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KAPITEL SIEBEN

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Adele knirschte frustriert mit den Zähnen und klopfte ungeduldig mit den Fingern gegen das Holz des Türrahmens, der in die Wohnung führte. Sie hatte in den letzten dreißig Minuten zum zehnten Mal ungeduldig auf ihre Uhr geschaut und ihre Augenbrauen senkten sich noch weiter über ihre Augen, wodurch sich ihr Gesicht verdunkelte.

„Mein Gott“, murmelte Adele. Sie runzelte die Stirn, als sie die Straße auf und ab blickte und die vorbeifahrenden Fahrzeuge verfolgte. Sie versuchte immer wieder, Ordnungswidrigkeiten zu entdecken fand aber das einzige was sie sah, war der Leihwagen, den sie an der Parkuhr am Bordstein geparkt hatte. Es war später Nachmittag, die Sonne stand hoch am Himmel und tauchte nur wenig in den Horizont ein.

Adele und Sophie hatten getrennte Fahrzeuge genommen, da Adele direkt vom Tatort zu Roberts Haus unterwegs sein würde.

Sie lehnte sich an das Geländer, das die Betonstufen hinaufführte und wandte sich wieder der Wohnungstür zu. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie allein hineingehen sollte. Doch normalerweise schrieb das Protokoll vor, dass zwei Agenten gleichzeitig vor Ort sein mussten. Adele wollte nicht schon an ihrem ersten Arbeitstag in Frankreich für Aufregung sorgen. Doch Agent Paige machte es ihr schwer. Sie war bereits dreißig Minuten zu spät.

Adele knurrte leise. Sie hatte mit Robert vereinbart, ihr Gepäck zu seinem Haus zu bringen, und war dann direkt zum Tatort gefahren. Die Fahrt hatte zwanzig Minuten gedauert. Paris war eine der wenigen Städte, in denen es so gut wie keine Stoppschilder gab. Man munkelte, es müsste irgendwo doch eines geben; wenn das der Fall war, hatte Agent Paige es gefunden und wusste nicht, wie es weitergehen sollte.

Es konnte keinen anderen Grund dafür geben, warum Adele seit einer halben Stunde auf Paige wartete.

Sie blickte die Straße entlang, auf die Lücke zwischen den Häuserblocks. Sie schluckte und starrte auf den kleinen Weg über die Straße, in dessen Innerem sich ein Hauch von Grün verbarg. Etwas, das sie an Paris liebte, waren die kleinen Pfade und versteckten Gärten, die wie durch ein Labyrinth quer durch die alten Gebäude erforscht werden konnten. Die Franzosen hatten ein besonderes Wort für diejenigen, die ziellos umhergingen und die Nebenstraßen und Gärten genossen: la flânerie. Adele konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal entspannt genug gewesen war, um einfach umherzuschweifen. Und jetzt war sicher auch nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Mit einem letzten frustrierten Schnaufen drehte sich Adele zu den Türen und ging in Richtung der Sprechanlage, bevor sie auf den unteren Knopf mit der Aufschrift "Vermieter" drückte. Der Vermieter war angewiesen worden, sie hereinzulassen. Mit oder ohne Paige war Adele entschlossen, sich den Tatort des zweiten Opfers anzusehen.

Doch bevor sie klingeln konnte, hörte sie ein leises Reifenquietschen. Adele blickte über die Schulter und entdeckte einen zweiten SUV mit schwarz getönten Scheiben, der hinter ihrem Mietwagen parkte. Agent Paiges silbernes Haar erschien über dem oberen Teil des Türrahmens, als sie seelenruhig den Fahrersitz verließ. Die ältere Agentin hielt auf dem Bordstein inne, schnippte dann mit den Fingern, als ob ihr etwas klar geworden wäre, drehte sich wieder zu ihrem Auto um, öffnete die Tür und begann, im Inneren herumzustöbern.

Adele wartete; es dauerte fast eine Minute, bis Paige fand, wonach sie gesucht hatte. Dann kam sie im Schneckentempo auf die Wohnungstreppe zu. Sie nickte Adele ganz unbeirrt zu und ging an ihr vorbei.

