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An einem Morgen im August. Ich lag in meinem Bett und schaute aufs Rollo.

Es war lästig und undurchdringlich schwarz.

Früher, vor der Renovierung, hatte ich dort einen fadenscheinigen, ausgeblichenen Stofffetzen hängen, der einem geschulten Blick nichts verbarg. Schien die Sonne, dann glitzerte das Gewebe wie eine gestrickte Kapuze auf güldenem Haar, regnete es oder war es bewölkt, dann hing das Ding bleich wie ein Abwaschlappen an den Kettfäden, und wechselten sich Sonne und Schatten ab, konnte man auch das erkennen.

Eine solche Vorrichtung war von Vorteil: Nach dem Aufwachen konnte man im Bett liegen bleiben und sich mental auf einen Tag einstimmen, der entweder Sonnenschein oder Schmuddelwetter brachte, man konnte Überlegungen über die Wahl der Kleidung, den Tagesablauf und die eigene Befindlichkeit anstellen.

Jetzt musste ich beide Beine auf den Fußboden stellen und ans Fenster treten, um das herauszufinden, und wenn ich an der Schnur zog, würde alles auf einmal auf mich einstürzen, so ungeschützt und zitternd, wie ich da stand.

Nicht, dass das Wetter an diesem Morgen für meine Laune oder meine Pläne von ausschlaggebender Bedeutung gewesen wäre.

Ich wollte zum Staatsminister hinaus nach Lindö fahren.

Lindö ist eine der schrecklichen Inseln in den äußersten Schären, wo sich einem weit und breit nichts als Wiesen, Wälder und abgeschliffene Klippen bieten; wo sich Buchten, Fjorde und funkelnde Wasserflächen erstrecken, so weit das Auge reicht; wo es ständig windig ist und sämtliche Witterungsverhältnisse gleichermaßen beschwerlich sind.

Einmal pro Sommer musste ich dorthin. In diesem Jahr hatten meine Schwester Margareta und der Staatsminister, mein Schwager, ihre quengelnden Fragen nach einem Besuch schon vor Mittsommer angestimmt. Aber ich war lange standhaft geblieben. Den Juni und Juli hindurch hatte ich leichte Temperaturerhöhung und kleine Infektionen ins Feld geführt, ich hatte Funktionsstörungen der Verdauungsorgane und den unregelmäßigen Rhythmus meines betagten Herzens geltend gemacht.

Jedoch in der zweiten Augustwoche war mein Arsenal erschöpft, und ich hatte die Waffen gestreckt und versprochen, sie auf Lindö zu besuchen.

Versprochen ist versprochen, wenn auch erzwungen. Aber wie ich da in meinem Bett lag und das geheimnisvolle Ding anstarrte, überfiel mich eine verzweifelte Hoffnung. Wenn es regnete … Kein Mensch konnte von einem älteren, kränklichen Studienrat verlangen, sich bei Regen hinaus auf die hinterste Schäreninsel zu begeben. Oder wenn sich bedrohliche Wolkenformationen zusammengebraut hatten … Oder kleinere Wolken, die sich noch entwickeln konnten …

Ich tappte zum Fenster und zog an der Schnur.

Es herrschte Sonnenschein, strahlender Sonnenschein.

Ich würde fahren. Aber unter einer Bedingung: Ich würde nicht vom Staatsminister am Steuer hinaus zur Insel befördert werden. Eva, seine älteste Tochter, hatte sich daraufhin sogleich angeboten, mich abzuholen. Sie ist ein sehr sympathisches Mädchen, diese Eva. Groß, dunkelhaarig – mit leicht wallonischen Gesichtszügen. Taktvoll und zurückhaltend, alles andere als das Ebenbild ihres Vaters. Eltern dürfen keine Lieblinge haben. Aber einem Onkel ist es gestattet, und ich habe nie verhehlen können, dass Eva meinem Herzen am nächsten steht. Sie ist zwanzig Jahre alt und studiert Statistik und Volkswirtschaft an der Universität. Das sind zwar nicht unbedingt die Fächer, die meiner Meinung nach passend für ein junges, süßes Mädchen sind. Aber ich bin ein altes Fossil, und die Jugend bahnt sich frohgemut ihre Wege über die Geschlechtergrenzen …

Um zwei Uhr traf sie bei mir ein. Sie kam direkt vom Lande, war nur zu Hause in Spånga gewesen, um ein Kleid zu holen. (Bekanntlich wurde der Staatsminister nach seiner Ernennung nach Spånga versetzt, um seiner sozialdemokratischen Erziehung den letzten Schliff zu verleihen.) Sie zwitscherte und hüpfte, und das Haar umspielte weich ihre sonnengebräunten Schultern, und ich glaube fast, sie freute sich, mich zu sehen.

