Читать книгу Todesfolge - Schweden-Krimi - Björn Hellberg - Страница 4
Der erste Herbst
Оглавление»Es ist also wirklich dein Ernst, dass wir ihn opfern sollen?«
»Du drückst dich so drastisch aus.«
»Aber darauf läuft es doch hinaus, oder?«
»Wir müssen ja nicht gleich das Schlimmste annehmen.«
»Er ist das Liebste, was wir haben.«
»Ja, auf der Erde. Ganz deiner Meinung.«
»Aber wir leben und schaffen nun mal hier auf der Erde. Jedes Leben hat seine Zeit.«
»Laura!«
»Ich wollte nichts Ketzerisches sagen.«
»Ich liebe ihn auch. Genauso sehr wie du.«
»Und trotzdem ...«
»Trotzdem was?«
»Trotzdem stimmst du einer ärztlichen Behandlung nicht zu.«
»Du bist doch selbst mit dem Standpunkt der Gemeinde einverstanden.«
»Die Gemeinde kann mich mal!«
»Bitte schrei doch nicht so.«
»Entschuldige, aber hier geht es um unseren Sohn, begreifst du das nicht? Und er kann gerettet werden, wenn du deine Härte ablegst.«
»Mit Härte hat das überhaupt nichts zu tun. Das solltest du begreifen.«
»Ich kämpfe um unser einziges Kind und sein Recht zu leben. Ein Achtjähriger, der noch alles vor sich hat!«
»Es gibt etwas, das wichtiger ist als wir Menschen.«
»Was kann wichtiger sein als unser Sohn?«
»Und das fragst du, nach all den Jahren? Die himmlischen Werte natürlich.«
»Für mich wird mein Kind immer Vorrang haben.«
»Schweig jetzt still! Versündige dich nicht, Frau. Was ist in dich gefahren? Dies ist das Haus Gottes, und ich dulde keine Entweihung, auch nicht aus deinem Mund.«
»Die Liebe zu meinem Sohn ist doch keine Entweihung. Zu unserem Sohn. Steht nicht in der Schrift, dass es die Pflicht der Mutter ist, ihre Nachkommenschaft zu schützen?«
»Vielleicht hast du nur nicht gewusst, was du da eben gesagt hast, also vergessen wir es.«
»Du gibst also nicht nach? Bist in dieser Frage nicht zu bewegen? Wirst deine Meinung nicht ändern?«
»Wir haben unser Schicksal nicht selbst in Händen. Die Entscheidung liegt in höheren Händen als denen des modernen Gesundheitswesens. Vertrauen wir darauf, dass sich alles zum Besten finden wird. Lass uns zusammen beten, um Klarheit zu finden. Fassen wir Zuversicht.«
»Bei dir hört sich das so einfach an, so ... harmlos.«
»Wir müssen uns an Gottes Wort halten, das weißt du so gut wie ich. Denk an Abraham, der bereit war, auf Befehl des Herrn seinen Isaak zu opfern.«
»Komm mir jetzt nicht wieder damit.«
»Er hatte das Messer erhoben, ohne jeden Zweifel bereit, sich dem göttlichen Befehl zu fügen, obwohl er Isaak so vollkommen liebte, so vorbehaltlos.«
»Ich bin nicht wie Abraham. Ich will nicht dazu beitragen, dass der, den ich am allermeisten liebe, ein viel zu frühes Ende nimmt.«
»Du weißt, was geschah. Gott hat den Ritus aufgehalten und ließ Isaak am Leben. Er wollte nur den Beweis von Abrahams vollkommener Treue. Den er bekam. Niemand kam zu Schaden. Fassen wir also Zuversicht, legen wir alles in die Hände des Herrn.«
»Und wenn das Schlimmste eintrifft?«
»Das wollen wir nicht hoffen.«
»Aber wenn doch?«
»Dann ist es Sein Wille. Es entzieht sich menschlichem Einfluss, wir können uns nur mit dem Unabänderlichen abfinden, ob wir wollen oder nicht.«
»Jetzt nimm doch endlich einmal Vernunft an! So weit muss es doch gar nicht kommen! Noch können wir den Verlauf stoppen.«
»Opfer hat es immer gegeben und wird es immer geben. Abraham ist bei weitem nicht der Einzige, der ...«
»Ich verachte Abraham, weil er sich nicht auf sein eigenes Urteil verließ, weil er nicht auf sein Herz hörte. Und ich bezweifle stark, dass er überhaupt echte und tiefe Gefühle für seinen Sohn hatte. Hätte er Isaak wirklich geliebt, dann wäre ihm nie auch nur in den Sinn gekommen, ihn zu töten, sondern er hätte so einen wahnsinnigen, unchristlichen Befehl an sich abprallen lassen.«
»Das will ich nicht gehört haben.«
»Eine Mutter hätte sich nie wie Abraham verhalten, ganz gleich, was Gott ihr befohlen hätte. Sie hätte ihm getrotzt, ohne sich um die Folgen zu scheren.«
»In der Geschichte von Gottes Befehl an Abraham geht es im Grunde um Glauben und Gehorsam.«
»Glaube und Gehorsam! Das zeichnete auch Hitlers Schergen aus, nicht wahr?«
»Schweig jetzt, Laura. Ich verstehe, dass du außer dir bist und nicht weißt, was du da sagst, aber du musst aufhören, bevor es zu spät ist, ist das klar?«
»Du lässt ja überhaupt nicht mit dir reden. Hast du denn gar kein Herz?«
»Bitte, liebe Laura, beruhige dich.«
»Liebst du mich?«
»Was für eine Frage. Ja, das weißt du doch. Ich habe dich immer geliebt. Jetzt mehr denn je.«
»Aber dann ...«
»Vertrau mir. Und Ihm.«
»Ich weiß, das sollte ich, aber es ist so schwer. So furchtbar, nicht zu wissen ... die ganze Zeit diese schreckliche Angst vor dem zu haben, was geschehen kann.«
»Glaube versetzt Berge, vergiss das nicht.«
»Dann muss ich es wohl versuchen. Aber wenn Lars ...«
»Wein nicht, Laura, bitte weine nicht.«