Adele unterdrückte ihr Temperament. Sie würde bei diesem Fall mit Paige arbeiten müssen und es würde ihr nichts bringen, wenn sie die Konfrontation suchte. Aber es schien fast so, als ob ihr zugeteilter Partner sie absichtlich auf dem falschen Fuß erwischt hätte.

„Ich dachte, wir hätten vereinbart, direkt hierher zu kommen“, sagte Adele und versuchte, ihren Tonfall neutral zu halten.

Paige sah Adele aus dem Augenwinkel an. Sie sagte: „Ja? Normalerweise habe ich es nicht so eilig, meine Zeit zu verschwenden. Die Leute von der Spurensicherung haben schon alles durchsucht. Ich bin nicht sicher, warum wir hier sind.”

Adele drehte sich ganz um und blickte von den Wohnungstüren und den Klingelknöpfen weg und zu ihrer Partnerin hin. „Wir sind hier“, sagte sie Zähne knirschend, „weil ich den Tatort selbst untersuchen möchte. Ist das für Sie in Ordnung?”

Paige säuberte ihre Fingernägel und schnippte alles, was sie fand, auf den Bürgersteig.

„Sie werden bestimmt nichts Neues finden.”

„Vielleicht nicht, aber man kann nie wissen.”

Adele konnte Agent Paiges Parfüm riechen, aber es als Parfüm zu bezeichnen, wäre weit hergeholt gewesen. Ihre Partnerin roch nach Seife; nicht nach parfümierter Seife, sondern eher nach einer schlichten Reinigungsseife, die in erster Linie auf Hygiene abzielte. Agent Paige trug weder Ohrringe noch Schmuck. Sie hatte ein starkes Profil mit einer römischen Nase und spitze Wangenknochen. Adele erinnerte sich an ihr erstes Jahr bei der DGSI, in dem sie in einer Arbeitsgruppe mit Agent Paige arbeitete – sie war damals von der älteren Frau eingeschüchtert gewesen und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, konnte das wirbelnde, unwohle Gefühl in ihrem Bauch nicht leugnen – es hatte sich nichts geändert.

Adele hatte Sophies Familie nie besucht, aber sie wusste aus Gesprächen mit anderen Agenten, dass Paige fünf eigene Kinder hatte, die alle adoptiert waren. Und doch hatte Adele nach ihrer Erfahrung noch nie erlebt, dass die Frau auch nur einen Tag auf der Arbeit gefehlt hatte. Als beim DGSI gewesen war, hatte es einige Nachforschungen erfordert, aber so wie es sich anhörte, blieb Agent Paiges Mann zu Hause und kümmerte sich um die Kinder, während seine Frau manchmal bis spät in die Nacht für die Regierung arbeitete.

Paige erwiderte Adeles verärgerten Blick. Als Antwort darauf streckte Adele die Hand aus und betätigte energisch den Klingelknopf. Es dauerte einen Moment, dann summte die Tür. Sophie drückte die Haustür auf, ging schnell hinein und ließ sie hinter sich zuschlagen.

Adele musste schnell reagieren, um ihren Fuß in die Lücke zu klemmen und sie aufzufangen, bevor sie ganz geschlossen war.

Adele starrte frustriert auf den Hinterkopf der älteren Agentin. Wieder war kein einziges Haar fehl am Platz. Paiges Kleidung war ordentlich gebügelt, ihre Anzugsjacke war anthrazitgrau und passte zu ihrer Hose.

Adele hatte die Gesellschaft ihrer alten Vorgesetzten nie besonders genossen. Das letzte Mal, als sie mit der Frau interagiert hatte, hatte Paige bei einem früheren Fall in Frankreich für Ärger gesorgt.

„Entschuldigen Sie“, sagte Adele und sprach dabei nur leise, „müssen wir reden?”

Paige tat jedoch so, als hätte sie es nicht gehört, und ging weiter in Richtung Treppe.

Adele machte ein paar eilige Schritte, um die ältere Frau einzuholen. Sie streckte die Hand aus und legte sanft eine Hand auf den Unterarm der anderen Agentin. Als wäre sie verbrüht worden, zuckte Paige zusammen und knurrte bei der Berührung. „Fassen Sie mich nicht an!“, schnappte sie.

