Читать книгу Wenn Sie Sich Verstecken Würde - Блейк Пирс - Страница 10
KAPITEL FÜNF
ОглавлениеAls sie diesmal die Polizeiwache in Deton betraten, war der große Empfangstresen am Eingang zum Großraumbüro von einer Frau besetzt, die aussah, als habe man sie irgendwann einmal dorthin gesetzt und seitdem dort sitzenlassen. Sie war locker um die sechzig Jahre alt und als sie zu Kate, DeMarco und Jeremy Branch aufblickte, setzte sie ein einstudiertes Lächeln auf. Als sie allerdings merkte, worum es ging, verflüchtigte sich das Lächeln und sie versuchte, professioneller zu wirken.
„Sie sind die Agents?“, fragte sie.
„Ja, Ma’am“, sagte DeMarco. „Können wir Mr. Branch hierlassen?“
„Im Vernehmungsraum. Ich benachrichtige den Sheriff und lasse ihn wissen, dass Sie hier sind. Bitte folgen Sie mir.“
Die ältere Frau führte sie am Großraumbüro vorbei und denselben Flur hinunter, den sie schon mit Barnes entlang gegangen waren. Sie öffnete die Tür zum zweiten Raum rechts. Er sah genauso aus wie der, in dem sie früher am Tag die Besprechung mit Officer Foster gehabt hatten. Darin befand sich ein einzelner, alter Schreibtisch mit jeweils einem Stuhl auf jeder Seite.
„Setzen Sie sich“, sagte DeMarco und gab Jeremy einen leichten Schubs in Richtung des Tischs.
Jeremy widersetzte sich nicht, sondern leistete der Anweisung Folge. Als er saß, verschränkte er seine in Handschellen steckenden Hände vor sich und starrte sie an.
„Was hatten Sie für eine Beziehung zu Mercy Fuller?“, fragte Kate.
„Ich kannte sie kaum.“
„Ich habe ein Foto auf Ihrem Nachttisch gesehen, das einen anderen Eindruck erweckt.“
„Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erzählte, dass sie solch eine … freundschaftliche Beziehung zu den meisten anderen Jungs hatte?“
„Ich würde erwidern, dass Sie damit eine ziemlich gewagte Behauptung aufstellen. Vor allem in einer Kleinstadt wie dieser, über ein Mädchen, das gerade beide Eltern verloren hat.“
Jeremy seufzte und zuckte mit den Schultern. Seine Unbekümmertheit ging Kate stark auf die Nerven, aber sie gab sich Mühe, professionell zu bleiben.
„Ich sagte Ihnen schon … ich weiß überhaupt nichts über die Familie.“
„Sie lügen“, sagte Kate. „Die Sache ist folgende … Sie können weiterlügen, aber dies ist eine kleine Stadt, Kumpel. Ich kann Ihre Lügen im Handumdrehen entlarven. Und wenn ich herausfinde, dass Sie mich belügen, dann werde ich mich mit Ihren Drogen befassen. Vielleicht werde ich einige der Leute ausfindig machen, die ihr wenig schlauer Bruder in seinem Notizbuch unter seinem Bett aufgelistet hat. Vielleicht erzähle ich denen, dass Sie mir gesagt haben, wo ich das Büchlein finde.“
Bei dem Gedanken weiteten sich seine Augen, und Jeremy rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Kate fragte sich, ob sie seinen Bruder benutzen konnte, um noch mehr herauszufinden, und wer von den beiden wohl unter Druck am ehesten nachgab.
Aber scheinbar musste sie nicht diese Richtung einschlagen. Sie konnte es buchstäblich sehen, als Jeremy entschied, dass ihm seine eigene Selbsterhaltung am wichtigsten war.
„In Ordnung. Ich kenne sie. Aber wir waren kein Paar oder so. Wir haben uns nur hin und wieder getroffen.“
„Dann war es eine sexuelle Beziehung?“
„Ja. Und mehr auch nicht.“
„Hat es Sie nicht gestört, dass sie erst fünfzehn ist?“
„Irgendwie schon. Ich hatte vor, Schluss zu machen, wenn ich achtzehn werde. Damit ich mir keinen Ärger einhandle, wissen Sie?“
„Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?“, fragte DeMarco.
„Vor ungefähr einer Woche.“
„Ist sie zu Ihnen gekommen?“
„Ja, wir hatten diese Routine. Wenn sie zu mir kommen wollte, hat sie mir getextet und ich habe sie drüben an der Waterlick Road abgeholt. Ihren Eltern hat sie dann erzählt, dass sie bei einer Freundin ist. Ich habe sie also abgeholt und wir sind zu mir gefahren.“
„Wie lange ging das schon so?“, fragte Kate.
