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KAPITEL ACHT

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Riley lief in ihrem Wohnzimmer auf und ab.

Sie sagte sich, dass sie sich einfach entspannen sollte, dass sie seit ihrem Urlaub ja wusste, wie das ging. Doch jedes Mal erinnerte sie sich an das, was ihr Vater in ihrem Albtraum zu ihr gesagt hatte…

„Du bist ein Jäger, genau wie ich.“

Im Moment fühlte sie sich sicherlich nicht wie ein Jäger.

Viel eher wie ein Tier im Käfig, dachte sie.

Es war der erste Schultag, und sie hatte die Mädchen gerade zur Schule gebracht. Jilly war höchsterfreut, endlich dieselbe High School wie ihre Schwester zu besuchen. Die neuen Schüler und ihre Eltern hatten die typische Begrüßungsrede im Hauptauditorium erhalten. Anschließend hatte es eine kurze Führung durch die Klassenzimmer gegeben. April konnte zusammen mit Riley und Jilly an der Führung teilnehmen.

Obwohl Riley nicht die Möglichkeit gehabt hatte, mit jedem Lehrer ausführlich zu sprechen, war es ihr gelungen, sich allen als Jillys Mutter und April als Jillys Schwester vorzustellen. Einige von Jillys neuen Lehrern waren auch schon einmal Aprils Lehrer gewesen und wussten nur Gutes über sie zu berichten.

Als Riley nach der Einführungsveranstaltung noch bleiben wollte, machten sich beide Mädchen über sie lustig.

Und was willst du machen?“, hatte April gefragt. „Mit Jilly zusammen im Unterricht sitzen?“

Riley hatte geantwortet, dass sie vielleicht genau das tun sollte, nur um ein entsetztes Stöhnen von Jilly zu hören zu bekommen.

„M-o-o-o-m! Das wäre so uncool!“

April hatte gelacht und gesagt: „Mom, jetzt sein nicht so ein ‘Kopter!“

Als Riley gefragt hatte, was ein „Kopter“ sei, hatte April ihr erklärt, dass das Wort für „Helikopter-Eltern“ stand.

Eines dieser Worte, die ich kennen sollte, hatte sich Riley gedacht.

Jedenfalls hatte Riley Jillys Gefühle respektiert und war nach Hause gefahren – und nun war sie hier. Gabriela war mit einer ihrer unzähligen Cousinen zum Mittagessen verabredet und wollte danach den Einkauf machen. Also war Riley ganz alleine im Haus, nur mit einer Katze und einem Hund, die nicht im Geringsten an ihr interessiert waren.

Ich muss damit aufhören, dachte sie sich.

Riley ging in die Küche und holte sich einen Snack. Dann zwang sie sich, sich aufs Sofa zu setzen und den Fernseher anzumachen. Die Nachrichten deprimierten sie, deshalb schaltete sie auf eine seichte Serie um. Sie hatte keine Ahnung, worum es in der Handlung gerade genau ging, doch eignete sich die Seifenoper zumindest eine Weile lang ganz gut als Ablenkung.

Doch es dauerte nicht lang, und ihre Aufmerksamkeit begann sich auf etwas anderes zu konzentrieren, und sie bemerkte, dass sie erneut darüber nachdachte, was Ryan während seines unangenehmen Besuchs hier gesagt hatte…

„Ich kann das nicht alleine durchstehen. Ich kann nicht alleine in diesem Haus leben.“

In diesem Moment hatte Riley das Gefühl, zu wissen, wie er sich fühlen musste.

Waren ihr Ex-Mann und sie sich doch ähnlicher als sie es sich eingestehen wollte?

Sie versuchte, sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen. Im Gegensatz zu Ryan kümmerte sie sich um ihre Familie. Später würden die Mädchen und Gabriela nach Hause kommen, und sie würden alle gemeinsam zu Abend essen. Vielleicht würden Blaine und Crystal ihnen dieses Wochenende auch wieder Gesellschaft leisten.

Dieser Gedankengang machte Riley bewusst, dass Blaine seit der Situation mit Ryan etwas auf Abstand gegangen war. Riley konnte auch verstehen, warum das so war. Riley hatte mit Blaine nicht über den Besuch von Ryan sprechen wollen – es erschien ihr zu vertraulich und persönlich – und es war nur natürlich, dass Blaine das unruhig machte.

Sie verspürte das plötzliche Bedürfnis, ihn sofort anzurufen, doch sie wusste, dass Blaine noch viele Stunden Arbeit vor sich hatte. Nach seiner Rückkehr war es notwendig gewesen, die Abläufe in seinem Restaurant wieder in ihre gewohnten Bahnen zu lenken.

Riley konnte nicht umhin, sich schrecklich alleine in ihrem eigenen Haus zu fühlen…

Genau wie Ryan.

Sie fühlte sich ein wenig schuldig vor ihrem Ex-Mann – obwohl sie nicht genau wusste, weshalb. Nichts von dem, was in seinem Leben schieflief, war ihre Schuld gewesen. Trotzdem verspürte sie den schwachen Wunsch, ihn anzurufen, um herauszufinden, wie es ihm ging. Vielleicht konnte sie ihm ein wenig beistehen. Doch das war natürlich eine außerordentlich dumme Idee. Das letzte was sie jetzt tun sollte war, ihm irgendwelche irreführenden Signale zu senden und ihn glauben zu lassen, dass sie womöglich doch noch eine Zukunft zusammen hatten.