Adeles starrte auf das Halfter der Frau unter ihrem geöffneten Blazer. Sie entfernte ihre Hand in einer beschwichtigenden Geste. „Entschuldigung.”

„Was wollen Sie noch?“, sagte Paige mit finsterem Blick. „Wir machen es doch auf Ihre Art, oder? Wir sind hier und verschwenden unsere Zeit, statt mit Zeugen zu reden.”

„Welche Zeugen?“, sagte Adele und hielt sich zurück.

„Der Amerikaner. Derjenige, der die Leiche gefunden hat.”

Adele schüttelte den Kopf. „Er hat das Opfer gefunden, aber er hat nichts gesehen.”

Paige fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. Unsere Zeit wäre besser genutzt, wenn wir Zeugen befragten, als sich einen bereits leergeräumten Tatort anzusehen. Sie haben den Bericht gelesen, nicht wahr? Keine physischen Beweise. Hier gibt es nichts für uns.”

Adele schüttelte wütend den Kopf. Sie streckte die Hand aus, als wolle sie sich beruhigen und griff nach dem hölzernen Geländer, das die Wohnungstreppe hinaufführte.

Sie konnte das Klirren der Schlüssel und das Geräusch von Schritten hören, die sich näherten, als der Vermieter durch den Flur ging. Sie blickte an ihrer Partnerin vorbei, und sah durch das Holzgeländer, einen alten, kahlköpfigen Mann mit einem kleinen Bäuchlein und einem fleckigen Pullover, der sich auf sie zu bewegte.

Adele senkte ihre Stimme und versuchte, ruhig zu bleiben, als sie sagte: „Sie können die Officer kontaktieren, die die Amerikanerin angerufen hat. Sie sind in Bereitschaft. Sagen Sie ihnen, sie sollen sie herbringen, wenn Sie wollen. Wir werden sie nachher befragen; jedenfalls besser auf dem Revier.”

„Gut“, sagte Paige. „Vielleicht mache ich das.“ Sie griff nach ihrem Telefon und fummelte einen Moment daran herum.

Adele wartete, während der Vermieter sich näherte, in der Hoffnung, dass dies der vorläufig letzte hitzige Austausch zwischen den beiden war. Es wäre nicht gut, in der Öffentlichkeit so unprofessionell auszusehen.

Der Vermieter warf einen Blick zwischen den beiden Frauen hin und her, scheinbar hatte er von der Auseinandersetzung nichts mitbekommen. Er nahm ein albernes, öliges Lächeln an und sagte: „Ich kann Ihnen das Zimmer zeigen.“ Er hielt einen Moment inne, sein Lächeln erstreckte sich immer noch über sein gesamtes Gesicht. „Nur aus Neugierde…“, er machte eine Pause, als ob er eine einstudierte Anzahl von Sekunden warten würde. Dann sagte er: „Wann werde ich die Wohnung wieder vermieten können? Ich muss meine Rechnungen bezahlen…“

„Ich bin Agent Sharp“, unterbrach Adele. Sie studierte den Mann. „Das ist Agent Paige.“ Sie griff in ihre Tasche und zeigte ihre Dienstmarke sowie den Interpol-Ausweis, den Robert ihr gegeben hatte.

Der Vermieter winkte ab, ohne einen Blick auf einen der beiden Ausweise zu werfen. Paige starrte immer noch auf ihr Telefon und ignorierte den Mann.

„Ich kann es Ihnen zeigen“, wiederholte er.

Adele zeigte mit einer Handgeste die Treppe hinauf und erlaubte dem Vermieter, die Führung zu übernehmen. Sie folgte ihm langsam, während er schwer atmend, eine Treppenstufe nach der anderen hinaufging. Als sie den Treppenabsatz im dritten Stock erreichten, steckte er die Schlüssel in das Schloss und drehte ihn um. Adele untersuchte die Schlüssel, dann sprach sie wieder mit dem Vermieter. „Sie haben die Wohnung vor ein paar Tagen nicht betreten, oder?”