»Dass du dich endlich aufraffst, Onkel! Wir haben dich so vermisst! Es ist einfach erst richtig Sommer, wenn du da bist. Mama kocht extra für dich Fischsoufflé, und Papa hat unten im Gästezimmer Platten angenagelt, damit keine Feuchtigkeit reinkommt, und die Kinder haben versprochen, sich bis morgens um acht Uhr ruhig zu verhalten. Und wir haben einen neuen Hund, einen Grand Danois, der wiegt 50 Kilo und ist total süß, besonders wenn er einen begrüßt, und Papa ist dabei, ihn zu dressieren …«

Die Worte über den Hund wurden in einem Ton vorgebracht, als würden sie eine neue, unwiderstehliche Attraktion des Sommerhauses ankündigen. Ich aber, der ahnte, wie ein 50 Kilo schwerer Rüde mit halbvollendeter Erziehung neue Gäste empfangen würde, hängte den leichten, eleganten Sommermantel wieder auf den Bügel und griff zu einer älteren Oberbekleidung aus dunklerem und gröberem Stoff …

Unten im Auto wartete Niklas Svennberg, der Privatsekretär. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch jemanden, der es ausübt, und Niklas Svennberg war, wenn ich richtig verstanden hatte, der Mann, der die Arbeit des Staatsministers erledigte, zumindest den rein praktischen Teil. Er schrieb die Briefe und sorgte dafür, dass sie an den richtigen Adressaten geschickt wurden und dass sie überhaupt abgeschickt wurden, er wachte darüber, dass die Konferenzen abgesprochen wurden und zustande kamen, und seine Hand war es, die Ordnung schaffte in dem Berg an Unterlagen, der sich schnell um einen extrovertierten, lebhaften Staatsminister auftürmt. Niklas Svennberg bekleidete seit fast einem halben Jahr sein Amt, ich war ihm mehrmals begegnet und hatte ihn sympathisch gefunden. Ein sehr junger Mann, gewiss, aber ohne die Überheblichkeit der Jugend und offensichtlich nicht mit einem Übermaß an Feuereifer ausgestattet: Ich hatte ihn gleichsam über Steuerlast und Gleichberechtigungswahn jammern hören. Bei unserer letzten Begegnung hatte ich mir glatt überlegt, ob ich nicht auf die Förmlichkeiten verzichten sollte. Aber die Sache hatte ich auf sich beruhen lassen.

»Wenn jemand Sie, Herr Persson, dazu bringt, die Höhen von Söder zu verlassen, dann ist es Eva!« lachte er freundlich und ließ weiße Zähne sehen, und ich nahm mit Wohlwollen den grauen Anzug, den diskreten Schlips und das kurzgeschnittene Haar zur Kenntnis. (Eine in die Stirn gefallene blonde Strähne störte nicht nennenswert.) Höflich, aber ohne aufdringlich zu sein, war er mir behilflich, auf dem Rücksitz Platz zu nehmen, und wandte sich dann Eva zu. Bei ihr war die Fürsorglichkeit vielleicht ein wenig übertrieben. Als er sich zum dritten Mal in den Fond beugte, um sich zu überzeugen, dass sie bequem saß, schien es, als flüstere er ihr etwas ins Ohr. Dann kam er endlich am Lenkrad zur Ruhe, steigerte das Tempo, glitt an Ampeln vorbei, und der Nacken sah zufrieden aus wie alle Chauffeursnacken, die bei Gelb über die Kreuzung fahren und glauben, sie hätten soeben einen Zipfel des ewigen Lebens erhascht. Ich sinnierte, ob dieses Flüstern eben ein Kuss gewesen sein mochte, und ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich Niklas Svennberg nicht mehr ganz so sympathisch fand. Doch Eva verwickelte mich in ein vertrauliches Gespräch über Opernmusik – eine unserer gemeinsamen Interessen – und die Verärgerung verebbte …

»Wir halten hier an und kaufen für Papa die Abendzeitung!« rief sie, als wir langsam, aber sicher durch eine dieser schwedischen Ortschaften rollten, die aus nichts als einer Straße und einem Zeitungskiosk mit zwei pestgelben Schlagzeilenplakaten zu bestehen scheinen.

