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KAPITEL SECHS

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Blaine saß am Steuer und fuhr sie zurück nach Fredericksburg, als Rileys Handy vibrierte. Sie war überrascht und besorgt zu sehen, von wem der Anruf kam.

Handelt es sich um irgendeinen Notfall? fragte sie sich.

Gabriela rief nie einfach nur an, um zu quatschen, und sie hatte explizit versprochen, sie während ihrer zwei Wochen am Strand nicht zu stören. Sie hatte Riley nur ab und zu eine SMS geschickt, um sie wissen zu lassen, dass zuhause alles in Ordnung war.

Rileys Vorahnung schien sich zu bewahrheiten, als sie den Anruf annahm und sofort die Panik in Gabrielas Stimme ausmachte…

Señora Riley – wann werden Sie zuhause sein?“

„In ungefähr einer halben Stunde“, antwortete Riley. „Wieso?“

Sie hörte, wie Gabriela tief Luft holte bevor sie weitersprach…

Er ist hier.“

„Von wem sprichst du?“, fragte Riley nach.

Als Gabriela nicht sofort antwortete, verstand Riley endlich…

„Oh mein Gott“, sagte sie. „Ryan ist da?“

“, antwortete Gabriela.

„Was will er?“, wollte Riley wissen.

„Er sagt es mir nicht. Aber er sagt, es ist wichtig. Er will auf Sie warten.“

Beinahe hätte Riley Gabriela gebeten, Ryan ans Telefon zu holen. Doch dann dämmerte ihr, dass, was auch immer Ryan von ihr wollte, er das sicherlich nicht am Telefon mit ihr besprechen wollte. Nicht während die anderen im Auto ihr zuhörten.

Stattdessen sagte Riley: „Lass ihn wissen, dass ich bald zuhause sein werde.“

„Das werde ich“, antwortete Gabriela.

Sie legte auf und starrte aus dem Autofenster.

Nach wenigen Augenblicken sagte Blaine: „Ähm… habe ich gerade richtig gehört, war da die Rede von…?“

Riley nickte.

Die Mädchen hatten auf der Rückbank Musik gehört und von dem Gespräch nichts mitbekommen. Doch nun war auch ihre Aufmerksamkeit geweckt.

„Was ist?“, fragte April. „Was ist los?“

Riley seufzte und sagte: „Es ist dein Vater. Er ist zuhause und wartet auf uns.“

April und Jilly stöhnten beide laut auf.

Dann fragte Jilly: „Kannst du Gabriela nicht sagen, dass sie ihn vor die Tür setzen soll?“

Riley war versucht zu gestehen, dass sie tatsächlich große Lust dazu gehabt hätte. Allerdings hätte sie es nicht fair gefunden, diese Aufgabe auf Gabriela abzuwälzen.

Stattdessen sagte sie…

„Du weißt, dass ich das nicht machen kann.“

April und Jilly stöhnten beide erneut, dieses Mal noch genervter.

Riley konnte nur zu gut verstehen, wie ihre beiden Töchter sich fühlten. Ryans letzter unangekündigter Besuch bei ihnen Zuhause war für alle unangenehm verlaufen – nicht zuletzt für Ryan selbst. Sein wiederholter Versuch sich bei den Mädchen anzubiedern, hatte nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. April hatte sich ihm gegenüber sehr kühl benommen und Jilly war einfach nur unhöflich gewesen.

Riley konnte keiner der beiden deshalb Vorwürfe machen.

Einmal zu viel hatte Ryan ihnen Hoffnungen gemacht, dass er ihnen ein Vater sein würde, nur um sie im Nachhinein wieder komplett hängenzulassen. Die Mädchen wollten nun nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Was will er nur schon wieder? fragte Riley sich und seufzte.

Was auch immer es war, sie hoffte, dass es nicht ihre gute Laune und die schönen Erinnerungen an den Urlaub, den sie gerade miteinander verbracht hatten, trüben würde. Es waren wundervolle zwei Wochen gewesen, trotz Rileys Traum von ihrem Vater. Seitdem hatte sie ihr Bestes gegeben, um Agent Merediths Anruf zu vergessen.

Doch nun schien die Nachricht von Ryans Besuch ihre düsteren Gedanken wieder hervorzulocken.

Ein Hammer, dachte sie.

Jemand wurde mit einem Hammer ermordet.

Sie ermahnte sich streng, dass sie das Richtige getan hatte, als sie Chief Meredith abgesagt hatte. Außerdem hatte er sie seitdem auch nicht noch einmal angerufen, was sicherlich nur bedeuten konnte, dass er es doch nicht so ernst genommen hatte.

Es war wahrscheinlich nichts, dachte sie.

Nur ein Fall für die örtliche Polizei.

*

Die Anspannung hatte merklich zugenommen als Blaine endlich den SUV vor Rileys Townhaus parkte. Ein teurer Audi parkte bereits dort. Es war natürlich Ryans Auto – doch konnte Riley sich nicht erinnern, ob es dasselbe Auto war, mit dem er letztes Mal gekommen war. Es gefiel ihm, immer das neueste Modell zu fahren, unabhängig davon, wie viel ihn das kostete.

Nachdem sie geparkt hatten, begann Blaine nervös einige Worte zu stammeln. Er wollte Riley und ihren Töchtern helfen, ihre Koffer ins Haus zu tragen, aber…

„Wäre das nicht komisch?“, fragte Blaine Riley.

Riley unterdrückte ein genervtes Seufzen.

Natürlich war es das, dachte sie.