Der Vermieter musterte sie und sah sie nach einem Moment mit einem entsetzten Gesicht an. Sofort begann er wild den Kopf zu schütteln, wodurch seine Wangen wackelten. „Nein“, beteuerte er. „Ganz sicher nicht. Ich betrete niemals die Wohnungen. Die Schlüssel sind nur für Notfälle.”

Adele hob ihre Hände. „Hat jemand anders einen Ersatzschlüssel?”

Der Vermieter schüttelte wieder den Kopf. „Nur der Mieter. Und ich selbst. Und ich benutze sie nicht“, wiederholte er.

Adele nickte, um zu zeigen, dass sie verstanden hatte und beobachtete, wie der Mann die Wohnungstür aufschloss und beiseitetrat. Mit einer einfachen Handbewegung signalisierte er den beiden Agenten, dass sie eintreten konnten.

Die Agenten duckten sich unter der Tatortabsperrung hindurch und gingen dann durch die Tür. Adele ging weiter und warf einen Blick auf den Fliesenboden.

Das meiste Blut war bereits entfernt worden. Der Tatort war fotografiert worden und erste Ermittler der Spurensicherung waren gekommen, um alles zu katalogisieren. Adele sah sich in der Küche um; sie bemerkte einige Blutflecken am Schrank neben dem Kühlschrank sowie entlang des Fliesenbodens. Sie ging zu den Flecken hinüber und warf einen Blick auf den Kühlschrank. Er war nun geschlossen.

Abgesehen von der geschlossenen Kühlschranktür und dem fehlenden Fleck sah der Tatort genauso aus wie auf den Fotos. Die Leiche war längst zum Gerichtsmediziner gebracht worden und der Abschlussbericht würde schon bald vorliegen.

Sie gab es nur ungern zu, aber es gab nicht viel zu sehen. Keine physischen Beweise. So wie man es ihr gesagt hatte.

Sie hatten bereits alle Küchenschränke, den Kühlschrank und die Leiche auf Fingerabdrücke untersucht und trotzdem war nichts aufgetaucht. Nichts außer den Fingerabdrücken des Opfers.

Das zweite Opfer war mit dem Rücken an die Schränke gelehnt und dem Kühlschrank zugewandt aufgefunden worden. Dies bedeutete, dass derjenige, der sie angegriffen hatte, es schnell getan hatte. Es hatte ein paar Blutspritzer gegeben, aber nicht viele. Es hatte keine Anzeichen von Abwehrverletzungen am Körper gegeben. Keinen Kampf.

„Glauben Sie, dass sie den Mörder kannte?“, fragte Adele leise.

„Vielleicht. ”, antwortete Agent Paige.

Adele trat vorsichtig über die verblichene Blutlache. Sie ging zum Kühlschrank, griff mit dem Plastikbeutel, in die sie ihre Hand einhüllte, nach dem Griff und zog ihn auf. Es waren noch Lebensmittel im Kühlschrank. Alte Sandwiches lagen im Gemüsefach und neben einem Dutzend Eiern stand ein großer Krug mit Milch darin. Ansonsten war der Kühlschrank ziemlich leer. Adele betrachtete die Schränke, an denen man die Frau gelehnt gefunden hatte, die in einer Lache ihres eigenen Blutes auf dem Boden saß.

Sie untersuchte den Messerblock aus Holz neben der Spüle. Alle Messer wurden auf Spuren von Blut untersucht und anschließend gereinigt worden. Der Mörder hatte seine Waffe mitgenommen. Sie wussten noch nicht einmal, womit er die Frau getötet hatte.

Adele griff nach oben und öffnete das Gefrierfach. Dort standen zwei Eiswürfelbehälter, eine Packung Eiscreme und einige Tiefkühlpizzen. Der Eiskrembehälter war mit geschmolzenem, dann wieder gefrorenem Eis bedeckt. Adele spitzte die Lippen; es war ein persönliches Ding, aber sie hasste es, wenn die Leute leere Eispackungen wieder in den Gefrierschrank legten. Sie warf einen Blick auf den Eisbehälter und dann huschten ihre Augen zu den gefrorenen Pizzen. Blumenkohl/Karfiol. Sie rümpfte die Nase, fühlte aber einen plötzlichen Rausch der Verlegenheit, als sie das Essen studierte.

Was hatte sie sich davon versprochen?