Als das gescheite Mädchen zurückkehrte, hatte es auch das Svenska Dagbladet dabei, das ich nicht hatte lesen können, weil ich mit Packen beschäftigt gewesen war und es nicht mehr im Gepäck hatte unterbringen können.

Ich schlug die Zeitung auf und hatte den gestrigen Tag von neuem vor Augen.

In Asien wurden Bomben geworfen, in Afrika wurde geschossen, und in Amerika wurde demonstriert.

In Schweden wurde sich Gott sei Dank mit Redenhalten begnügt.

Der Chef der neu eingerichteten Polizeibehörde hatte sich folgendermaßen interviewen und fotografieren lassen: Von der Höhe seiner dreispaltigen Äußerungen blickte der Generaldirektor Arvid Västermark auf mich herab. Er war so nonchalant und volksnah am Schreibtisch aufgestellt worden, wie Fotografen höhere Beamte heutzutage gern ablichten. Grauweißer Wuschelkopf, mageres, faltiges Gesicht und ein drahtiger Rumpf, der in Beine von harmonischen Proportionen überging.

Ich versuchte mich zu entsinnen, was ich über die Polizeibehörde und Generaldirektor Västermark gehört hatte.

Linksorientierte Elemente innerhalb und außerhalb der Regierungspartei hatten lange und lautstark gefordert, die Polizei müsse stärkerer offizieller Kontrolle unterstellt werden. Die Regierung hatte es vor den Wahlen für angebracht gehalten, dem Wunsche zu entsprechen und ab dem I. Juli die Polizeibehörde eingerichtet, einen bürokratischen Überbau für die rein polizeilichen, fahndenden Kräfte. Die Behörde, der also die Aufgabe oblag, die Kontrollierenden zu kontrollieren, fiel nicht groß aus, aber ein Generaldirektor, ein Bürovorsteher, zwei Bürosekretärinnen und drei Assistenten hatten dennoch ihren Lebensunterhalt gefunden.

Zum Generaldirektor berufen und ernannt wurde Arvid Västermark, 60 Jahre alt, bis dato Herausgeber einer der größeren parteieigenen Provinzzeitungen. Seine größte Qualifikation für die neue Beschäftigung war, sofern ich den Staatsminister richtig verstanden hatte, nicht die administrative Tauglichkeit oder das Organisationstalent, sondern die unveränderte Auflagenhöhe seiner Zeitung »Arbetarkraft«. (Vor Ort hatte sie nur einen Konkurrenten: »Kristliga Dagbladet«.) »Arbetarkraft« führte seit langem in der Auflagenhöhe mit einigen hundert Exemplaren und kam demzufolge nicht in den Genuss der staatlichen Presseförderung, die nur dem Blatt zuteil wird, das die niedrigsten Verkaufszahlen vorzuweisen hat. »Arbetarkraft« fuhr demzufolge ein kräftiges Defizit ein, und die Gewerkschaft und die Partei wurden es allmählich müde, es zu subventionieren, und beschlossen, »Arbetarkraft« müsse um jeden Preis die Position als die Zeitung mit der geringsten Verbreitung am Ort erobern. Der Staatsminister hatte mir von dem darauf folgenden makaberen Auflagenstreit im Zeitalter der Presseförderung berichtet.

Die Auflage musste sinken, das war beschlossene Sache. Doch das war kein leichtes Unterfangen. Eine Zeitung hat ihre Leser fest im Griff, und Arvid Västermark hatte nach dreißig Jahren publizistischer Tätigkeit alle Leser abgeschüttelt, die Aufklärung, Information oder Zerstreuung forderten. Übrig blieb ein harter Kern von Gewohnheitslesern, die der Chefredakteur in tödlicher Umklammerung festhielt.

Die Partei legte indessen in einem geheimen Rundschreiben zweihundert für ihre unverbrüchliche Loyalität zu Gewerkschaft und Partei bekannten Abonnenten nahe, ihr Abonnement zu kündigen.

Sie gehorchten – nur um dann heimlich Einzelnummern zu kaufen.

