Читать книгу Gesicht des Mordes - Блейк Пирс - Страница 4
PROLOG
ОглавлениеProfessor Ralph Henderson seufzte, rieb sich die Nasenwurzel und suchte in seiner Manteltasche nach seinen Autoschlüsseln. Er hatte einen langen Abend damit verbracht, Englischarbeiten zu benoten und entweder wurden seine Studenten dümmer oder er wurde des Jobs überdrüssiger. Ihm war sehr danach, sich mit einem kleinen Glas Whisky und einem Klassiker für die Nacht ins Bett zurückzuziehen.
Die Tiefgarage von Georgetown war fast leer, die meisten anderen Fakultätsmitglieder waren vernünftig genug gewesen, schon längst nach Hause zu fahren. Es war kalt und trostlos, die Leuchtröhren an der Decke flackerten, während Motten selbstmörderisch gegen sie flogen. Henderson ging quer über die leeren Parkbuchten, nahm eine Abkürzung zu seinem Auto. Er überlegte kurz, ob er irgendwo anhalten und sich einen Kaffee zum Mitnehmen holen sollte. Oder wäre es besser, einfach so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, in die Sicherheit und Wärme seines eigenen Reichs?
Seine Schritte hallten in der Tiefgarage unheimlich wider, die Geräusche echoten zwischen Betondecke und Betonboden. Es war an Abenden wie diesem, dass die Tiefgarage sich in ein ganz anderes Wesen verwandelte. Ein Ort, an dem unangenehme Typen in den Schatten lauern könnten, bereit zum Angriff. Man konnte diese Art von Gedanken nicht abschütteln, auch wenn man sich wiederholt sagte, dass man erwachsen war und sich nicht mehr vor der Dunkelheit fürchten musste.
Allerdings gab es einen guten Grund, heute Abend nervös zu sein. Der Campus war durch Nachrichten von einem Mord, der hier, direkt unter ihrer Nase passiert war, in Unruhe versetzt worden. Ein Student, den Henderson gekannt hatte. Vielleicht war das der Grund, dass ihm die Haare im Nacken hochstanden, als er durch die Garage ging und warum er nicht anders konnte, als verstohlene Blicke mit großen Augen in die Schatten zu werfen, um zu sehen, ob jemand sich dort versteckte.
Er versuchte, sich abzulenken. Es gab mehr, über das er nachdenken konnte. Da war ein Bursche gewesen, den er aus der Klasse hatte werfen müssen, weil er eine weitere Arbeit nicht abgegeben hatte. Das Lehren war so frustrierend – zu sehen, wie diese jungen Leute voller Potential sich nur um Partys kümmerten und ihr Studium nicht ernst nahmen. Es hatte Henderson leid getan, ihn durchfallen zu lassen, aber er fühlte sich jetzt eher gerechtfertigt, nachdem er eine Mail des Studenten erhalten hatte.
Die E-Mail war giftig, fast bedrohlich. Anscheinend hielt der Bursche nichts davon, rausgeworfen zu werden und wollte sicherstellen, dass Henderson es wusste. Als ob eine solche Handlung ihn irgendwie wieder in den Kurs bringen könnte. Ha! Der Bursche musste noch viel über das Leben lernen und darüber, wie Leute darauf reagierten, wie man sie behandelte.
Henderson erreichte das Auto und hantierte mit den Schlüsseln, seine Finger waren dick und langsam, da er beim Benoten der Studenten so viele Kommentare geschrieben hatte. Er verfluchte sich selbst, das Zittern, das seine Hände überkam, verursacht durch die Einsamkeit der nächtlichen Tiefgarage. Er war albern. Herrje, er war ein erwachsener Mann und war bei Tag ohne einen Gedanken durch diese Garage gegangen.
Sowieso, dachte er düster, wenn jemand es auf ihn abgesehen hatte, dann wäre es dieser wütende Student. Und er war nicht intelligent genug, um einem Professor im Dunkeln einer Tiefgarage aufzulauern. Er war die Art junger Mensch, die wütende Emails schickte und Spuren hinterließ. Wirklich nichts, worüber er sich Sorgen machten musste. Henderson würde es morgen dem Dekan melden und damit wär die Sache erledigt.
Was war das für ein Geräusch? Schritte? Irgendetwas stimmte hier nicht. Er hatte die ganze Zeit seine Ängste abgetan, aber jetzt war er sich weniger sicher. Das prickelnde Gefühl in Hendersons Nacken verstärkte sich, wie eine Vorahnung, denn bevor er sich umdrehen konnte, knallte sein Kopf mit einem scharfen Geräusch gegen das Autofenster.
Henderson hatte kaum Zeit, das Geschehene und die durch seine Nase flutenden Schmerzen zu begreifen, als die Hand auf seinem Hinterkopf ihn bereits erneut gegen die Seite des Autos knallte. Er rutschte tiefer, durch den Schock und die Verletzung niedergedrückt, sein Körper wurde schlaff. Er versuchte, sich ein wenig wegzudrehen, sein Aktenkoffer lag vergessen auf dem Boden, aber er konnte den nächsten Schlag nicht abwehren und auch nicht den danach. Immer und immer wieder knallte sein Kopf gegen das rote Chassis, seine Schläfe, der obere Rand einer Augenhöhle, sein Kiefer direkt unter dem Ohr.
Er spürte die Auswirkungen mit einer Art unbeteiligtem Schock. Das Knacken eines brechenden Knochens. Der Gedanke an auf seinem Gesicht erscheinende Blutergüsse, dann an Schnitte und Abschürfungen, dann an etwas Ernsteres. Alles, woran er blöde denken konnte, war, dass sein Gesicht entstellt sein würde. Alles, wofür er an Gedanken Zeit hatte, bevor es anscheinend vorbei war.
Die Hand, die ihn ergriffen hatte, ließ ihn los und Henderson sank ohne Umschweife auf den Boden, stieß auf seinem Weg nach unten gegen eine Schulter. Angesichts alles anderem spürte er es kaum. Er war nun genügend vom Auto weggedreht, um benommen seinen Kopf zu wenden und sich umzusehen, obwohl sein Blick verschwommen war. Vielleicht von den Schlägen. Vielleicht von dem Blut, das in seine Augen tropfte. Vielleicht, weil seine Augenhöhle mindestens gebrochen sein musste.
Wer war das? Eine vage Gestalt, nur ein Flüstern, als ob ein Geist über ihm stünde, nicht ein Mann. Aber es war ein Mann. Es musste ein Mann sein. Wenn er nur erkennen könnte, wer es war – aber Hendersons Bewusstsein strömte aus ihm hinaus wie Sand durch seine Finger und er konnte nicht mehr. Irgendwas floss aus ihm, ließ ihn kalt und leer zurück. Er wusste, dass es fast vorbei war. Die Welt um ihn herum wurde schwarz, die wässrige Gestalt über ihm sah schweigend zu.
Der Schatten erstreckte sich über ihn und hob ein letztes Mal seinen Kopf und schlug diesen gegen den Beton, eine Einwirkung, die Henderson kaum bemerkte, bevor er kopfüber in die Dunkelheit fiel.
Der Job war erledigt.
Er würde nicht wieder aufwachen.