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Ehe, Männer und andere Katastrophen

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Zu den unübersehbaren Hinterlassenschaften menschlicher Nestflüchter zählt in vielen traurigen Fällen ein Hund. Und Hunde sind wesentlich langlebiger als Goldhamster. Im Gegensatz zu ihnen unglaublich pflegeintensiv. Dieser Widrigkeiten bewusst, hatte ich mich seinerzeit auch vehement gegen die Anschaffung eines Schmus-, Kläff- und Knuddeltieres ausgesprochen. Allerdings vergeblich, ich wurde (wieder einmal) überstimmt. Und nun gehört Susis Liebling, der kleine Frühstücksbutterdieb, zu meinen Freizeitbeschäftigungen. Susi meint, sie habe ein gutes Werk getan. Sie hat sich von ihrem Liebling getrennt und ihn mir überlassen. Schließlich wüsste ich sonst doch nichts mit meinem kinderlosen Dasein anzufangen.

Da habe ich ihn nun, und er hat mich. Gemeinsam müssen wir unsere schwere Depression meistern, die die endgültige Trennung von Susi ausgelöst hat. Stundenlang schnüffeln wir zusammen im Park: Ich in mein Tempotuch, weil ich trotz Grippe Gassi gehen muss, und Strolchi an den bewussten Bäumen, die ihn die beiden einzigen unvergesslichen Spaziergänge mit Susi erinnern.

Es ist ja nicht so, dass Hunde an sich etwas Lästiges sind. Ich habe Strolchi früher auch überwiegend auf seinen Spaziergängen begleitet. Aber er war doch Susis Hund. Und nun ist er mein Hund und kapiert nicht, dass es lange Wochenenden gibt, an denen ich davon träume, auszuschlafen. Er sieht sich genötigt, mit lautem Gebell kund zu tun, dass er dringend muss und dass Nachbars Lumpi längst vor die Tür darf. Er selber sitzt doch im goldenen Käfig, aus dem er mit eigener Kraft nicht rauskommt. In solchen Momenten denke ich nicht besonders freundlich an Susi.

Ach, wie wäre es doch schön, wenn Strolchi sich an Regentagen in den bewussten Goldhamster verwandeln, sein Lauftraining im Laufrad und seine Notdurft in der Sägespäne verrichten würde. Aber nein, ich muss hinaus ins in feindliche Leben, wo randvolle Pfützen darauf lauern, dass rasante Autofahrer wehrlose Frauen und frisch gebadete Hunde bespritzen. Susis Papa drückt sich vor der Aufgabe des Gassi Gehens. „Susi hat ihn dir ans Herz gelegt, nicht mir!“ ist seine fadenscheinige Ausrede.

Beim nächsten überraschenden Besuch (gewöhnlich gegen Ende des Monats, wenn im Kühlschrank (bei Susi) die gähnende Leere eines hochmotivierten Weight Watchers herrscht, strahlt Susi mich an: „Bist du nicht überglücklich, dass ich dir meinen süßen Strolchi überlassen habe? Da hast du doch bestimmt keine Langeweile, kommst immer an die frische Luft und hast ausreichend Bewegung.“

Zeigen sie mir die Mutter, die jetzt sagt: „ Dir tät Bewegung auch ganz gut!“ Aber sowas denkt eine Mutter nur. Denn Tochter Susi, die leicht eingeschnappt ist, könnte möglicherweise Strolchi packen und mit in ihre Studentenbude nehmen. Das wollen sie dem armen Tier doch ersparen.

Hochbrisant wird die Lage jedes Mal, wenn mein Mann eine tolle Geschäftsreise macht und mich mitnehmen will. Wo soll Strolchi hin? Susi hat dann grundsätzliche keine Zeit, sie studiert doch, da hat man keine freie Minute. Das weiß doch jedes Kind. Andererseits ist Susi strikt dagegen, dass man ihren Liebling in eine Hundepension gibt.

Was also tun?

Geschäftsessen im „Cipriano“ in Venedig oder „Chappi“ zu Hause? Schnell überreden mich Strolchis treue Augen für letzteres. Venedig muss warten. Strolchi lebt ja auch nicht ewig.

So schmuse ich mit Strolchi statt mit Herrchen. Was eigentlich auch gar nicht so schlecht ist, denn er hört aufmerksam zu, wenn ich was erzähle.

Und was ihn über alles erhebt: Strolchi bringt keine schlechten Zeugnisse nach Hause, sondern hinterlässt höchstens draußen welche, um Nachbars Lumpi zu ärgern.

Wenn Papa und Mama in letzter Zeit ihre gemeinsame Zeit als Rentner planen, ist das in Gedanken stets ein Hund namens Strolchi mit von der Partie. Susi sei Dank.

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