Vom Kiosk am Bahnhof konnte man sie nach Hause schleichen sehen, »Arbetarkraft« in bunte Wochenblätter oder pornographische Magazine eingeschlagen. Die Partei konnte dennoch die Kioskdame, ein altes Mitglied der Arbeiterbewegung, dazu veranlassen, diese Süchtigen vom Kauf auszuschließen und »Arbetarkraft« nur noch gegen Vorlage des Ausweises zu verkaufen. Jetzt konnte man erleben, wie sich gestandene Mannsbilder in ordentlicher Kleidung und mit gesunder Gesichtsfarbe auf dem Bahnhofsgelände herumdrückten und Minderjährige und alkoholisierte Fremde dazu verführten, gegen Barzahlung am Kiosk einen Kauf zu tätigen. Als auch dieser Handel unterbunden wurde, reisten die zutiefst Geknickten in angrenzende Ortschaften, wo sie sich im Schutz ihrer Anonymität mit diesem Druckerzeugnis eindecken konnten. Nach ihrer Rückkehr entstanden Schmugglernester, und kurz danach konnte man beobachten, wie die schwersten Süchtigen in Parkanlagen, Versammlungshäusern und kommunalen Einrichtungen offen und ungeniert ihre Ware genossen.

Nach einem halben Jahr stellte man fest, dass »Arbetarkraft« noch immer einen Vorsprung von hundert Exemplaren vor dem Konkurrenten »Kristiliga Dagbladet« hatte. Dieses Blatt erwirtschaftete ungeachtet seiner staatlichen Unterstützung ein kräftiges Defizit. Die Verluste wurden von den Gesellschaftern gedeckt, die, gestärkt von Gebet, Kirchenliedern und dem allgemeinen moralischen Verfall, stets zu neuen Opfern bereit waren. Dünn war die Zeitung, und schwer war das Fördergeld, aber es war ein Martyrium für unsere Zeit, ein Martyrium auf Morgenkaffeeniveau. Die Zahl der christlich Gesinnten war aus vielen guten Gründen nicht im Ansteigen begriffen, so dass neue Leser selten hinzukamen. Doch die alten starben auch nicht so häufig. (Unter Unparteiischen kursierten zwei Theorien: Der Glaube stärkte und bewahrte, und Gott wehrte sich.) Und traten sie wirklich einmal – und immer mit auffälligem Widerwillen – in eine bessere Welt ein, hatten sie ihr Abonnement den Nachkommen übertragen, begleitet von einem Lächeln, das einige für unschuldig, andere für hintersinnig hielten.

Die Partei befand die Situation am Ende für so unerträglich, dass man einen jungen Ombudsmann in die Redaktion von »Arbetarkraft« schickte mit dem Auftrag, die Zeitung von innen zu bearbeiten, so dass auch die abgebrühtesten Leser dieses Blattes es in seinem nackten Elend und Verfall erkennen mussten. Es war keine leichte Aufgabe, da die Zeitung bereits miserabel war. Aber der Ombudsmann, der aus der Staatskanzlei ans Formulieren von Regierungsvorlagen gewöhnt war und bei seiner Arbeit freie Hand hatte, weil Chefredakteur Västermark meistens draußen in Feld, Wald und Flur auf der Jagd nach seltenen Vögeln war, tat sein Bestes. Er fälschte die Wettervorhersagen (die immer häufiger zutrafen), in den Kleinanzeigen verheiratete er die falschen Personen miteinander (was niemandem auffiel), er richtete perfide anonyme Angriffe gegen die Regierung (worauf die Leserschaft mit hochachtungsvollen Briefen reagierte), und er druckte ständig neue Abschnitte aus der Schrift »Politik ist Wille« des Parteiführers ab. Hier glaubte er, endlich ein Mittel gefunden zu haben, wie der Widerstand der Leser zu brechen sei, da nach dem siebten Auszug per Post zwei Kündigungen des Abos eintrafen.

Als die Abtrünnigen nach einigen Tagen der Ruhe bei ihm zu Hause anriefen und ihr Abo zurückverlangten, fuhr der Ombudsmann nach Stockholm und in die Staatskanzlei zurück, wo er es gewohnt war, dass sein Geschriebenes zu Gesetzen erhoben wurde und als allgemeine Richtschnur diente. Die Partei fand, dass man nun seinen Beitrag für Arvid Västermark geleistet habe, und die Zeit reif sei, »Arbetarkraft« einzustellen und die Versorgung eines verdienten, aber unrentabel gewordenen Mitglieds der gesamten Einwohnerschaft des Landes zu übertragen. Der Beschluss war auf einer Ratssitzung erfolgt, und der Staatsminister hatte gegengezeichnet.