Sie ließ die Tür des Gefrierschranks wieder zufallen und drehte sich um, um den Raum weiter zu inspizieren. Es gab in der Tat keine physischen Beweise. Sie betrachtete das Waschbecken und bemerkte, dass der Wasserhahn leise tropfte. Sie ging hinüber und drehte einen der Griffe. Das Tropfen ging weiter. Ein Tropfen nach dem anderen. Die Tropfen schlugen gegen das Metallbecken.

„Ist die Zeugin auf dem Weg“, sagte Adele, als sie zu Paige hinüberblickte.

Die ältere Frau beobachtete immer noch die Skyline durch das Fenster. Sie stöhnte. „Ja, ist sie.“

Adele räusperte sich. „Wie hieß sie noch einmal?”

„Melissa Robinson. Ebenfalls Amerikanerin – sie hat die Leiche gefunden.”

Adele presste die Lippen aufeinander. „Wie sollten wir Ihrer Meinung nach die Befragung angehen?”

Agent Paige zuckte erneut die Achseln. „Sie sind die Interpol-Agentin. Ich bin nur hier, um Ihren Anweisungen zu folgen. Machen Sie, was Sie wollen.”

Adele zögerte und betrachtete den Tatort. Sie nickte einmal, dann sagte sie, im diplomatischsten Ton, den sie über die Lippen bekommen konnte: „Ich glaube, wir müssen uns unterhalten.”

Paige blickte schließlich vom Fenster weg und hob eine ihrer grauen Augenbrauen.

Adele näherte sich vorsichtig und stellte sich vor die ältere Frau, obwohl ein Teil von ihr sich in der Ecke des Raumes verstecken wollte. Der Duft von Seife war noch stärker als zuvor, als sie dem Blick ihrer Partnerin begegnete. „Das hier muss nicht schwierig werden, aber ich habe das Gefühl, dass Sie sich nicht so sehr anstrengen, wie Sie könnten.”

Paige verzog für einen Moment keine Miene. Schließlich zuckte sie die Achseln und sagte: „Ich bin nicht für Ihre Gefühle verantwortlich. Vielleicht sollten Sie sie besser kontrollieren.”

Adele starrte die ältere Frau an. „Ich glaube nicht, dass dies hilfreich ist.”

„Die Anzahl der Dinge, die Sie nicht glauben können, geht mich nichts an“, sagte Paige kühl. Sie hatte die Haltung eines Menschen, der sich an der Frustration eines anderen labt. Adeles aufsteigende Wut schien Paiges Freude nur noch zu steigern.

„Ich wusste nicht, dass Sie es waren“, platzte Adele schließlich heraus.

Agent Paige erstarrte.

Adele blickte zurück zur Tür und war froh, den leeren Rahmen zu sehen, was darauf hindeutete, dass der Vermieter weiter unten im Flur stand. Trotzdem senkte sie ihre Stimme und sagte: „Ich wusste es nicht. Ich sah nur, dass jemand eines der Buchhaltungsdokumente aus der Asservatenkammer entfernt hatte. Ich dachte, es sei ein Schreibfehler. Als ich es Foucault meldete, hatte ich keine Ahnung…“

„Stopp“, schnauzte Paige sie an.

Der stille, fragende, selbstgefällige Ausdruck war nun verblasst, wie Eis, das über einem Teich schmilzt und die kochende Wut darunter zum Vorschein brachte.

„Ich meine es ernst“, sagte Adele, „wenn ich gewusst hätte…“

„Sie haben getan, was Sie getan haben.“ Paige war zornig. Ihre Hände zitterten an den Seiten gegen ihren grauen Anzug. „Sie haben dafür gesorgt, dass ich degradiert wurde. Ich habe Glück, dass ich meinen Job noch habe. Matthew wurde verhaftet. Sie verhörten ihn fast eine Woche lang!”

Adele zuckte zusammen. „Es tut mir leid. Alles, was ich sah, waren fehlende Beweise. Ich wusste nicht…“

„Scheiß drauf, was Sie nicht wissen oder wussten“, brüllte Agent Paige. Sie presste ihren Finger an Adeles Brust und bohrte ihn in die jüngere Frau. „Sie hätten zu mir kommen sollen. Ich war Ihre Vorgesetzte! Sie haben mich hintergangen, wie eine kleine Ratte.”

