimweg und ich schlief beruhigt in meinem Babykörbchen ein, nach vierzig Minuten waren wir am Stadtrand angekommen. Mein neues Zuhause war ein Traumhaus, wie ich später noch kennen lernen sollte, es hatte mein Papa und meine Mama entworfen und zum Teil selbst gebaut und kurz vor meiner Geburt sind meine Eltern dann erst eingezogen, so als Vorhut, wie man so schön sagt …
Das Haus war ein wahres Schmuckstück geworden, es stand auf einem Grundstück, dass im hinteren Teil an ein kleines Wäldchen anschloss und es war auf einem wunderschönen Golfplatz-Areal, es war zur damaligen Zeit der Lebenstraum meines Vaters, aber das sollte sich eines Tages noch bösartig entwickeln …
***
Am Abend kamen Freunde und Bekannte, Geschwister von Mama, Oma und Opa, sowie Mamas Lieblings-Onkel, ein buntgemischter Teller, mein Papa sagte später: „… unsere bucklige Verwandschaft“.
Ich stand natürlich im Mittelpunkt, ohne zu wissen was dies bedeutet, Jeder schaute mit seinen abgegebenen Kommentar in mein Körbchen, wo es fast so kuschelig war wie in Mamas Bauch, nur wenn mein Höschen voll war, dann war „Rabats“ angesagt.
Das große Stimmengewirr riss mich des Öfteren aus meinem Schönheits-Schlaf, Rücksicht ist leider vielen Menschen gleichgültig, Mama hatte ja Geburtstag und da drückte man schon einmal ein Auge oder beide zu.
Es war eine kleine Feier, denn Mama war selbst noch sehr schwach, trotzdem hatten einige Besucher mit Mamas Erlaubnis im Raum geraucht, was sollte das? Stand hier schon einmal ein Machtkampf an?
Gegen dieses Qualmen von Zigaretten in der Wohnung, hatte ich später noch sehr große Abneigung, aber schön der Reihe nach.
Vor der Geburt hatte meine Mama das Rauchen aufgegeben oder auch nur eingestellt und es war ausgemacht, dass nur auf der Terrasse geraucht werden darf und mit dieser Maßnahme sollte unser Zuhause für immer eine rauchfreie Zone bleiben.
Meine ersten Lebenswochen und Monate gingen mit dem üblichen Alltags-Kram und den auferlegten Untersuchungen im Kinder- Krankenhaus sehr gut über die Runden, nur was mich damals schon störte war der Rauchgeschmack bei meiner Mutter, denn sie qualmte wieder wie ein Ofen!
An den Wochenenden kamen regelmäßig Oma und Opa um zwei Uhr, zum Kaffee, pünktlich wie die Maurer, Papa hatte hier höchst diplomatisch, die Zusammenführung zu Stande gebracht. Meine Mama und ihr Papa, mein neuer Opa, hatten früher kein sehr gutes Verhältnis, wenn man überhaupt von einem Verhältnis reden konnte.
Die Stimmen und die Gesichter meiner Groß-Eltern sind mir jedoch schon sehr gut vertraut.
Große Abwechslung in meinem noch so jungen Leben, sind die täglichen Ausfahrten mit dem Kinderwagen, wenn da nicht jeweils das lästige Anziehen in den dicken „Astronauten-Anzug“ wäre, aber es war hier am Stadtrand von Berlin bitterkalt und es bestand die große Gefahr, dass ich mir mein kleines Stupsnäschen verfriere. Das Thermometer hatte seit Tagen nicht mehr die Kraft in den Plusbereich zu klettern und zu allen Übel hatten wir auch noch genügend Schnee im Nordosten von Deutschland.
Die Tage sind noch kurz, die Nächte lang und zum Teil bitterkalt, Papa meinte zwar „Arschkalt“, aber dies war sicherlich das Gleiche? Es schien hier der „Eisschrank“ der Nation zu sein, mein Papa kommt aus den Bergen und war stets der Meinung, dass dort die kälteste Region von Deutschland war?
Die Vorboten des Frühlings liesen doch noch lange auf sich warten, das Thermometer kletterte zwar wieder etwas nach Oben und die ersten, wärmenden Sonnenstrahlen liesen viel Optimismus aufkommen. Die Natur erwachte aus ihrem Winterschlaf, frisches Grün breitete sich aus und Ostern stand vor der Tür und wir feierten zu Dritt oder auch mit der „buckligen Verwandschaft“ dieses Fest, viel hatte ich da sicherlich nicht mitbekommen, aber ich war dabei und dieser Gedanke zählte.
Mama und Papa beschlossen sich zu trauen, es sollte eine tolle Hochzeit mit allem Schick gefeiert werden, um so auch vor dem Gesetz zu bestehen, der Gedanke war beschlossene Sache und der Termin auf dem Standesamt wurde für den Wonnemonat Mai festgelegt.
Es folgte der ganze Vorbereitungskram, wie Mutti mir später erzählte, dazu die Einladungen, das Hotel mit dem Hochzeits-Menü wurde ausgesucht und Mutti machte ein großes „Gedönse“ um ihr Weißes Hochzeits-Kleid, Papa kaufte einen Smoking, das war so`n Ding mit Pinguin-Flügel, dazu als Überraschung eine Hochzeits-Kutsche für das Brautpaar, meine schicken Eltern.
Ein sonniger Samstag sollte der schönste Tag für meine „Erzeuger“ werden …
Papa erzählte mir später einmal, dass der schönste Tag in seinem Leben, der Tag meiner Geburt war, ohne wenn und aber!
Aber irgend etwas musste in den folgenden Jahren nicht nach Plan verlaufen sein …?