„Vier oder fünf Monate. Hören Sie, ich weiß, es hört sich mies an, aber ich kannte sie wirklich nicht so gut. Es ging nur um Sex. Mehr nicht. Ich war ihr Erster … und sie war neugierig, wissen Sie? Sie war nicht verrückt nach Sex, aber wir haben uns schon oft getroffen.“
„Ich dachte, Sie sagten, sie sei zu den meisten Jungs so freundlich gewesen“, sagte DeMarco.
Die einzige Reaktion auf seine Lüge, die er hervorgebracht hatte, war, mit den Schultern zu zucken.
„Wie sieht es mit den Eltern aus“, bohrte Kate weiter. „Was können Sie uns über sie erzählen?“
„Nichts. Ich kannte ihren Vater. Ich meine, es ist eine Kleinstadt, da kennt man sozusagen jeden. Außerdem scherzte sie immer, wenn ihr Vater herausbekam, dass wir fi‒ Sex haben“, sagte er, da er es scheinbar unpassend fand, das f-Wort in Gegenwart zweier Frauen auszusprechen, „bringt er mich um.“
„Und Sie haben ihr geglaubt?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht. Ein Kerl denkt nie gern an den Vater eines Mädchens, mit der er ins Bett geht. Ich wusste nie, was ich von den Eltern halten sollte. Ich meine, sie hasste sie. Verachtete sie geradezu, wissen Sie?“
„Tatsächlich?“
„Angesichts dessen, wie sie von ihnen sprach, ja, ich glaube schon. Wenn ich nur…“
Hier hielt er inne und schien sich an etwas zu erinnern. Dann blickte er Kate und DeMarco an, als versuche er, herauszufinden, wie weit er gehen konnte.
„Was?“, fragte Kate.
„Also. Es war wahrscheinlich nicht in Ordnung, dass wir zwanzig Mal oder so miteinander geschlafen haben, obwohl ich sie gar nicht so gut kannte. Aber ich fand es immer merkwürdig, wie sie über ihre Eltern sprach.“
„Wie denn?“
Bevor er antworten konnte, klopfte es an der Tür. Sheriff Barnes steckte den Kopf herein und ein schneller Blick wechselte zwischen ihm und Jeremy. Kate meinte, dass dies wohl nicht das erste Mal war, dass Jeremy sich in diesem Raum befand.
„Jeremy Branch?“, fragte er. „Was zum Teufel macht er hier?“
„Wollen Sie es ihm selbst sagen, oder soll ich?“, fragte DeMarco. Sie gab Jeremy einige Sekunden Zeit, und als er nicht anfing zu sprechen, legte sie Barnes die Fakten dar. „Er hatte eine sexuelle Beziehung mit Mercy Fuller … noch bis vor einer Woche. Er hat uns gerade erzählt, dass er es seltsam fand, dass Mercy so schlecht über ihre Eltern gesprochen hat. Dass sie sie gehasst hat.“
„Du hast mit ihr geschlafen?“, fragte Barnes. „Verdammt, Sohn … wie alt bist du?“
„Siebzehn. Ich werde erst in einem Monat achtzehn.“
„Fahren Sie fort“, sagte Kate und brachte ihn wieder auf den Punkt zurück. „Erzählen Sie uns noch einmal, was Mercy so alles über ihre Eltern gesagt hat.“
„Einfach, dass sie nie irgendetwas durfte. Dass sie ihr nicht vertraut haben. Ich glaube, mit ihrer Mutter hatte sie einen Riesenstress, weil mindestens zweimal gesagt hat ‚Ich will die Schlampe einfach nur umbringen‘. Sie hat ihre Mutter gehasst.“
„Hat sie je von dem Verhältnis ihrer Eltern zueinander gesprochen?“, fragte Kate.
„Nein, darüber hat sie nicht oft gesprochen. Sie kotzte sich eine Weile aus, wurde richtig wütend, und dann hatten wir meistens Sex. Ich … ich weiß auch nicht. Ich hätte nie gedacht, dass sie es wirklich tut.“
„Was tut?“, fragte Barnes.
Jeremy blickte sie an, als hätte sie rein gar nichts begriffen. „Im Ernst? Sehen Sie … wie ich schon sagte, sie wirkt unschuldig, abgesehen davon, dass sie ziemlich nymphomanisch ist, aber wenn Sie den Killer ihrer Eltern suchen … dann finden Sie sie. Ich garantiere Ihnen, Mercy hat ihre Eltern umgebracht und dann die Stadt verlassen.“