Jetzt hatte also Arvid Västermark, seit Monatsfrist Generaldirektor und Chef der Polizeibehörde, sein erstes Interview gegeben.

Er unterstrich, dass verantwortungsvolle Aufgaben der Behörde anvertraut worden seien (jedoch vorsichtshalber ohne sie näher zu spezifizieren), er betonte, mit wieviel Geschick und Hingabe das Personal arbeitete, aber auch und vor allem, wie hoffnungslos unterbesetzt die Behörde sei.

Seine Worte klangen, als wäre er schon sein Leben lang Generaldirektor gewesen.

Doch nachdem der Reporter so mit den üblichen alten und verschimmelten Brotkanten abgespeist worden war, hatte Generaldirektor Västermark die Tür zur Speisekammer einen Spaltbreit geöffnet und etwas kalten Aufschnitt aus der Frischhaltebox geholt. Um zu demonstrieren, welchen Nutzen die Polizeibehörde bringen könnte, wollte er ein konkretes Beispiel anführen. Es galt einem jungen Mann mit einer verantwortungsvollen Arbeit innerhalb des öffentlichen Lebens. (Generaldirektor Västermark bat den Reporter und die Leser an dieser Stelle um Nachsicht, dass er sich etwas vage ausdrückte. Und ich hatte volles Verständnis dafür, dass sich ein Behördenchef, dem nur ein Bürovorsteher, zwei Bürosekretärinnen und drei Assistenten zur Verfügung standen, mit etwas Geheimniskrämerei entschädigen musste.) Der Oberpolizist hatte in einer ausländischen Zeitung gelesen, dass sich der junge Mann im Verlauf seiner Reise durch einen Ostblockstaat begeistert über das Gesellschaftssystem des Landes geäußert und den Wunsch ausgesprochen hatte, dass dies auch in Schweden eingeführt werden möge. Auf Grundlage dieser Zeitungsangaben war der Mann als Sympathisant der Kommunisten registriert worden. Bei seiner just begonnenen Durchsicht des Registers war Generaldirektor Västermark auf die Notiz gestoßen und hatte sofort konstatiert, hier liege eindeutig ein Fall von Meinungsregistrierung vor, eine Tatsache, die laut Beschluss des Reichstages nicht mehr vorkommen dürfe. Die Notiz wurde unverzüglich entfernt …

Doch jetzt hatten die jungen Leute ihr Eis verzehrt, und Eva saß neben mir und zeigte mit abgelecktem Finger auf die Zeitung und Generaldirektor Västermarks verschrumpeltes Konterfei und fragte, wer dieser hässliche Wicht sei, er käme ihr bekannt vor, und Niklas Svennberg kam mit Neuigkeiten.

»Ja, Herr Persson, Sie wissen vielleicht noch nicht, dass der Staatsminister heute den Generaldirektor und seinen Bürovorsteher zum Abendessen in die Staatskanzlei bestellt hat, Andersson heißt er, oder? Doch, doch. Västermark hat ein Sommerhaus auf Norrön, nur wenige Kilometer von Lindö entfernt, und weil Herr Andersson das Wochenende da draußen bei ihm verbracht hat, durfte auch er mitkommen. Und gleichzeitig hat der Staatsminister die Gelegenheit genutzt, andere Bewohner von Norrön einzuladen, denen er noch ein Abendessen schuldet. Das Ganze ergab sich etwas überraschend, und er hofft, Sie, Herr Persson, haben nichts dagegen.«

Ein älterer, krankgeschriebener Pädagoge auf dem Weg zu einem Treffen mit sechzehn Nichten und Neffen, ihren doppelt so vielen Freunden und drei Hunden nörgelt nicht, wenn ihm die Gesellschaft von einem Haufen Erwachsener angeboten wird, von denen zwei Verbindung zur Polizei haben. Im Gegenteil, er begrüßt sie als eine disziplinierende Maßnahme.

Den Gedanken tat ich auch laut kund.

Das Werk des Staatsministers

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