Adele trat zurück, griff nach oben, rieb sich an ihrer Brust und fragte sich, ob sie am nächsten Morgen einen Bluterguss haben würde. Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Sie haben Beweise verschwinden lassen, um Ihren Freund zu schützen. Ich wusste nicht, was passiert war. Ich wusste nicht einmal, dass Sie mit einem Verdächtigen zusammen waren.“

„Er war kein Verdächtiger, als wir uns kennenlernten“, wetterte Paige, zog dann aber den Kürzeren und knurrte dann nur noch. „Es geht Sie verdammt noch mal nichts an, mit wem ich ausgehe, verstanden? Und sie haben ihn freigesprochen. Er hat es nicht getan.”

Adele nickte und versuchte mit ihrer Körperhaltung nicht bedrohlich zu wirken.

„Gut. Ich bin froh. Das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich wusste nur, dass jemand Beweise verschwinden lassen hatte. Hätte ich gewusst, dass Sie es waren, hätte ich mit Ihnen geredet. Das hätte ich auf jeden Fall getan. Aber Sie haben es mir nicht gesagt. Ich sah nur, dass etwas fehlte…“

Sophie schnaubte und winkte Adele mit der Hand. „Es muss nicht immer alles für die kleine Adele herhalten“, schnappte Paige. „Nicht alles dreht sich um Sie.”

Adele knirschte mit den Zähnen und sie wollte weiter protestieren, aber die Worte wollten nicht herauskommen. Die Situation hatte sich zum Negativen entwickelt. Agent Paige hatte Glück gehabt, dass sie ihren Job behalten konnte. Ihre Beziehung zu Matthew, einem Buchhalter bei der DGSI, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich bekannt gewesen. Adele hatte nicht gewusst, dass ihre Vorgesetzte sich mit einem Verdächtigen traf, der im Zusammenhang mit dem Tod einer Prostituierten stand. Letztendlich wurde Matthew freigesprochen. Aber Paige hatte Adele beschuldigt, die fehlenden Beweise gemeldet zu haben. Es hatte sich herausgestellt, dass Paige versuchte, ihren Freund zu decken; am Ende war jedoch ans Licht gekommen, dass Matthew mit der Prostituierten geschlafen hatte. Adele vermutete, dass Paige dies nicht gewusst hatte, als sie Quittungen und Dokumente versteckt hatte, die auf eine Beteiligung von Matthew hindeuteten.

Adele hatte jedoch gesehen, dass die Beweise fehlten und hatte die verschwundenen Akten sofort gemeldet. Danach war gegen Sophie Paige und auch gegen Matthew ermittelt worden. Ihr Freund war von der Mordanklage freigesprochen worden, aber aus der DGSI entlassen worden. Paige wäre gefeuert worden, aber Foucault – aus irgendeinem Grund, den Adele nicht verstand – hatte sich für sie eingesetzt und sie am Leben erhalten und sie dabei degradiert.

„Ich mag Sie nicht“, sagte Paige einfach ohne weiterhin zu versuchen ihre Gefühle zu verschleiern. Ihr Gesichtsausdruck wurde wieder finster. „Ich werde Sie niemals mögen. Ich habe nicht um diesen Auftrag gebeten. Ich muss ihn ertragen. Genau wie Sie. Wie wäre es nun, wenn Sie aufhören würden, meine Zeit zu verschwenden, indem Sie mich zu Tatorten schleifen, die bereits untersucht worden sind? Haben Sie etwas Neues gefunden?“, fragte sie fordernd.

Adele zögerte und warf einen Blick zurück in die Küche; sie wollte nicht zugeben, dass sie es nicht getan hatte. Stattdessen sagte sie: „Wann kommt die Zeugin?”

„Sie sind unerträglich“, blaffte Sophie. Sie drehte sich zum Fenster zurück und starrte hinaus in die Stadt. Adele, deren Hände vor Wut zitterten, ging zur Tür und in den Flur und wartete lieber draußen auf die Ankunft der Zeugin, als noch einen Moment mit Agent Paige zu verbringen.

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