Während die Figuren aus der Serie stritten, weinten, einander ohrfeigten und durch die verschiedenen Betten wanderten, kam Riley ein anderer Gedanke in den Sinn.

Manchmal erschien ihr das eigene Leben zu Hause, ihre Familie und ihre Beziehungen nicht viel realer als das, was sie gerade im Fernsehen sah. Die tatsächliche Anwesenheit der geliebten Menschen schaffte es, sie von dem tiefliegenden Gefühl der Isolation abzulenken. Doch schon wenige Stunden alleine zuhause genügten, um sie schmerzlich daran zu erinnern, wie sie sich im Inneren tatsächlich fühlte.

Es gab da eine Leere in ihr, die nur durch eine Sache gefüllt werden konnte…

Durch welche genau?

Durch Arbeit.

Doch welche Bedeutung hatte ihre Arbeit für sie selbst oder für irgendjemand anderen?

Sie erinnerte sich erneut an etwas, was ihr Vater zu ihr im Traum gesagt hatte…

„Es ist ein verdammt sinnloses Leben, das du da führst – Gerechtigkeit für Menschen einzufordern, die bereits tot sind, für genau die Menschen, die keine Gerechtigkeit mehr brauchen.“

Sie fragte sich…

Ist das wahr?

Ist das, was ich tue, wirklich sinnlos?

Sicherlich nicht, denn sie hielt oftmals Mörder auf, die sonst mit großer Sicherheit weitere Opfer gefordert hätten.

Sie rettete auf lange Sicht gesehen Leben – so viele Leben, das konnte sie sich gar nicht vorstellen.

Und doch, damit sie überhaupt einen Job hatte, musste irgendjemand morden, und irgendjemand musste sterben…

Es beginnt immer mit dem Tod.

Oft blieben die Fälle ihr noch lange nach ihrem Abschluss im Gedächtnis und stifteten selbst noch dann in ihr ein Unbehagen, wenn die Mörder bezwungen und zur Rechenschaft gezogen worden waren.

Sie machte den Fernseher wieder aus, da die Seifenoper sie zu nerven begann. Dann lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und dachte an ihren letzten Fall, die Serienmörderin in Georgia.

Arme Morgan, dachte sie.

Morgan Farrell war mit einem reichen aber gewalttätigen Mann verheiratet gewesen. Als er im Schlaf brutal ermordet worden war, war Morgan sich sicher gewesen, diejenige gewesen zu sein, die ihn erstochen hatte, obwohl sie sich an die Tat gar nicht hatte erinnern können.

Sie war sich sicher, dass sie es verdrängt oder vergessen hatte, wegen ihres Alkohol- und Medikamentenproblems.

Und sie war stolz auf das gewesen, was sie glaubte, getan zu haben. Sie hatte Riley sogar angerufen, um ihr das zu sagen…

„Ich habe den Mistkerl umgebracht.“

Morgan war unschuldig, wie sich später herausstellte. Eine andere wahnsinnige Frau hatte Morgans Ehemann umgebracht – und weitere ebenso gewalttätige Ehemänner.

Die Frau, die selbst unter ihrem verstorbenen Ehemann gelitten hatte, war danach auf eine Rachemission gegangen, um andere Frauen von ihrer Pein zu befreien. Riley konnte sie gerade noch rechtzeitig davon abbringen, einen unschuldigen Mann umzubringen, dessen einziges Vergehen es gewesen war, seine verstörte, wahnsinnige Frau zu lieben.

Riley spielte in ihrer Erinnerung durch, was geschehen war nachdem sie die Frau zu Boden gerungen und ihr Handschellen anlegt hatte…

„Adrienne McKinney, Sie sind verhaftet.“

Doch nun fragte Riley sich…

Was, wenn alles anders ausgegangen wäre?

Was, wenn Riley nicht nur den unschuldigen Mann hätte retten können, sondern auch der Frau ihren Fehler erklären und sie dann einfach hätte wieder laufen lassen können?

Sie hätte weiter gemordet, dachte Riley.

Und die Männer, die sie ermordet hätte, hätten ihren Tod verdient gehabt.

Was für eine Gerechtigkeit hatte sie damals also wirklich geschaffen?

Riley verlor bei dem Gedanken den Mut, und sie musste wieder an die Worte ihres Vaters denken…

„Es ist ein wahnsinnig unnützes Leben, das du da führst.“

Auf der einen Seite versuchte sie verzweifelt, das Leben einer Mutter und Frau zu führen, zwei Töchter großzuziehen und einen Mann zu lieben, den sie hoffte, eines Tages zu heiraten. Manchmal schien dieses Leben tatsächlich zu gelingen, und sie wusste auch, dass sie niemals aufgeben würde, es weiter zu versuchen.

Doch sobald sie alleine war, schien dieses normale Leben irgendwie so unecht.

Auf der anderen Seite musste sie gegen unsagbare Hindernisse ankämpfen und Ungeheuer besiegen. Ihr Job war ihr unglaublich wichtig, obwohl er zu oft wie ein Tropfen auf dem heißen Stein war.

Riley fühlte sich jetzt absolut elendig. Obwohl es erst Vormittag war, hatte sie das dringende Bedürfnis, sich einen starken Drink zu machen. Sie konnte der Versuchung jedoch widerstehen, und dann klingelte ihr Handy. Als sie sah, wer der Anrufer war, seufzte sie erleichtert.

Das hier war echt.

Sie hatte Arbeit zu tun.

Ruhend

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