Blaine und Ryan hatten sich nur wenige Male gesehen, und diese Treffen waren alles andere als herzlich verlaufen – zumindest was Ryans Verhalten anging. Blaine hatte sein Bestes gegeben, Ryan gegenüber wohlgesonnen zu sein, doch Ryan hatte durchgehend gekränkt und feindselig gewirkt.

Riley, April und Jilly konnten ihre Koffer ohne Probleme auch alleine ins Haus bringen. Sie waren nicht wirklich auf Blaines Hilfe angewiesen. Außerdem wollte Riley vermeiden, Blaine in eine unangenehme Situation zu bringen, und doch…

Warum zur Hölle sollte es ausgerechnet Blaine unangenehm sein, sich in meinem Haus aufzuhalten?

Blaine und Crystal wegzuschicken, war keine Lösung für ihr Problem.

Riley sagte zu Blaine: „Kommt einfach mit rein.“

Also stiegen sie aus und trugen sämtliche Koffer ins Haus. Zusammen mit Darby, Jillys kleinem Hund, der riesige Ohren hatte, stand Gabriela bereits an der Tür und nahm die Heimkehrenden in Empfang. Der Hund sprang freudig um sie herum, doch Gabriela sah nicht annähernd so freudig aus wie Darby.

Als sie die Koffer im Flur abstellten, konnte Riley Ryan bereits im Wohnzimmer sitzen sehen. Eine leichte Panik stieg in ihr auf, als sie sah, dass er zwei Koffer dabeihatte…

Plant er etwa, hier wieder einzuziehen?

Aprils schwarzweiße Katze Marbles lag schnurrend auf seinem Schoß.

Ryan schaute auf.

Er lächelte schwach und sagte mit ziemlich wehleidiger Stimme…

„Ein Kätzchen und ein Hund! Wahnsinn, wie viel sich verändert hat!“

Mit flinken Händen und einem genervten Murmeln riss April die Katze von Ryans Schoß.

Ryan sah so aus, als hätte ihn die Geste verletzt. Doch Riley konnte verstehen, wie sich April fühlen musste.

Als April und Jilly sich beide in Richtung der Treppe aufmachten, sagte Riley…

„Wartet, Mädchen. Habt ihr Blaine und Crystal nichts zu sagen?“

Ein wenig bestürzt darüber, dass sie es beinahe vergessen hatten, dankten April und Jilly Blaine und Crystal für die schöne Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten.

Crystal umarmte jede von ihnen. „Ich rufe dich morgen an“, sagte sie zu April.

„Und nehmt eure Sachen mit nach oben“, wies Riley die beiden an.

April und Jilly schnappten sich beide ihre Koffer. Da April noch immer Marbles auf dem Arm hatte, sammelte Jilly die restlichen Sachen auf. Mit Darby auf ihren Fersen, stiegen die beiden schließlich die Treppe hinauf. Wenige Sekunden später hörte man das Knallen zweier Türen.

Gabriela warf Ryan einen bestürzten Blick zu und verschwand in ihre eigene Wohnung.

Ryan sah Blaine an und sagte vorsichtig: „Hi, Blaine. Ich hoffe, ihr hattet alle einen guten Urlaub.“

Riley stand vor Staunen der Mund offen.

Er macht sich die Mühe, höflich zu sein, dachte sie.

Nun war sie sich sicher, dass hier etwas mächtig faul war.

Blaine machte eine leichte Bewegung mit der Hand und sagte: „Es war super, Ryan. Wie geht es dir?“

Ryan zuckte mit den Schultern und antwortete nicht.

Riley hatte fest vor, sich von Ryan nicht beeinflussen zu lassen.

Sie küsste Blaine liebevoll auf den Mund und sagte: „Danke für die wundervolle Zeit.“

Blaine wurde rot, offensichtlich verunsichert durch die Gesamtsituation.

„Danke dir – und den Mädchen“, sagte er.

Crystal schüttelte Riley die Hand und dankte ihr ebenso.

Blaine flüsterte Riley zu: „Ruf mich nachher an.“

Riley nickte, und Blaine verließ mit seiner Tochter das Haus.

Riley holte tief Luft und wandte sich nun der letzten im Wohnzimmer verbleibenden Person zu. Ihr Ex-Mann starrte sie mit einem stummen und flehenden Blick an.

Was will er? fragte sie sich aufs Neue.

Immer wenn Ryan auftauchte, hatte Riley sich normalerweise eingestehen müssen, dass ihr Ex-Mann nach wie vor ein sehr attraktiver Mann war – etwas größer, älter und durchtrainierter als Blaine, immer perfekt gepflegt und gut gekleidet. Doch dieses Mal war etwas anders. Er sah zerknittert, traurig und kaputt aus. Sie hatte ihn noch nie so gesehen.

Riley wollte ihn gerade fragen, was los sei, als er sagte…

„Hast Du vielleicht etwas zu trinken?“

Riley blickte ihm ins Gesicht. Es sah mager und fahl aus. Sie fragte sich…

Ob er in letzter Zeit öfter trinkt?

Hat er bereits etwas getrunken, bevor er hierhergekommen ist?

Sie spielte kurz mit dem Gedanken seine Bitte abzulehnen, stand dann aber auf, ging in die Küche und machte zwei Gläser mit Bourbon auf Eis fertig. Sie brachte die Drinks ins Wohnzimmer und setzte sich in den Sessel direkt gegenüber von ihm. Sie wartete bis er selbst zu sprechen begann.

In sich zusammengesunken und mit hängenden Schultern sagte er schließlich mit heiserer Stimme…

„Riley – ich bin ruiniert.“

Rileys Mund stand offen.

Was meinte er damit? fragte sie sich.

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